Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 17.12.2015, Az.: L 8 SO 194/11
Unterkunftskosten als Leistung der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII; Anspruch aus abgetretenem Recht; Anspruch auf Sozialhilfe als höchstpersönliches Recht; Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 17.12.2015
- Aktenzeichen
- L 8 SO 194/11
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2015, 39843
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2015:1217.L8SO194.11.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Lüneburg - 13.04.2011 - AZ: S 32 SO 161/08
Rechtsgrundlagen
- § 17 Abs. 1 S. 2 SGB XII
- §§ 53 f. SGB I
- § 37 SGB I
- § 134 BGB
Redaktioneller Leitsatz
1. Der Anspruch auf Sozialhilfe ist ein höchstpersönliches Recht; er kann nach § 17 Abs. 1 Satz 2 SGB XII nicht übertragen, verpfändet oder gepfändet werden.
2. Bei § 17 Abs. 1 Satz 2 SGB XII handelt es sich um eine von den §§ 53 und 54 SGB I abweichende speziellere Regelung, die gemäß § 37 SGB I zulässig ist und den allgemeinen Vorschriften über die Übertragung, Verpfändung und Pfändung in den §§ 53 und 54 SGB I vorgeht.
3. Dessen ungeachtet erfolgte Abtretungen sind gemäß § 134 BGB nichtig, weil sie insoweit gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen.
Tenor:
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Lüneburg vom 13. April 2011 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens sind nicht zu erstatten.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird endgültig auf 2.700,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Streitig ist die Berücksichtigung von Unterkunftskosten als Leistung der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII (im Folgenden: Grundsicherungsleistungen) für den während des Verfahrens vor dem Sozialgericht (SG) verstorbenen Hilfebedürftigen F. G ... Das SG hat den Beklagten verurteilt, dem Kläger einen Betrag von 2.700,00 EUR zu erstatten, den dieser als vorgeblicher Rechtsnachfolger aus abgetretenem Recht geltend gemacht hat. Hiergegen wendet sich der Beklagte.
Der 1940 geborene Hilfebedürftige (ledig, zwei erwachsene Kinder) lebte wohl seit 1996 in einem Resthof, den er ursprünglich selber im Jahre 1991 gekauft und in den Jahren 1992 und 1996 an die jetzige Eigentümerin H. I. (der Schwester des Klägers) übertragen hat. Ein schriftlicher Mietvertrag existierte jedenfalls bis 2007 nicht. Der Hilfebedürftige übte eine selbstständige Erwerbstätigkeit aus, ohne Beiträge zu einer gesetzlichen Kranken- oder Pflegeversicherung zu entrichten. Im April 2007 erlitt er einen Schlaganfall (Kleinstammhirninfarkt). Die Kosten seiner stationären Aufenthalte im Krankenhaus, in einer Pflegeeinrichtung und einer Rehaklinik beglich der Beklagte. Seit dem 13. September 2007, nach anderen Angaben seit dem 13. November 2007, wohnte der Hilfebedürftige, der weitgehend gelähmt und auf einen Rollstuhl angewiesen war, wieder in seiner Wohnung auf dem Resthof. In der Folgezeit erhielt er bis zu seinem Tod am 28. Mai 2010 Pflegeleistungen von dem Beklagten.
Vom 3. August bis zum 26. Dezember 2007 stand der Hilfebedürftige unter Betreuung des Klägers, nachdem vorher seit seiner Krankenhausaufnahme eine anderweitige Betreuung bestanden hatte. Am 27. Dezember 2007 erteilte der Hilfebedürftige dem Kläger und dessen Schwester eine umfassende notariell beurkundete Vorsorgevollmacht, in der der Wert seines Vermögens mit 20.000,00 EUR angegeben wurde.
Erstmals am 10. September 2007 beantragte der Hilfebedürftige die Gewährung von Grundsicherungsleistungen und gab dabei als Aufwendungen für Unterkunft und Heizung einen Betrag von 300,00 EUR an. Der Beklagte bewilligte mit Bescheiden vom 17. September 2007, 15. November 2007 und 7. Januar 2008, die sämtlich einen Leistungszeitraum bis Juni 2008 betrafen, Grundsicherungsleistungen, zuletzt in Höhe des Regelbedarfs von 347,00 EUR monatlich. Gegen den ersten Bescheid vom 17. September 2007 erhob der Kläger für den Hilfebedürftigen am 29. September 2007 wegen der dort bereits nicht berücksichtigten Aufwendungen für Unterkunft und Heizung Widerspruch und legte einen Mietvertrag über eine möblierte Wohnung vom selben Tage zwischen Frau I. und dem Hilfebedürftigen vor; für diesen als Mieter hatte der Kläger unterschrieben. Sämtliche Möbel, Bilder und Einrichtungsgegenstände standen demnach mit Ausnahme der Bücherregale und des Schreibtischs im Eigentum der Vermieterin. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 18. Januar 2008). Der Hilfebedürftige habe, so der Beklagte, keine tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung aufzubringen, er könne sich gegen den ungültigen Mietvertrag wehren. Ein weiterer gegen den Bescheid vom 15. November 2007 ebenfalls wegen nicht berücksichtigter Unterkunftskosten erhobener Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 2. April 2008 als unzulässig zurückgewiesen.
