Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 08.12.2015, Az.: L 8 SO 75/11

Hilfen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten; Unbestimmter Rechtsbegriff der besonderen Lebensverhältnisse; Befristung der Hilfe in stationären Einrichtungen; Vierjährige sozialrechtliche Verjährungsfrist

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
08.12.2015
Aktenzeichen
L 8 SO 75/11
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2015, 39841
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LSGNIHB:2015:1208.L8SO75.11.0A

Verfahrensgang

vorgehend
SG Braunschweig - 17.01.2011 - AZ: S 46 SO 244/05

Redaktioneller Leitsatz

1. Der unbestimmte Rechtsbegriff der besonderen Lebensverhältnisse bezieht sich auf die soziale Lage des Betroffenen und wird in § 1 Abs. 2 DVO anhand der dort genannten Beispiele konkretisiert.

2. Für die Hilfesuchenden müssen soziale Schwierigkeiten gravierender Natur bestehen, die deutlich über das Maß allgemeiner sozialer Schwierigkeiten hinausgehen, wodurch das Leben in der Gemeinschaft erheblich und nicht nur vorübergehend eingeschränkt wird.

3. Der Senat lässt offen, ob die in § 2 Abs. 5 Satz 1 DVO vorgesehene Befristung der Hilfe in stationären Einrichtungen ermächtigungskonform ist; Zweifel bestehen hier, weil § 69 SGB XII Bestimmungen des Verordnungsgebers über Art und Umfang, nicht jedoch über dessen Dauer ermöglicht.

4. Die vom LSG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 18. Februar 2011 - L 1 SO 33/09) vertretene Rechtsauffassung, es gelte im Sozialrecht prinzipiell in Anlehnung an § 45 SGB I die vierjährige sozialrechtliche Verjährungsfrist, wird vom Senat nicht geteilt.

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Braunschweig vom 17. Januar 2011 und der Bescheid der Stadt Lüneburg vom 17. März 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 12. Juli 2005 aufgehoben.

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag von 27.077,86 EUR für die nicht durch das Einkommen des verstorbenen G. H. gedeckten Kosten dessen Aufenthaltes in der Einrichtung "I." der Rechtsvorgängerin der Klägerin vom 9. Januar 2005 bis zum 17. Dezember 2006 zu zahlen.

Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin und des Beigeladenen zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist ein Anspruch des zwischenzeitlich verstorbenen G. H. (im Folgenden: Hilfebedürftigen) gegenüber dem beklagten Landkreis Lüneburg auf Hilfen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten im Zusammenhang mit seinem Aufenthalt in der Einrichtung "I." in Gifhorn vom 9. Januar 2005 bis zum 17. Dezember 2006 in Höhe von 27.077,86 EUR, der nach dem Tod des Hilfebedürftigen von dem Träger der Einrichtung, den J. Heimen in K. e.V., bzw. nunmehr dessen Rechtsnachfolgerin (im Folgenden: Klägerin) geltend gemacht wird.

Der 1942 geborene Hilfebedürftige war als schwerbehinderter Mensch mit einem GdB von 70 anerkannt. Ausweislich eines Berichts des Niedersächsischen Landeskrankenhauses Lüneburg über eine dortige freiwillige teilstationäre Behandlung im August 2004 bestanden bei ihm eine langjährige Alkoholabhängigkeit, Diabetes mellitus, Bluthochdruck und eine koronare Herzerkrankung. Er bezog seit 1998 eine Erwerbsunfähigkeitsrente (Zahlbetrag bis Juni 2005: 769,34 EUR, bis September 2005: 766,11 EUR, danach 765,75 EUR, jeweils abzüglich des Beitrages zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 125,17 EUR bzw. ab Juli 2005 in Höhe von 124,36 EUR); weitere Einkünfte oder Vermögen im streitigen Zeitraum sind nicht bekannt. Er war seit 1975 überwiegend wohnungslos und hielt sich u.a. mehrfach, zuletzt vom 9. Juli 2002 bis zum 9. März 2003, in Einrichtungen der J. Heime K. e.V. in T. auf, wobei Kostenträger der im Berufungsverfahren beigeladene Landkreis Gifhorn war. Anschließend bewohnte er in der Stadt Lüneburg ein zur "L." gehörendes Appartement sowie ab Oktober 2003 eine eigene Wohnung in M. (Landkreis Lüneburg) und wurde dort vom nachgehenden Dienst des Herbergsvereins betreut. Der konkrete Umfang ist nicht bekannt.

Nach vielfältigen Schwierigkeiten mit dem nachbarschaftlichen Umfeld zog der Hilfebedürftige am 1. Dezember 2004 in eine Wohnung in der Stadt Lüneburg und beantragte am 9. Dezember 2004 über den Herbergsverein die Verlängerung der Nachgehenden Hilfe nach § 67 SGB XII über den 31. Dezember 2004 hinaus. Nach der beigefügten Stellungnahme des Herbergsvereins bedurfte der Hilfebedürftige Unterstützung bei der Orientierung in der neuen Wohnsituation, Beratung und Unterstützung beim Umgang mit seiner angeschlagenen Gesundheit sowie im Umgang mit Behörden und Institutionen. Die Hilfe wurde im Umfang der Bedarfsstufe I mit 1 1/2 Wochenstunden beantragt und nach einem Hilfeplangespräch vom 21. Dezember 2004 mit Bescheid der Stadt Lüneburg vom 7. Januar 2005 für die Zeit vom 1. Januar bis zum 30. April 2005 bewilligt. Über das Hilfeplangespräch, an dem der Hilfebedürftige, ein Mitarbeiter des Herbergsvereins und eine Diplomsozialarbeiterin der Stadt Lüneburg teilgenommen haben, gibt es kein Protokoll, sondern nur eine sozialpädagogische Stellungnahme vom 29. Dezember 2004, in der auf die Stellungnahme des Herbergsvereins verwiesen wird. Weiter heißt es lediglich: "Herr H. benötigt noch Unterstützung, um seine Lebensumstände zu stabilisieren." Ob und welche ambulanten Leistungen für den Hilfebedürftigen erbracht worden sind, ist nicht bekannt. Für die Zeit bis Ende 2004 existieren bei dem Beklagten keine Vorgänge (mehr).

Am 5. Januar 2005 verließ der Hilfebedürftige seine Wohnung, hielt sich einige Tage ohne gesicherte Unterkunft in Lüneburg auf und wandte sich dann an die Einrichtung "I." in Gifhorn, wo er (nach den Angaben in einem von ihm unterschriebenen "Aufnahmebogen WBK" am 8. Januar 2005 um 19:55 Uhr) aufgenommen wurde und bis zum 17. Dezember 2006 verblieb. Eine Kündigung seiner Wohnung in Lüneburg erfolgte nach Angaben des Vermieters am 24. Januar 2005, das Mietverhältnis endete demnach am 30. April 2005. Die Rentenzahlungen erfolgten zumindest ab März 2005 direkt an die Einrichtung, der Hilfebedürftige erhielt von dieser einen Barbetrag nach § 35 Abs. 2 Satz 1 SGB XII (in der bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung, seither § 27b Abs. 2 Satz 1 SGB XII). Über die genaue gesundheitliche Situation des Hilfebedürftigen am 9. Januar 2005 und in der Folgezeit finden sich keine Erkenntnisse in den Unterlagen der Beteiligten.

Am 10. Januar 2005 wurde vom Hilfebedürftigen ein "Aufnahmebogen für das Hilfeersuchen nach §§ 67 ff. SGB XII" unterschrieben, der von der Einrichtung "I." direkt an den Beigeladenen gefaxt wurde. Ein "anspruchsbegründender Bericht" vom 17. Januar 2005 ging dort am 24. Januar 2005 ein. Der Beigeladene leitete den Antrag mit Schreiben vom 22. Februar 2005 an den Beklagten weiter (Eingang dort 25. Februar 2005) mit dem Hinweis, der Hilfebedürftige habe im maßgebenden Zeitraum des § 98 Abs. 2 SGB XII seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt in Lüneburg gehabt, und bat um Anerkennung der örtlichen Zuständigkeit. Weiter heißt es in dem Schreiben: "Sollten Sie bis zum 15.03.05 Ihre Zuständigkeit nicht bestätigen, werde ich gemäß § 98 Abs. 2 Satz 3 SGB XII vorläufig eintreten." Eine Antwort des Beklagten ist deren Akten nicht zu entnehmen, vielmehr wurde der Vorgang "zuständigkeitshalber" an die Stadt Lüneburg weitergegeben mit der Begründung, der Hilfebedürftige sei am 1. Dezember 2004 dorthin verzogen.

