Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 08.11.2006, Az.: L 3 KA 449/03
Rechtmäßigkeit der Höhe des Punktwertes bei der Vergütung von Primärkassenfällen; Voraussetzungen für den Anspruch auf höhere Vergütung für "Anästhesieleistungen"; Anpassung von fachgruppenbezogenen Honorarkontingenten; Rechtmäßigkeit einer Honorarverteilung auf der Grundlage fachgruppenbezogener Honorarkontingente
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 08.11.2006
- Aktenzeichen
- L 3 KA 449/03
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2006, 27350
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2006:1108.L3KA449.03.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Hannover - 27.08.2003 - AZ: S 16 KA 1264/98
- nachfolgend
- BSG - 29.08.2007 - AZ: B 6 KA 43/06 R
Rechtsgrundlagen
- § 85 Abs. 3 a S. 6 SGB V
- § 85 Abs. 4 SGB V
- § 8 Abs. 2 b HVM-PK
- § 8 Abs. 3 b HVM-PK
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 27. August 2003 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin hat die Kosten der Beklagten aus beiden Rechtszügen zu erstatten.
Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen
Tatbestand
Die als Anästhesistin niedergelassene und an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Klägerin rügt die Höhe des Punktwertes bei der Vergütung von Primärkassenfällen in den Quartalen I/1996 bis I/1997.
Im Bereich der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KV) galt seit 1991 ein Honorarverteilungsmaßstab (HVM) für Primärkassen (PK), der die - nach Abzug von Vorabvergütungen - bereinigte Gesamtvergütung auf Honorarkontingente für Fachgruppen (im Folgenden: F-Leistungen) aufteilte und verteilte. Die einzelnen Kontingente wurden nach dem ausgezahlten Anteil (in DM) der jeweiligen Fachgruppe an der bereinigten Gesamtvergütung desselben Quartals des Vorjahres - erstmals also des Jahres 1990 - berechnet, der jeweils um die prozentuale Veränderungsrate der bereinigten Gesamtvergütung im Vergleich zu demselben Quartal des Vorjahres verändert wurde. So genannte nichtdynamische Leistungen der Fachgruppe - d.h. solche Leistungen eines Quartals, deren Häufigkeit gegenüber demselben Quartal des Vorjahres um 2,49% oder weniger gestiegen war - wurden mit einem Punktwert von 9,8 Pfennig vergütet, die übrigen - dynamischen - Leistungen mit einem floatenden Punktwert (restliches Honorarkontingent der Fachgruppe dividiert durch die Punktzahl der Leistungen für dynamische Leistungen). Gleichzeitig wurde ein Interventionspunktwert festgelegt, der ab 1994 75% der landesdurchschnittlichen Anforderungspunktwerte aller niedersächsischen Kostenträger für bereinigte vertragsärztliche Leistungen betrug. Ab 1996 wurde die Unterscheidung zwischen nichtdynamischen und dynamischen Leistungen aufgegeben und alle F-Leistungen wurden nach einem floatenden Punktwert vergütet.
Nachdem § 85 Abs. 3 a Satz 6 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) erstmals für 1993 eine Erhöhung der Gesamtvergütung für die in den Abschnitten B VI und B VII des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen (EBM) aufgeführten Zuschläge für Leistungen des ambulanten Operierens sowie die damit verbundenen Operations- und Anästhesieleistungen angeordnet hatte, führte die Beklagte für diese Leistungen (im Folgenden: AO-Leistungen) zunächst ein weiteres Honorarkontingent mit einem für alle Fachgruppen einheitlichen Punktwert ein. Ab 1995 traten an dessen Stelle nach Fachgruppen unterschiedene Kontingente, die nach dem jeweiligen Punktwert für F-Leistungen berechnet wurden, der um einen einheitlichen Aufstockungsbetrag erhöht wurde. Ab dem Quartal I/1997 wurden die AO-Leistungen vor der Verteilung der bereinigten Gesamtvergütung auf die Fachgruppen von der Gesamtvergütung abgezogen und mit einem Mindestpunktwert von 8,0 Pfennig vergütet. Zum Quartal II/1997 wurden die Honorarkontingente für F-Leistungen schließlich neu berechnet, wobei der DM-Betrag, der sich aus der Multiplikation der vergüteten Punktzahlen für F-Leistungen der Fachgruppe desselben Quartals im Jahr 1996 mit dem fachgruppenübergreifenden Durchschnittspunktwert für F-Leistungen desselben Quartals 1996 ergab, um den Prozentsatz der Veränderungsrate der Vergütungen für die Summe der F-Leistungen aller Fachgruppen im laufenden Quartal gegenüber demselben Quartal des Jahres 1996 verändert wurde.
Der für die Anästhesisten im Bereich der Primärkassen errechnete Punktwert für F-Leistungen sank in den Quartalen von I/1991 bis I/1993 kontinuierlich von 8,8609 Pfennig auf 6,6062 Pfennig. Seit dem Quartal II/1993 griff der Interventionspunktwert für die F-Leistungen ein; dieser lag in den Quartalen I bis IV/1995 in einer Höhe zwischen 5,6919 und 6,0544 Pfennig.