Am 20. Februar 2008 hat der Kläger für den Hilfebedürftigen beim SG Lüneburg Klage erhoben und die Berücksichtigung der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung begehrt. Nach dem Tod des im Klageverfahren anwaltlich vertretenen Hilfebedürftigen hat dessen Prozessbevollmächtigter mitgeteilt, dass der Kläger das Verfahren weiterführen werde. Dieser habe eine über den Tod hinaus wirkende Vollmacht. Er habe dem Hilfebedürftigen einen Kredit gewährt und die Unterkunftskosten bezahlt. Dessen Forderung an den Beklagten sei an ihn, den Kläger, mit Abtretungserklärung vom 17. Januar 2008 abgetreten worden. Diese hat auszugsweise folgenden Wortlaut:
1. Herr J. I. zahlt auch weiterhin die Miete zur Höhe von EUR 300,- monatlich. 2. Herr K. G. tritt Herrn J. I. hiermit die Forderung gegen den Landkreis, Sozialamt, hinsichtlich der beantragten Kostenübername der Wohnungskosten, von Beginn an und auch für die Zukunft ab. 3. Herr I. nimmt die Abtretung an. Das SG hat die Vermieterin I. als Zeugin gehört und mit Urteil vom 13. April 2011 den Beklagten zur Erstattung der vom Kläger verauslagten Unterkunftskosten in Höhe von 2.700,00 EUR verurteilt. Zwar sei der Sozialhilfeanspruch gemäß § 17 Abs. 1 SGB XII nicht abtretbar, dieser sei jedoch wegen der rechtswidrigen Leistungsablehnung durch den Beklagten von einem Leistungsanspruch in einen abtretbaren - Kostenerstattungsanspruch umgewandelt worden. Der Mietvertrag sei nicht sittenwidrig und vom Hilfebedürftigen genehmigt worden, wie die von diesem unterzeichnete Abtretungserklärung zeige.
Gegen das ihm am 13. Mai 2011 zugestellte Urteil wendet sich der Beklagte mit seiner am 10. Juni 2011 eingelegten Berufung. Der Hilfebedürftige, an dessen Bedürftigkeit wegen des in der Vorsorgevereinbarung erwähnten Vermögens Zweifel beständen, sei keinen ernsthaften Mietforderungen ausgesetzt gewesen. Der Mietvertrag sei sittenwidrig gewesen und zudem vom Hilfebedürftigen nicht mit der "Abtretungsvereinbarung" genehmigt worden; dort sei der Mietvertrag gar nicht erwähnt. Die Klage sei von Anfang an (wegen der bereits vor Klageerhebung erfolgten Abtretung seines Forderungsanspruchs) mangels Rechtbetroffenheit in eigenen Rechten unzulässig gewesen. Ein Parteiwechsel sei nicht sachdienlich, außerdem seien Erben vorhanden.
Der Beklagte beantragt:
das Urteil des Sozialgerichts Lüneburg vom 13. April 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er behauptet, der Hilfebedürftige habe kein Vermögen gehabt, die 20.000,00 EUR sei der Wert seines Inventars und von Gebrauchsgegenständen gewesen. Seine Kinder hätten das Erbe ausgeschlagen. Nach einem Hinweis des Senats u.a. zur vermutlichen Gerichtskostenpflicht des Verfahrens vertritt der Prozessbevollmächtigte des Klägers nunmehr die Auffassung, dieser habe bei der Sicherung der Unterkunft des Hilfebedürftigen als Nothelfer gehandelt.
Außer den Gerichtsakten lagen zwei Bände und ein Hefter Verwaltungsakten des Beklagten, den Hilfebedürftigen betreffend, vor. Sie waren Gegenstand des Verfahrens. Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Beiakten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Beklagten ist bei einem streitigen Betrag von 2.700,00 EUR statthaft und damit insgesamt zulässig (§§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 151 SGG).