Mit Bescheid vom 17. März 2005 lehnte die Stadt Lüneburg den Antrag auf Übernahme der Betreuungskosten in den J. Heimen in K. e.V. unter Hinweis auf § 2 Abs. 5 der Verordnung zu § 69 SGB XII (VO) ab, weil sie an der Erstellung eines Gesamtplanes nicht beteiligt war und keine ausreichenden Gründe vorlägen, um eine stationäre Unterbringung in der beantragten Form zu rechtfertigen. Mit seinem dagegen erhobenen Widerspruch vom 12. April 2005 übersandte der Hilfebedürftige, soweit dies den Akten der Beklagten entnommen werden kann, einen Gesamtplan vom 8. März 2005, der laut Eingangsstempel beim Beigeladenen am 15. März 2005 eingegangen war; in dessen Akten befinden sich hierzu keine Vorgänge. Beteiligt waren an der Erstellung des Gesamtplanes nach den Unterschriften neben dem Hilfebedürftigen ein Mitarbeiter des Hilfeerbringers ("N., Leitung Gruppen-/Seniorenwohnen") und der Sozialarbeiter O ... Der Widerspruch wurde durch die J. Heime K. e.V. zusammen mit dem Hilfebedürftigen mit einer im Einzelnen dargelegten Problembündelung nach einer jahrzehntelangen Wohnodyssee begründet, der ein ambulantes Hilfesystem auch in der Zukunft nicht gerecht werden könne. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 12. Juli 2005). Eine stationäre Unterbringung in K. stehe dem Hilfebedürftigen nicht zu. Er habe bis zum 30. April 2005 eine Wohnung in Lüneburg gehabt, durch den örtlichen Sozialhilfeträger seien ihm die Hilfen zuerkannt worden, die im gemeinsam erarbeiteten Gesamtplan als die notwendigsten und geeignetsten Maßnahmen festgehalten waren.

Im Oktober 2005 übersandten die J. Heime K. e.V. der Stadt Lüneburg eine Fortschreibung des nunmehr nur von dem Hilfebedürftigen und einem Sozialarbeiter unterschriebenen Gesamtplans und baten erneut um Abgabe eines Kostenanerkenntnisses. Eine Reaktion des Beklagten oder der Stadt Lüneburg ist nicht bekannt. Ab dem 18. Dezember 2006 wurde der Hilfebedürftige in der Altenhilfeeinrichtung der J. Heime K. e.V. betreut und erhielt von dem Beklagten (nach übereinstimmenden Erklärungen der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vom 23. Mai 2014 ab dem 18. Dezember 2006) Hilfe zur Pflege unter Berücksichtigung seiner Renteneinkünfte. In der Folgezeit hatte der Hilfebedürftige wieder wechselnde Aufenthalte und lebte schließlich wohl bis zu seinem Tod in einer von den J. Heimen in K. e.V. betreuten eigenen Wohnung in P. (Kreis Gifhorn).

Bereits am 12. August 2005 hatte der Hilfebedürftige Klage beim Sozialgericht (SG) Lüneburg erhoben, welches den Rechtsstreit an das SG Braunschweig verwiesen hat. Während des Klageverfahrens wurde von dem Hilfebedürftigen ein Bericht des Niedersächsischen Landeskrankenhauses (LKH) Lüneburg über eine teilstationäre Behandlung vom 7. bis 21. August 2004 eingereicht. Der Beklagte legte ein im Rahmen der Amtshilfe vom ärztlichen Dienst des Beigeladenen nach einer Untersuchung des Hilfebedürftigen am 3. August 2006 erstelltes amtsärztliches Gutachten vom 28. August 2006 vor. Danach sei eine stationäre Unterbringung des Hilfebedürftigen erforderlich, weil nach mehrjähriger Obdachlosigkeit mangels entsprechender Kompetenzen die Gefahr der Verwahrlosung bestehe und wegen der vom Hilfebedürftigen im Wesentlichen ignorierten körperlichen Erkrankungen eine regelmäßige Medikamenteneinnahme sichergestellt werden müsse. Eine Pflegebedürftigkeit liege nicht vor, der Hilfebedarf könne im Wohnbereich der Altenhilfe der J. Heime K. e.V. gedeckt werden.

Nach Beiladung der J. Heime K. e.V. hat das SG Braunschweig die Klage mit Urteil vom 17. Januar 2011 abgewiesen. Zwar gehöre der Hilfebedürftige zum Personenkreis des § 67 SGB XII, er habe jedoch keinen über ambulante Leistungen hinausgehenden Hilfebedarf.

Gegen das am 7. Februar 2011 zugestellte Urteil ist am 2. März 2011 Berufung für den Hilfebedürftigen eingelegt worden, die nach dessen Tod am 2. Dezember 2011 von den J. Heimen in K. e.V. sowie nunmehr von der Klägerin als deren Rechtsnachfolgerin weitergeführt wird. Ein Nachlass war nicht vorhanden, Erben nicht bekannt. Auf Nachfrage des Senats ist eine Kostenaufstellung der nach Berücksichtigung der Rentenbezüge des Hilfebedürftigen nicht beglichenen Forderungen der Klägerin in Höhe von 22.077,86 EUR vorgelegt worden. Eine schriftliche Vereinbarung zwischen den J. Heimen in K. e.V. und dem Hilfebedürftigen habe nicht bestanden, dieser habe durch Überleitung seiner Rentenbezüge das Bestehen einer Forderung anerkannt. Die Einrichtung sei nicht dem Heimgesetz unterfallen, weil die von ihr aufgenommenen Personen weder älter noch pflegebedürftig oder behindert seien.

Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass die auf sie übergegangenen Forderungen der J. Heime in K. e.V. gegenüber dem Hilfebedürftigen nicht verjährt seien. Durch eine Klage des Hilfebedürftigen gegen den Sozialhilfeträger werde, wie das LSG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 28. Juni 2012 - L 15 SO 254/08, juris RdNr. 49) entschieden habe, der Eintritt der Verjährung gehemmt. Unabhängig davon hätte es dem Hilfebedürftigen nicht oblegen, im Rahmen der Selbsthilfe nach § 2 SGB XII gegenüber etwaigen verjährten Forderungen des Heimträgers die Einrede der Verjährung zu erheben. Im Zeitpunkt der Notlage in den Jahren 2005 und 2006 sei die Forderung noch nicht verjährt gewesen. § 2 SGB XII sei auf Fallgestaltungen der vorliegenden Art nicht anzuwenden.

Die Klägerin gibt weiter zu bedenken, dass ein Einrichtungsträger vor Ablauf der dreijährigen Verjährungsfrist zivilrechtlich Klage gegen einen Hilfesuchenden auf Zahlung der Heimkosten erheben müsste, wenn dieser gehalten wäre, die Einrede der Verjährung zu erheben. Für den Hilfesuchenden würden in einem derartigen für ihn aussichtslosen Zivilverfahren Gerichts- und Anwaltskosten anfallen. Im hier streitigen Fall komme hinzu, dass die Selbsthilfefähigkeiten von Personen wie dem hilfebedürftigen Herrn H., die Leistungen nach § 67 SGB XII begehren, in hohem Maße eingeschränkt sind. Dieser Personenkreis reagiere bei für ihn nicht lösbar erscheinenden Problemen oder Umständen häufig mit Hilfeabbruch. Dieser Situation trage § 68 Abs. 2 SGB XII Rechnung, wonach Leistungen ohne Rücksicht auf Einkommen und Vermögen erbracht werden, soweit im Einzelfall Dienstleistungen erforderlich sind, und Einkommen und Vermögen von Angehörigen nicht zu berücksichtigen sind, soweit dies den Erfolg der Hilfe gefährden würde. Bei Aufnahme in der Einrichtung würde mit den Hilfebedürftigen kein schriftlicher Vertrag geschlossen, um diese nicht mit zusätzlichem Schriftverkehr zu belasten. Wüssten die Hilfebedürftigen, in welcher Höhe Kosten für die Betreuung in der Einrichtung entstehen, wäre das für viele ein Grund, gleich wieder das Weite zu suchen. Herr H., der mit einer Vielzahl von Schulden in der Einrichtung angekommen sei, habe in verschiedenen Gesprächen geäußert, dass die Schuldenproblematik für ihn besonders belastend sei. Der Bericht des LKH aus dem Jahr 2004 bestätige, dass Herr H. nicht in der Lage sei, Probleme und Konflikte aus eigenem Antrieb zu lösen. Es habe ihm damit nicht zugemutet werden können, die Einrede der Verjährung gegenüber der Forderung des Einrichtungsträgers zu erheben.