Die der Klägerin gegenüber erlassenen Honorarbescheide für die Quartale I/1996 bis I/1997 wiesen für diese Quartale ausgezahlte Gesamthonorare aus, die im Ergebnis zwischen 81.903,50 DM (im Quartal II/1996) und 116.571,38 DM (IV/1996) lagen. Die zu Grunde liegenden Punktwerte für die F-Leistungen im PK-Bereich lagen dabei zwischen 4,2895 (II/1996) und 5,0372 Pfennig (IV/1996), wobei es sich wiederum um die Interventionspunktwerte handelte; die Punktwerte für AO-Leistungen bei Versicherten der PKen lagen zwischen 5,4367 (II/1996) und 9,0426 Pfennig (I/1997). Die entsprechenden Daten für Versicherte der Ersatzkassen (EK) lagen bei AO-Leistungen zwischen 6,7102 (IV/1996) und 7,9824 Pfennig (I/1997); die Leistungen, die im EK-Bereich innerhalb des leistungsbezogenen Honorarkontingents für "übrige Leistungen" vergütet wurden, waren mit Punktwerten zwischen 6,4945 (I/1997) und 7,7413 (III/1996) bewertet.
Gegen diese Bescheide legte die Klägerin jeweils Widerspruch ein, mit dem sie rügte, dass die Beklagte die PK-Honorartöpfe, die auf der Honorarbasis der Fachgruppen des Jahres 1989 gebildet worden seien, nicht angepasst habe. Trotz der inzwischen drastisch gestiegenen Arzt- und Fallzahl der Anästhesisten hätten die Vertreter der Selbstverwaltung über viele Jahre nicht reagiert, obwohl der Punktwert hierdurch extrem gefallen sei. Die Probleme des Anästhesistentopfs seien seit I/1993 bekannt gewesen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei nach Ablauf einer Erprobungszeit von drei Jahren deshalb eine HVM-Änderung zum 01.01.1996 notwendig gewesen.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 17. November 1998 zurück. Der Zunahme der ambulanten Operationen, auf die das Anwachsen der Arzt- und der Fallzahlen zurückgeführt werde, habe die Vertreterversammlung durch Anpassung des HVM ab I/1993 insoweit Rechnung getragen, als die gemäß § 85 Abs. 3 a Satz 6 SGB V zusätzlich für ambulante Operationen und Anästhesien geleisteten Zahlungen der Krankenkassen separat und zweckgebunden vergütet worden seien. Ab I/1997 würden ambulante Operationen und Anästhesien mit einem Mindestpunktwert von 8 Pfennig vergütet, so dass für die in Rede stehenden Quartale des Jahres 1996 und 1997 den Anästhesisten eine zusätzliche Vergütung zugestanden worden sei. Eine Anpassung der Fachgruppenkontingente sei erst ab II/1997 für erforderlich gehalten worden. Im Übrigen sei die Punktwertentwicklung ohne Bezugnahme auf das Gesamthonorarvolumen nicht aussagekräftig, wobei zu berücksichtigen sei, dass das Honorar der Anästhesisten von 1990 bis 1997 um 260% gestiegen sei, der Fallwert im selben Zeitraum um 32%. Der Fallwert für alle Fachgruppen sei demgegenüber in demselben Zeitraum nur um 6% gestiegen.
Hiergegen hat die Klägerin am 08. Dezember 1998 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Hannover erhoben. Die Vertreterversammlung der Beklagten habe entgegen ihrer ursprünglichen Zusage die Höhe des Honorartopfs für F-Leistungen im PK-Bereich - der auf der Grundlage der Daten von 1990 gebildet worden sei - nicht angepasst, obwohl die Arzt- und Fallzahl seitdem drastisch gestiegen und der Punktwert als Folge hiervon extrem gefallen sei. So sei der errechnete Punktwert auf 3,9 Pfennig im Quartal I/1996 und bis auf 3,3 Pfennig im Quartal I/1997 gesunken. Der gestützte Punktwert habe von 1995 bis zum Quartal I/1997 um 25% unter dem durchschnittlichen Anforderungspunktwert gelegen und damit um mehr als 15% unter dem Punktwert für den größten Teil der sonstigen medizinischen Leistungen. Dem Trend zum Punktwertverfall hätte die Beklagte durch eine wesentlich frühere Anpassung der Fachgruppenkontingente als erst im Quartal II/97 entgegenwirken müssen. Mit dem Festhalten an den früheren Kontingenten habe die Beklagte die Grundsätze der Verteilungsgerechtigkeit und der leistungsproportionalen Honorarverteilung verletzt. Für den Punktwertverfall seien nicht selbst von den Anästhesisten verursachte Leistungsausweitungen ursächlich gewesen, sondern die fehlende Bedarfsplanung und daraus folgend das Fehlen einer Niederlassungssperre. Deshalb bestehe eine Nachbesserungspflicht der Beklagten, um dem Punktwertabfall entgegen zu wirken. Diese sei vom BSG angenommen worden, wenn die Aufträge überweisender Ärzte zu einer Mengenausweitung mit der Folge einer Abweichung von 15% oder mehr gegenüber dem größten Teil der sonstigen Leistungen geführt habe. Auch das Anwachsen des Patientenaufkommens der Arztgruppe um mindestens 10% im Vergleich zum Ausgangsquartal könne einen Änderungsbedarf bedingen, wenn sich entsprechende Entwicklungen bei den übrigen Arztgruppen nicht ergeben hätten. Der HVM dürfe weiterhin nicht die mit den 1996 in Kraft getretenen Veränderungen des EBM konterkarieren, die zu einer Aufwertung der Leistungen geführt habe, die von jedem Facharzt für Anästhesiologie routinemäßig bei jedem Patienten abgerechnet würden. Schließlich müsse der Beklagten vorgeworfen werden, dass sie den PK-Topf willkürlich handhabe, während prinzipiell gleiche Strukturen für Ersatz- und Primärkassen herrschen müssten.
