Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 22.11.2006, Az.: L 4 KR 127/04
Anspruch eines Dialysepatienten auf teilweise Befreiung von Zuzahlungen zu Arzneimitteln und Heilmitteln; Ermittlung des von der Krankenkasse zu übernehmenden Anteils an Fahrkosten und Zuzahlungen sowie der Belastungsgrenze; Bestimmung des Begriffs "Bruttoeinkommen zum Lebensunterhalt" nach § 62 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V); Berücksichtigung von Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung bei der Ermittlung der Belastungsgrenze
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 22.11.2006
- Aktenzeichen
- L 4 KR 127/04
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2006, 28855
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2006:1122.L4KR127.04.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Hannover - 16.03.2004 - AZ: S 2 KR 650/02
- nachfolgend
- BSG - 19.09.2007 - AZ: B 1 KR 7/07 R
Rechtsgrundlagen
- § 62 Abs. 1 SGB V
- § 62 Abs. 1 S. 1 SGB V
- § 62 Abs.2 SGB V
Tenor:
Das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 16. März 2004 sowie der Bescheid der Beklagten vom 15. Februar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. August 2002 werden aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.012,51 EUR zu zahlen. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers aus beiden Rechtszügen zur Hälfte.
Tatbestand
Der Rechtsstreit betrifft die teilweise Befreiung von Zuzahlungen für das Jahr 2001.
Der im Mai 1940 geborene Kläger leidet seit 1965 an Diabetes mellitus und ist seit Dezember 2000 Dialysepatient. Im Januar 2002 stellte er bei der Beklagten einen Antrag auf Erstattung von Zuzahlungen, die er im Laufe des Jahres 2001 geleistet hatte. Insgesamt machte er einen Betrag von 5.500,29 DM geltend. In einer Aufstellung vom 8. November 2001 gab der Kläger an, dass er und seine Ehefrau im Jahre 2000 über Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit sowie aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von insgesamt 22.247,00 DM verfügt hätten.
Mit Bescheid vom 15. Februar 2002 lehnte die Beklagte die Erstattung von Zuzahlungen ab. Zur Begründung führte sie aus, dass der Kläger und seine Ehefrau im Jahre 2000 über Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit sowie Vermietung und Verpachtung in Höhe von insgesamt 786.226,35 DM verfügt hätten. Von diesen Einkünften seien unter Berücksichtigung der gesetzlichen Bestimmungen weder nachgewiesene Werbungskosten noch Werbungskostenpauschbeträge abzuziehen. Bei den Gesamteinkünften sei ein Familienabschlag in Höhe von 8.064,00 DM berücksichtigungsfähig, so dass ein Gesamteinkommen von 778.162,35 DM verbliebe. Von diesem Betrag bilde die Größe von 2% = 15.563,25 DM die Belastungsgrenze. Die vom Kläger im Jahre 2001 geleisteten und anerkennungsfähigen Zuzahlungen beliefen sich auf 5.253,22 DM. Soweit er auch die Eigenanteile für stationäre Krankenhausaufenthalte geltend gemacht habe, seien diese von der Regelung für Fahrkosten und Zuzahlungen nicht umfasst. Die Belastungsgrenze werde nicht erreicht. Der Kläger habe daher keinen, auch keinen teilweisen Erstattungsanspruch.
Mit seinem Widerspruch vom 4. März 2002, bei der Beklagten eingegangen am 6. März 2002, machte der Kläger geltend, die Beklagte habe bei der Ermittlung seiner Einkünfte Werbungskosten und sonstige Kosten in Abzug zu bringen, weil diese ihm zu seiner Lebensführung nicht zur Verfügung ständen. Auf dieser Grundlage betrügen seine Einkünfte lediglich 4.753,00 DM. Die Beklagte habe daher die geleisteten Zuzahlungen im Jahre 2001 insgesamt zu erstatten. Die Beklagte wies den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 5. August 2002).