Die Klägerin beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen,

1. das Urteil des Sozialgerichts Braunschweig vom 17. Januar 2011 und den Bescheid der Stadt Lüneburg vom 17. März 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 12. Juli 2005 aufzuheben,

2. den Beklagten, hilfsweise den Beigeladenen, zu verurteilen, an sie die Klägerin einen Betrag von 27.077,86 EUR für die nicht durch das Einkommen des verstorbenen G. H. gedeckten Kosten dessen Aufenthaltes in der Einrichtung "I." der Rechtsvorgängerin der Klägerin vom 9. Januar 2005 bis zum 17. Dezember 2006 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend und weist ergänzend darauf hin, dass dem amtsärztlichen Gutachten vom 28. August 2006 keine Erkenntnisse für die Vergangenheit entnommen werden können. Seines Erachtens ist einem Hilfesuchenden wie dem langjährig ambulant und stationär betreuten Herrn H. von Anfang an bewusst, dass eine stationäre Fürsorgemaßnahme mit erheblichen Kosten verbunden ist. Der Lauf gesetzlicher Fristen, denen wie die Verjährung des Heimentgelts für die Forderungsbeziehung zwischen dem Hilfesuchenden und dem Einrichtungsträger Bedeutung zukommt, kann dabei nicht ausgeblendet werden. Die Verjährungsfrist werde durch eine im Sozialrechtsverhältnis erhobene Klage nicht gehemmt.

Der Beigeladene hat keinen ausdrücklichen Antrag gestellt. Er hält einen gegen ihn gerichteten sozialhilferechtlichen Anspruch für verjährt, weil erst mit der Beiladung eine Hemmung eingetreten sei. Er sei der unzuständige Leistungsträger, zumal der Beklagte seine örtliche Zuständigkeit anerkannt habe. Eine Zuständigkeit könne sich auch nicht aus § 14 SGB IX ergeben. Der Hilfebedürftige habe nicht zum Personenkreis des § 2 SGB IX gehört, es seien auch keine Teilhabeleistungen i.S. von § 4 SGB IX begehrt worden. Nach Ansicht des Beigeladenen ist der Beklagte leistungspflichtig. Er der Beigeladene hätte im Falle seiner örtlichen Zuständigkeit unter Berücksichtigung des Aufnahmeberichtes vom 17. Januar 2005 keine Bedenken gehabt, stationäre Hilfeleistungen zu erbringen.

Außer den Gerichtsakten lagen zwei Hefter Verwaltungsakten der Stadt Lüneburg sowie ein Hefter Verwaltungsakten des Beigeladenen, jeweils das streitige Verfahren betreffend, vor, Sie waren Gegenstand des Verfahrens. Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge und der Beiakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 i.V. mit § 153 Abs. 1 SGG ohne mündliche Verhandlung.

Die statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 151 SGG) ist zulässig und begründet. Der Beklagte ist verpflichtet, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 27.077,86 EUR für die nicht durch das Einkommen des verstorbenen Hilfebedürftigen gedeckten Kosten dessen Aufenthaltes in der Einrichtung "I." der Rechtsvorgängerin der Klägerin, den J. Heimen in K. e.V., vom 9. Januar 2005 bis zum 17. Dezember 2006 zu zahlen; das die Klage abweisende Urteil des SG ist aufzuheben.

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Stadt Lüneburg vom 17. März 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 12. Juli 2005 (§ 95 SGG), gegen den sich der Hilfebedürftige erstinstanzlich mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage gewandt hat (§ 54 Abs. 1, Abs. 4 SGG).

Die Klage ist nach dem Tod des Hilfebedürftigen während des Berufungsverfahrens in zulässiger Weise von der Klägerin weitergeführt worden. Sie ist (als Rechtsnachfolgerin der J. Heime in K. e.V.) gemäß § 19 Abs. 6 SGB XII berechtigt, den streitigen sozialhilferechtlichen Anspruch auf Leistungen für Einrichtungen nach dem Tod des Hilfebedürftigen weiter zu verfolgen ("Der Anspruch steht demjenigen zu, der die Leistung erbracht hat"; allgemein zur zulässigen Klageänderung durch Parteiwechsel in diesen Fällen s. BSG, Urteil vom 2. Februar 2012 B 8 SO 15/10 R, juris RdNr. 13).

Das Leistungsbegehren des Hilfebedürftigen (Übernahme der Kosten seines Aufenthaltes in der Einrichtung "I.") war von ihm zutreffend gegen den Beklagten gerichtet worden. Dieser ist sachlich und örtlich zuständig. Eine Zuständigkeit des Beigeladenen ist weder nach den allgemeinen Vorschriften des SGB XII über die örtliche Zuständigkeit noch nach § 14 SGB IX gegeben.

Für stationäre Leistungen nach den §§ 67 bis 69 SGB XII ist nach § 97 Abs. 2 Satz 1 SGB XII i.V. mit § 2, § 6 Abs. 2 Nr. 4a des Niedersächsischen Gesetzes zur Ausführung des Zwölften Buchs des Sozialgesetzbuchs (Nds. AG SGB XII) in der bis zum 31. Dezember 2013 geltenden und hier maßgebenden Fassung vom 16. Dezember 2004 (Nds. GVBl S. 644; im Folgenden: a.F.) grundsätzlich der überörtliche Träger der Sozialhilfe zuständig. Dessen Zuständigkeit endete jedoch (so § 6 Abs. 4 Nds. AG SGB XII a.F.) mit dem Beginn des Monats, der auf die Vollendung des 60. Lebensjahres der Leistungsberechtigten folgt. Da der Hilfebedürftige sein 60. Lebensjahr bereits im Jahre 2002 und damit vor Beginn der hier streitigen Zeit vollendet hatte, war gemäß § 6 Abs. 1 Nds. AG SGB XII a.F. der örtliche Träger der Sozialhilfe sachlich zuständig. Unbeachtlich ist insoweit, dass nach § 6 Abs. 4 Nds. AG SGB XII in der seit dem 1. Januar 2014 geltenden Fassung vom 11. Dezember 2013 (Nds. GVBl S. 284) die Zuständigkeit des überörtlichen Trägers für Leistungsberechtigte auch nach Vollendung des 60. Lebensjahres weiter besteht. Diese Änderung wirkt sich nach den Grundsätzen des intertemporalen Rechts mangels einer Übergangsregelung auf in der Vergangenheit liegende zeitlich abgeschlossene Zeiträume nicht aus.

Eine Zuständigkeit des örtlichen Trägers der Sozialhilfe wäre im Übrigen auch gegeben, wenn es sich um Leistungen der Eingliederungshilfe gehandelt hätte (hierzu später). Insoweit richtet sich nach Vollendung des 60. Lebensjahres eines Leistungsberechtigten die Zuständigkeit nach § 6 Abs. 2 Nr. 2a Nds. AG SGB XII i.V. mit § 6 Abs. 4 Nds. AG SGB XII.

Der Beklagte ist als niedersächsischer Landkreis gemäß § 1 Satz 1 Nds. AG SGB XII a.F. örtlicher Träger der Sozialhilfe, er führt die entsprechenden Aufgaben im eigenen Wirkungskreis aus (§ 1 Satz 2 Nds. AG SGB XII a.F.).

Die örtliche Zuständigkeit für die hier streitigen Leistungen richtet sich nach § 98 SGB XII. Da sich der Hilfebedürftige im Zeitpunkt der Antragstellung in einer vollstationären Einrichtung aufhielt (hierzu später), ist nach der insoweit maßgeblichen Vorschrift des § 98 Abs. 2 SGB XII der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, in dessen Bereich er im Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt gehabt hatte. Seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat nach § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Der Hilfebedürftige hatte vom 1. Dezember 2003 bis zum 5. Januar 2005 seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Stadt Lüneburg und damit ebenso wie vorher in M. im örtlichen Zuständigkeitsbereich des Beklagten. In den Tagen zwischen dem Verlassen seiner Wohnung in Lüneburg und der Aufnahme in den J. Heimen in K. e.V. hielt er sich nirgends in der Absicht auf, dort länger zu verbleiben. Die örtliche Zuständigkeit des Beklagten, der zudem nach der hier streitigen Zeit Pflegeleistungen für den Hilfebedürftigen in der Altenhilfeeinrichtung der Klägerin erbracht hat, wird von diesem auch nicht in Abrede gestellt.

Der Beigeladene, ebenfalls ein niedersächsischer Landkreis, ist damit nach § 98 SGB XII nicht örtlich zuständig für die hier streitigen Leistungen. Seine Zuständigkeit ergibt sich auch nicht aus § 14 SGB IX. Zwar sind der Beigeladene und der Beklagte jeweils Rehabilitationsträger nach § 6 Abs. 1 Nr. 7 SGB IX, bei den Leistungen für den Hilfebedürftigen handelt es sich jedoch nicht um Leistungen nach § 5 Nrn. 1, 2 oder 4 SGB IX. Die insoweit allenfalls in Betracht kommenden Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft nach den §§ 55 bis 59 SGB IX i.S. von § 5 Nr. 4 SGB IX standen hier jedenfalls nicht im Vordergrund und sind als solche auch nicht erbracht worden (hierzu später).