Die Berufung ist begründet. Der Kläger hat gegenüber dem Beklagten weder einen Anspruch auf die vom SG zugesprochene Kostenerstattung noch auf andere Leistungen. Das der Klage stattgebende Urteil des SG Lüneburg ist aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Senat lässt offen, ob die ausdrücklich für den Hilfebedürftigen erhobene Klage zulässig war. Dies wäre zweifelhaft, wenn der Hilfebedürftige tatsächlich am 17. Januar 2008 und damit bereits vor der Klageerhebung am 20. Februar 2008 seinen Anspruch auf Grundsicherungsleistungen hinsichtlich der Unterkunftskosten an den Kläger abgetreten hat (zur Frage, ob eine derartige Abtretung überhaupt zulässig ist, s. unten).
Ein Anspruch des Klägers gegen den Beklagten kann jedenfalls aus keinem denkbaren Gesichtspunkt erfolgreich geltend gemacht werden. Er ist nicht Rechtsnachfolger des während des erstinstanzlichen Verfahrens verstorbenen Herrn G. (1.). Einem eigenen Anspruch aus abgetretenem Recht steht § 17 Abs. 1 Satz 2 SGB XII entgegen (2.). Für einen Anspruch nach § 25 SGB XII (hierzu 3.) fehlt es an einem in angemessener Frist beim Sozialhilfeträger gestellten Antrag des Nothelfers.
1. Im Falle des Todes einer Partei tritt grundsätzlich eine Unterbrechung des Gerichtsverfahrens bis zu dessen Aufnahme durch die Rechtsnachfolger ein (§ 202 SGG i.V. mit § 239 Abs. 1 ZPO). Abweichendes gilt gemäß § 246 Abs. 1 Halbsatz 1 ZPO im Falle der Vertretung durch einen Prozessbevollmächtigten; in einem solchen Fall ist auf Antrag des Bevollmächtigten oder des Gegners vom Gericht die Aussetzung des Verfahrens anzuordnen. Hier ist das gerichtliche Verfahren mit dem Tod des Hilfebedürftigen wegen dessen Vertretung durch einen Prozessbevollmächtigten nicht unterbrochen worden. Da weder der Prozessbevollmächtigte noch der Beklagte einen entsprechenden Antrag gestellt hat, war auch keine Aussetzung anzuordnen. Der Prozessbevollmächtigte führt den Rechtsstreit in einem solchen Fall auch für noch unbekannte Rechtsnachfolger fort (vgl. nur BSG Urteil vom 23. Juli 2014 - B 8 SO 14/13 R - juris Rn. 10 m.w.N.). Mit dem Tod des Hilfebedürftigen hat kein Beteiligtenwechsel kraft Gesetzes auf Klägerseite stattgefunden, weil der Kläger nicht als Sonderrechtsnachfolger oder Erbe in die Position des Verstorbenen einrückt ist (hierzu später). Da sich der Kläger jedoch jedenfalls im erstinstanzlichen Verfahren einer Rechtsnachfolge berühmt hat und sich der Beklagte (in der mündlichen Verhandlung vor dem SG unwidersprochen) darauf eingelassen hat, ist ein Beteiligtenwechsel im Rahmen einer subjektiven Klageänderung erfolgt (BSG Urteil vom 2. Februar 2012 - B 8 SO 15/10 R - juris Rn. 11, 12; zum Verfahren bei einem Streit zwischen dem wahren und einem nur sich rühmenden Rechtsnachfolger Urteil des Reichsgerichts vom 9. November 1899 - VI. 245/99 -, RGZ 45, 359).
Wahre Prozesspartei ist nach dem Tod eines Prozessbeteiligten grundsätzlich dessen Rechtsnachfolger. Sind - wie hier - Ansprüche auf laufende Geldleistungen nach dem Sozialgesetzbuch streitig, sind dies in erster Linie Sonderrechtsnachfolger nach § 56 SGB I oder § 19 Abs. 6 SGB XII. Sonderrechtsnachfolger können sein Ehegatten, Lebenspartner, Kinder, Eltern oder Haushaltsführer, wenn diese mit dem Berechtigten zur Zeit seines Todes in einem gemeinsamen Haushalt gelebt haben oder von ihm wesentlich unterhalten worden sind. Dies trifft auf den Kläger offensichtlich nicht zu. Die besondere Rechtsnachfolge des § 19 Abs. 6 SGB XII kommt nur zum Tragen, wenn ein Anspruch des Verstorbenen auf Leistungen für Einrichtungen oder auf Pflegegeld im Streit stand; hier ging es um Grundsicherungsleistungen außerhalb einer Einrichtung. Der Kläger ist bereits nach seinem eigenen Vorbringen auch nicht Erbe des Verstorbenen.