Dagegen hat der Kläger am 20. August 2002 Klage erhoben und zur Begründung ausgeführt, dass die Beklagte bei ihren Berechnungen von falschen Bruttoeinnahmen ausgegangen sei. Das Sozialgericht (SG) Hannover hat die Klage durch Urteil vom 16. März 2004 abgewiesen. Die Beklagte habe die Bruttoeinnahmen zutreffend ermittelt. Ein sogenannter horizontaler Verlustausgleich finde nicht statt. Die geleisteten Zuzahlungen und Fahrkosten erreichten die Belastungsgrenze bei weitem nicht. Damit sei weder ein Anspruch auf volle, noch auf teilweise Erstattung der Zuzahlungen gegeben.
Gegen dieses seinen Bevollmächtigten am 31. März 2004 zugestellte Urteil hat der Kläger am 27. April 2004 Berufung eingelegt. Das SG und die Beklagte hätten den unbestimmten Rechtsbegriff der zum Lebensunterhalt dienenden Einnahmen unrichtig ausgelegt. Das BSG habe im Zusammenhang mit den für die freiwillige Krankenversicherung maßgeblichen beitragspflichtigen Einnahmen entschieden, dass von den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung alle Aufwendungen abzuziehen seien, die dem Erwerb, der Sicherung und der Erhaltung der Einnahmen dienten. Auch Werbungskosten einschließlich Schuldzinsen seien mindernd zu berücksichtigen. Diese Gesichtspunkte seien auch für den Anspruch auf Erstattung von Zuzahlungen maßgeblich.
Der Kläger beantragt,
- 1.
das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 16. März 2004 sowie den Bescheid der Beklagten vom 15. Februar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. August 2002 aufzuheben;
- 2.
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 2.474,37 EUR zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil und die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den Inhalt des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die gemäß § 143 und § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung ist teilweise begründet.
Nach § 62 Abs. 1 und 2 Sozialgesetzbuch -Fünftes Buch- (SGB V) in den hier maßgeblichen Fassungen der Gesetze vom 19. Dezember 1998 (BGBl. I 3853), geltend vom 1. Januar 1999 bis 31. Juli 2001, und 16. Februar 2001 (BGBl. I 266), geltend vom 1.August 2001 bis 31. Dezember 2003, hat die Krankenkasse die dem Versicherten während eines Kalenderjahres entstehenden notwendigen Fahrkosten und Zuzahlungen zu Arznei-, Verband- und Heilmitteln zu übernehmen, soweit sie die Belastungsgrenze übersteigen. Die Belastungsgrenze beträgt 2 vom Hundert der jährlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt; für Versicherte, die wegen derselben Krankheit in Dauerbehandlung sind und ein Jahr lang Zuzahlungen in Höhe von mindestens 1 vom Hundert der jährlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt geleistet haben, entfallen die in Satz 1 genannten Zuzahlungen nach Ablauf des ersten Jahres für die weitere Dauer dieser Behandlung, deren weitere Dauer der Krankenkasse jeweils spätestens vor Ablauf des zweiten Kalenderjahres nachzuweisen und vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung soweit erforderlich zu prüfen ist. Die Krankenkasse kann insbesondere bei regelmäßig entstehenden Fahrkosten und Zuzahlungen eine Kostenübernahme in kürzeren Zeitabständen vorsehen. Bei der Ermittlung des von der Krankenkasse zu übernehmenden Anteiles an Fahrkosten und Zuzahlungen sowie der Belastungsgrenze nach Satz 1 und 2 werden die Fahrkosten und Zuzahlungen der mit dem Versicherten im gemeinsamen Haushalt lebenden Angehörigen und ihre Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt jeweils zusammengerechnet mit der Maßgabe, dass die Zuzahlungen nur für denjenigen Versicherten entfallen, der wegen derselben Krankheit in Dauerbehandlung ist (Abs. 1). Bei der Ermittlung der Belastungsgrenze nach Abs.1 sind die jährlichen Bruttoeinnahmen für den ersten in dem gemeinsamen Haushalt lebenden Angehörigen des Versicherten um 15 vom Hundert und für jeden weiteren in dem gemeinsamen Haushalt lebenden Angehörigen um 10 vom Hundert der jährlichen Bezugsgröße nach § 18 Sozialgesetzbuch -Viertes Buch- (SGB IV) zu vermindern (Abs. 2)
Der Kläger hat auf dieser gesetzlichen Grundlage einen Anspruch auf teilweise Erstattung der von ihm im Jahre 2001 getragenen Fahrkosten und Zuzahlungen. Zutreffend hat die Beklagte in diesem Zusammenhang die vom Kläger geltend gemachten Eigenanteile für stationäre Behandlung außer Betracht gelassen, weil diese von der Regelung in § 62 Abs. 1 SGB nicht erfasst werden. Damit ergibt sich ein berücksichtigungsfähiger Betrag von 5.253,22 DM.