Der Beigeladene war auch nicht als erstangegangener Leistungsträger nach § 43 SGB I verpflichtet, vorläufige Leistungen zu erbringen, weil der Beklagte nicht seine Zuständigkeit, sondern die Anspruchsberechtigung selber verneint hatte.

Die Klage gegen den Bescheid der namens und im Auftrag des Beklagten handelnden Stadt Lüneburg vom 17. März 2005 in der Gestalt des unter Beteiligung sozial erfahrener Dritter (§ 116 Abs. 2 SGB XII) ergangenen Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 12. Juli 2005 ist begründet. Der verstorbene Hilfebedürftige gehörte zum Personenkreis, der einen Anspruch auf Hilfe nach dem Achten Kapitel des SGB XII hat (1.). Andere Leistungen, insbesondere ambulante Hilfen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten, waren nicht ausreichend, vielmehr bedurfte es der Unterbringung in einer stationären Einrichtung gemäß den §§ 67 ff. SGB XII (2.). Die während der Unterbringung in der Einrichtung "I." angefallenen Kosten waren in der gesamten Zeit vom 9. Januar 2005 bis zum 17. Dezember 2006 unter Berücksichtigung des Einkommens des Hilfebedürftigen als Leistungen nach dem Achten Kapitel des SGB XII zu erbringen (3.), dem Anspruch steht auch keine Verjährung entgegen (4.).

1. Nach § 67 Abs. 1 Satz 1 SGB XII sind Personen, bei denen besondere Lebensverhältnisse mit sozialen Schwierigkeiten verbunden sind, Leistungen zur Überwindung dieser Schwierigkeiten zu erbringen, wenn sie aus eigener Kraft hierzu nicht fähig sind. Ein Leistungsanspruch ergibt sich dann nach § 68 SGB XII. Die Leistungen umfassen gemäß Abs. 1 Satz 1 der Vorschrift alle Maßnahmen, die notwendig sind, um die Schwierigkeiten abzuwenden, zu beseitigen, zu mildern oder ihre Verschlimmerung zu verhüten, insbesondere Beratung und persönliche Betreuung für die Leistungsberechtigten und ihre Angehörigen, Hilfen zur Ausbildung, Erlangung und Sicherung eines Arbeitsplatzes sowie Maßnahmen bei der Erhaltung und Beschaffung einer Wohnung. Zu Art und Umfang der Maßnahmen enthält die nach § 69 SGB XII erlassene Verordnung (DVO § 69 SGB XII; im Folgenden: VO) nähere Einzelheiten.

Der Hilfebedürftige gehörte zum Kreis der anspruchsberechtigten Personen.

1.1. Der unbestimmte Rechtsbegriff der besonderen Lebensverhältnisse bezieht sich auf die soziale Lage des Betroffenen (Bieback in Grube/Wahrendorf, 5. Auflage 2014, § 67 SGB XII RdNr. 3) und wird in § 1 Abs. 2 VO anhand der dort genannten Beispiele konkretisiert. Danach bestehen besondere Lebensverhältnisse u.a. bei fehlender oder nicht ausreichender Wohnung, bei ungesicherter wirtschaftlicher Lebensgrundlage, bei gewaltgeprägten Lebensumständen, bei Entlassung aus einer geschlossenen Einrichtung oder bei vergleichbaren nachteiligen Umständen. Bei dem Hilfebedürftigen, der seit 1975 überwiegend wohnungslos war und sich u.a. mehrfach in Einrichtungen der Klägerin aufgehalten hatte, lagen zur Überzeugung des Senats derartige besondere Lebensverhältnisse vor. Die Versuche des Hilfebedürftigen, mehr oder weniger selbstständig in einer eigenen Wohnung zu leben, waren regelmäßig gescheitert, wie nicht zuletzt die Zeit bis Ende 2004 zeigt, in der der Hilfebedürftige trotz Betreuung durch den Herbergsverein seine Wohnung in Lüneburg nur ein paar Wochen bewohnte. Die den Hilfebedürftigen belastende Schuldenproblematik, seine langjährige Alkoholabhängigkeit und die von ihm im Wesentlichen ignorierten körperlichen Erkrankungen führen ergänzend und in ihrer Gesamtschau zudem zu vergleichbaren nachteiligen Umständen im Sinne von § 1 Abs. 2 VO und belegen die "besonderen Lebensverhältnisse" des Hilfebedürftigen nach § 67 Abs. 1 Satz 1 SGB XII.

1.2. Die besonderen Lebensverhältnisse des Hilfebedürftigen waren auch mit sozialen Schwierigkeiten verbunden, die über das übliche Maß hinausgingen. Der Begriff der "sozialen Schwierigkeiten" wird in § 1 Abs. 3 VO konkretisiert. Danach liegen soziale Schwierigkeiten vor, wenn ein Leben in der Gemeinschaft durch ausgrenzendes Verhalten des Hilfesuchenden oder eines Dritten wesentlich eingeschränkt ist, insbesondere im Zusammenhang mit der Erhaltung oder Beschaffung einer Wohnung, mit der Erlangung oder Sicherung eines Arbeitsplatzes, mit familiären oder anderen sozialen Beziehungen oder mit Straffälligkeit. Diese Aufzählung ist nicht abschließend ("insbesondere"), soziale Schwierigkeiten können auch in anderen Zusammenhängen auftreten. Für die Hilfesuchenden müssen soziale Schwierigkeiten gravierender Natur bestehen, die deutlich über das Maß allgemeiner sozialer Schwierigkeiten hinausgehen, wodurch das Leben in der Gemeinschaft erheblich und nicht nur vorübergehend eingeschränkt wird (Urteil des Senats vom 27. Januar 2011 - L 8 SO 85/08 -, Juris RdNr. 22 m.w.N.; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 12. Mai 2011 - L 9 SO 105/10, Juris RdNr. 32 m.w.N.; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 4. Mai 2010 - L 23 SO 46/10 B ER, Juris RdNr. 15; Bieback, aaO., § 67 SGB XII RdNr. 17).

Derart erhebliche Schwierigkeiten insbesondere im Zusammenhang mit der Erhaltung einer Wohnung lagen bei dem Hilfebedürftigen vor. Die durch den Bericht des LKH vom 29. September 2004 dokumentierten vielfältigen Schwierigkeiten mit dem nachbarschaftlichen Umfeld belegen dies ebenso wie der Hinweis im vom ärztlichen Dienst des Beigeladenen erstellten amtsärztlichen Gutachten vom 28. August 2006 auf die drohende Gefahr der Verwahrlosung nach mehrjähriger Obdachlosigkeit. Der gesamte bekannte Lebenslauf des Hilfebedürftigen belegt zudem seine erheblichen Schwierigkeiten, ohne Hilfestellung ein Leben in der Gemeinschaft zu führen und soziale Beziehungen aufzubauen.

2. Andere Leistungen als die hier streitigen in der Einrichtung der Klägerin waren nicht ausreichend, um das (in § 2 Abs. 1 Satz 1 VO formulierte) Ziel zu erreichen, den Hilfesuchenden zur Selbsthilfe zu befähigen, die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen und die Führung eines menschenwürdigen Lebens zu sichern. Vielmehr bedurfte es der Unterbringung in einer stationären Einrichtung für Personen nach den §§ 67 ff. SGB XII. Leistungen nach anderen Vorschriften des SGB XII (hierzu 2.1.), oder ambulante Leistungen (2.2. ff.) waren hier nicht ausreichend. Der die Notwendigkeit und Zumutbarkeit alternativer Leistungen voraussetzende Vorrang ambulanter oder teilstationärer Leistungen (§ 13 Abs. 1 Satz 2 SGB XII) ist deshalb hier nicht einschlägig.

2.1. Als Leistung nach dem SGB XII, die gemäß § 67 Satz 2 SGB XII einem Anspruch nach dem Achten Kapitel vorgehen würde, wären hier allenfalls Leistungen der Eingliederungshilfe nach den §§ 53 ff. SGB XII in Betracht gekommen. Abgrenzungskriterium ist dabei insbesondere die Behinderung des Hilfesuchenden und die Frage, ob die Schwierigkeiten in der Lebensbewältigung allein auf die Behinderung zurückzuführen sind; dann greift die Eingliederungshilfe nach den §§ 53 ff. SGB XII (Wehrhahn in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 67 SGB XII, Rn. 32). Hier ist bereits nicht ersichtlich, dass bei dem Hilfesuchenden, von dem eine langjährige Alkoholabhängigkeit, Diabetes mellitus, Bluthochdruck und eine koronare Herzerkrankung bekannt sind, eine eingliederungshilferelevante Behinderung im Sinne des letzten Halbsatzes von § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX vorlag. Selbst wenn seine langjährige Alkoholabhängigkeit (als Suchtkrankheit; vgl. § 3 Nr. 3 der Eingliederungshilfe-VO) zu einer Teilhabeeinschränkung im Sinne von § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII geführt haben sollte, war dies bei dem Hilfebedürftigen allenfalls Mitursache seiner sozialen Schwierigkeiten. Im Vordergrund standen vielmehr seine langjährige Obdachlosigkeit und die daraus folgenden Probleme des Zusammenlebens mit anderen Personen.

