Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 16.11.2006, Az.: L 10 R 239/05

Umwandlung freiwillig gezahlter Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung in Pflichtbeiträge; Zulassung zur Zahlung von Rentenversicherungsbeiträgen als Pflegeperson; Bestehen eines Anspruchs des Pflegebedürftigen auf Leistungen aus der sozialen oder einer privaten Pflegeversicherung als Voraussetzung der Versicherungspflicht der Pflegeperson

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
16.11.2006
Aktenzeichen
L 10 R 239/05
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2006, 37117
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LSGNIHB:2006:1116.L10R239.05.0A

Verfahrensgang

vorgehend
SG Oldenburg - 19.04.2005 - AZ: S 5 RA 54/03
SG Oldenburg - 19.04.2005 - AZ: S 5 RA 108/03
nachfolgend
BSG - 21.08.2008 - AZ: B 13/4 R 69/07 R

In dem Rechtsstreit
...
hat der 10. Senat des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen
ohne mündliche Verhandlung
am 16. November 2006
in Celle
durch
den Vorsitzenden Richter am Landessozialgericht Dr. D.,
den Richter am Landessozialgericht E.,
den Richter am Landessozialgericht F. sowie
die ehrenamtlichen Richter G. und H.
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufungen der Klägerin gegen die Urteile des Sozialgerichts Oldenburg vom 19. April 2005 in den Verfahren mit den Aktenzeichen S 5 RA 54/03 und S 5 RA 108/03 werden zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt hauptsächlich die Umwandlung ab April 1995 gezahlter freiwilliger Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung in Pflichtbeiträge; zudem wendet sie sich gegen eine Beanstandung freiwilliger Beitragszahlungen.

2

Die 1942 geborene Klägerin bezieht mit Wirkung vom 1. Januar 2005 eine Altersrente für Frauen in Höhe von 624,22 EUR (Bescheid der Beklagten vom 22. Juni 2005). Sie pflegt seit Ende der 80er Jahre als nicht erwerbsmäßige Pflegeperson die zu ihrem Haushalt gehörende pflegebedürftige Brigitte I.. Da diese weder kranken- noch pflegeversichert ist, zahlte die Gemeinde J. als zuständiger Sozialhilfeträger bis Dezember 2004 für die Klägerin freiwillige Beiträge an die Beklagte in gesetzlicher Mindesthöhe. Für die Zeit vom 1. November 1992 bis zum 31. März 1995 wandelte die Beklagte diese freiwilligen Beiträge auf Antrag der Klägerin in Pflichtbeiträge um. Die dem zugrunde liegende Umwandlungs-vorschrift des § 177 SGB VI wurde mit Wirkung vom 1. April 1995 aufgehoben.

3

Die Klägerin pflegte vom 1. Juli 1997 bis 24. September 1998 parallel zu Frau Jung eine weitere Pflegebedürftige. Da diese Leistungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung bezog, wurden Pflichtbeiträge an die Beklagte entrichtet. Mit Bescheid vom 28. April 1998 beanstandete die Beklagte die von der Gemeinde J. gezahlten freiwilligen Beiträge für den Pflegefall I. für die Zeit vom 1. Juli 1997 bis 30. April 1998, weil die Klägerin seit dem 1. Juli 1997 pflichtversichert und daneben die Entrichtung freiwilliger Beiträge ausgeschlossen sei. Auf Nachfrage der Klägerin führte die Beklagte unter dem 28. Mai 1998 aus, die Möglichkeit der Umwandlung freiwilliger Beiträge in Pflichtbeiträge habe zum 1. April 1995 geendet. Von da an bestehe nur noch dann Versicherungspflicht, wenn eine pflegebedürftige Person gepflegt werde, die Leistungen nach der gesetzlichen oder privaten Pflegeversicherung erhalte. Dies sei bei Frau I. nicht der Fall. Dagegen erhob die Klägerin mit der Begründung Widerspruch, es könne vom Gesetzgeber nicht gewollt sein, dass Beiträge der Pflegepersonen unterschiedlich behandelt würden, je danach, ob die pflegebedürftige Person Leistungen aus der Pflegeversicherung oder nach dem BSHG erhalte. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 21. Dezember 1998 zurück.

