Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 16.12.2015, Az.: L 15 AS 159/14

Bestandsmiete; Methodenfreiheit; Mietobergrenze; Osnabrück; schlüssiges Konzept; Unterkunftskosten

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
16.12.2015
Aktenzeichen
L 15 AS 159/14
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2015, 44880
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
SG - 18.02.2014 - AZ: S 33 AS 536/11

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Zu den Mietobergrenzen und den Anforderungen an die realitätsgerechte Ermittlung der abstrakt angemessenen Unterkunftskosten i. S. von § 22 Abs. 1 S. 1 SGB 2 in der Stadt Osnabrück.

Die der Erstellung eines schlüssigen Konzepts dienende Ermittlung der Durchschnittsmieten ohne Einbeziehung von Bestandsmieten, nur unter Rückgriff auf öffentlich annoncierte Wohnungen führt zu einer den Leistungsempfängern zu Gute kommenden höheren angemessenen Bruttokaltmiete und ist daher von der den Grundsicherungsträgern nach der Rechtsprechung des BSG (Urt. v. 19.10.2010 - B 50/10 R -) zustehenden Methodenfreiheit gedeckt.

Tenor:

Das Urteil des Sozialgerichts Osnabrück vom 18. Februar 2014 wird geändert.

Der Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 9. Juni 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Juni 2011 verurteilt, an den Kläger einen Betrag von 36,- € zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.

Der Beklagte hat dem Kläger 2/3 seiner außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt im Rahmen der Gewährung von Grundsicherungsleistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) von dem Beklagten als zuständigen Leistungsträger die Übernahme höherer Kosten der Unterkunft (KdU) für die Monate Juli bis Oktober 2011.

Der 1947 geborene Kläger und seine 1943 geborene Ehefrau, beide ab dem Jahre 2006 Bezieher von Arbeitslosengeld II (ALG II), wohnen seit September 2002 zur Miete in einer 53 m² großen Wohnung in der K. in Osnabrück. Zu zahlen hatten sie hierfür zunächst eine monatliche Grundmiete i.H.v. 332 € zuzüglich 98 € für Nebenkosten (inklusive Heizung). Im Dezember 2006 forderte der Beklagte die Ehefrau des Klägers erstmals zur Senkung der Mietkosten auf. Ab dem 1. Juni 2007 übernahm er nur noch abgesenkte Unterkunftskosten (Bescheid vom 3. Juli 2007). Im November 2007 lehnte er unter Bezugnahme auf die Kostensenkungsaufforderung die Übernahme einer Nebenkostennachzahlung ab, da die Wohnung unangemessen teuer sei.

Nachdem die Eheleute wegen des Bezugs von ALG I und Wohngeld zwischenzeitlich aus dem ALG II-Leistungsbezug ausgeschieden waren und seine Ehefrau (ab Oktober 2008) Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch – Sozialhilfe – (SGB XII) - erhielt, stellte der Kläger im April 2011 nunmehr nur noch für seine Person einen Neuantrag auf Gewährung von ALG II. Hinsichtlich der KdU legte er eine Mietbescheinigung vom 31. Mai 2011 vor. Hiernach betrugen die von ihm und seiner Ehefrau bei gleichgebliebener Grundmiete an den Vermieter zu zahlenden monatlichen Vorauszahlungen für Nebenkosten und Heizkosten mittlerweile 137 €, wovon ein Drittel (45,66 €) auf die Heizkosten und zwei Drittel (91,33 €) auf die übrigen Nebenkosten entfielen. Die von den Eheleuten tatsächlich aufzubringende Miete betrug mithin 423,33 € bruttokalt bzw. 469 € bruttowarm.

Mit Bescheid vom 9. Juni 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Juni 2011 bewilligte der Beklagte dem Kläger für den Zeitraum vom 1. Juli bis zum 31. Oktober 2011 unter Berücksichtigung der tatsächlichen Heizkosten Leistungen für anteilige Unterkunfts- und Heizkosten in Höhe von 216,33 € (x 2 = 432,66 €) monatlich. Angesichts der damit lediglich in Höhe von 193,50 € (x 2 = 387 €) gewährten Bruttokaltmiete tat sich für den Kläger mithin eine monatliche Deckungslücke von 18,17 € auf.

Grundlage dieser Festsetzung war die zur Feststellung der Angemessenheit der KdU für Leistungsberechtigte nach dem SGB II und SGB XII von dem Beklagten in Zusammenarbeit mit dem Fachbereich Soziales und Gesundheit der Stadt Osnabrück unter dem 24. Januar 2011 erstellte Vermietungsmarkterhebung für das Stadtgebiet. Diese Erhebung beruht auf einer in den Jahren 2005 bis 2010 durchgeführten Sichtung von insgesamt 25.231 Wohnungsmarktangeboten (2009: 5.249, 2010: 4.433 Angebote) in Anzeigen der L.. Ab Februar 2007 wurden zusätzlich Angebote aus dem Internet (M.), der lokalen Wohnungsbaugesellschaften (N.) sowie der Immobilienmakler O. erhoben und ausgewertet. Hinsichtlich des erhobenen Datenbestandes heißt es in der Erhebung, dieser entspreche 36 % der ca. 70.000 Mietwohnungen in Osnabrück (der Anteil der Haushalte mit Leistungsempfängern beträgt in der Stadt 12 %). Mehrfachanzeigen über dieselbe Wohnung seien anhand übereinstimmender Merkmale aussortiert worden. Berücksichtigt worden seien nur selbstständige Wohnungen, d.h. keine Mitwohngelegenheiten in Wohngemeinschaften oder Einzelzimmer bis 20 m² (sog. Studentenzimmer). Wohnungen, die offensichtlich über dem mittleren Preissegment lagen (sog. Luxuswohnungen) wurden erst ab Juli 2008 erfasst. Es seien nur Daten in die Erhebung eingeflossen, wenn sich aus den Annoncen tatsächlich Angaben über die Grundmieten und - soweit genannt - die Nebenkosten ergeben hätten. Soweit die Angebote keine konkreten Nebenkosten enthielten, seien - differenziert nach Wohnungsgrößenklassen - Durchschnittswerte zur Berechnung einer maximalen Bruttokaltmiete gebildet und der jeweils höchste Durchschnittswert (entweder der aller Wohnungen oder nur der jeweiligen Wohnungskategorie) nach der Höchstwertmethode zu Gunsten der Leistungsberechtigten berücksichtigt worden. Nicht erfasst wurden Bestandsmieten. Wertbildende Standardfaktoren enthielten die ausgewerteten Anzeigen überwiegend nicht. Die Obergrenze für die Angemessenheit der Unterkunftskosten richtete der Beklagte sodann an den 131 Angebote umfassenden unteren 20 % der ermittelten Wohnungsangebote aus (sog. 20 %-Perzentil). Die Angemessenheitsgrenze für die Bruttokaltmiete wurde im Ergebnis für Zweipersonenhaushalte bei einer Wohnfläche bis max. 60 m² auf der Grundlage einer Grundmiete von 5,18 €/m² zuzüglich „kalter“ Nebenkosten i.H.v. 1,27 €/m² (insgesamt mithin 6,45 €/m²) auf einen monatlichen Betrag von 387 € festgesetzt.

Der Kläger hat am 27. Juli 2011 Klage beim Sozialgericht (SG) Osnabrück erhoben, mit der er von dem Beklagten höhere Leistungen für die KdU begehrt hat. Zur Begründung hat er vorgetragen, seine tatsächlichen Unterkunftskosten seien angemessen, eine Reduzierung sei ihm nicht möglich. Die Festlegungen des Beklagten hinsichtlich der angemessenen Unterkunftskosten in der Stadt Osnabrück beruhten nicht auf einem schlüssigen Konzept zur Feststellung einer Mietobergrenze im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG). An ein Schreiben vom 5. Dezember 2006 mit einer Kostensenkungsaufforderung könnten sich weder er noch seine Ehefrau erinnern.

Der Beklagte ist der Klage entgegen getreten. Zur Begründung hat er unter Vorlage dem Gericht übersandter Listen mit Angebotsmieten der Jahre 2010 und 2011 die Auffassung vertreten, die Aufnahme von Bestandsmieten in das Konzept führe zu einer Verfälschung der Werte. Eine interne Untersuchung der von den Leistungsempfängern der Stadt P. tatsächlich gezahlten Mieten habe im Übrigen ergeben, dass die Bestandsmieten deutlich geringer ausfielen als die ermittelten Angebotsmieten.