2.2. Die von den Beteiligten vorgelegten Unterlagen belegen zur Überzeugung des Senats in hinreichendem Maße, dass der Hilfebedürftige seine sozialen Schwierigkeiten nicht ausreichend durch eine ambulante Betreuung überwinden konnte. Zwar heißt es in der sozialpädagogischen Stellungnahme des Beklagten vom 29. Dezember 2004 lediglich, der Hilfebedürftige benötige noch Unterstützung, um seine Lebensumstände zu stabilisieren. Auch die dort in Bezug genommene Stellungnahme des Herbergsvereins führt nicht viel weiter; danach bedurfte der Hilfebedürftige der Unterstützung bei der Orientierung in der neuen Wohnsituation, Beratung und Unterstützung beim Umgang mit seiner angeschlagenen Gesundheit sowie im Umgang mit Behörden und Institutionen. Aus der Zeit bis 2004 ist lediglich noch der Bericht des LKH vom 29. September 2004 bekannt. Der Hilfebedürftige war dort aus eigenem Antrieb notfallmäßig und alkoholisiert nach einer Eskalation des Streits mit Nachbarn aufgenommen worden. In der Verlaufsbeschreibung heißt es, das Augenmerk sei auf die Besichtigung einer Einrichtung gelegt, von Seiten des Sozialarbeiters des LKH seien "die entsprechenden Schritte beim Sozialamt eingeleitet" worden. Hierüber gibt es bei dem Beklagten keine Unterlagen.

Da von den Beteiligten keine weiteren Informationen über den Hilfebedürftigen aus der Zeit bis 2004 vorgelegt wurden und auch vom Senat nicht ermittelt werden konnten, muss auf die Erkenntnisse zurückgegriffen werden, die während der Zeit des Aufenthalts des Hilfebedürftigen in den J. Heimen in K. e.V. gewonnen wurden. Nach dem vom ärztlichen Dienst des Beigeladenen am 28. August 2006 erstellten amtsärztlichen Gutachten war eine stationäre Unterbringung des Hilfebedürftigen erforderlich, weil nach mehrjähriger Obdachlosigkeit mangels entsprechender Kompetenzen die Gefahr der Verwahrlosung bestand und wegen der vom Hilfebedürftigen im Wesentlichen ignorierten körperlichen Erkrankungen eine regelmäßige Medikamenteneinnahme sichergestellt werden musste. Dies deckt sich mit den Ausführungen im anspruchsbegründenden Bericht der Einrichtung vom 17. Januar 2005 und ist für den Senat überzeugend. Auch der Beigeladene, von dem der Hilfebedürftige vor 2004 mehrfach Leistungen erhalten hatte, hat angegeben, er hätte im Falle seiner örtlichen Zuständigkeit unter Berücksichtigung des Aufnahmeberichtes vom 17. Januar 2005 keine Bedenken gehabt, stationäre Hilfeleistungen zu erbringen.

Entgegen der Auffassung des Beklagten können dem amtsärztlichen Gutachten vom 28. August 2006 durchaus Erkenntnisse für die Vergangenheit entnommen werden. Bei der Erstellung des Gutachtens wurden Befunde und Krankenhausberichte berücksichtigt. In der Beurteilung wird zudem auf den letzten Versuch eines weitgehend eigenständigen Lebens des Hilfebedürftigen in einer eigenen Wohnung vor der Aufnahme in die Einrichtung am 9. Januar 2005 Bezug genommen. Es sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass zwischen der Aufnahme in die Einrichtung und der Erstattung des Gutachtens gravierende Veränderungen eingetreten sind.

2.3. Die Unterbringung des Hilfebedürftigen in den J. Heimen in K. e.V., einer stationären Einrichtung, und der daraus resultierende Hilfebedarf waren während der gesamten streitigen Zeit erforderlich. Dem steht nicht die Regelung des § 2 Abs. 5 VO entgegen, nach der in stationären Einrichtungen die Hilfe nur befristet und nur dann gewährt werden soll, wenn eine verfügbare ambulante oder teilstationäre Hilfe nicht geeignet und die stationäre Hilfe Teil eines Gesamtplanes ist, an dessen Erstellung der für die stationäre Hilfe zuständige Träger der Sozialhilfe beteiligt war.

Eine ambulante oder teilstationäre Hilfe war, wie dargelegt, nicht geeignet für den Hilfebedürftigen. Die Existenz eines Gesamtplanes ist in Ansehung des Umfangs der Verordnungsermächtigung in § 69 SGB XII keine Voraussetzung für die Unterbringung des Hilfebedürftigen in einer stationären Einrichtung und die Gewährung von Hilfeleistungen. Nach der Ermächtigungsnorm kann das Bundesministerium für Arbeit und Soziales durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Bestimmungen über die Abgrenzung des Personenkreises nach § 67 sowie über Art und Umfang der Maßnahmen nach § 68 Abs. 1 erlassen, es ist jedoch nicht ermächtigt, weitere im Gesetz nicht vorgesehene Anspruchsvoraussetzungen zu schaffen. Die Formulierungen in § 68 Abs. 1 Satz 2 SGB XII ("Zur Durchführung der erforderlichen Maßnahmen ist gemäß Satz 2 in geeigneten Fällen ein Gesamtplan zu erstellen") und in § 2 Abs. 3 Satz 2 VO ("Wird ein Gesamtplan erstellt, sind der ermittelte Bedarf und die dem Bedarf entsprechenden Maßnahmen der Hilfe zu benennen und anzugeben, in welchem Verhältnis zueinander sie verwirklicht werden sollen") machen zudem deutlich, dass dieser als Unterstützung bei der Ermittlung des Hilfebedarfs und der Verwirklichung der Hilfemaßnahmen dienen soll und nicht der Beschränkung eines anderweitig festgestellten Anspruchs.

Die weiteren Regelungen in § 2 Abs. 5 VO bestätigen diese Auffassung. Nach Satz 2 der Vorschrift hat, wenn die Erstellung eines Gesamtplanes vor Beginn der Hilfe nicht möglich ist, dies unverzüglich danach zu erfolgen. Die Hilfe ist spätestens nach jeweils sechs Monaten zu überprüfen. Damit wird der Sozialhilfeträger vom Gesetz- und Verordnungsgeber in die Pflicht genommen und nicht die hilfebedürftige Person, die ohnehin die Erstellung eines durchaus sinnvollen Gesamtplanes nicht selber in der Hand hat (s. hierzu auch Scheider in Schellhorn/Hohm/Scheider, SGB XII, 19. Aufl. 2015, § 2 VO RdNr. 10).

2.4. Unabhängig davon existierte hier ein Gesamtplan vom 8. März 2005, außerdem dessen Fortschreibung vom 20. Oktober 2005. Zwar sind diese Pläne soweit ersichtlich ohne Beteiligung des Beklagten erstellt worden, sie belegen jedoch mit hinreichender Deutlichkeit die Notwendigkeit einer stationären Unterbringung des Hilfebedürftigen. Ob eine ausdrückliche Abstimmung mit dem zuständigen Sozialhilfeträger (Ziffer 5.2.2 der im April 2006 mit der Einrichtung geschlossenen Leistungs- und Prüfungsvereinbarung) erfolgt ist, kann den Akten des Beklagten, der im Jahre 2005 seine örtliche und sachliche Zuständigkeit nicht in Frage gestellt hatte, nicht entnommen werden. Diesem hätte es jedenfalls oblegen, seine Beteiligung an (oder eine Abstimmung nach) der Erstellung eines aktuellen Gesamtplanes einzufordern. Statt dessen hat er nach der spätestens am 12. April 2005 erfolgten Kenntnisnahme von dem Gesamtplan lediglich im Widerspruchsbescheid auf das Ergebnis eines Hilfeplangesprächs vom 21. Dezember 2004 verwiesen und behauptet, im gemeinsam erarbeiteten Gesamtplan seien die notwendigsten und geeignetsten Maßnahmen festgehalten worden. Dabei hat er offensichtlich nicht in Erwägung gezogen, dass sich die für den Hilfebedürftigen erforderlichen Leistungen geändert haben oder die ihm Ende 2004 gewährten Leistungen nicht ausreichend gewesen sein könnten.