Die für den Kläger im Jahre 2001 maßgebliche Belastungsgrenze errechnet sich wie folgt:
Zwischen den Beteiligten ist zunächst nicht streitig, dass für den Kläger und seine Ehefrau die im Jahre 2000 erzielten Bruttoeinkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 12.000,00 DM und 1.781,35 DM zu berücksichtigen sind.
Dagegen hat die Beklagte in ihrem Bescheid vom 15. Februar 2002 zu Unrecht die vom Kläger in Einnahmen-Überschuss-Rechnungen für die Einkommensteuer 2000 nachgewiesenen Bruttoeinkünfte aus Vermietung und Verpachtung ohne Abzüge zur Ermittlung der Belastungsgrenze herangezogen.
§ 62 Abs. 1 Satz 1 SGB V nimmt für die Bestimmung der Belastungsgrenze auf den Begriff der Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt Bezug. Dieser Begriff ist im Gesetz nicht näher definiert. Er lässt sich auch nicht unter entsprechender Anwendung des § 15 Abs. 1 SGB IV ermitteln. Dieser definiert das Arbeitseinkommen als den nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelten Gewinn aus einer selbständigen Tätigkeit. § 16 SGB IV nennt als Gesamteinkommen die Summe der Einkünfte im Sinne des Einkommenssteuerrechts; es umfasst insbesondere das Arbeitsentgelt und das Arbeitseinkommen. Beide Vorschriften sind im ersten Abschnitt (Grundsätze und Begriffsbestimmungen) der Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV) enthalten. § 1 Abs. 3 SGB IV stellt klar, dass unter anderem Regelungen im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung unberührt bleiben, soweit sie von den Vorschriften des SGB IV abweichen.
Ersichtlich ist mit dem Begriff "Bruttoeinkommen zum Lebensunterhalt" in § 62 Abs. 1 SGB V etwas anderes gemeint, als mit den Begriffen Arbeitseinkommen oder Gesamteinkommen im Sinne der §§ 15 und 16 SGB IV. Das folgt schon aus dem Zusatz "Brutto", der sich aus dem Italienischen ableitet und als "mit Verpackung, ohne Abzug der Kosten", zu verstehen ist (vgl. Duden, Die deutsche Rechtschreibung, 20. Aufl. 1991, Seite 173).
Auch das vom Kläger zitierte Urteil des Bundessozialgerichtes (BSG) vom 23. September 1999 (SozR 3-2500 § 240 Nr. 31) kann in diesem Zusammenhang nach Auffassung des Senates nur bedingt herangezogen werden. Denn es betrifft den Regelungszusammenhang der Beitragserhebung für freiwillige Mitglieder. Hierauf bezogen hat das BSG entschieden, dass die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwillig Versicherten die zulässige Beitragsbelastung begrenze. Sie werde bei den Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung nicht durch den Bruttobetrag der Miete, sondern durch den nach Abzug der Werbungskosten verbleibenden Betrag bestimmt. Nur diesen Betrag könne das Mitglied "zum Lebensunterhalt verbrauchen". Zu den Werbungskosten gehörten unter anderem die Grundabgaben (Grundsteuer, Straßenreinigung, Müllabfuhr), Hausversicherungen und Schuldzinsen. Der Senat erachtet diese Rechtsprechung für überzeugend und hält sie vorliegend auch für den Bereich der Ermittlung der Belastungsgrenze für anwendbar. Denn bei den genannten Aufwendungen handelt es sich um Kosten, die tatsächlich anfallen und vom Vermieter und Verpächter auch tatsächlich zu zahlen sind.