Mit Urteil vom 18. Februar 2014 hat das SG der Klage teilweise stattgegeben und den Beklagten verurteilt, dem Kläger einen weiteren Betrag von 54,50 € zu zahlen. Die Berufung gegen das Urteil hat das SG nicht zugelassen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, die vom Kläger anteilig zu tragenden Unterkunftskosten seien in voller Höhe als angemessen anzuerkennen. Mangels eines schlüssigen Konzeptes des Beklagten zur Ermittlung der Angemessenheit der Unterkunftskosten im Stadtgebiet Osnabrück sei auf die Werte der Wohngeldtabelle nach § 12 Wohngeldgesetz (WoGG) zuzüglich eines Sicherheitszuschlages von 10 % abzustellen, woraus sich eine (im Falle des Klägers unterschrittene) Obergrenze für die Angemessenheit der Unterkunftskosten von 442 € für die Bruttokaltmiete ergebe.

Die Vermietungsmarkterhebung des Beklagten genüge nicht den Anforderungen an ein schlüssiges Konzept i.S. der BSG-Rechtsprechung. Sie sei nicht hinreichend repräsentativ. Die innerhalb eines Jahres erhobenen Daten beträfen weit weniger als 10 % des Wohnungsbestands. Die ausgewerteten Zeitungs- und Internetannoncen böten zudem keine Gewähr dafür, dass es sich wirklich um eine Zufallsstichprobe mit gleichmäßiger Verteilung der Wohnungen über die Grundgesamtheit handele. Der Beklagte räume im Übrigen ein, dass für ca. die Hälfte der erhobenen Angebote eine klare Differenzierung nach verschiedenen Mietbegriffen nicht erfolgt sei. Nur bei einer Vermieter- bzw. Mieterbefragung könnten auch der Wohnungsstandard und Angaben zur Lage der Wohnungen ermittelt werden. Diese Daten seien auch erforderlich, da eine gleichmäßige Verteilung der Wohnungen über die Grundgesamtheit sicherzustellen sei. Eine schlechte Lage könne zusammen mit anderen Faktoren dazu führen, dass eine Wohnung dem untersten Standard zuzurechnen sei. Sofern der Beklagte die Auffassung vertreten habe, dass es in seinem Zuständigkeitsbereich keine Wohnungen des untersten Standards gebe, sei dies nicht nachgewiesen. Er komme daher nicht umhin, auch Bestandsmieten zu erheben, deren Dynamisierung ggf. durch Angebotsmieten erfolgen könne. Zum Nachweis, dass und ggf. in welchem Umfang Bestandsmieten den Angemessenheitswert verfälschen, sei die vom Beklagten vorgenommene Untersuchung der von Leistungsempfängern gezahlten Mieten nicht geeignet. Diese führe vielmehr zu einem Zirkelschluss.

Auch die Bildung des maßgeblichen Wohnungssegments mit 20 % des unteren Marktsegments überzeuge nicht. Nach der Rechtsprechung des BSG dürften Grundsicherungsempfänger nicht auf den untersten Wohnungsstandard verwiesen werden. Ob und mit welchem Anteil derartige Wohnungen in der Erhebung des Beklagten enthalten seien, sei nicht mehr aufklärbar. Das Konzept des Beklagten treffe keine Aussage zur abstrakt angemessenen Miete. Es biete auch keine verlässliche Argumentationsgrundlage für eine konkrete Verfügbarkeit angemessener Wohnungen und für die Frage, ob diese vom Standard her zumutbar seien.

Des Weiteren seien die „kalten“ Nebenkosten über die aus Anzeigen heraus ermittelten Angebotsmieten ohne Blick auf tatsächlich abgerechnete Betriebskosten und damit nicht realitätsgerecht erhoben worden. Zurückzugreifen sei nach der BSG-Rechtsprechung (Urteil vom 13. April 2011 - B 14 AS 32/09 -, juris, Rn. 28) vielmehr auf örtliche und bundesweite Listen. Zusammenfassend könne aufgrund der vorliegenden Daten ein schlüssiges Konzept auch nicht durch das Gericht entwickelt werden. Die Angebotsmieten seien nicht zahlreich genug. Bestandsmieten seien gar nicht erhoben worden. Zu den Betriebskosten finde sich keine valide Datengrundlage.

Der Beklagte hat am 10. März 2014 Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung erhoben und zur Begründung auf divergierende Urteile anderer Kammern des SG Osnabrück sowie auf die grundsätzliche Bedeutung der streitgegenständlichen Frage verwiesen, ob die Wohnungsmarkterhebung des Beklagten ein schlüssiges Konzept im Sinne der Rechtsprechung des BSG darstelle.

Nachdem der Senat mit Beschluss vom 27. April 2014 die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen hat, hat der Beklagte zu deren Begründung vorgetragen, die Vollerhebung der Angebotsmieten bilde – besser als ein qualifizierter Mietspiegel – eine solide Basis der Datenauswertung und der hierauf fußenden Konzeption zur Ermittlung angemessener Wohnungsmieten in der Stadt Osnabrück. Die ermittelten Angebotsmieten seien auch repräsentativ. Der Zensus 2011 gehe statt 70.000 nur noch von 56.964 Mietwohnungen aus. Nicht zu beanstanden sei es auch, den Spannoberwert für das untere Preissegment mit 20 % zu bestimmen. Entgegen der Annahme des SG sei das unterste Preissegment in der Erhebung nicht mitberücksichtigt worden. Die über Jahre erfolgte Auswertung der Angebote habe zu der Erkenntnis geführt, dass Wohnungen des untersten Standards in Osnabrück nicht angeboten würden. Dies seien Erfahrungswerte, die insoweit nicht beweisfähig seien, weil Angaben zum untersten Standard nicht aus den Angeboten hervorgingen, sondern sich nur aus dem (für sich genommen beweisfähigen) Preis als einem wertbildenden Faktor ableiten ließen. Tatsächlich stünden in der Stadt Osnabrück ausweislich der auf der Grundlage der ermittelten Wohnungsangebote erstellten Listen über drei Wohnungsgrößenkategorien hinweg (60 m², nächsthöhere und nächstniedrigere Kategorie) 1.058 Wohnungen mit einer abstrakt angemessenen Bruttokaltmiete von 5,18 €/m² zur Verfügung. Entgegen dem Vortrag des Klägers seien auch die kalten Nebenkosten realitätsgerecht ermittelt worden. Aus den gesichteten Angeboten mit Angaben über Nebenkosten ergebe sich ein Durchschnittswert für alle Wohnungsgrößen von 1,27 €/m².

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des SG Osnabrück vom 18. Februar 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die Entscheidung des mit der Berufung angefochtenen Urteils für zutreffend. Er hat dem Senat die für seine Mietwohnung von der Hausverwaltung für das Jahr 2011 erstellte Nebenkostenabrechnung vom 19. Oktober 2012 vorgelegt. Hiernach fielen seinerzeit Nebenkosten von insgesamt 2.349,08 € an (inklusive eines Heizkostenanteils von 896,84 €). Dies entspricht monatlichen kalten Betriebskosten i.H.v. 121,08 €. Der Kläger, der seit dem 1. Juni 2012 bei dem Kläger nicht mehr im Leistungsbezug steht, und seine Ehefrau wurden von ihrem Vermieter zur Nachzahlung der von den Abschlagsbeträgen des Jahres 2011 nicht erfassten Nebenkosten i.H.v. 861,08 € bis zum 20. November 2012 aufgefordert.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens des Dr. Ing. Q. – Institut für Wohnung und Umwelt (IWU) –R. vom 12. Juni 2015 mit ergänzender Stellungnahme vom 16. Oktober 2015. Der Sachverständige hat unter Verweis auf ein von ihm für den Bereich der Stadt Osnabrück bereits in einem früheren vor dem Senat anhängigen Verfahren (L 15 AS 1119/07) erstelltes Gutachten vom 6. Mai 2013 ausgeführt, dass eine Einschätzung der örtlichen Verhältnisse auf dem Wohnungsmarkt grundsätzlich auf der Grundlage ausgewerteter Annoncen getroffen werden könne. Der ablehnenden Haltung des Beklagten, die Angemessenheitsgrenze unter Vermischung der Angebotsmieten mit Wohngeldfällen (vorwiegend ältere Bestandsmieten) zu bestimmen, werde zugestimmt. In preislich steigenden Wohnungsmärkten, wie es in Osnabrück 2011 nach einer zwischenzeitlichen außergewöhnlichen Preisdelle 2006/07 im Zusammenhang mit dem Abzug der britischen Streitkräfte wieder der Fall gewesen sei, liege der Mittelwert aller Bestandmieten unter dem Mittelwert der ortsüblichen Vergleichsmieten und dieser wiederum unter dem Mittelwert der Neuvertragsmieten. Zu berücksichtigen sei insofern, dass in den verwerteten annoncierten Mietangeboten benannte Mietkosten im Verhandlungswege vor bzw. im Zuge des Zustandekommens eines Mietverhältnisses sowohl unter- als auch überschritten werden könnten. Begründet liege dies im deutschen Mietrecht, das Mieterhöhungen reguliere bzw. durch die komplexe Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete erschwere. Vermieter verlangten daher bei der Neuvermietung höhere Preise, was von den Mietern mit dem Wissen akzeptiert werde, dass die Hürden für eine Mieterhöhung in Städten ohne qualifizierten Mietpreisspiegel - wie es in Osnabrück der Fall sei - relativ hoch seien. Jede Ausweitung der zeitlichen Bezugsbasis auf ältere Zeiträume führe zu einem niedrigeren Preisniveau. Da eine Existenzsicherung durch Anmietung einer neuen Wohnung nur zu aktuellen Marktpreisen erfolgen könne, sei auch nur auf Neuvertragsmieten abzustellen. Die Mehrzahl der Bestandwohnungen werde nicht zur Vermietung angeboten. Es wechselten lediglich 12 % der Angebote und ca. 12 % der Nachfrager pro Jahr.