2.5. Auch die vom Beklagten zur Begründung seiner Auffassung herangezogenen Richtlinien für die Gewährung von Hilfe gemäß § 72 i.V.m. § 100 Abs. 1 Nr. 5 BSHG (gültig bis zum 31. Dezember 2009, Nds. MBl. 2004 S. 426; im Folgenden: Richtlinien) können keine im Gesetz nicht vorgesehenen Anspruchsvoraussetzungen begründen. Die Richtlinien stellten die vom Land Niedersachsen als überörtlichen Träger der Sozialhilfe vertretene Rechtsauffassung dar (s. Präambel der Richtlinien) und regelten u.a. in Ziffer 6 das Verfahren. Soweit dort der Einrichtung (6.3: "Die Vorbereitung des Gesamtplans obliegt dem sozialen Dienst der Einrichtung ") Verpflichtungen auferlegt werden sollten, kann dies allenfalls als Aufforderung an die herangezogenen Gebietskörperschaften verstanden werden, bei Abschluss von Vereinbarungen nach § 75 Abs. 3 SGB XII entsprechende Formulierungen aufzunehmen. Tatsächlich enthält die vom Land Niedersachsen im April 2006 mit den J. Heimen in K. e.V. geschlossene Leistungs- und Prüfungsvereinbarung für die Einrichtung einer stationären Hilfe für Personen gemäß § 67 SGB XII hierzu in Ziffer 5.2.2 eine abweichende Regelung (s. oben 2.4.).

2.6. Der Senat lässt offen, ob die in § 2 Abs. 5 Satz 1 VO vorgesehene Befristung der Hilfe in stationären Einrichtungen ermächtigungskonform ist. Zweifel bestehen hier, weil § 69 SGB XII Bestimmungen des Verordnungsgebers über Art und Umfang, nicht jedoch über dessen Dauer ermöglicht. Dessen ungeachtet ist § 2 Abs. 5 Satz 1 VO ohnehin nicht als gebundene Entscheidung ausgestaltet, sondern ermöglicht im Einzelfall eine andere Entscheidung des Sozialhilfeträgers (sog. Soll-Bestimmung). Hier bedurfte der Hilfebedürftige während der gesamten streitigen Zeit und darüber hinaus Hilfen in einer stationären Einrichtung. Dies belegt nicht zuletzt die im Oktober 2005 von den J. Heimen in K. e.V. der Stadt Lüneburg übersandte Fortschreibung des Gesamtplanes und die Tatsache, dass der Hilfebedürftige ab dem 18. Dezember 2006 in der Altenhilfeeinrichtung der J. Heime in K. e.V. betreut und die dort anfallenden Kosten auch von dem Beklagten übernommen wurden.

3. Die während der Unterbringung in der Einrichtung "I." angefallenen Kosten waren in der gesamten hier streitigen Zeit vom 9. Januar 2005 bis zum 17. Dezember 2006 unter Berücksichtigung des Einkommens des Hilfebedürftigen als Leistungen nach dem Achten Kapitel des SGB XII zu erbringen. Die Maßnahmen waren notwendig im Sinne von § 68 Abs. 1 SGB XII (s. oben). Mit der Einrichtung hat das Land Niedersachsen im April 2006 eine Leistungs- und Prüfungsvereinbarung nach § 75 Abs. 3 SGB XII für die Einrichtung einer stationären Hilfe für Personen gemäß § 67 SGB XII und auf dieser Grundlage für die Zeit ab dem Jahre 2002 Vergütungsvereinbarungen geschlossen.

3.1. Der Hilfebedürftige hatte einen Anspruch auf Übernahme nur derjenigen Kosten, die er selbst dem Heimträger schuldete, also der der Einrichtung zustehenden Vergütung (vgl. im Einzelnen zu den Auswirkungen des sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnisses BSG, Urteil vom 28. Oktober 2008 B 8 SO 22/07 R, juris RdNr. 15 ff.). Ein ausdrücklicher Heimvertrag, aus dem sich eine Zahlungsverpflichtung des Hilfebedürftigen ergeben könnte, lag hier nicht vor. Da es sich bei den J. Heimen in K. e.V. nicht um eine Einrichtung handelte, die dem Zweck diente, ältere Menschen oder pflegebedürftige oder behinderte Volljährige aufzunehmen, ihnen Wohnraum zu überlassen sowie Betreuung und Verpflegung zur Verfügung zu stellen oder vorzuhalten, war der Abschluss eines schriftlichen Vertrages auch nicht nach heimgesetzlichen Bestimmungen erforderlich (§ 1 Abs. 1 Satz 2, § 5 Abs. 1 des Heimgesetzes vom 5. November 2001 BGBl I S. 2970, zuletzt soweit hier relevant geändert durch Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27. Dezember 2003 BGBl I S. 3022). Bei Personen, die Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten bedürfen, ist es im Übrigen durchaus nachvollziehbar, dass die Hilfe gewährende Einrichtung davon absieht, bei Aufnahme in der Einrichtung einen schriftlichen Vertrag zu schließen. Ausreichend ist bei diesem Personenkreis die Unterzeichnung von Aufnahmeunterlagen. Entsprechendes sehen auch die Richtlinien in Ziffer 6.4.2.1 vor. Hier hat der Hilfebedürftige am 8. Januar 2005 einen "Aufnahmebogen WBK", am 10. Januar 2005 einen "Aufnahmebogen für das Hilfeersuchen nach §§ 67 ff. SGB XII" sowie am 17. Januar 2005 einen "Anspruchsbegründenden Bericht für die Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten in stationären Einrichtungen nach §§ 67 ff SGB XII" unterzeichnet. Aus diesen Unterlagen ergibt sich mit hinreichender Deutlichkeit zum einen, dass der Hilfebedürftige vom zuständigen Sozialhilfeträger die Übernahme der Kosten begehrt, die im Zusammenhang mit der ihm von der Einrichtung gewährten Hilfe entstehen, zum anderen aber auch seine Bereitschaft, diese Hilfen entgegenzunehmen. Ausdrücklich heißt es in dem "Aufnahmebogen WBK": "Ich beantrage die Aufnahme (Unterkunft, Verpflegung, persönliche Beratung) in den J. Heimen in K. e.V.".

Zwar wird weder in dem Aufnahmebogen noch in dem anspruchsbegründenden Bericht auf eine Vereinbarung nach § 75 Abs. 3 SGB XII hingewiesen. In Anbetracht der im Jahre 2005 bereits laufenden und im April 2006 erfolgreich beendeten Verhandlungen über den Abschluss von Leistungs- und Prüfungsvereinbarungen sowie die endgültige Vergütung ist jedoch offensichtlich, dass die in der Einrichtung geleisteten Hilfen im hier streitigen Fall ebenso wie bei einer Vielzahl anderer Fälle nach den zu vereinbarenden Sätzen vergütet werden sollten.

3.2. Der streitige Betrag von 27.077,86 EUR ist unter Berücksichtigung der Vergütungsvereinbarungen für die Jahre 2005 (täglich 54,07 EUR) und 2006 (täglich 58,36 EUR), des dem Hilfebedürftigen zustehenden Barbetrags (in 2005 monatlich 85,56 EUR und im Dezember 2005 eine Weihnachtsbeihilfe in Höhe von 34,77 EUR; in 2006 monatlich 89,70 EUR) und des Einkommens des Hilfebedürftigen (Rentenzahlungen nach Abzug der Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung von monatlich 644,17 EUR, ab Juli 2005 monatlich 641,75 EUR und ab Oktober 2005 monatlich 641,39 EUR) von der Einrichtung jedenfalls nicht zu hoch ermittelt worden. Da diese im Januar 2005 nicht auf die bereits an den Hilfebedürftigen ausgezahlte Rente zugreifen konnte, errechneten sich offene Forderungen in Höhe von 27.519,90 EUR. Selbst wenn, wovon ohne nähere Kenntnisse nach der von der Klägerin im Berufungsverfahren übersandten Forderungsaufstellung auszugehen ist, die Rente des Hilfebedürftigen im Februar 2005 nur mit 239,29 EUR (Differenz 404,88 EUR) berücksichtigt werden konnte und im September 2005 wohl wegen eines Krankenhausaufenthaltes der Tagessatz nur 51,51 EUR betrug (Differenz insgesamt 17,92 EUR), errechnet sich eine Forderung von 27.097,10 EUR, die noch über dem streitigen Betrag liegt.

3.3. Außer seiner Rente hatte der Hilfebedürftige, der keine unterhaltspflichtigen Angehörigen hatte, keine weiteren Einkünfte, Vermögen war ebenfalls nicht vorhanden. Seine Bedürftigkeit im gesamten streitigen Zeitraum war damit gegeben; sie wird von dem Beklagten auch nicht in Frage gestellt.