4

Daraufhin erhob die Klägerin (die später von April 1999 bis heute erneut eine weitere Person parallel zu Frau Jung pflegte, wofür Pflichtbeiträge gezahlt wurden) beim Sozialgericht Oldenburg (Az: S 5 RA 20/99) Klage, mit der sie die Verurteilung der Beklagten zur Umwandlung der vom 1. April 1995 bis 31. März 1997 von der Gemeinde J. gezahlten freiwilligen Beiträge in Pflichtbeiträge begehrt hat. Das Sozialgericht wies die Klage mit Urteil vom 6. April 2000 ab. Die dagegen eingelegte Berufung wies das Landessozialgericht Niedersachsen mit Urteil vom 14. Dezember 2000 unter Zulassung der Revision zurück (Az: L 1 RA 105/00). In dem sich anschließenden Revisionsverfahren vor dem Bundessozialgericht (Az: B 4 RA 5/01 R) schlossen die Beteiligten einen Vergleich, in dem die Beklagte hinsichtlich der Zeit vom 1. April 1995 bis 31. März 1997 den Widerspruchsbescheid aufhob und sich zur Erteilung eines Erstbescheides verpflichtete. Zudem verpflichtete sie sich, hinsichtlich der Zeit vom 1. Juli 1997 bis 30. April 1998 einen Widerspruchsbescheid zu erteilen.

5

Mit Bescheid vom 8. Oktober 2002 hob die Beklagte ihren Widerspruchsbescheid vom 21. Dezember 1998 hinsichtlich der Zeit ab 1. April 1995 auf und lehnte den Antrag der Klägerin auf Umwandlung der gezahlten freiwilligen Beiträge ab 1. April 1995 in Pflichtbeiträge mangels gesetzlicher Grundlage ab. Weiterhin lehnte sie den Antrag der Klägerin auf Zulassung zur Zahlung von Rentenversicherungsbeiträgen als Pflegeperson für Frau Brigitte I. für die Zeit ab 1. April 1995 mit der Begründung ab, dass Versicherungspflicht nach § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI nicht bestehe. Den gegen diesen Bescheid erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29. April 2003 zurück. Den Widerspruch der Klägerin gegen die freiwilligen Beitragszahlungen vom 1. Juli 1997 bis 30. April 1998 beanstandenden Bescheid der Beklagten vom 28. April 1998 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 3. März 2003 zurück.

6

Mit ihren daraufhin beim Sozialgericht Oldenburg erhobenen Klagen hat die Klägerin ihr Begehren weiter verfolgt. Im Klageverfahren mit dem Aktenzeichen S 5 RA 54/03 hat sie den die freiwilligen Beitragszahlungen beanstandenden Bescheid der Beklagten vom 28. April 1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. März 2003 angefochten und im Klageverfahren mit dem Aktenzeichen S 5 RA 108/03 hat sie die Umwandlung der ab 1. April 1995 gezahlten freiwilligen Beiträge in Pflichtbeiträge, hilfsweise die Zulassung zur Zahlung von Rentenversicherungspflichtbeiträgen als Pflegeperson der Brigitte Jung, begehrt. Das Sozialgericht hat die Klagen jeweils mit Urteil vom 19. April 2005 als unbegründet abgewiesen. Die streitige Beitragsbeanstandung sei rechtmäßig. Das Recht zur Beanstandung von Beiträgen sei zwar nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt, werde jedoch in §§ 26 und 27 SGB IV als Recht des Versicherungsträgers vorausgesetzt. Eine Beanstandung habe zu erfolgen, wenn Beiträge zu Unrecht gezahlt worden seien. Dies sei bei den für die Klägerin für die Zeit vom 1. Juli 1997 bis 30. April 1998 gezahlten freiwilligen Beiträgen der Fall. Da sich nach § 7 Abs. 1 SGB VI Personen für Zeiten ab der Vollendung des 16. Lebensjahres versichern könnten, wenn sie nicht versicherungspflichtig seien, die Klägerin in der streitigen Zeit jedoch wegen der Pflege einer weiteren Person versicherungspflichtig gewesen sei, habe kein Recht zur Entrichtung freiwilliger Beiträge bestanden. Die von der Klägerin begehrte Umwandlung der ab 1. April 1995 gezahlten freiwilligen Beiträge in Pflichtbeiträge gestatte das Gesetz nicht (mehr) und die Zahlung von Pflichtbeiträgen für die Pflegetätigkeit der Klägerin zu pflegenden Brigitte I. sei nach der im Widerspruchsbescheid vom 29. April 2003 zutreffend wiedergegebenen Rechtslage ebenfalls nicht zulässig. Einen Verstoß der von der Beklagten zutreffend angewandten gesetzlichen Vorschriften gegen das Grundgesetz liege - wie sich aus dem Urteil der Kammer vom 6. April 2000 sowie aus den umfangreichen Ausführungen des Landessozialgerichts Niedersachsen im Urteil vom 14. Dezember 2000 ergebe - nicht vor.