Die Heranziehung eines 20 %-Perzentils der Mieterhaushalte bzw. Mietwohnungen innerhalb der verschiedenen relevanten Wohnungsgrößenklassen, d.h. die Ausrichtung der Obergrenze für die Angemessenheit der Unterkunftskosten an den 131 Angebote umfassenden unter 20 % der ermittelten Wohnungsangebote, sei bei der Festlegung der Angemessenheit der KdU für das Gebiet der Stadt Osnabrück hingegen nur eingeschränkt aussagekräftig. Der Anteil der angemessenen Wohnungen müsse so groß sei, dass er nicht nur den „Leistungsbeziehermarkt“ darstelle, sondern auch Menschen einzubeziehen, die ihren Lebensunterhalt durch Einkommen selbst verdienten (sog. Referenzgruppe; vgl. BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 - B 4 AS 30/08 R - [München], Rn. 17). Soweit das BSG in seiner neueren, die Stadt S. (mit einem Anteil von nur 5,7 % SGB II-Haushalten und einer höheren Mieterquote als in Osnabrück) betreffenden Entscheidung (Urteil vom 10. September 2013 - B 4 AS 77/12 R -) ein Perzentil von 20 % für sachgerecht gehalten habe, ergebe eine Anwendungen dieser Rechtsprechung (20 % * 74 % Mieterhaushalte = 15 % der Haushalte; 15 % abzüglich 6 % Bezieher von SGB II-Leistungen = 9 % als Referenzgruppe) bezogen auf die Stadt Osnabrück wegen des dortigen höheren Anteils an Leistungsbeziehern (12 %) und des geringeren Anteils an Mietwohnungen (67%) bezogen auf einen Zweipersonenhaushalt (Mieterquote 60,3 %; Anteil an SGB II-Leistungsbeziehern 12,2 % ein 37,9 %-Perzentil und hierauf fußend eine Grundmiete von 5,45 €/m². Bei Hinzurechnung eines „Sicherheitszuschlags“ wegen der möglicherweise nicht in den mit der Vermietungsmarkterhebung erfassten Angeboten enthaltenen Wohnungen des unzumutbaren untersten Standards sei ein 39,9 %-Perzentil zugrunde zu legen. Zuzüglich der aus der Vermietungsmarkterhebung und anderen Erkenntnisquellen abzuleitenden Nebenkosten von 1,30 €/m² ergebe sich nach alledem für eine Wohnung mit einer Wohnfläche bis 60 m² eine angemessene Bruttokaltmiete von 405 € (6,75 €/m²).

Bezüglich der seiner Ansicht nach noch im Rahmen der Ermittlung des abstrakten Richtwertes zu prüfenden ausreichenden Verfügbarkeit von Wohnungen zu der o.g. maximalen Bruttokaltmiete hat der Sachverständige im Weiteren eine an einem Urteil des BSG vom 18. November 2014 (- B 4 AS 9/14 R - [Dresden]) orientierte Berechnung unter Berücksichtigung der Nachfrage aufgrund von Kostensenkungsaufforderungen und hierauf fußender Bildung eines Rechenalgorithmus‘ vorgenommen. Er hat hierbei die Nachfrage durch Umzüge von Leistungsbeziehern pauschal durch die empirische Fluktuationsquote ersetzt und diese zusammen mit der Vermietungsbereitschaft an Transferleistungsempfänger für Typgemeinschaften aus dem Mikrozensus ermittelt. Ergebnis sei ein Perzentilwert unter Berücksichtigung der standortspezifischen Verfügbarkeit. Der Algorithmus berücksichtige, dass pro Monat 109 Bedarfs- und Einstandsgemeinschaften regulär umzögen. Auf der Angebotsseite gebe es 563 Transaktionen von Mietwohnungen pro Monat. Durch die Berücksichtigung der Tatsache, dass es mehr Angebote als Transaktionen gebe, erhöhe sich dieser auf 689 Wohnungen. Die 4.433 Wohnungen der Annoncensammlung der Stadtverwaltung würden nun flächengrößenspezifisch so gewichtet, dass sie die 689 Angebote pro Monat preislich repräsentativ beschrieben. Wegen der (durch die Studierenden) relativ hohen Nachfragekonkurrenz stehe jedoch in Osnabrück Leistungsbeziehern nur ein kleinerer Teil der Wohnungen zur Verfügung (in Abhängigkeit vom Preis ca. 20 %), sodass sich bei der Verfügbarkeitsanalyse relativ hohe Werte ergäben. Für Zweipersonenhaushalte ergebe sich nach alledem als abstrakter Richtwert eine aufzuwendende Bruttokaltmiete von 462 € (7,70 €/m²), was einem Perzentilwert von 85-90 % entspreche. Dies liege daran, dass zum einen Osnabrück aktuell eine niedrige Leerstandsquote habe und zum anderen Wohnungsmarktdetails wie z.B. die Existenz von Sozialwohnungen nicht eingeflossen seien, sodass sich bei genauerer Betrachtung auch ein niedrigeres Ergebnis ergeben könne. Außerdem sei die absolute Menge der Kleinwohnungen in Osnabrück für eine Universitätsstadt relativ gering.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten erwiesen, die dem Gericht vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Das vom Beklagten form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) als Nichtzulassungsbeschwerde eingelegte Rechtsmittel ist nach Zulassung durch den Senat als Berufung zulässig (§ 143 SGG). Diese ist jedoch nur zum Teil begründet.

Der Kläger hat gegen den Beklagten für den streitgegenständlichen Zeitraum der Monate Juli bis Oktober 2011 einen Anspruch auf Zahlung höherer Leistungen für KdU in Höhe von zusätzlich monatlich 9 €, mithin insgesamt 36 €. Das Urteil des SG vom 18. Februar 2014 sowie der Bescheid des Beklagten vom 9. Juni 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Juni 2011 waren insofern abzuändern und der Beklagte zu einer entsprechend verringerten zusätzlichen Zahlung zu verurteilen.

Nachdem der Kläger seine zulässige kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG) mit dem erstinstanzlich in der mündlichen Verhandlung gestellten Klageantrag auf einen sich ausschließlich auf zusätzliche Leistungen nach dem SGB II für KdU i.H.v. 54,50 € beziehendes Begehren beschränkt hat, ist nur hierüber und nicht über mit den streitgegenständlichen Bescheiden ebenfalls zuerkannten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach § 19 SGB II (Arbeitslosengeld II) zu befinden. Zwar sind nach der Rechtsprechung des BSG bei einem Streit um höhere Leistungen grundsätzlich alle Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde und der Höhe nach zu prüfen (BSG SozR 4-4300 § 428 Nr. 3 Rn. 16; BSG, Urteil vom 16. Mai 2007 - B 11b AS 29/06 R = juris Rn. 18; Urteil vom 5. September 2007 - B 11b AS 49/06 R = SozR 4-4200 § 11 Nr. 7 Rn. 19). Ein Bescheid kann im Einzelfall jedoch gleichwohl mehrere abtrennbare Verfügungen enthalten. Um eine derartige abtrennbare Verfügung handelt es sich bei dem in dem streitgegenständlichen Bescheid vom 9. Juni 2011 ausgewiesenen Betrag von 216,33 €, der dem Kläger für die ihm in den Monaten Juli bis Oktober 2011 entstandenen Kosten für Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II bewilligt worden ist (vgl. hierzu im Einzelnen BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 8/06 R, BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 1, Rn. 19, 22; s.a. BSG, Urteil vom 27. Februar 2008 - B 14/11b AS 55/06 R = SozR 4-4200 § 22 Nr. 9). An der prozessual zulässigen Abtrennbarkeit dieser Leistungen hat sich durch die Neufassung des § 19 Abs. 1 SGB II durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24. März 2011 (BGBl. I 453; insofern in Kraft getreten zum 1. Januar 2011 - RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG -) auch für Verfahren über Bewilligungsabschnitte nach dem 1. Januar 2011 nichts geändert (vgl. Thüringer LSG, Urteil vom 8. Juli 2015 – L 4 AS 718/14 – unter Hinweis auf BSG, Urteile vom 4. Juni 2014 - B 14 AS 42/13 R, Rn. 10 ff. und vom 28. Oktober 2014 - B 14 AS 65/13 R, Rn. 8, juris).