4. Der auf die Klägerin übergegangene Sozialhilfeanspruch des Hilfebedürftigen kann gegenüber dem Beklagten ungeachtet der Tatsache mit Erfolg geltend gemacht werden, dass der Anspruch der Einrichtung gegenüber dem Hilfebedürftigen bereits in den Jahren 2005 und 2006 fällig waren. Zwar ist der Anspruch seit 2010 verjährt (hierzu 4.1.), auf die Einrede der Verjährung ist nicht verzichtet worden (4.2.). Tatsächlich hat der Hilfebedürftige keine Verjährungseinrede erhoben (4.3.), er wäre hierzu auch nicht verpflichtet gewesen (4.4.). Ob hier nicht vorhandene Erben eine Verjährungseinrede nach dem Tod des Hilfebedürftigen noch hätten erheben können, muss hier nicht entschieden werden (4.5.). Der Klägerin steht ein derartiges Recht (im Rahmen des § 19 Abs. 6 SGB XII) ebenso wenig zu (4.6) wie dem Beklagten (nach Schuldbeitritt im Rahmen des sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnisses; 4.7.).

4.1. Im Allgemeinen ist Voraussetzung einer Kostenerstattungspflicht des Sozialhilfeträgers die zivilrechtliche Durchsetzbarkeit der dieser zugrunde liegenden Ansprüche Dritter (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 30. Oktober 2013 - L 8 SO 16/11 - juris RdNr. 45 m.w.N.), hier der Klägerin bzw. deren Rechtsvorgängerin auf Bezahlung der aus dem Vertrag mit dem Hilfebedürftigen geschuldeten Leistungen (Unterkunft, Verpflegung, persönliche Beratung). Einredebehaftete, aber auch regelmäßig einredefähige Forderungen, denen der Schuldner bzw. anderweitig Verpflichtete ein dauerndes Leistungsverweigerungsrecht entgegenhalten kann, unterliegen nicht der Kostenerstattungspflicht (zur Verjährung einer Forderung vgl. auch LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 29. April 2014 L 7 AS 291/13). Der Sozialhilfe begehrenden Person ist es in aller Regel zuzumuten, der Kostenschuld gegenüber einem Dritten im Wege der Selbsthilfe (§ 2 Abs. 1 SGB XII) durch die Erhebung einer Einrede zu entgehen. Die Verjährung des Zahlungsanspruchs einer Einrichtung oder eines ambulanten Dienstes bestimmt sich dabei nach den allgemeinen zivilrechtlichen Regeln (so für den Fall eines ambulanten Pflegedienstes SG Berlin, Urteil vom 24. September 2012 - S 90 SO 1227/12 - juris RdNr. 36 ff.; vgl. auch Senatsurteil vom 29. Juli 2014 L 8 SO 201/11).

Die vom LSG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 18. Februar 2011 L 1 SO 33/09, juris RdNr. 36) vertretene Rechtsauffassung, es gelte im Sozialrecht prinzipiell in Anlehnung an § 45 SGB I die vierjährige sozialrechtliche Verjährungsfrist, wird vom Senat nicht geteilt. Dabei wird übersehen, dass die Verjährung hier nicht den öffentlich-rechtlichen Anspruch des Hilfeempfängers gegenüber dem Beklagten betrifft, sondern den privatrechtlichen Anspruch des Heimträgers (der Klägerin) gegenüber dem Hilfeempfänger.

Die Verjährungsfrist beträgt nach § 195 BGB drei Jahre und beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, nach § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Danach sind hier die Verjährungsfristen der aus den Jahren 2005 und 2006 stammenden Forderungen der J. Heime in K. e.V. Ende 2008 bzw. 2009 abgelaufen. Die Verjährung war auch nicht - etwa durch Rechtsverfolgung - gehemmt oder unterbrochen, insbesondere nicht durch das sozialgerichtliche Verfahren über den Anspruch des Hilfebedürftigen auf Übernahme der hier streitigen Kosten. Dieses Verfahren betrifft im Kern nicht den zivilrechtlichen Vergütungsanspruch der Einrichtung gegenüber dem Hilfebedürftigen, sondern die sozialrechtliche Kostenübernahme durch den Träger der Sozialhilfe (anders ohne Begründung Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 28. Juni 2012 - L 15 SO 254/08, juris RdNr. 49).

4.2. Der Hilfebedürftige wäre demnach berechtigt gewesen, spätestens im Jahre 2010 gegenüber den J. Heimen in K. e.V. die Einrede der Verjährung zu erheben, falls er nicht vorher auf die Einrede der Verjährung verzichtet hat (zur Zulässigkeit eines derartigen Verzichts BGH, Urteil vom 4. Juli 1973 IV ZR 185/72 juris RdNr. 13).

Ein Einredeverzicht liegt hier jedoch nicht vor. Ein derartiger Verzicht erfolgt durch einseitige Erklärung und ist auch vor dem Eintritt der Verjährung möglich (vgl. BGH, Urteil vom 18. September 2007 - XI ZR 447/06 - juris RdNr. 15). Er kann auch konkludent, also durch schlüssiges Handeln, erklärt werden, wenn die einredeberechtigte Partei von dem Verjährungseintritt Kenntnis hatte. Wegen der erheblichen Auswirkungen eines Verjährungsverzichts sind an einen entsprechenden Erklärungsinhalt allerdings hohe Anforderungen zu stellen (vgl. Lakkis in: jurisPK-BGB Band 1, 6. Auflage 2012, § 202 RdNr. 23). Der Hilfebedürftige hat zu seinen Lebzeiten nicht ausdrücklich auf die Einrede der Verjährung verzichtet. Auch ein konkludenter Verzicht auf die Verjährungseinrede liegt nicht vor. Der Hilfebedürftige hatte von einem möglichen Verjährungseintritt bereits keine Kenntnis (hierzu 4.3.). Unabhängig von der fehlenden Kenntnis von einem möglichen Verjährungseintritt sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Hilfebedürftige während seines Aufenthalts in der Einrichtung zu verstehen gegeben hat, er würde eine Verjährungseinrede nicht erheben.

4.3. Der Hilfebedürftige hat gegenüber den J. Heimen in K. e.V. von seinem Recht nach § 214 Abs. 1 BGB, die Leistung zu verweigern, keinen Gebrauch gemacht. Hierzu fehlte es ihm bereits an der für eine derartige Willensbekundung erforderlichen Kenntnis, dass er selber für die im Zusammenhang mit seiner Aufnahme in den J. Heimen in K. e.V. entstehenden Kosten haften könnte. Er war dort bereits mehrfach aufgenommen worden, die Abrechnungen erfolgten ohne seine Beteiligung regelmäßig direkt zwischen der Einrichtung und dem Sozialhilfeträger, ebenso wie bei anderen Einrichtungen, die den Hilfebedürftigen im Laufe seines Lebens aufgenommen hatten. Auch ist nicht ersichtlich, dass er selber nach Eintritt der Verjährung von den J. Heimen in K. e.V. ausdrücklich in Anspruch genommen worden wäre. Selbst wenn man dies unterstellt, wäre er nicht von sich aus verpflichtet gewesen, die Leistung unter Erhebung der Verjährungseinrede zu verweigern.

4.4. Der Hilfebedürftige wäre ohnehin nicht verpflichtet gewesen, nach Eintritt der Verjährung eine entsprechende Einrede zu erheben.

Eine derartige Obliegenheitsverpflichtung im Zusammenhang mit dem hier streitigen Anspruch auf Sozialhilfeleistungen (zur Zumutbarkeit als Grenze der Selbsthilfeobliegenheit vgl. Coseriu in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 2 RdNr. 46 ff.) hätte den Hilfebedürftigen allenfalls dann treffen können, wenn der Beklagte ihn darauf hingewiesen hätte. Dies ist nicht geschehen. Unabhängig davon gibt es Gründe, die es im Einzelfall oder auch bei einer bestimmten Gruppe von Hilfebedürftigen ausschließen, von diesen eine Einrede nach Eintritt der Verjährung zu verlangen.

Grundsätzlich hat eine als privater Unternehmer auftretende Einrichtung - nach allgemeinen Maßgaben - das Risiko eines Forderungsausfalles aufgrund Verjährung zu tragen und zur Vermeidung dieses Risikos den Weg der Rechtsverfolgung (vgl. § 204 BGB), z. B. durch die rechtzeitige Beantragung eines Mahnbescheids, zu beschreiten. Der Senat hat allerdings bereits entschieden, dass es in Ausnahmefällen denkbar ist, dass es einem Leistungsberechtigten aufgrund eines besonderen Näheverhältnisses zum Gläubiger im Einzelfall nicht zugemutet werden kann, sich durch die Erhebung einer Einrede auf ein dauerndes Leistungsverweigerungsrecht zu berufen (Urteil vom 29. Juli 2014 L 8 SO 201/11), z. B. wenn das Näheverhältnis eine vergleichbare Qualität aufweist wie die in § 207 Abs. 1 Satz 1 BGB aufgeführten Tatbestände der Hemmung der Verjährung aus familiären und ähnlichen Gründen (Ansprüche von Ehegatten, Lebenspartnern, zwischen Kind und Eltern etc.). Bei Beziehungen zu geschäftsmäßig auftretenden Leistungserbringern ist dies allerdings in aller Regel zu verneinen, eine Verpflichtung aus sozialen Gründen rechtfertigt regelmäßig nicht das Einstehen des Sozialhilfeträgers für eine zivilrechtlich nicht durchsetzbare Forderung.