Das SG hat die angefochtenen Honorarbescheide in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17. November 1998 mit Urteil vom 27. August 2003 abgeändert und die Beklagte verurteilt, der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts eine höhere Vergütung für Anästhesieleistungen zu gewähren und ihr entsprechend geänderte Honorarbescheide zu erteilen. Die im umstrittenen Zeitraum geltenden HVM-Regelungen der Beklagten seien rechtswidrig, soweit sie die Fachgruppe der Anästhesisten betrafen, weil dort keine Anpassung von Fachgruppentöpfen bei Arztzahl- und Leistungszuwächsen vorgesehen worden sei. Im Zuge der Tendenz zur Verlagerung von Operations- und mithin auch von Anästhesieleistungen vom Krankenhaus- in den ambulanten Bereich sei die Zahl der niedergelassenen Anästhesisten und der von diesen abgerechneten Fällen kontinuierlich angestiegen; hierbei habe es sich um eine von außen wirkende Veränderung gehandelt, auf welche die Ärzte der Fachgruppen keinen Einfluss hätten nehmen können. Als Folge der Festlegung des Interventionspunktwertes, der Regelungen über die Vergütung der Leistungen des ambulanten Operierens in § 85 Abs. 3 a Satz 6 und Abs. 4 a Satz 3 SGB V und der Aufbesserung der Punktzahl der Anästhesieleistungen im EBM zum Quartal I/1996 sei es zwar zu einem erheblichen und überproportionalen Anstieg des Fallwertes der Anästhesisten von 187,94 DM im Jahr 1990 auf 248,86 DM im Jahr 1997 gekommen. Dies ändere aber nichts daran, dass die Leistungen der Anästhesisten bis zum Quartal I/1997 nur auf einem Niveau von 25% unterhalb des Durchschnitts vergütet worden seien. Nach der Rechtsprechung des BSG sei der Satzungsgeber bei von den Vertragsärzten nicht selbst verursachten Leistungsausweitungen zu einer Prüfung der Honorarkontingente verpflichtet. Dies gelte in Hinblick auf Entwicklungen im Patientenaufkommen einzelner Arztgruppen zwar nur dann, wenn es sich um wesentliche Veränderungen im Vergleich zum Ausgangsquartal und um eine länger dauernde Entwicklung handele. Als wesentlich sei eine Änderung aber dann anzusehen, wenn sich das Patientenaufkommen um mindestens 10% erhöht habe und sich entsprechende Entwicklungen bei den übrigen Arztgruppen nicht ergeben hätten; diese Voraussetzungen hätten bei den Anästhesisten spätestens im Quartal I/1996 vorgelegen.