7

Mit ihren gegen die ihr jeweils am 28. April 2005 zugestellten Urteile des Sozialgerichts eingelegten Berufungen vom 3. Mai 2005 - die der Senat verbunden und unter dem Aktenzeichen L 10 R 239/05 fortgeführt hat - verfolgt die Klägerin ihre Begehren weiter. Zur Begründung macht sie im Wesentlichen geltend, nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen bedürften unabhängig vom versicherungsrechtlichen Status des Pflegebedürftigen der sozialen Absicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung. Dass § 3 Nr. 1a SGB VI eine Versicherungspflicht von Pflegepersonen nur bei Pflegefällen, in denen der Pflegebedürftige Leistungen aus der Pflegeversicherung erhalte, vorsehe, und der Gesetzgeber durch die Aufhebung des § 177 SGB VI keine Umwandlung von freiwilligen Beiträgen in Pflichtbeiträgen bei nicht unter die Versicherungspflicht des § 3a Nr. 1a SGB VI fallenden Pflegepersonen mehr vorsehe, sei eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung von Pflegepersonen. Die nicht erwerbsmäßig tätigen Pflegepersonen, die Personen mit Leistungsbezug nach dem BSHG pflegten, würden gegenüber den nicht erwerbsmäßig tätigen Pflegepersonen, die Pflegebedürftige mit Anspruch auf Leistungen der Pflegeversicherung pflegten, in sachlich nicht gerechtfertigter Weise benachteiligt, weil ihnen Pflichtbeitragszahlungen nicht möglich seien. Auch das Bundessozialgericht habe insoweit verfassungsrechtliche Bedenken geäußert.

8

Die Klägerin beantragt,

  1. 1.

    das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 19. April 2005 im Verfahren mit dem Aktenzeichen S 5 RA 54/03 und den Bescheid der Beklagten vom 28. April 1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. März 2003 aufzuheben,

  2. 2.
    1. a)

      das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 19. April 2005 im Verfahren mit dem Aktenzeichen S 5 RA 108/03 und den Bescheid der Beklagten vom 8. Oktober 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. April 2003 aufzuheben und

    2. b)

      die Beklagte zu verurteilen, die ab dem 1. April 1995 gezahlten freiwilligen Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung in Pflichtbeiträge umzuwandeln, hilfsweise, die Zahlung von Rentenversicherungsbeiträgen als Pflegeperson für Frau Brigitte I. für die Zeit ab 1. April 1995 zuzulassen.

9

Die Beklagte beantragt,

die Berufungen der Klägerin gegen die Urteile des Sozialgerichts Oldenburg vom 19. April 2005 in den Verfahren mit den Aktenzeichen S 5 RA 54/03 und S 5 RA 108/03 zurückzuweisen.

10

Sie hält die angegriffenen Urteile und ihre damit überprüften Bescheide für zutreffend.

11

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

12

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen. Ihr Inhalt hat der Entscheidungsfindung zugrunde gelegen.

Entscheidungsgründe

13

Die Berufungen sind zulässig, haben in der Sache jedoch keinen Erfolg.

14

Das Sozialgericht hat die Klagen zu Recht abgewiesen. Die angegriffenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig.

15

Die von der Beklagten mit Bescheid vom 29. April 1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. März 2003 vorgenommene Beanstandung der freiwilligen Beitragszahlungen für die Pflege der Frau I. in der Zeit vom 1. Juli 1997 bis 30. April 1998 ist rechtmäßig, weil diese Beiträge wegen der im gleichen Zeitraum bestehenden Versicherungspflicht der Klägerin aufgrund der gleichzeitigen Pflege der pflegeversicherten Maria K. (für die von der Pflegekasse der DAK Hamburg Pflichtbeiträge gezahlt wurden) gemäß § 7 Abs. 1 SGB VI rechtlich nicht zulässig waren. Dies hat das Sozialgericht im angegriffenen Urteil (S 5 RA 54/03) mit zutreffender Begründung im Einzelnen ausgeführt. Der Senat folgt dieser Begründung und sieht insoweit gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.