Der Kläger ist auch nicht nach anderen Vorschriften (Sonder-)Rechtsnachfolger des verstorbenen Hilfebedürftigen geworden. Der Gegenstand des Rechtsstreits, der sozialhilferechtliche Grundleistungsanspruch des Hilfebedürftigen, fällt eindeutig in dessen Nachlass (zu den Ausnahmen s. bspw. Münchner Kommentar zur ZPO, 4. Aufl. 2013, § 239 Rn. 27). Insbesondere ist der Kläger nicht, wie er anzunehmen scheint, in Folge der Abtretungserklärung vom 17. Januar 2008 Rechtsnachfolger des Hilfebedürftigen geworden (keine Nachfolge eines Zessionars bzw. Abtretungsnehmers kraft Todes: Zöller, ZPO-Kommentar 30. Aufl. 2014, § 239 Rn. 10; Baumbach, ZPO-Kommentar 73. Aufl. 2015, § 239 Rn. 8 - am Ende -). Durch den Tod eines Zedenten ändert sich an der Rechtsposition des Zessionars bereits deshalb nichts, weil letzterer bereits mit Abschluss des Abtretungsvertrages als neuer Gläubiger an die Stelle des bisherigen Gläubigers getreten ist (§ 398 Satz 2 BGB). 2. Der Kläger kann auch keinen eigenen Anspruch aus abgetretenem Recht erfolgreich geltend machen. Mit der Erklärung vom 17. Januar 2008 hat der Hilfebedürftige weder einen öffentlich-rechtlichen Sozialleistungsanspruch noch einen Zahlungsanspruch wirksam abgetreten.
Der Anspruch auf Sozialhilfe ist ein höchstpersönliches Recht, er kann nach § 17 Abs. 1 Satz 2 SGB XII nicht übertragen, verpfändet oder gepfändet werden. Bei dieser Vorschrift handelt es sich um eine von den §§ 53 und 54 SGB I abweichende speziellere Regelung, die gemäß § 37 SGB I zulässig ist und den allgemeinen Vorschriften über die Übertragung, Verpfändung und Pfändung in den §§ 53 und 54 SGB I vorgeht. Dessen ungeachtet erfolgte Abtretungen sind gemäß § 134 BGB nichtig, weil sie insoweit gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen.
Entgegen der Auffassung des SG ist hier der höchstpersönliche Sozialhilfeanspruch des Hilfebedürftigen nicht von einem Leistungsanspruch in einen abtretbaren Zahlungsanspruch umgewandelt worden.
Der für Angelegenheiten nach dem SGB II zuständige 14. Senat des BSG hat in den vom SG herangezogenen Urteilen (B 14 AS 10/09 R, B 14 AS 36/09 R, B 14 AS 58/09 R) lediglich frühere Entscheidungen des BVerwG (zum Recht des BSHG; Urteil vom 31. August 1995 - 5 C 9/94 - juris Rn. 18) und des BSG aufgegriffen und bestätigt, nach denen unter bestimmten Voraussetzungen eine Ausnahme vom Erfordernis eines für die Erbringung von Fürsorgeleistungen erforderlichen tatsächlich noch bestehenden Bedarfs gemacht werden kann. Bei Selbstbeschaffung unaufschiebbarer Sozialleistungen (also in Eil- und Notfällen) sowie im Falle rechtswidriger Leistungsablehnung wandelt sich danach ein Sachleistungsanspruch in einen Kostenerstattungsanspruch gerichtet auf Geld um (BSG Urteil vom 19. August 2010 - B 14 AS 36/09 R - juris Rn. 21). Dabei kommt ein Anspruch auf Kostenerstattung nach den allgemeinen Grundsätzen des Kostenerstattungsrechts nur in Betracht, wenn im Zeitpunkt der Selbstbeschaffung der Leistung ein unaufschiebbarer Eil- bzw. Notfall vorgelegen hat (BSG a.a.O. Rn. 23).