Gegen das ihr am 26. September 2003 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 23. Oktober 2003 Berufung bei dem Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen eingelegt. Entgegen der Auffassung des SG sei der Fachgruppentopf für Anästhesisten regelmäßig angepasst worden, indem die Stützungsbeträge (auf den Interventionspunktwert) eines Quartals jeweils sockelwirksam für das entsprechende Quartal des Folgejahres im Fachgruppentopf verblieben seien. Andererseits habe die Beklagte die Regelungen über die Vergütung der Leistungen des ambulanten Operierens in § 85 Abs. 3 a Satz 6 und Abs. 4 a Satz 3 SGB V umgesetzt. Das SG lasse ferner unberücksichtigt, dass das Honorar der Fachgruppe der Anästhesisten im Gegensatz zu anderen Fachgruppen nicht überwiegend aus dem Honorartopf für F-Leistungen vergütet werde. Zum einen habe für den Honoraranteil der EKen noch kein Fachgruppentopf bestanden; zum anderen erhalte die Klägerin nur ca. 50% ihrer Honorareinkünfte der PKen aus dem Fachgruppentopf, im Übrigen aber aus dem Topf für AO-Leistungen, die höher vergütet würden. Schließlich seien das Honorarvolumen und der Fallwert der Anästhesisten im Zeitraum von I/1990 bis I/1997 im Vergleich zu den Werten aller Ärzte vergleichsweise erheblich bzw. deutlich höher angestiegen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 27. August 2003 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Soweit die Beklagte auf zusätzlich bereitgestellte Mittel zur Aufstockung der Punktwerte für ambulantes Operieren hingewiesen habe, setzten diese auf die unterschiedlichen Facharztpunktwerte auf, so dass hierdurch die Ungleichbehandlung fortgesetzt werde. Außerdem habe sich die Beklagte von 1992 bis 1997 keinerlei Gedanken darüber gemacht, warum es zu einer Leistungsausweitung bei der Fachgruppe der Anästhesisten gekommen sei. Im Übrigen hätte die Beklagte im Hinblick auf eine weitere Umgestaltung des Honorargefüges durch die EBM-Änderung ab 01. Januar 1996 nicht noch weiter zuwarten dürfen, sondern hätte spätestens ab 1994 mit einer Umgestaltung auf den Punktwertverfall reagieren müssen, nachdem sie den Punktwert bereits seit 1992 gestützt habe. Die Beklagte hätte gerade deshalb schneller reagieren müssen, weil es sich bei den Anästhesisten um eine kleine Facharztgruppe handele, bei der sich der Anstieg der Arztzahl stärker auswirke.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig und begründet. Das SG hat der auf Anpassung der Punktwerte gerichteten Klage zu Unrecht stattgegeben.
Klagegegenstand (§ 95 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) sind die Honorarbescheide für die Quartale I/1996 bis I/1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. November 1998. Das im erstinstanzlich gestellten Antrag zum Ausdruck kommende Ziel der Klägerin, die Beklagte unter Abänderung dieser Bescheide zu verurteilen, ihr unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts eine höhere Vergütung für "Anästhesieleistungen" zu gewähren, bezieht sich entgegen des insoweit missverständlichen Wortlautes nicht nur auf die eigentlichen Anästhesieleistungen im Sinne des Abschnitts D des EBM. Ihrem gesamten Vorbringen nach (vgl. § 123 SGG) strebt sie vielmehr ein höheres Honorar für alle Leistungen an, die ihr als Anästhesistin innerhalb des Honorarkontingents für F-Leistungen (und in Folge hiervon: auch für AO-Leistungen) honoriert werden. Dabei beschränkt sie sich - in zulässiger Weise, vgl. BSG SozR 4-1500 § 92 Nr. 2 - auf die Anfechtung der Teile der Honorarbescheide, die die Vergütung der PK-Fälle betreffen.
Diese als (Teil-)Anfechtungs- und Bescheidungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG) statthafte und auch im Übrigen zulässige Klage ist jedoch unbegründet. Die angefochtenen Honorarbescheide sind nicht zu beanstanden.
Grundlage der Vergütung der PK-Fälle in den Quartalen I bis IV/1996 ist der HVM-PK der Beklagten vom 18. November 1995 (Nds.ÄBl. 1995, Heft 12, S. 31). Dieser sieht in § 8 vor, dass die quartalsweise gezahlte Gesamtvergütung - durch Abzug bestimmter Vorabposten (gemäß § 8 Abs. 2 a - f) bereinigt - nach näherer Maßgabe der Abs. 2 g und 3 (a.E.) i.V.m. Ziff. II der Anlage 3 auf die einzelnen Fachgruppen verteilt wird. Das Honorarkontingent der jeweiligen Fachgruppe errechnet sich auf der Grundlage des ausgezahlten Vergütungsanteils (in DM) der Fachgruppe im entsprechenden Quartal des Vorjahres; dieser Betrag wird um den Prozentsatz verändert, der der Veränderungsrate der Vergütungen für die Summe der F-Leistungen aller Fachgruppen im laufenden Quartal gegenüber dem Vorjahresquartal entspricht (Ziff. II 1 a und b der Anlage 3). Das in DM ausgewiesene Honorarkontingent der einzelnen Fachgruppe wird in der Weise verteilt, dass der genannte Betrag durch die Punktzahl der Fachgruppe für F-Leistungen dividiert wird (Ziff. II Abs. 2). Sofern der sich hieraus ergebende Punktwert für F-Leistungen niedriger als der Interventionspunktwert ist - der 75% des landesdurchschnittlichen Anforderungspunktwertes aller niedersächsischen Kostenträger für bereinigte vertragsärztliche Leistungen beträgt - wird er in Höhe dieses Interventionspunktwertes festgelegt. Dies ist in allen vier Quartalen des Jahres 1996 der Fall gewesen.