Anders sind die Absetzungen für Abnutzung zu beurteilen. Sie treten lediglich als Buchungsgrößen in Erscheinung, und ihnen liegen keine tatsächlichen Zahlungen des Vermieters bzw. Verpächter zugrunde. Während erstere die zum Lebensunterhalt verbrauchbaren Einkünfte tatsächlich verringern, wirken sich letztere tatsächlich nicht aus.
Etwas anderes ergibt sich im Hinblick auf die Abschreibung für Abnutzung auch nicht aus dem vom Kläger ebenfalls zitierten Urteil des BSG vom 27. November 1984, AZ: 12 RK 70/82, veröffentlicht in BSGE 57, 240 ff. Darin ist bezogen auf den Bereich der Ermittlung der Beitragsbemessungsgrundlage für freiwillig Versicherte darauf hingewiesen worden, dass in Bezug auf Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung in den sozialrechtlichen Bestimmungen ausdrücklich keine Bezugnahme auf steuerliche Bestimmungen vorgenommen wird. Grundsätzlich seien in einem solchen Fall im Bereich der Beitragsberechnung nur die Einnahmen zugrunde zu legen und zu prüfen, die bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise für den Lebensunterhalt verfügbar seien. Jedoch könne sich eine Krankenkasse in der Satzung zum Beispiel dort, wo das Steuerrecht verschiedene Möglichkeiten zur Wahl stelle, für eine davon entscheiden oder auch eine hiervon abweichende pauschalierende und typisierende Regelung vorsehen, die sich im Rahmen der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise halte. Solange eine Satzungsregelung nicht bestehe, sei auch hinsichtlich der Abschreibung für Abnutzung für Gebäude eine Anlehnung an das Steuerrecht geboten. Außer Gründen der Verwaltungsvereinfachung sei dafür anzuführen, dass diese Abschreibung für Abnutzung ebenso wie die bei Einkünften aus Gewerbebetrieb den wirtschaftlichen Gegebenheiten Rechnung trage, die mit dem Einsatz von Vermögen verbunden seien. Insoweit handele es sich nicht um eine steuerliche Vergünstigung (vgl. BSG a.a.O., Seite 242). Sowohl steuerlich als auch im Rahmen von § 180 Abs. 4 Reichsversicherungsordnung (Bestimmung des Grundlohnes) sei stets zu unterscheiden, inwieweit es sich bei zufließenden Geldern oder Werten um Einnahmen und inwieweit es sich um Umschichtungen von Vermögen handele (BSG a.a.O.). Vermögensverzehr oder Vermögensumschichtungen könnten nicht nur durch Verbrauch eines ratenweise zufließenden Kaufpreises, durch Entnahme aus vorhandenem Vermögen oder durch Verbrauch von Darlehen für den Lebensunterhalt bewirkt werden; wirtschaftlich gleich zu erachten sei der uneingeschränkte Verbrauch des Entgelts für Nutzungsüberlassung eines Wirtschaftsgutes (hier die verschiedenen Immobilien des Klägers), das durch Zeit und Nutzung zunehmend seinen Wert verliere. In diesen Fällen enthalte das Nutzungsentgelt einen Teil, der den Wertverfall ausgleiche, einen Teil, der für die notwendigen Erhaltungskosten aufzubringen sei, und einen Gewinnanteil. Nur die beiden letztgenannten Teile könnten überhaupt als Einnahmen angesehen werden, nur der Gewinnanteil sei Einnahme zum Lebensunterhalt. Es handele sich bei der Berücksichtigung der Abschreibung für Abnutzung letztlich um eine standardisierte, der besonderen Einkunftsart angepasste Form der Gewinnermittlung, die in ihrem Grundgedanken dem nach steuerlichen Regelungen bei Einkünften aus Gewerbebetrieb vorzunehmenden Vermögensvergleich entspreche (vgl. BSG, a.a.O., Seite 243). Ob ein Vermieter Rücklagen mache oder die Miete vollständig zum Lebensunterhalt verwende, sei für die Beurteilung der wirtschaftlichen Bedeutung der verwendeten Mittel unmaßgeblich. Ein Verzehr des für den Ausgleich von Vermögensverfall gezahlten Entgelts bleibe im wirtschaftlichen Ergebnis ebenso Vermögensverzehr, wie umgekehrt die Reinvestition von (echten) Einnahmen zum Lebensunterhalt in den Betrieb ihnen den Charakter als Gewinn und damit beitragsrechtlich wirksame Einnahme nicht nehme (BSG a.a.O.).