16

Die Klägerin hat auch - wie die Beklagte mit Bescheid vom 8. Oktober 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. April 2003 zutreffend festgestellt hat - ab dem 1. April 1995 weder einen Anspruch auf Umwandlung der gezahlten freiwilligen Beiträge in Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung noch einen Anspruch auf Zulassung zur Zahlung von Pflichtbeiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung für ihre Tätigkeit als Pflegeperson der Frau I.. Mit Inkrafttreten des Pflegeversicherungsgesetzes wurde die soziale und private Pflegeversicherung eingeführt und damit zum 1. April 1995 die Alterssicherung der Pflegepersonen neu geregelt. Nichterwerbsmäßig tätige Pflegepersonen mit einem Pflegeaufwand von mindestens 14 Stunden wöchentlich in häuslicher Umgebung des Pflegebedürftigen sind seither rentenversicherungspflichtig, wenn der Pflegebedürftige Anspruch auf Leistungen aus der sozialen oder privaten Pflegeversicherung hat, § 44 SGB XI in Verbindung mit § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI in der ab dem 1. April 1995 geltenden Fassung. Für Pflegepersonen von Pflegebedürftigen, die keine Leistungsansprüche aus der sozialen oder privaten Pflegeversicherung haben, besteht im Rahmen von § 7 SGB VI weiterhin die Möglichkeit der Entrichtung freiwilliger Beiträge. Auch können die Sozialhilfeträger zur Sicherstellung der Pflege im häuslichen Bereich weiterhin angemessene Beiträge zur Alterssicherung leisten, also die freiwilligen Beiträge der Pflegeperson übernehmen. Die Möglichkeit der Umwandlung dieser von Pflegepersonen bzw. vom Sozialhilfeträger für Pflegepersonen gezahlten freiwilligen Beiträge in Pflichtbeiträge besteht seit dem 1. April 1995 jedoch nicht mehr, da § 177 SGB VI mit Wirkung von diesem Zeitpunkt ersatzlos gestrichen wurde (Art. 5 Nr. 14, Art. 50 bis 52 des Pflegeversicherungsgesetzes vom 26. Mai 1994, BGBl. I S. 1014, 1049; vgl. auch §§ 249b, 279e SGB VI). Die von der Klägerin erstrebte Umwandlung der gezahlten freiwilligen Beiträge in Pflichtbeiträge ist daher mangels gesetzlicher Grundlage rechtlich nicht zulässig. Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung für die Tätigkeiten der Klägerin als Pflegeperson der Frau I. sind ebenfalls nicht zulässig, da die pflegebedürftige Frau I. keinen Anspruch auf Leistungen aus der sozialen oder einer privaten Pflegeversicherung hat.