Der im Jahre 1947 geborene Kläger war im streitigen Zeitraum Leistungsberechtigter i. S. des § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 4 SGB II. Er hatte das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht. Er hatte des Weiteren seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland und war erwerbsfähig. Da er seinen Bedarf unstreitig nicht aus eigenem Einkommen und Vermögen decken konnte, war er auch hilfebedürftig i.S. von § 9 Abs. 1 SGB II.

Die streitgegenständlichen Bedarfe für Unterkunft und Heizung sind nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anzuerkennen, soweit diese angemessen sind. Erfasst sind alle Zahlungsverpflichtungen des Klägers, die sich aus dem Mietvertrag für die Unterkunft ergeben (BSG SozR 4-4200 § 22 Nr. 20 Rn. 20, m.w.N.) und von denen der Kläger neben seiner Ehefrau die Hälfte zu tragen hat. Dazu zählen neben der geschuldeten Nettokaltmiete (332 €) die monatlichen Vorauszahlungen für die "kalten" Betriebskosten (91,33 €). Zwischen den Beteiligten nicht in Streit stehen vorliegend die Heizkosten, die dem Kläger und seiner Ehefrau (dieser durch den Träger der Leistungen nach dem SGB XII) im streitgegenständlichen Zeitraum in voller Höhe der an den Energieversorger zu zahlenden Abschlagsbeträge (monatlich 45,66 €) gewährt wurden.

Nicht zu berücksichtigen ist hinsichtlich der kalten und der warmen Betriebskosten die dem Kläger und seiner Ehefrau erst mit Abrechnung der Hausverwaltung vom 19. Oktober 2012 abverlangte Nachzahlung für die von den gezahlten Abschlagsbeträgen nicht gedeckten Nebenkosten in dem streitgegenständlichen Zeitraum im Jahr 2011. Bei nachträglicher Abrechnung von Betriebskosten, zu deren Nachzahlung Leistungsempfänger erst nach Abschluss eines Bewilligungszeitraumes aufgefordert werden, handelt es sich nicht um die von Leistungen nach § 22 SGB II für diesen Bewilligungszeitraum umfassten tatsächlichen Aufwendungen (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 22. April 2015 - L 13 AS 11/12). Diese führen vielmehr erst zum Zeitpunkt ihrer Fälligkeit zu einem Hilfebedarf, d.h. im November 2012. Zu diesem Zeitpunkt bezog der Kläger bei dem Beklagten bereits (wegen Eintritt in das Rentenalter) keine SGB II-Leistungen mehr.

Die von dem Kläger und seiner Ehefrau für die Bruttokaltmiete aufzubringenden Unterkunftskosten waren in dem streitbefangenen Zeitraum von Juli bis Oktober 2011 nicht bereits deswegen zu übernehmen, weil dem angefochtenen Bescheid vom 9. Juni 2011 eine Kostensenkungsaufforderung nicht unmittelbar vorausgegangen war. Nach der Rechtsprechung des BSG bedarf es einer erneuten Kostensenkungsaufforderung nicht, wenn bereits früher eine Kostensenkungsaufforderung ergangen ist und dem Leistungsempfänger hieraus der vom Grundsicherungsträger zugrunde gelegte angemessene Mietpreis bekannt war (Urteil vom 6. April 2011 - B 4 AS 119/10 R - Rn. 39). Dabei kann im Rahmen einer bestehenden Bedarfsgemeinschaft - wie hier zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau - typisierend davon ausgegangen werden, dass ein Mitglied entsprechende Informationen an die anderen Mitglieder weitergibt (vgl. BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 7b 10/06 R - Rn. 30). Aktenkundig ist vorliegend diesbezüglich eine an die Ehefrau des Klägers gerichtete Kostensenkungsaufforderung vom 5. Dezember 2006 (Bl. 39 d, Verwaltungsakte). Selbst wenn diese der Ehefrau des Klägers - wie erstinstanzlich behauptet - nicht zugegangen sein sollte, konnten die Eheleute dem Bewilligungsbescheid vom 3. Juli 2007 entnehmen, dass für ihre Bedarfsgemeinschaft ab dem 1. Juni 2007 nur noch abgesenkte Unterkunftskosten berücksichtigt wurden. Ferner lehnte der Beklagte die Übernahme einer Nebenkostennachzahlung (an den Kläger adressierte Abrechnung der Hausverwaltung T. vom 14. November 2007) mit Bescheid vom 28. November 2007 mit der Begründung ab, dass die Wohnung unangemessen teuer sei. Die Ehefrau des Klägers beantragte sodann im September 2008 bei der Stadt Osnabrück Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII. Aus der im Rahmen dieses Antrags vorgelegten Mietbescheinigung vom 29. September 2008 ergab sich eine Bruttowarmmiete von 430 € (332 € Grundmiete und 98 € Nebenkosten, davon 1/3 Heizkosten = 32,66 €). Anerkannt wurden in den Berechnungsbögen zum Bewilligungsbescheid vom 29. Oktober 2008 lediglich Mietkosten in Höhe von 365 € und Heizkosten von 32,66 € (abzüglich Warmwasser). Auch die nachfolgenden Bewilligungsbescheide enthielten Kürzungen hinsichtlich der Mietkosten; u. a. der vor dem Leistungsantrag des Klägers nach dem SGB II vom 31. März 2011 erteilte Änderungsbescheid vom 30. September 2010, in dem für das Jahr 2011 eine Mietobergrenze von 382 € zugrunde gelegt wurde. Eine nochmalige Information seitens des Beklagten über die maßgebliche Mietobergrenze war mithin nicht erforderlich.

Die Angemessenheit von KdU ist getrennt von den Kosten der Heizung (vgl. BSG SozR 4-4200 § 22 Nr. 23 und 81) unter Zugrundelegung der sog Produkttheorie in einem mehrstufigen Verfahren zu betrachten. In einem ersten Schritt ist zu überprüfen, ob die tatsächlichen Kosten des Leistungsberechtigten für seine Unterkunft abstrakt angemessen sind, d.h. ob die Kosten dem entsprechen, was für eine nach abstrakten Kriterien als angemessen geltende Wohnung auf dem maßgeblichen Wohnungsmarkt aufzubringen ist (abstrakte Angemessenheitsprüfung). Die abstrakte Angemessenheit von Unterkunftskosten, die sich in der abstrakt angemessenen Referenzmiete ausdrückt, ist ihrerseits in mehreren Schritten zu bestimmen. Zunächst ist die abstrakt angemessene Wohnungsgröße und der Wohnungsstandard zu bestimmen und festzulegen (a). Sodann ist zu prüfen, ob die im zu entscheidenden Fall angemietete Wohnung dem Produkt aus angemessener Wohnfläche und Standard entspricht, der sich in der Wohnungsmiete niederschlägt. Vergleichsmaßstab sind insoweit die räumlichen Gegebenheiten am Wohnort des Leistungsberechtigten, wobei die örtlichen Gegebenheiten auf dem Wohnungsmarkt zu ermitteln und zu berücksichtigen sind (b). Die sodann zu prüfende "Angemessenheit" (c) unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff der uneingeschränkten richterlichen Kontrolle (vgl. BSG, Urteil vom 13. April 2011 - B 14 AS 32/09 R, Rn. 11, juris). Im Streitfall ist das der Bestimmung der Kosten zu Grunde liegende Konzept damit von den Gerichten in vollem Umfang zu überprüfen und ggf. ein solches Konzept durch eigene Ermittlungen zu ergänzen.

Übersteigen die tatsächlich aufzubringenden Wohnkosten die abstrakt ermittelte Referenzmiete, ist zu überprüfen, ob eine Wohnung, die den abstrakten Kriterien entspricht, für den Leistungsberechtigten auf dem Mietmarkt tatsächlich verfügbar und konkret anmietbar ist, es ihm also konkret möglich ist, die Kosten für die Unterkunft auf das abstrakt angemessene Maß zu senken. Dieser Prüfungsschritt ist in § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II vorgegeben, wonach die abstrakt unangemessenen Kosten solange (regelmäßig für längstens sechs Monate) zu übernehmen sind, wie dem Leistungsberechtigten die Senkung der Kosten unmöglich oder unzumutbar ist (konkrete Angemessenheit).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die dem Kläger seitens des Beklagten auf der Grundlage der Osnabrücker Vermietungsmarkterhebung 2005-2010 für die Monate Juli bis Oktober 2011 kopfteilig zuerkannte Bruttokaltmiete von 195,50 € als nicht angemessen zu betrachten. Ihm steht vielmehr ein Rechtsanspruch auf einen zusätzlichen Betrag i.H.v. monatlich 9 € zu.