Das BSG hat in der oben genannten Entscheidung deutlich gemacht, dass die Frage der Ermittlung des Einkommens unterschiedlich danach zu beurteilen ist, in welchem Zusammenhang sie durchzuführen ist. In den gesetzlichen Bestimmungen sind unterschiedliche Regelungen getroffen worden, je nach dem, ob es um die Beitragsbemessungsgrundlage geht oder wenn es um die Bemessung der Höhe der den Versicherten zustehenden Sozialleistungen geht.
Deshalb hält es der erkennende Senat auch für angemessen, von Maßstäben auszugehen, die dem Zusammenhang angepasst sind. Die Belastungsgrenze ist danach nach den Finanzmitteln zu ermitteln, die dem Versicherten für seinen Lebensunterhalt zur Verfügung stehen. Bei der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sind tatsächlich geleistete Zahlungen abzuziehen, um die Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt zu bestimmen.
Dagegen sind die Abschreibungen für Abnutzung nicht mindernd zu berücksichtigen. Das führt im Ergebnis zwar dazu, dass der Versicherte von seinem Vermögenswert zehren muss. Dieses Ergebnis ist im vorliegenden Zusammenhang jedoch hinnehmbar. Denn die Regelungen in § 62 SGB V sollen sicherstellen, dass Versicherte durch Zuzahlungen nicht überfordert, sondern nur bis zu einem bestimmten Teil ihrer Bruttoeinkünfte zum Lebensunterhalt belastet werden. Sie beinhalten demnach eine Überforderungsklausel. Durch die Regelung sollen Versicherte einerseits vor finanzieller Überforderung geschützt, andererseits aber mit einem zumutbaren Eigenanteil belastet werden (vgl. Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, Stand September 2005, § 62 Rdnr. 2). Soweit also mit der Nichtberücksichtigung der Abschreibung für Abnutzung vom Kläger der Einsatz eines gewissen Anteils seines Vermögens abverlangt wird, entspricht dieses Ergebnis der gesetzlichen Zielsetzung.
Ebenso wenig sind die angefallenen Aufwendungen für die Steuerberatung und die Aufwendungen für Umsatzsteuervorauszahlungen abzugsfähig, soweit sie sich nicht auf das Jahr 2000 beziehen. Deshalb sind auch die im Berufungsverfahren spezifizierten sonstigen Werbungskosten für das Objekt Gutenbergstr. 16 A nicht berücksichtigungsfähig, weil sie sich auf das Jahr 2001 beziehen, das hier nicht einschlägig ist. Der Senat hält es im übrigen nicht für angemessen, Jahre später vorgelegte Nachweise bei der Ermittlung der Belastungsgrenze zu berücksichtigen. Für den Bereich der Bestimmung des Grundlohns hat das BSG in der bereits zitierten Entscheidung vom 27. November 1984 überzeugend dargelegt, dass neue Tatsachen, die sich aus Bilanzen und Steuerbescheiden für weitere Jahre ergeben, nicht zu berücksichtigen sind, wenn -wie hier- der Kasse alle erforderlichen Unterlagen und Angaben vom Versicherten selbst vorgelegt wurden. Das folge daraus, dass sich Versicherte über Jahre hinaus die Aussicht auf eine rückwirkende Beitragsverringerung offen halten könnten, die Steuererklärungen überhaupt nicht oder verspätet abgeben oder Steuer- und Beitragsbescheide gerichtlich angreifen würden (vgl. BSGE 57, 245). Diese Gesichtspunkte sind auch hier einschlägig. Sonstige nicht näher spezifizierte Werbungskosten hat der Senat auch bei den anderen Objekten unberücksichtigt gelassen, soweit sie geltend gemacht wurden.