17

Der Senat vermag den von der Klägerin geltend gemachten Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG nicht festzustellen. Dass der Gesetzgeber für Personen - wie die Klägerin -, die Pflegebedürftige mit Anspruch auf Leistungen nach dem BSHG (bzw. ab 1. Januar 2005 nach dem SGB XII) pflegen, nicht wie durch § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI für Pflegebedürftige mit Anspruch auf Leistungen aus der sozialen oder einer privaten Pflegeversicherung pflegende Personen eine Rentenversicherungspflicht begründet hat und seit 1. April 1995 nicht mehr die Umwandlung für sie eingezahlter freiwilliger Beiträge in Pflichtbeiträge zulässt, ist zwar eine die Pflegepersonen bei Pflegefällen nach dem BSHG benachteiligende Ungleichbehandlung. Denn die fehlende Möglichkeit der Entrichtung von Pflichtbeiträgen (bzw. der Umwandlung in solche) kann sich nachteilig auf die Gewährung von Renten auswirken, die Pflichtbeiträge voraussetzen (etwa bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit sowie der Altersrente für Frauen und wegen Arbeitslosigkeit; vergleiche §§ 43, 44, 39 und 38 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung und §§ 43, 240, 237 und 237a SGB VI in der ab dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung). Für die Rentenhöhe ist es zwar in der Regel unerheblich, ob freiwillige Beiträge oder Pflichtbeiträge vorliegen. Dann, wenn Beiträge - wie vorliegend fast durchgängig - neben Pflichtbeiträgen gemäß § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI für die Pflege einer weiteren - pflegeversicherten - Person gezahlt werden, wirkt sich die Berücksichtigung als Pflichtbeiträge, da diese anders als freiwillige Beiträge neben weiteren Pflichtbeiträgen zulässig sind, allerdings auch rentenerhöhend aus (vgl. die dem Bescheid der Beklagten vom 8. Oktober 2002 anliegende Vergleichsberechnung). Dennoch vermag der Senat eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung nicht festzustellen. Art. 3 Abs. 1 GG verbietet nicht jegliche Ungleichbehandlung. Er verbietet lediglich, vergleichbare Sachverhalte ohne hinreichend vernünftigen Grund ungleich zu behandeln. Als solcher Grund für eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Ungleichbehandlung kommt jede vernünftige Erwägung in Betracht. Es ist grundsätzlich Sache des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselben Rechtsfolgen knüpft, vorausgesetzt, die Auswahl ist sachlich vertretbar. Auf keinen Fall verlangt Art. 3 Abs. 1 GG, die zweckmäßigste, vernünftigste und gerechteste Lösung zu wählen. Im Bereich der - wie hier - Sozialleistungen gewährenden Staatstätigkeit ist ein großzügiger Prüfungsmaßstab anzulegen (vgl. zum Vorstehenden Jaras/Pieroth, GG-Kommentar, 8. Auflage 2006, Art. 3 Rdnr. 14, 15 und 21a mit Nachweisen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts). Davon ausgehend ist das Bestehen eines Anspruchs des Pflegebedürftigen auf Leistungen aus der sozialen oder einer privaten Pflegeversicherung als Voraussetzung der Versicherungspflicht der Pflegeperson (bzw. der Berücksichtigung als Pflichtbeitrag) zur Überzeugung des Senats ein noch ausreichender sachlicher Differenzierungsgrund. Bei dieser Voraussetzung der Versicherungspflicht nach § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI handelt es sich um eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Konsequenz des im Bereich ambulanter Pflege auf die Förderung der freiwilligen sozialen Arbeit gerichteten Gesamtkonzepts der Pflegeversicherung, in der die Zahlung von Rentenversicherungsbeiträgen für Pflegepersonen als Sozialleistung ausgestaltet ist (Klattenhoff in: Hauck/Nofz, SGB VI, K § 3 Rdnr. 48 unter Hinweis auf § 28 Abs. 1 Nr. 10 i.V.m. § 44 SGB XI. Auch der 1. Senat des Landessozialgerichts Niedersachsen hat in seinem Urteil vom 14. Dezember 2000 (Az: L 1 RA 105/00) in der Benachteiligung der Pflegepersonen in BSHG-Fällen keinen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG gesehen. Er hat sie als nicht willkürliche, sondern geeignete und verhältnismäßige Maßnahme zur Erreichung der Zielsetzung des Pflegeversicherungsgesetzes bewertet. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt: "Denn mit der Einführung des Pflegeversicherungsrechts zum 1. April 19995 sollten die bis dahin nur unzureichenden Regelungen der Pflege von Pflegebedürftigen deutlich verbessert und hierfür ein einheitlicher neuer Zweig der Sozialversicherung geschaffen werden. Zur Finanzierung der neuen Leistungsformen hat der Gesetzgeber dabei das Beitragssystem gewählt, da dieses sich bereits in anderen Bereichen der Sozialversicherung bewährt hatte (. . .). Unter Zugrundelegung dieser sachlichen Zielsetzung erscheint die rechtliche Behandlung der Pflegeperson dann aber folgerichtig. Denn da das Beitragsrecht der Sozialversicherung im Regelfall an die Entrichtung von Pflichtbeiträgen anknüpft, erscheint es konsequent, wenn der Gesetzgeber des Pflegeversicherungsgesetzes den Pflichtbeitrag bzw. die zugrunde liegende Pflichtversicherung auch für die Alterssicherung der Pflegepersonen von Pflegeversicherten zur Anwendung bringt und deren Tätigkeit als versicherungspflichtig bzw. die dafür von den Pflegekassen entrichteten Beiträge als Pflichtbeiträge einstuft. Ebenso konsequent erscheint es, wenn die Pflegefälle, die nach dem BSHG zu beurteilen sind, nicht an der Systematik des Pflichtbeitragsrechts teilhaben, die dortigen Pflegepersonen also nicht pflichtversichert sind und allein freiwillige Beiträge entrichten können." Der Senat schließt sich diesen Ausführungen an und verweist im Übrigen auf die Begründung des den Beteiligten vorliegenden Urteils des 1. Senats des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 14. Dezember 2000.

18

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG.

19

Der Senat hat die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

20

Dieses Urteil kann mit der Revision angefochten werden.