(a) Das SG hat in dem der vorliegenden Berufung angefochtenen Urteil unter Zugrundelegung der niedersächsischen Wohnraumförderbestimmungen zunächst zutreffend ausgeführt, dass in der Stadt Osnabrück für Zweipersonenhaushalte von einer angemessenen Wohnungsgröße von 60 m² auszugehen ist. Bei der Bestimmung der angemessenen Wohnfläche ist auf die anerkannte Wohnraumgröße für Wohnberechtigte im sozialen Mietwohnungsbau abzustellen (BSG SozR 4-4200 § 22 Nr. 3, Rn. 19). Hinsichtlich der Überlassung von gefördertem Mietwohnungsraum gilt § 27 Abs. 1 bis 5 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung (Wohnraumförderungsgesetz - WoFG -) vom 13. September 2001 (BGBI I 2376) i.V.m § 5 Wohnungsbindungsgesetz (WoBindG) in der im streitigen Zeitraum geltenden Fassung (n.F.). Wegen der maßgeblichen Wohnungsgröße verweist § 27 Abs. 4 WoFG (als Nachfolgeregelung zu § 5 Abs. 2 WoBindG a.F.) auf die nach § 10 WoFG von den Ländern festgelegten Wohnungsgrößen. Nach Abschnitt A 11. 2 der Richtlinie über die Soziale Wohnraumförderung in Niedersachsen (Wohnraumförderungsbestimmungen – WFB –, Haushaltsgröße und Wohnfläche, Seite 4), (Nds. MBl. 2000 Nr.27, S. 580), in der durch Verwaltungsvorschrift vom 1. August 2008 geänderten Fassung (Nds. MBl. 2008 Nr. 32, S. 862) galt bei Mietwohnungen für zwei Haushaltsmitglieder im Jahre 2011 eine Wohnfläche bis 60 m² als angemessen.

(b) Zutreffend hat der Beklagte im Rahmen seiner Vermietungsmarkterhebung bei der Bestimmung der angemessenen KdU als maßgeblichen Vergleichsraum das gesamte Stadtgebiet von Osnabrück herangezogen. Ausgangspunkt für die Bestimmung des Vergleichsraumes ist zunächst der Wohnort des Hilfebedürftigen. Nach der Rechtsprechung des BSG muss es sich bei dem Vergleichsraum im Übrigen um einen ausreichend großen Raum der Wohnbebauung handeln, der auf Grund seiner räumlichen Nähe, seiner Infrastruktur und insbesondere seiner verkehrstechnischen Verbundenheit einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bildet. Hiervon kann vorliegend ohne weiteres ausgegangen werden. Eine Beschränkung auf bestimmte Bezirke (oder Ortsteile) mit besonders verdichteter Bebauung, die im Regelfall wegen des dort vorhandenen, vorwiegend günstigen Wohnraumes das Risiko einer Ghettoisierung in sich birgt, hat nicht stattgefunden. Die Gefahr einer zu vermeidenden Segregation („Ghettoisierung“, BSG, - B 14 AS 50/10 R -, Rn. 28), der entweder durch räumlich ausreichend differenzierte Richtwerte oder durch eine allgemein höhere Angemessenheitsgrenze entgegen gewirkt werden kann, stellt sich ausweislich der nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen Q. in seinem Gutachten vom 6. Mai 2013 angesichts der Größe der Stadt Osnabrück mit 163.000 Einwohnern und der Tatsache, dass es hier keinen räumlich abgegrenzten Bereich von niedrigpreisigen Wohnsiedlungen (wie z.B. Plattenbausiedlungen) gibt, nicht (so bereits das BSG in seinem das Stadtgebiet Osnabrück betreffenden Urteil vom 18. Juni 2009 (B 14/7b AS 44/06, juris, Rn. 14).

(c) Ausgehend von dem gesamten Stadtgebiet Osnabrück als dem räumlichen Vergleichsmaßstab ist sodann für den streitgegenständlichen Zeitraum der den Wohnungsstandard widerspiegelnde, angemessene Quadratmeterpreis (die Angemessenheitsgrenze) zu bestimmen. Zu Grunde zu legen ist hierbei ein einfacher, im unteren Marktsegment liegender Standard (BSG SozR 4-4200 § 22 Nr. 2, Rn. 24); die Wohnung muss hinsichtlich ihrer Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügen, ohne gehobenen Wohnstandard aufzuweisen (BSG SozR 4-4200 § 22 Nr. 3 Rn. 20). Von vornherein nicht zu dem den Vergleichsmaßstab bildenden Wohnungsbestand gehören Wohnungen, die nicht dem einfachen, sondern den untersten Standard abbilden (BSG, SozR 4-4200 § 22 Nr. 81). Wohnungen des untersten Marktniveaus müssen bei der Bildung eines grundsicherungsrelevanten Mietwertes - unabhängig davon, ob sich in einem Mietsegment überhaupt eine nennenswerte Zahl an derartigen Wohnungen findet - grundsätzlich unberücksichtigt bleiben, da Hilfebedürftige bei der Wohnungssuche grundsätzlich nicht hierauf verwiesen werden dürfen (BSG, Urteile vom 19. Oktober 2010 - B 14 AS 65/09 R - juris Rn. 31,  und vom 10. September 2013, a.a.O; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 29. April 2015 - L 7 AS 330/13; Thüringer LSG, Urteil vom 8. Juli 2015, a.a.O.). Die festgestellte angemessene Referenzmiete bzw. die Mietobergrenze muss so gewählt werden, dass es dem Hilfebedürftigen möglich ist, im konkreten Vergleichsraum eine "angemessene" Wohnung anzumieten. Die Mietobergrenze ist auf Grundlage eines diese Vorgaben beachtenden schlüssigen Konzepts zu ermitteln (vgl. BSG, Urteil vom 18. Juni 2008 - B 14/7b AS 44/06 R -). Weil dieses vorrangig der Grundsicherungsträger vorzulegen hat, muss es bereits im Zeitpunkt der Verwaltungsentscheidung vorliegen. Da es im Rahmen der Angemessenheitsprüfung in der Folge gerichtlich voll überprüfbar ist, sind Ausgangsdaten allerdings zu korrigieren, soweit sich in Verwaltungs- und Gerichtsverfahren herausstellt, dass es zu nicht vorhersehbaren Preissprüngen gekommen ist (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 14 AS 2/10 R - [Berlin]).

Das schlüssige Konzept soll die hinreichende Gewähr dafür bieten, dass die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Mietwohnungsmarktes wiedergegeben werden (vgl. BSG, Urteil vom 18. Juni 2008 - B 14/7b AS 44/06 R = FEVS 60, 145, 149; vgl. auch BSG, Urteil vom 19. März 2008 - B 11b AS 41/06 R = SozR 4-4200 § 22 Nr. 7 Rn. 23). Dabei muss der Grundsicherungsträger nicht zwingend auf einen einfachen oder qualifizierten Mietspiegel i.S. der §§ 558c und 558d BGB abstellen (vgl. BSG, Urteile vom 7. November 2006 - B 7b AS 18/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr. 3 und vom 18. Juni 2008 - a.a.O, Rn. 7). Entscheidend ist vielmehr, dass den Feststellungen des Grundsicherungsträgers ein Konzept zu Grunde liegt, dieses im Interesse der Überprüfbarkeit des Ergebnisses schlüssig und damit die Begrenzung der tatsächlichen Unterkunftskosten auf ein "angemessenes Maß" hinreichend nachvollziehbar ist (BSG, Urteil vom 22. September 2009 – B 4 AS 18/09 - , SozR 4-4200 § 22 Nr. 30– [Wilhelmshaven]).