Zu den genannten vorab von der Gesamtvergütung abzuziehenden Posten zählen der Aufstockungsbetrag für vertragsärztliche Leistungen des ambulanten Operierens sowie der damit verbundenen Operations- und Anästhesieleistungen im Sinne des § 85 Abs. 3 a Satz 6 SGB V (§ 8 Abs. 2 b HVM-PK) und die für 1996 beschlossene zusätzliche Anhebung der Gesamtvergütung für diese Leistungen gemäß § 8 Abs. 2 a a.A. HVM-PK. Die erstgenannten Aufstockungsbeträge werden gemäß § 8 Abs. 3 b HVM-PK berechnet, indem die Aufstockung des entsprechenden Vorjahresquartals verändert wird um die Veränderungsrate der Summe der gezahlten Vergütung im Vergleich zum entsprechenden Vorjahresquartal. Der sich hieraus ergebende Betrag wird dividiert durch die Gesamtpunktzahl der vertragsärztlichen AO-Leistungen und sodann als einheitlicher punktzahlbezogener Zuschlag auf alle Ärzte verteilt, die - unabhängig von der Fachgruppenzugehörigkeit - ambulante Operationen bzw. damit verbundene Operations- und Anästhesieleistungen erbracht haben. Die zusätzlichen Mittel für ambulante Operationen werden gemäß § 8 Abs. 3 a HVM-PK i.V.m. Ziff. B. 3 a des Zusatzbeschlusses der Vertreterversammlung der KV vom 18. November 1995 (Nds.ÄBl. 1996, Heft 12, S. 28) verteilt, indem diese zusätzlichen Mittel durch die Punktzahl für ambulante Operationen dividiert werden und der sich hieraus ergebende einheitliche Punktwertzuschlag an alle die entsprechenden Leistungen erbringenden Vertragsärzte weitergegeben wird. Im Falle der Klägerin hat dies dazu geführt, dass ihr für die betroffenen Leistungen nach den EBM-Ziffn. 90, 185, 186, 189, 462 und 463 Punktwerte in Rechnung gestellt worden sind, die sich aus der Addition des Interventionspunktwertes für F-Leistungen und der genannten einheitlichen punktzahlbezogenen Zuschläge für AO-Leistungen ergeben haben.
Im ersten Quartal 1997 werden die AO-Leistungen nach § 8 Abs. 3 g ll des HVM-PK in der Fassung des 3. Nachtrags vom 16. November 1996 (Nds.ÄBl. 1996, Heft 12, S. 37) als Bestandteil eines einheitlichen Kontingents für AO-Leistungen vergütet, das vorab von der Gesamtvergütung abgezogen wird. Diese Leistungen werden mit einem Mindestpunktwert von 8,0 Pfennig vergütet (der durch den für das vorliegende Quartal ermittelten Punktwert von 9,0426 überschritten ist). Die übrigen Leistungen werden wie in den Quartalen I bis IV/1996 als Bestandteil des Fachgruppenkontingents der Anästhesisten verteilt.
Diese Honorarverteilung auf der Grundlage fachgruppenbezogener Honorarkontingente und mit dem Ergebnis unterschiedlicher Punktwerte steht mit höherrangigem Recht in Einklang, insbesondere mit § 85 Abs. 4 SGB V (hier anwendbar in der Fassung des 4. SGB V-ÄndG vom 04. Dezember 1995 - BGBl. I 1558) und dem sich aus Art. 12 und 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) ergebenden Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit. Aus § 85 Abs. 4 Satz 3 SGB V, wonach bei der Verteilung der Gesamtvergütung Art und Umfang der Leistungen des Vertragsarztes zu Grunde zu legen sind, ergibt sich nicht, dass alle Leistungen mit einem für alle Fachgruppen einheitlichen Punktwert vergütet werden müssen. Vielmehr hat § 85 Abs. 4 Satz 5 SGB V ausdrücklich eine nach Arztgruppen unterschiedliche Honorarverteilung gestattet. Im Hinblick auf die berufsregelnde Tendenz von Honorarverteilungsvorschriften darf die KV die Verteilung allerdings nicht frei nach ihrem Ermessen gestalten, sondern ist an den Grundsatz der leistungsproportionalen Verteilung gebunden, wonach die ärztlichen Leistungen prinzipiell gleichmäßig zu vergüten sind. Der KV als Satzungsgeberin bleibt jedoch ein Spielraum für sachlich gerechtfertigte Abweichungen von diesem Grundsatz, der es ihr ermöglicht, ihrem Sicherstellungsauftrag und ihren sonstigen vertraglichen und gesetzlichen Verpflichtungen gerecht zu werden (ständige BSG-Rechtsprechung, vgl. nur SozR 3-2500 § 85 Nr. 4, Nr. 23 und Nr. 24).
Das BSG hat bereits wiederholt entschieden (z.B. SozR 3-2500 § 85 Nrn. 11, 24 und 26), dass eine KV von diesem Spielraum sachgerecht Gebrauch macht, wenn sie für die einzelnen Fachgruppen Honorarkontingente auf der Grundlage eines bestimmten Basisjahres bildet, um damit - namentlich angesichts der Budgetierung der Gesamtvergütung - zu verhindern, dass sich Leistungsausweitungen einzelner Fachgruppen zu Lasten der Honorierung ärztlicher Leistungen in anderen Fachgruppen auswirken. Hierdurch wird erreicht, dass das Risiko der Leistungsmengenauswirkung bei den Ärzten der jeweiligen Fachgruppe verbleibt.