Damit ermitteln sich die Einkünfte des Klägers aus Vermietung und Verpachtung im Jahre 2000 wie folgt:
- 1. E.
Summe der Einnahmen: 69.900,00 Schuldzinsen: - 1.137,00 Erhaltungsaufwendungen: - 1.413,00 Grundsteuer pp. - 3.185,00 Wasserversorgung - 1.149,00 Hausversicherung - 1.064,00 Berücksichtigungsfähige Einkünfte: 61.952,00
- 2. F.
Summe der Einnahmen: 15.521,00 Erhaltungsaufwendungen - 132.481,00 Grundsteuer pp. - 851,00 Wasserversorgung pp. - 950,00 Heizung, Warmwasser - 1.409,00 Hausversicherung - 924,00 Berücksichtigungsfähige Einkünfte: - 121.094,00
- 3. G.
Summe der Einnahmen: 97.090.- Erhaltungsaufwendungen: - 27.667,00 Grundsteuer pp. - 9.656,00 Wasserversorgung - 943,00 Hausversicherung - 1.685,00 Berücksichtigungsfähige Einkünfte: 57.139,00
- 4. H.
Summe der Einnahmen: 155.401,00 Erhaltungsaufwendungen - 31.325,00 Grundsteuer pp. - 124,00 Hausversicherung - 2.234,00 Berücksichtungsfähige Einkünfte: 121.718,00
- 5. I.
Summe der Einnahmen: 98.624,00 Schuldzinsen - 18.071,00 Erhaltungsaufwendungen - 2.271,00 Hauswartung - 6.776,00 Berücksichtigungsfähige Einkünfte: 71.505,00
- 6. J.
Summe der Einnahmen: 335.819,00 Schuldzinsen - 134.494,00 Erhaltungsaufwendungen - 15.673,00 Grundsteuer - 1.079,00 Wasserversorgung 2.522,00 Hausversicherung - 2.020,00 Berücksichtigungsfähige Einkünfte 180.031,00
Aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt der Senat bei der Ermittlung der Belastungsgrenze Einnahmen in Höhe von 371.251,00 DM. Zuzüglich der vom Kläger und seiner Frau erzielten Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit in Höhe von 1.781,35 DM und 12.000,00 DM ergeben sich für das Jahr 2000 Bruttoeinkünfte zum Lebensunterhalt in Höhe von insgesamt 385.051,00 DM.
Hiervon ist für die im Haushalt des Klägers lebende Ehefrau der Freibetrag von 15% = 57.757,65 DM nach § 62 Abs. 2 SGB V in Abzug zu bringen, so dass von jährlichen Bruttoeinnahmen von 327.293,35 DM auszugehen ist. Davon 1% ergibt die Belastungsgrenze für das Jahr 2001 in Höhe von 3.272,93 DM. Die Summe der vom Kläger im Jahre 2001 aufgebrachten Fahrkosten und Zuzahlungen beträgt 5.253,22 DM. Danach verbleibt zu Gunsten des Klägers ein Rest von 1.980,29 DM (=1.012,51 EUR), der ihm von der Beklagten zu erstatten ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Der Senat hat dabei berücksichtigt, dass der Kläger mit seinem Begehren weitgehend Erfolg gehabt hat und die Beklagte bei der Ermittlung der Belastungsgrenze das Begehren des Klägers insgesamt unberücksichtigt gelassen hat.
Es hat keine Veranlassung bestanden, die Revision zuzulassen.