Nach der Rechtsprechung des BSG erfordert ein Konzept zur Ermittlung der angemessenen Bruttokaltmiete ein planmäßiges Vorgehen im Sinne einer systematischen Ermittlung und Bewertung genereller, wenn auch orts- und zeitbedingter Tatsachen für sämtliche Anwendungsfälle im maßgeblichen Raum (BSG, Urteil vom 22. September 2009, a.a.O., Rn. 19). Von der Schlüssigkeit eines Konzepts ist auszugehen, sofern es die folgenden Mindestvoraussetzungen erfüllt (vgl. BSG, Urteil vom 10. September 2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr. 70 Rn. 28 m.w.N; zuletzt Urteil vom 16. Juni 2015 - B 4 AS 44/14 R -): Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen. Es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung (Art von Wohnungen, Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete/Vergleichbarkeit, Differenzierung nach Wohnungsgröße) sowie hinreichender Angaben über den Beobachtungszeitraum und der Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, z.B. Mietspiegel). Die einbezogenen Daten müssen insbesondere von ihrem Umfang her repräsentativ und die Datenerhebung muss valide sein. Schließlich bedarf es der Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung und hinreichender Angaben über die gezogenen Schlüsse (z. B. Spannenoberwert oder Kappungsgrenze). Ein schlüssiges Konzept kann sowohl auf Wohnungen aus dem Gesamtwohnungsbestand (einfacher, mittlerer, gehobener Standard) als auch auf Wohnungen nur einfachen Standards abstellen. Legt der Grundsicherungsträger seiner Datenerhebung nur die Wohnungen des sog. einfachen Standards zu Grunde, muss er nachvollziehbar offen legen, nach welchen Gesichtspunkten er dabei die Auswahl getroffen hat. In diesem Fall ist als Angemessenheitsgrenze der Spannenoberwert, d.h. der obere Wert der ermittelten Mietpreisspanne zu Grunde zu legen. Bei alledem ist mit hinreichender Sicherheit zu gewährleisten, dass in jedem Segment des Wohnungsmarktes - insbesondere in dem für SGB II-Leistungsbezieher maßgeblichen unteren Bereich - eine genügende Anzahl von Wohnungen zu dem abstrakt angemessenen Preis vorhanden ist (BSG, Urteile vom 20. Dezember 2011 - B 14 AS 19/11 -, juris, Rn. 26 und vom 19. Oktober 2010 - B 50/10 R -, juris Rn. 32).

Das SG hat in seinem Urteil vom 18. Februar 2014 zunächst zutreffend dargelegt, dass die von dem Beklagten vorliegend als Grundlage für seine Festlegung der angemessenen Unterkunftskosten in Osnabrück herangezogene Vermietungsmarkterhebung 2005 bis 2010, die sich ersichtlich nicht auf Wohnungen nur des unteren Wohnungsmarktsegments beschränkte, den o.g. Anforderungen des BSG an ein schlüssiges Konzept nicht vollständig genügt.

Die Erhebung unterliegt allerdings nicht bereits deswegen rechtlichen Bedenken, da sie ausschließlich auf den aus öffentlich zugänglichen Annoncen ermittelten Mieten für von den Vermietern in der Stadt Osnabrück angebotene Wohnungen basiert und insbesondere die sog. Bestandsmieten weder selbst ermittelt hat noch diesbezüglich auf andere Quellen wie z.B. den einfachen Osnabrücker Mietspiegel zurückgegriffen hat. Eine solche Verfahrensweise ist von der den Grundsicherungsträgern seitens der Rechtsprechung des BSG eingeräumten Methodenfreiheit (vgl. BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010, a.a.O) gedeckt und erscheint auch dem Senat durchaus zielführend. Sie trägt am ehesten dem Umstand Rechnung, dass sich auch die vom Leistungsträger mit einer Kostensenkungsaufforderung konfrontierten Leistungsbezieher im Rahmen einer Wohnungssuche stets an den aktuellen Marktpreisen zu orientieren haben.

Soweit das BSG in seinem Urteil vom 19. Februar 2009 (- B 4 AS 30/08 R -, juris Rn. 24) ausgeführt hat, dass bei der Datenerhebung zur Ermittlung der abstrakt angemessenen Mietkosten nicht nur auf die tatsächlich am Markt angebotenen Wohnungen, sondern auch auf vermietete Wohnungen abzustellen „ist“ (dahingehend auch Thüringer LSG, Urteil vom 8. Juli 2015 - L 14 AS 718/14 -), so kommt hierin unabhängig davon, ob das BSG an dieser Rechtsprechung noch festhält – in seinem Urteil vom 18. November 2014 (B 4 AS 9/14 R, juris Rn. 14) ist bezüglich der Konkretisierung der Angemessenheitsgrenze von entwicklungsoffenen Grundsätzen bzw. Prüfungsmaßstäben die Rede -, lediglich das Erfordernis der über eine bloße Sichtung und Verarbeitung von publizierten Wohnungsangeboten hinaus gehenden allumfänglichen Erfassung des örtlichen Wohnungsmarktes zum Ausdruck, nicht hingegen eine Einengung der neben den Angebotsmieten zu erhebenden Daten des lokalen Wohnungsmarktes auf die tatsächlichen Mietkosten für bereits vermietete Wohnungen.

Der Sachverständige hat diesbezüglich in seinen vom Senat eingeholten gutachterlichen Äußerungen außerdem nachvollziehbar dargelegt, dass die Nichterfassung der Bestandsmieten auf dem Gebiet der Stadt Osnabrück vorliegend wegen des stetig ansteigenden Mietniveaus (für eine 60 bis 80 m³ große Wohnung 1966-1971: 5,10 €/m³, 2011/12: 5,22 €/m³; 2015: 5,61 €/m³) zu einer den Leistungsempfängern zu Gute kommenden höheren angemessenen Bruttokaltmiete führt. Es steht dem Beklagten als örtlichen Träger der Leistungen nach § 22 SGB II insofern im Rahmen der ihm zustehenden Methodenfreiheit offen, zur Begrenzung der ihm im Zusammenhang mit der Erstellung eines schlüssigen Konzeptes entstehenden Verwaltungskosten auf aufwändige Ermittlungen der Bestandsmieten, die zur Überzeugung des Senats mit Sicherheit zu niedrigeren angemessenen Unterkunftskosten führte, zu verzichten.

Zweifel an der Aussagekraft der Osnabrücker Vermietungsmarkterhebung wegen der nicht einbezogenen Ermittlung der Neuvertragsmieten, die von Leistungsempfängern wie dem Kläger im Falle der Notwendigkeit der Anmietung einer neuen Wohnung auf dem freien Markt tatsächlich aufzubringen wären und die somit von nicht unerheblicher Relevanz sind, hat der Sachverständige mit dem schlüssigen Argument entkräftet, dass die seitens des Beklagten ermittelten, auf den annoncierten Markt begrenzten Angebotsmieten den Neuvertragsmieten in einem Maße angenähert sind, das mehr als nur unerhebliche Differenzen nicht erwarten lässt (Gutachten vom 12. Juni 2015, S. 5 f). Die aktuellen Verhältnisse am Immobilienmarkt beinhalten seinen nachvollziehbaren Ausführungen zufolge auch das Preisniveau von Neuvertragsmieten, die ihrerseits als Teilmenge aller Bestandmieten interpretiert werden können und im Segment der einfachen Wohnungen nur einen geringen Unterscheid zu den Angebotsmieten aufweisen.

Die in die Vermietungsmarkterhebung einbezogenen Daten sind auch hinreichend repräsentativ. Plausibel hat der Sachverständige insofern ausgeführt, die seitens des Beklagten durchgeführte Datenerhebung lasse angesichts der in Osnabrück unter Berücksichtigung der Zahlen des Mikrozensus 2006 bei einer Wohnungseigentumsquote von ca. 30 % anzunehmenden Anzahl von höchstens 60.000 Mietwohnungen hinreichend valide Auswertungen zu. Die erhobenen Fallzahlen seien ausreichend. Festzustellen sei zwar, dass nur ein größerer Teil des Marktes erhoben worden sei. Bei 56.000 Mietwohnungen und 12 % Fluktuation seien pro Jahr 6.720 Annoncen zu erwarten, die Datenbank erfasse pro Jahr ca. 4.000 davon. Dies sei jedoch eine übliche Quote bei Angebotsmieten (Gutachten vom 12. Juni 2015, S. 5). Des Weiteren habe die Stadt Osnabrück im Laufe der Zeit auch Wohnungsangebote mit Makler und Luxusmerkmalen in die Vermietungsmarkterhebung integriert. Auch wenn letztere sich nicht in einem angemessenen Preisniveau bewegten, sorgten sie dafür, dass das maßgebliche Perzentil (mehr hierzu s.u.) der angemessenen Wohnungen sich auf den gesamten Markt beziehe. Schließlich seien in die Erhebung auch zu vermietende Wohnungen einbezogen worden, die von Wohnungsunternehmen nicht inseriert, sondern nach Warteliste vergeben worden seien.