Bei dem hier zu beurteilenden Personenkreis, die Hilfen nach den §§ 67 ff. SGB XII benötigen, gilt allerdings etwas anderes. Aus Gründen der besonderen Lebenssituation dieser Hilfebedürftigen ist es in der Regel nicht zumutbar, von ihnen zu verlangen, nach Eintritt der Verjährung von Forderungen des Leistungsträgers eine Einrede zu erheben. Dies gilt jedenfalls in den Fällen, in denen in einer stationären Einrichtung Hilfen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten nach den §§ 67 ff. SGB XII erbracht werden und es absehbar ist, dass der Hilfebedürftige auch nach Eintritt der Verjährung entsprechende oder vergleichbare Leistungen benötigt. Hat der Sozialhilfeträger bis dahin keine Kostenübernahmeerklärung abgegeben, wäre der Einrichtungsträger anderenfalls vor Ablauf der dreijährigen Verjährungsfrist gezwungen, zivilrechtlich gegen den Hilfesuchenden auf Zahlung der Heimkosten vorzugehen. Gerade bei dem Personenkreis nach §§ 67 ff. SGB XII, deren Selbsthilfefähigkeiten häufig in hohem Maße eingeschränkt ist, würde damit das unbedingt erforderliche Vertrauensverhältnis in unzumutbarer Weise belastet. Sie reagieren, wie die Klägerin überzeugend dargelegt hat, bei für sie nicht lösbar erscheinenden Problemen oder Umständen häufig mit Hilfeabbruch. Der besonderen Situation dieses Personenkreises trägt auch § 68 Abs. 2 SGB XII Rechnung, wonach im Einzelfall Leistungen ohne Rücksicht auf Einkommen und Vermögen erbracht werden und, soweit dies den Erfolg der Hilfe gefährden würde, Einkommen und Vermögen von Angehörigen nicht zu berücksichtigen sind.

Gerade der Fall des Hilfebedürftigen Herrn H., der mit einer Vielzahl von Schulden in der Einrichtung angekommen war, zeigt die Unzumutbarkeit eines Verlangens, die Einrede der Verjährung zu erheben. Der Senat ist in Kenntnis der von den Beteiligten vorgelegten Unterlagen, den Erörterungen in der mündlichen Verhandlung und den Ausführungen der Klägerin davon überzeugt, dass dem Hilfebedürftigen nicht bewusst war, dass er bei fehlender Kostenübernahme des Sozialhilfeträgers für die in der Einrichtung entstehenden Kosten selber in Anspruch genommen werden könnte. Eine Aufforderung des Sozialhilfeträgers die Einrede der Verjährung zu erheben hätte dem Hilfebedürftigen zudem verdeutlicht, dass die durch seinen Aufenthalt in der Einrichtung entstandenen Kosten unabhängig von der Notwendigkeit der Hilfeleistung nicht übernommen werden, die Einrichtung also "darauf sitzen bleiben" würde. Eine solche Aufforderung würde einen Maßnahmeabbruch geradezu provozieren.

4.5. Zwar können grundsätzlich auch Erben eines Schuldners (zur Erbenhaftung s. § 1967 BGB) nach Eintritt der Verjährung eine Leistung verweigern. Da der Hilfebedürftige, so die übereinstimmende Erkenntnis der Beteiligten und des Gerichts, jedoch keine natürlichen Erben hatte, ist insoweit die Ausübung eines Leistungsverweigerungsrechtes aus tatsächlichen Gründen nicht möglich. Es bedarf deshalb keiner abschließenden Entscheidung, ob ein nach dem Tod des Hilfebedürftigen an dessen Erben gerichtetes Verlangen, die Einrede der Verjährung gegenüber dem Einrichtungsträger zu erheben, den Sozialhilfeträger unter Berücksichtigung der Selbsthilfeverpflichtung des § 2 Abs. 1 SGB XII zu einer Leistungsverweigerung berechtigt (hierzu missverständlich und die dortige Entscheidung nicht tragend Senatsurteil vom 24. April 2014 L 8 SO 173/10 am Ende).

4.6. Die Klägerin ist nach dem Tod des Hilfebedürftigen gemäß § 19 Abs. 6 SGB XII zwar berechtigt, dessen (öffentlich-rechtlichen) Anspruch auf Leistungen für Einrichtungen nach seinem Tod weiter zu verfolgen, er ist aber nicht Rechtsnachfolger im umfassenden Sinne. § 19 Abs. 6 SGB XII stellt eine die allgemeinen Rechtsnachfolgevorschriften der §§ 56 ff. SGB I verdrängende Regelung dar. Es handelt sich um eine Form des gesetzlichen Forderungsüberganges (cessio legis; hierzu mit umfangreichen Nachweisen Hohm in Schellhorn/Hohm/Scheider, SGB XII, 19. Aufl. 2015, § 19 RdNr. 58); der BGH hat im Urteil vom 10. Februar 2005 III ZR 330/04 juris RdNr. 13 das Ergebnis eines Forderungsüberganges nach § 19 Abs. 6 SGB XII als einen öffentlich-rechtlichen Leistungsanspruch bezeichnet. Damit wird deutlich, dass der durch § 19 Abs. 6 SGB XII begünstigte Leistungserbringer nur Sonderrechtsnachfolger des Verstorbenen hinsichtlich des konkreten öffentlich-rechtlichen Anspruchs auf Sozialhilfeleistungen wird und nicht in die sonstigen Rechte und Pflichten eines Erben eintritt. Er ist deshalb nicht berechtigt, rechtsgestaltend in die zivilrechtlichen Verträge bzw. deren Erfüllung einzugreifen, die im Rahmen des sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnisses Grundlage des öffentlich-rechtlichen Anspruchs des verstorbenen Hilfebedürftigen waren (auch insoweit missverständlich und die dortige Entscheidung nicht tragend Senatsurteil vom 24. April 2014 L 8 SO 173/10 am Ende).

Ist die Klägerin somit aus rechtlichen Gründen gehindert, in ihrer Eigenschaft als Sonderrechtsnachfolgerin des Hilfebedürftigen nach § 19 Abs. 6 SGB XII die Leistung (hier Erfüllung der Forderung aus dem Vertrag mit den J. Heimen in K. e.V.) nach § 214 Abs. 1 BGB zu verweigern, kann der Sozialhilfeträger hieraus auch keine für die Klägerin negativen Folgerungen ziehen.

4.7. Eine Verjährungseinrede durch den Sozialhilfeträger selber kann allein nicht zum Verlust einer öffentlich-rechtlichen Kostenübernahmeverpflichtung im Rahmen des sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnisses führen. Zwar ist ein Sozialhilfeträger als Gesamtschuldner nach einer kumulativen Schuldübernahme in Form des Schuldbeitritts gegenüber einem Einrichtungsträger grundsätzlich berechtigt, eine Leistung wegen eingetretener Verjährung zu verweigern. Rechte als Gesamtschuldner können unabhängig davon wahrgenommen werden, dass die Verjährung zu den Tatsachen im Sinne des § 425 Abs. 1 und 2 BGB zählt. Nach § 425 Abs. 2 BGB wirken diese jedoch, soweit sich nicht aus dem Schuldverhältnis ein anderes ergibt, nur für und gegen den Gesamtschuldner, in dessen Person sie eintreten. Die Vorschrift dient in erster Linie dem Schutz eines Gesamtschuldners, den nicht ohne sein Zutun bestimmte Rechtsfolgen, die aus der Sphäre eines anderen Gesamtschuldners stammen, treffen sollen. Dies gilt sowohl für belastende Tatsachen und ihre Folgen als auch für positive Tatsachen wie bestimmte Einreden eines Gesamtschuldners (L. Böttcher in: Erman BGB, Kommentar, § 425 BGB RdNr. 2). Der zivilrechtliche Anspruch des Einrichtungsträgers aus dem Heimvertrag geht deshalb nicht vollständig unter und kann noch gegenüber dem einen Gesamtschuldner durchgesetzt werden, wenn ein anderer Gesamtschuldner die Einrede der Verjährung erhebt. Mit anderen Worten: Ohne eine Verjährungseinrede auch des Hilfebedürftigen (hierzu oben) führt eine vom Sozialhilfeträger selber als Gesamtschuldner erhobene Verjährungseinrede nicht zum Verlust der öffentlich-rechtlichen Kostenübernahmepflicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Auch die Aufwendungen des Beigeladenen für das Berufungsverfahren sind dem Grunde nach erstattungsfähig, weil er weder als Kläger noch als Beklagter zu den in § 184 Abs. 1 SGG genannten Gebührenpflichtigen gehört (§ 193 Abs. 4 SGG).

Ein Grund für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegt nicht vor.