Die Bildung derartiger Teilbudgets löst nach ständiger BSG-Rechtsprechung aber eine Reaktionspflicht der KV dahin aus, dass sie Verteilungsregelungen, mit denen sie in Verfolgung bestimmter Ziele vom Grundsatz der gleichmäßigen Honorarverteilung abweicht, regelmäßig zu überprüfen hat. Sie hat sie zu ändern bzw. weiterzuentwickeln, wenn sich herausstellt, dass der Zweck der Regelung ganz oder teilweise nicht erreicht oder sogar verfehlt wird (BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 12) oder wenn andere Umstände als von den Vertragsärzten selbst verursachte Leistungsausweitungen, z.B. gesetzliche Leistungsausweitungen, vorliegen, die sich nur bei einzelnen Arztgruppen auswirken und nur dort zu einem deutlichen Abfall des Punktwertes führen (BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 11 und Nr. 24).
Im Ansatz zutreffend weist die Klägerin darauf hin, dass die Entwicklung des kontingentabhängigen Punktwertes für F-Leistungen der Anästhesisten in den Jahren 1991 - 1995 für die Beklagte Anlass gab, ab 1996 eine Änderung des HVM mit dem Ziel einer Punktwerterhöhung in Erwägung zu ziehen. Der rechnerische Punktwert war nach den unbestrittenen Angaben der Klägerin vom Quartal I/1991 bis zum Quartal I/1996 von 8,8609 auf ca. 3,9 gefallen. Diese negative Entwicklung war zwar zum Teil dadurch aufgefangen worden, dass der Punktwert ab II/1993 durch den Ansatz des Interventionspunktwertes gestützt wurde. Auch dieser lag aber deutlich unter dem durchschnittlichen Punktwertniveau der übrigen Arztgruppen, was daraus ersichtlich ist, dass der Interventionspunktwert nur 75% des landesdurchschnittlichen Anforderungspunktwertes aller niedersächsischen Kostenträger für bereinigte vertragsärztliche Leistungen beträgt. Diese Abweichung zu Lasten der Anästhesisten war schon deshalb erheblich, weil er nicht nur eine begrenzte Leistungsart - wie bei einem Honorartopf für Leistungen, die Ärzte nur auf Überweisung hin erbringen können und bei denen das BSG einen Anpassungsbedarf schon bei einem um 15% niedrigeren Punktwert angenommen hat (SozR 3-2500 § 85 Nr. 26) -, sondern so gut wie alle Leistungen der Anästhesisten betraf, nämlich die so genannten F-Leistungen und - in Gestalt des Sockelbetrages - auch die AO-Leistungen. Es handelte sich auch um eine dauerhafte Entwicklung, die wesentlichen Einfluss auf den Umsatz der Anästhesisten hat (zu diesen Voraussetzungen vgl. BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 26; Urteil vom 03. März 1999 - B 6 KA 56/97 R).
Die dem Punktwertverfall zu Grunde liegenden Leistungsausweitungen sind auch nicht von den Anästhesisten selbst verursacht. Die unmittelbar hierfür verantwortliche Steigerung der Arzt- und der Fallzahlen im Bereich Anästhesie (von durchschnittlich 34,25 Ärzten im Basisjahr 1990 auf durchschnittlich 81,5 Ärzte 1995 bzw. von durchschnittlich 8.752,75 Fällen je Quartal 1990 auf 25.586,25 Fälle je Quartal 1995; Grundlage: Statistische Angaben der Beklagten in der Anlage des Schriftsatzes vom 06. August 2002) sind für sich genommen zwar noch nicht ohne weiteres aussagekräftig (vgl. BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 11 zu Neuzulassungen). Der hiermit einhergehende Leistungszuwachs hat seinen Grund aber in einer gesetzlich gewollten Ausweitung der Erbringung ambulanter Operationen, auf die bereits das SG zutreffend hingewiesen hat. Zu diesem Zweck war mit dem Gesundheitsstrukturgesetz (GSG; vom 20. Dezember 1992 - BGBl. I 2266) durch § 85 Abs. 3 a Satz 6 und Abs. 4 a Satz 3 SGB V bestimmt worden, dass der Teil der Gesamtvergütungen, der auf die in den EBM-Abschnitten B VI und B VII aufgeführten Zuschläge für Leistungen des ambulanten Operierens sowie die damit verbundenen Operations- und Anästhesieleistungen entfällt, um zusätzliche Beträge erhöht wird und diese Erhöhungen bei der Honorarverteilung für die entsprechenden Leistungen zu verwenden sind. Der hierauf einsetzende Anstieg der ambulanten Operationsleistungen (zu dessen Folgen vgl. auch BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 10) musste sich für die Arztgruppe der Anästhesisten aber überproportional auswirken, weil für jede ambulante Operation Anästhesien erforderlich sind und sich hierdurch der Zuwachs an ambulanten Operationen aller Arztgruppen bei den Anästhesisten konzentrierte.