Die Begrenzung des erhobenen Datenbestands auf den annoncierten Markt unter Verzicht auf eine Primärerhebung trägt nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen dem Umstand Rechnung, dass auch Leistungsempfänger auf diesen Markt angewiesen sind. Die Nichteinbeziehung von „unter der Hand“ vergebenen Wohnungen, die in der Regel billiger seien als annoncierte Wohnungen, wirke sich nicht zu Ungunsten der Leistungsbezieher aus. Erfahrungsgemäß würden zum einen hochpreisige Wohnungen eher inseriert und niedrigpreisige unter der Hand vergeben. Damit lägen Angebotsmieten im Mittel preislich noch über der Erhebung von Neuvertragsmieten. Zum anderen sei davon auszugehen, dass die Wohnungen der Wohnungsunternehmen komplett in die Datenerhebung eingegangen und die Ausfälle ausschließlich im Privatvermietersegment aufgetreten sind. Der in der Vermietungsmarkthebung enthaltene Anteil der (ehemals) gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaften entspreche annähernd dem sich aus dem Zensus ergebenden Anteil. Soweit 7,6 % der ermittelten Angebotsmieten den beiden wichtigsten gemeinnützigen Wohnungsunternehmen (U. und V.) zuzuordnen seien, weiche dieser Anteil nur unwesentlich von dem sich aus dem Zensus ergebenden Prozentsatz (8,2 %) ab und führe nicht zu einer verzerrenden Überrepräsentanz. Eine Umgewichtung müsse daher nicht vorgenommen werden. Hinzu komme, dass die Mietwohnungsangebote der gemeinnützigen Wohnungsunternehmen nicht viel billiger seien als der Rest des annoncierten Wohnungsmarktes.

Einer Nachbesserung im Sinne einer Berichtigung des Perzentils kostenangemessener Wohnungen zugänglich ist die aus der Vermietungsmarkterhebung nicht ersichtliche Anzahl von Wohnungen, der in dem Wohnungsbestand, der überhaupt für die Bestimmung einer Vergleichsmiete abzubilden ist, nicht einbezogen werden darf (vgl. BSG, Urteil vom 10. September 2013, a.a.O., m.w.N.). Zwar hat der 7. Senat des LSG Niedersachsen-Bremen in einer Entscheidung (Urteil vom 29. April 2014 - L 7 AS 330/13 - [Stadt W.]) unter Verweis auf die hierzu einschlägige Rechtsprechung des BSG die Auffassung vertreten, die repräsentative Erfassung des gesamten Wohnungsmarktes setze voraus, dass u.a. nach Lage und Ausstattungsmerkmalen differenziert wurde und alle das Produkt „Mietpreis“ bestimmenden Faktoren in die Auswertung einbezogen worden sein müssen. Es genüge daher nicht, indirekt den einfachen Wohnungsstandard erst im Ergebnis über den Quadratmeterpreis bestimmen zu wollen, sondern stets sei sicherzustellen, dass eine Durchmischung der Datensätze mit Mietwohnungen aus verschiedenen Wohnlagen erfolgt sei. Der Sachverständige hat insofern für das vorliegende Verfahren festgestellt, der Vermietungsmarkterhebung der Stadt Osnabrück sei nicht zu entnehmen, dass zwecks Aussonderung von Wohnungen des unzumutbaren untersten Standards alle qualitativen Merkmale des Marktes erfasst wurden, insofern seien „formal“ die Anforderungen an die Repräsentativität nicht erfüllt.

Im Weiteren hat der Sachverständige jedoch plausibel dargelegt, dass eine Schichtung der Erhebung nach Qualität und einer an disproportionalen Rückläufen ausgerichteten Gewichtung auch anhand einer Primärerhebung, wie z. B. in Form des keine Mengenangaben enthaltenden und schon aufgrund seiner Datenquellen nicht repräsentativen Osnabrücker Mietspiegels, nicht möglich sei. Eine Kontrolle derartiger Erhebungen sei vielmehr nur mittels einer externen, übergeordneten Datenquelle möglich, die es in Form eines Zensus nur für wenige Wohnwertmerkmale (z.B. fehlende Toiletten und Baualtersklassen) gebe. Beim Wohnungsstandard gebe es jedoch keine derartigen Datenquellen, sodass eine Prüfungsmöglichkeit dieses Wohnwertmerkmals und mithin eine statistische Qualitätssicherung nach keiner Methode eröffnet werde. Dies sei aber für das Marktmerkmal des untersten Wohnstandards auch nicht erheblich, da laut Zensus lediglich 1 bis 2 % der deutschen Mietwohnungen (2,1 % der Wohnungen in Osnabrück) mehr als nur vorübergehend abstrakt unzumutbar seien (sog. Substandard). Der nach den obigen Ausführungen nur bedingt validen und jedenfalls für den streitgegenständlichen Zeitraum nicht mehr nachholbaren Erfassung von Daten der Wohnungen untersten Standards kann unabhängig davon, ob diese überhaupt auf dem Wohnungsmarkt der Stadt Osnabrück angeboten werden, jedenfalls mit einer Erhöhung des anzuwendenden Perzentils um 2 Prozentpunkte Rechnung getragen werden. Diese Vorgehensweise steht in Einklang mit der aktuellen Rechtsprechung des BSG. Hiernach gibt es kein „verfahrensrechtliches Erfordernis“, sämtliche Wohnwertmerkmale regelmäßig und unabhängig von der Art des schlüssigen Konzepts in einem vorgeschalteten Schritt abschließend zu definieren. Es reicht vielmehr aus, „wenn die dem Ausschluss von Wohnungen des untersten Standards dienenden Vorgaben (Ausstattung, Lage und Bausubstanz) im Ergebnis beachtet worden sind“ (BSG, Urteil vom 18. November 2014 [Dresden], juris Rn. 19). Dies ist vorliegend durch die Erhöhung des Perzentils geschehen.

Hinsichtlich der bei der Festlegung des abstrakt angemessenen Mietpreises einzubeziehenden „kalten“ Betriebs- oder Nebenkosten legt der Senat den vom Sachverständigen in seinem Gutachten vom 12. Juni 2015 ermittelten, den Betrag der Vermietungsmarkterhebung von 1,27 €/m³ nur leicht überschreitenden Wert von 1,30 €/m³ zugrunde. Nachvollziehbar und plausibel hat der Sachverständige in seinem Gutachten vom 12. Juni 2015 (S. 7 f) dargelegt, dass die Erfassung von Nettokalt-, Bruttokalt- und Bruttowarmmieten in der Vermietungsmarkterhebung dem üblichen Standard entspreche und sogar recht ausführlich sei. Die Tatsache, dass annoncierte Grundmieten in Wahrheit teilweise Teilinklusivmieten sein dürften, führe dazu, dass die Grundmiete ebenso wie die kalten Nebenmieten tendenziell überschätzt werde. Soweit in vielen Fällen gar keine Nebenkosten angegeben worden seien, habe der Beklagte dem durch eine sog. Mittelwertimputation (Ersetzen fehlender Werte durch den Durchschnitt der bekannten Werte) hinreichend Rechnung getragen. Die Zahl der vorhandenen Werte sei noch hinreichend groß. Ein Vergleich der in der Vermietungsmarkterhebung aufgeführten Wohnungsangebote mit und ohne Angaben über Nebenkosten mit einem von der Stadt Osnabrück erstellten Datensatz über Wohnungen der am stärksten besetzten Wohnflächenklasse von 60-75 m² ergebe, dass die Nebenkosten bei institutionellen Vermietern höher seien. Dass in den Angeboten der privaten und der gewerblichen Vermieter (zu) hohe Nebenkosten imputiert worden seien, wirke sich zugunsten der Leistungsbezieher aus. Aus der errechneten leicht negativen Korrelation zwischen Grundmiete und kalten Nebenkosten ergebe sich dagegen zuungunsten der Leistungsbezieher, dass in billigeren Wohnungen tendenziell höhere Nebenkosten anfielen. Dies wirke sich jedoch nicht in erheblicher Weise aus. Soweit bei den in die Vermietungsmarkterhebung eingeflossenen Wohnungsangeboten keine Nebenkosten aufgeführt waren, hat der Sachverständige in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 16. Oktober 2015 (S. 3 f) auf der Basis der Vermietungsmarkterhebung und nach Auswertung der hierin eingeflossenen Daten in nicht zu beanstandender Weise eine eigene Mittelwertimputation vorgenommen und hierbei den bei institutionellen Vermietern regelmäßig höheren Nebenkosten (zugunsten der Leistungsbezieher) Rechnung getragen, indem er bei Angeboten von Privatvermietern als Marktsegment mit tendenziell niedrigeren Nebenkosten ohne Angaben von Nebenkosten (zu) hohe Nebenkosten imputiert hat. Der sich aus alledem ergebende Wert von 1,30 €/m² erscheint dem Senat valide.