Gleichwohl hat die Beklagte ihren Gestaltungsspielraum als Satzungsgeberin des HVM nicht überschritten, wenn sie von einer weitergehenden Stützung des Punktwerts der Anästhesisten in den hier streitbefangenen Quartalen abgesehen hat, weil sie mit Recht davon ausgehen konnte, dass der Punktwertabfall zu einem erheblichen Teil ausgeglichen wird. Ein Ausgleich, der der Korrekturpflicht der KV entgegenstehen kann, ist vom BSG anerkannt worden, wenn Leistungsausweitungen typischerweise zu Rationalisierungseffekten geführt haben (SozR 3-2500 § 85 Nr. 26; Urteil vom 03. März 1999 - B 6 KA 56/97 R). Dem ist der Fall vergleichbar, dass Leistungsausweitungen einerseits zwar zu unterdurchschnittlichen Punktwerten, andererseits aber auch zur Zuerkennung überdurchschnittlicher Zusatzhonorare geführt haben. Ein derartiger Sachverhalt liegt hier vor. Er ist darin begründet, dass die Beklagte seit 1995 in ihrem HVM-PK einheitliche punktzahlbezogene Aufstockungsbeträge für ambulante Operations- und Anästhesieleistungen vorgesehen hat (vgl. § 8 Abs. 2 a und 3 a des HVM-PK vom 13. November 1993 i.d.F. des Änderungsbeschlusses vom 19. November 1994 (Nds.ÄBl. 1994, Heft 12, S. 47)). Diese so genannte "Prämienlösung" (zu deren Zulässigkeit: BSG-Urteil vom 03. März 1999 - B 6 KA 51/97 R) führt - im Gegensatz zu der bis 1994 von der Beklagten angewandten "Separationslösung" (zu den Unterschieden vgl. im Einzelnen BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 10) - zu einer honorarmäßigen Besserstellung der Operations- und Anästhesieleistungen gegenüber den anderen ärztlichen Leistungen, wobei die vom Gesetzgeber gewünschte Mengenausweitung durch Verlagerung von Operationen aus dem stationären in den ambulanten Bereich damit (auch) aus dem allgemeinen Vergütungsaufkommen für die vertragsärztliche Versorgung finanziert wird (BSG a.a.O.). Von den festen Auszahlungsbeträgen haben die Anästhesisten aber in besonderem Umfang profitiert, nämlich wegen der bei ihnen vorliegenden Konzentration von AO-Leistungen und damit aus denselben Gründen, die zum Punktwertverfall geführt haben. So zeigt die von der Beklagten unter dem 25. Juli 2006 vorgelegte Übersicht, dass - beispielhaft in den hier umstrittenen Quartalen I/1996 bis I/1997 - fast 50% des Gesamtpunktzahlvolumens der Anästhesisten auf die aufgestockten AO-Leistungen entfällt. Lediglich die kleine Gruppe der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgen weist ähnliche Anteile auf; bei den Chirurgen liegen die Anteile zwischen 19,8% und 23,9%, bei allen anderen Arztgruppen dagegen bei weniger als 10%. Trotz des hier problematisierten Punktwertverfalls ist dementsprechend auch das Honorar der Anästhesisten je Fall vom Basisjahr 1990 (238,15 DM, berechnet auf der Grundlage der Daten zum Schriftsatz der Beklagten vom 06. August 2002) bis zum Jahr 1995 (237,59 DM) weitgehend gleich geblieben.
Nicht zu beanstanden ist es außerdem, wenn die Beklagte als zusätzlichen Grund für die unterlassene HVM-Korrektur darauf hinweist, dass sich die Honorarsituation der Anästhesisten insgesamt im hier fraglichen Zeitraum deutlich positiver entwickelt hat als die der Gesamtheit der Ärzte. Verantwortlich hierfür sind nicht nur die genannten Aufstockungsbeträge, sondern auch die festen Punktwerte für F-Leistungen, die sich als Folge der Stützung auf den Interventionspunkt ergeben und dazu geführt haben, dass sich der deutliche Fall- und Punktzahlzuwachs bei Anästhesisten weitgehend auch honorarwirksam ausgewirkt hat. Aus den von der Beklagten vorgelegten Daten ergibt sich als Folge hiervon, dass das durchschnittliche Quartalshonorar je Anästhesist im Jahr 1990 60.861,23 DM betrug und im Jahr 1995 auf 74.589,90 DM gestiegen war. Demgegenüber hatten die Ärzte insgesamt im selben Zeitraum eine Honorarminderung von 74.954,65 DM auf 69.938,91 DM pro Quartal hinzunehmen. Steigende Gesamtumsätze sind zwar für sich genommen noch nicht geeignet, den Punktwertverfall bei einer Arztgruppe für unbeachtlich zu erklären, weil sie nichts darüber aussagen, ob dem Grundsatz der leistungsproportionalen Honorarverteilung in Bezug auf einzelne Leistungsgruppen Genüge getan ist. Kommt es aber wie im vorliegenden Fall zu einem besonders deutlichen Honorarzuwachs einer Arztgruppe, die sich wegen der Budgetierung der zur Verfügung stehenden Gesamtvergütung notwendigerweise zu Lasten der übrigen Vertragsärzte auswirken muss, kann es der KV - die auch für eine insgesamt angemessene Honorierung der anderen Arztgruppen sorgen muss - nicht versagt werden, im Hinblick hierauf eine weitere Korrektur zu Gunsten dieser Arztgruppe abzulehnen.
Die genannten Gesichtspunkte konnten die Beklagte auch gerade für die Quartale ab 01. Januar 1996 von einer HVM-Korrektur zu Gunsten der Anästhesisten abhalten, weil es in diesem Zeitraum zu weitergehenden Begünstigungen der Anästhesisten kam (vgl. hierzu Fischer, ErsK 1995, 442, 446). So sind auf der Grundlage der Bundesempfehlung zur angemessenen Veränderung der Gesamtvergütung für die vertragsärztliche Versorgung ab dem 01. Januar 1996 im PK-Bereich zusätzliche zweckgebundene Vergütungen für AO-Leistungen zur Verfügung gestellt worden, die nach dem Zusatzbeschluss der Vertreterversammlung der Beklagten vom 18. November 1995 verteilt worden und dabei auch den Anästhesisten zugeflossen sind. Des weiteren kam es im Zuge der EBM-Reform mit Wirkung vom 01. Januar 1996 zu erheblichen Punktzahlanhebungen gerade im Bereich der Anästhesieleistungen, um die Durchführung ambulanter Operationen weiter zu fördern. Insbesondere die Zuschlagziffer 90 ist von 550 auf 1.500 Punkte angehoben worden. Auch diese Punktzahlerhöhungen konnten wegen der festen Punkwerte für F-Leistungen in erheblichem Umfang an die Anästhesisten weitergegeben werden. Wenn die Beklagte angesichts dieser Umstände erst ab dem Quartal II/1997 eine Anpassung der fachgruppenbezogenen Honorarkontingente auf das neue Basisjahr 1996 vorgenommen hat, ist dies nicht zu beanstanden.
Eine weitergehende Honorarstützung kann die Klägerin auch nicht aus Art. 12 Abs. 1 GG ableiten. Dieser schützt grundsätzlich zwar den Anspruch des Arztes auf Honorierung seiner vertragsärztlichen Tätigkeit. Auf der Grundlage von Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG ist dieser Schutz jedoch durch die §§ 72 Abs. 2 und 85 Abs. 3 SGB V eingeschränkt. Der erforderliche Ausgleich zwischen dem hiermit verfolgten besonders hochrangigen Ziel der Gewährleistung einer ordnungsgemäßen vertragsärztlichen Versorgung und dem Ziel der Gewährung angemessener Vergütungen erlaubt einen Anspruch der Ärzte auf höheres Honorar bzw. eine Honorarstützung aus dem Gesichtspunkt angemessener Vergütung erst dann, wenn in einem - fachlichen und/oder örtlichen - Teilbereich kein ausreichender finanzieller Anreiz mehr besteht, vertragsärztlich tätig zu werden, und dadurch in diesem Bereich die Funktionsfähigkeit der vertragsärztlichen Versorgung gefährdet ist (BSG SozR 4-2500 § 85 Nr. 12 m.w.N. a.d.Rspr.). Anhaltspunkte dafür, dass die ambulante Versorgung mit Anästhesien im hier fraglichen Zeitraum gefährdet gewesen ist, liegen jedoch nicht vor.
Schließlich ist es entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht rechtswidrig, wenn die Beklagte in getrennten HVMen für PK- und EK-Fälle unterschiedliche Punktwerte vorgesehen hat. Wie das BSG bereits entschieden hat (SozR 3-2500 § 85 Nr. 34), spricht gegen die geltend gemachte Verpflichtung zur einheitlichen Honorarverteilung bereits, dass die Verhandlungen über die Vergütungsverträge zwischen Krankenkassen und KVen nach § 82 Abs. 2 Satz 2 SGB V getrennt oder gemeinsam geführt werden können. Angesichts dessen wäre es widersprüchlich, wenn eine KV mit den Landesverbänden der (Primär-)Krankenkassen und den Verbänden der EKen getrennte Gesamtvergütungsvereinbarungen schließen darf, dann aber im Rahmen der Honorarverteilung gezwungen wäre, unabhängig von der Kassenart einheitliche Verteilungspunktwerte vorzuschreiben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG a.F.
Der Senat hat gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG die Revision zugelassen.