Nicht mehr von einem schlüssigen Konzept getragen und insofern zu Unrecht hat allerdings der Beklagte bei der Berechnung der abstrakt angemessenen Wohnungsmiete lediglich die unteren 20 % des preislichen Segments des Osnabrücker Wohnungsmarktes zur Grundlage seiner Entscheidung über die Angemessenheit der KdU gemacht. Soweit der Sachverständige diesbezüglich zu Recht die Verwendung eines Perzentils von lediglich 20 % für die vorliegend zu bildende regionale Angemessenheitsgrenze in Frage gestellt hat - der Perzentilwert beschreibt den Anteil der als angemessen zu bewertenden Wohnungen – war die den besonderen Umständen des örtlichen Wohnungsmarktes nicht gerecht werdende Perzentilbildung des Beklagten einer Nachbesserung im Wege der nachträglichen Verwertung des der Vermietungsmarkterhebung zugrunde liegenden Datenmaterials und weiterer Erkenntnisquellen (u.a. dem Zensus) zugänglich, die den tatsächlichen Verhältnissen des örtlichen Wohnungsmarktes und der zu ihrer Berücksichtigung ergangenen Rechtsprechung des BSG hinreichend Rechnung trägt (zur diesbezüglichen Amtsermittlungspflicht der Tatsachengerichte der Sozialgerichtsbarkeit, wenn auswertbares Datenmaterial für den Vergleichsraum vorhanden ist vgl. BSG, Urteil vom 10. September 2013 – B 4 AS 77/12 R –, juris Rn. 25, SozR 4-4200 § 22 Nr. 70 m.w.N.). Den vom BSG in seinem die Stadt S. betreffenden Urteil vom 10. September 2013 (a.a.O.) bestätigten Grundsätzen entsprechend hat der Sachverständige unter Heranziehung der örtlichen Werte für die Mieterquote (60,3 %) sowie des Anteils der Bezieher von Leistungen nach dem SGB II in der Stadt Osnabrück (12 %) für den Senat nachvollziehbar und überzeugend einen Perzentilwert von 37,9 % für einen Zweipersonenhaushalt berechnet, woraus sich ein Wert für die Grundmiete von 5,43 €/m³ zuzüglich eines Betrages von 1,30 €/m³ für die Nebenkosten und – nach Hinzufügen weiterer 2 Perzentilpunkte als „Sicherheitszuschlag“ für die aus der Vermietungsmarkterhebung nicht ersichtlich werdenden Wohnungen des unzumutbaren unteren Standards (s.o.) insgesamt ein Spannenoberwert von 405 € ergibt.

Nicht zu folgen vermag der Senat jedoch den weiteren Feststellungen des Sachverständigen, soweit dieser im Rahmen der Ermittlung des abstrakten Richtwertes für angemessene Unterkunftskosten die ausreichende standortspezifischen Verfügbarkeit von Wohnungen zu der o.g. maximalen Bruttokaltmiete geprüft und in seiner an dem Urteil des BSG vom 18. November 2014 (- B 4 AS 9/14 R - [X.]) orientierten, komplexen Berechnung unter Berücksichtigung der durch Kostensenkungsaufforderungen hervorgerufenen Nachfrage von SGB II-Leistungsbeziehern an preisgünstigen Wohnungen mittels Bildung eines Algorithmus einen Perzentilwert von 85-90 mit einer hieraus folgenden angemessenen Bruttokaltmiete von 462 € (7,70 €/m²) vorgeschlagen hat. Soweit er hierbei die Nachfrage durch Umzüge von Leistungsbeziehern pauschal durch eine empirische Fluktuationsquote (pro Monat Umzüge von 109 Bedarfs- und Einstandsgemeinschaften bei hochgerechneten 689 Transaktionen von Mietwohnungen) ersetzt und diese zusammen mit der Vermietungsbereitschaft an Transferleistungsempfänger für Typgemeinschaften aus dem Mikrozensus ermittelt hat, erscheint dem Senat insbesondere die letztgenannten Rechengröße nicht hinreichend belastbar. Nicht überzeugt insbesondere die Annahme des Sachverständigen, dass Leistungsbeziehern in Osnabrück im Jahre 2011, bedingt durch eine niedrige Leerstandsquote und eine relativ hohe Nachfragekonkurrenz durch Studierende angebotsseitig nur ein kleinerer Teil der Wohnungen von ca. 20% tatsächlich zur Verfügung gestanden habe. Der Sachverständige räumt selbst ein, dass bei seiner Berechnung die Existenz von Sozialwohnungen nicht eingeflossen sei, sodass sich bei genauerer Betrachtung auch ein niedrigeres Ergebnis ergeben könne.

Die von dem Sachverständigen insoweit vorgeschlagene Vorgehensweise berücksichtigt zudem nicht hinreichend die dem Beklagten als Träger der Leistungen nach § 22 SGB II zuzugestehende Methodenfreiheit bei der Erstellung eines die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Mietwohnungsmarktes abbildenden schlüssigen Konzepts, das im vorliegenden Fall den Perzentilwert von - korrigiert - 39,9 % ohnehin schon auf die Angebotsmieten des lokalen Wohnungsmarktes bezieht und damit das Vorhandensein einer hinreichenden Anzahl von Wohnungen zu den danach als angemessen zu beurteilenden Kosten bereits sicherstellt (vgl. zu diesem Erfordernis als Voraussetzung für eine schlüssige Bestimmung der Angemessenheitsgrenze BSG, Urteile vom 19. Oktober 2010 - B 14 AS 50/10 R -, juris Rn. 32 und vom 20. Dezember 2011 - B 4 AS 19/11 -, juris Rn. 26), während es die Berücksichtigung der weitergehenden Verfügbarkeit solcher Wohnungen (im Sinne der unter Berücksichtigung der Nachfragekonkurrenz bestehenden Wahrnehmbarkeit konkreter Anmietungsgelegenheiten) einer individuellen Prüfung des zu entscheidenden Einzelfalls überlässt. Diese vom Beklagten gewählte Methodik hält sich in dem gesetzlichen Rahmen des § 22 SGB II, insbesondere desjenigen des Absatzes 1 Satz 3 dieser Vorschrift. Danach sind abstrakt unangemessene Unterkunftskosten so lange (regelmäßig für längstens sechs Monate) zu übernehmen, wie dem Leistungsberechtigten ihre Senkung unmöglich oder nicht zuzumuten ist (konkrete Angemessenheit). Einer Berücksichtigung der tatsächlichen Verfügbarkeit und konkreten Anmietbarkeit von Wohnungen durch einzelne Leistungsberechtigte auf dem ihnen zugänglichen Mietmarkt zu dem errechneten Spannoberwert bedarf es danach von Rechts wegen nur und erst dann, wenn die tatsächlich aufzubringenden Wohnkosten die abstrakt ermittelte Referenzmiete übersteigen (vgl. Luik in Eicher, SGB II, 3. Auflage 2013, § 22 Rn. 98). Erst auf Seiten der konkreten Angemessenheit zu berücksichtigen sind nicht nur gesundheitliche Einschränkungen und die familiäre Situation des Hilfebedürftigen, sondern auch die konkrete Angebotslage auf dem Wohnungsmarkt und die individuelle Zugänglichkeit von Mietangeboten für den Einzelnen (vgl. Breitkreuz in: Beck'scher Online-Kommentar Sozialrecht, Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, 39. Edition, Stand: 01.09.2015, § 22 Rn. 11).

Vorliegend übersteigt zwar die von dem Kläger und seiner Ehefrau im streitgegenständlichen Zeitraum aufzubringende Bruttokaltmiete (423,33 €) die nach den obigen Ausführungen für einen Zweipersonenhaushalt in Osnabrück als angemessen zu betrachtenden KdU (405 €) nicht unerheblich. Es fehlt jedoch sowohl an einem substantiierten Vortrag des Klägers als auch an anderen Anhaltspunkten dafür, dass er sich um eine kostengünstigere Wohnung bemüht hat. Gelegenheit zum Nachweis derartiger Bemühungen hierzu hatte er bereits seit Dezember 2006, als ihn der Beklagte erstmals zur Senkung seiner Unterkunftskosten aufforderte, spätestens jedoch im Juli 2007, nachdem der Beklagte ihm und seiner Ehefrau mit Bescheid vom 3. Juli 2007 nur noch abgesenkte Unterkunftskosten gewährte. Dafür dass die Suche nach einer kostenangemessenen Wohnung im Jahr 2011 für den Kläger von vornherein aussichtslos war, fehlt es auch angesichts der im Rahmen der Vermietungsmarkterhebung herangezogenen Vielzahl von Mietangeboten für die Stadt Osnabrück zu kostenangemessenen Konditionen und der hierauf basierenden vom Sachverständigen plausibel berechneten Referenzmiete (Bruttokaltmiete i.H.v. maximal 405 € monatlich) an jeglichen Anhaltspunkten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 1 und Abs. 2 SGG liegen nicht vor.