Bei dem im hier zu entscheidenden Fall streitigen Anspruch auf höhere Grundsicherungsleistungen bzw. Leistungen für die Unterkunft außerhalb einer stationären Einrichtung handelt es sich jedoch nicht wie in den o.g. Urteilen um einen Sachleistungsanspruch, sondern um einen Anspruch des Hilfebedürftigen auf Geldleistungen (zur Differenzierung zwischen Geld- und Sachleistung vgl. Hohm in Schellhorn/Hohm/Scheider, SGB XII-Kommentar, 19. Aufl. 2015, § 10 Rn. 7, 13). Die Umwandlung eines derartigen Sozialhilfeanspruchs in einen Kostenerstattungsanspruch kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil er bereits vorher auf eine Geldleistung gerichtet war (hierzu Coseriu in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 17 Rn. 25, § 19 Rn. 66; vgl. auch OVG Hamburg, Beschluss vom 19. März 1996 Bs IV 266/95 - juris Rn. 17 ff. zur Unterscheidung zwischen Pflegesachleistungen und Pflegegeld). Ein Empfänger von Grundsicherungsleistungen wie hier der Hilfebedürftige hat einen Anspruch auf Erbringung von Leistungen für die Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen, und zwar unabhängig davon, ob er diese laufend begehrt oder sie - im Falle einer Ablehnung durch den Sozialhilfeträger aus seinem Schonvermögen vorfinanziert oder hierfür ein Darlehen aufnimmt. Die Erbringung der Leistung erfolgt immer als Geldleistung. Auch bei der Zahlung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte (zu dieser Möglichkeit § 29 Abs. 1 Satz 6 SGB XII in der bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung, seither § 35 Abs. 1 Sätze 2 - 5 SGB XII) gilt nichts anderes.
Ein sog. Sekundäranspruch, der nach Auffassung von Armborst (in: LPK SGB XII, 10. Aufl. 2015, § 17 Rn. 7) und Grube (in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 5. Auflage 2014, § 17 Rn. 21) im Falle pflichtwidriger Säumigkeit den Träger der Sozialhilfe zum Ersatz der im Wege der Selbstbeschaffung getätigten Aufwendungen verpflichten könnte, liegt hier nicht vor. Der Hilfebedürftige hatte gerade keinen Sachleistungs- oder Sachleistungsverschaffungsanspruch, der sich in einen Sekundäranspruch auf Geldleistungen umwandeln könnte. Soweit das BSG für einen Anspruch nach § 74 SGB XII eine Abtretung offenbar als zulässig angesehen hat (Urteil vom 29. September 2009 B 8 SO 23/08 R - juris Rn. 9), hat es dies in einer späteren Entscheidung (Urteil vom 25. August 2010 B 8 SO 20/10 R - juris) relativiert und ausdrücklich offen gelassen, ob sich aus § 17 Abs. 1 SGB XII die Unwirksamkeit einer Abtretung ergibt (Rn. 15).
Im Übrigen hat derselbe Senat mit Urteil vom 30. Oktober 2013 (B 7 AY 2/12 R, juris Rn. 27) ausgeführt, dass unter das Abtretungsverbot nicht nur die Sachleistungen selbst, sondern auch ihre Surrogate fallen, insbesondere Geldleistungen, wenn sie zweckgebunden zur Anschaffung einer konkreten Dienst- oder Sachleistung gezahlt werden. Unter Berücksichtigung dieser vom erkennenden Senat geteilten Auffassung wäre die vom Kläger behauptete "Abtretung der Forderung gegen den Landkreis, Sozialamt, hinsichtlich der beantragten Kostenübername der Wohnungskosten" selbst als Abtretung eines Sekundäranspruchs unzulässig.
Unabhängig davon wäre die Abtretung selbst dann unzulässig, wenn ihr nicht § 17 Abs. 1 Satz 2 SGB XII entgegenstünde. Nach dem dann anzuwendenden § 53 Abs. 2 Nr. 1 SGB I müssen die betroffenen Ansprüche schon bei der Abtretung fällig gewesen sein (vgl. zuletzt BSG Urteil vom 29. Januar 2014 B 5 R 36/12 R - juris Rn. 18). Ansprüche auf Sozialleistungen werden gemäß § 41 SGB I mit ihrem Entstehen fällig, sie entstehen, sobald ihre im Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen (§ 40 Abs. 1 SGB I). Hier waren bei der streitigen Abtretung vom 17. Januar 2008 Ansprüche für die Folgezeit bis zum Tod des Hilfebedürftigen ohnehin noch nicht fällig. Ob für die Zeit vom 1. Oktober 2007 bis zum 17. Januar 2008 die Voraussetzungen für Ansprüche auf höhere Grundsicherungsleistungen vorlagen, kann nicht mehr festgestellt werden. Nach dem Tod des Hilfebedürftigen hätten lediglich dessen Erben die Ansprüche weiter verfolgen können. Da diese nach dem eigenen Vortrag des Klägers das Erbe jedoch ausgeschlagen haben und der Fiskus als gesetzlicher Erbe gemäß § 58 Satz 2 SGB I Ansprüche nicht geltend machen kann, ist eine Feststellung der Ansprüche nicht mehr möglich.
3. Der vom Kläger geltend gemachte Zahlungsanspruch kann nicht auf einen Erstattungsanspruch als sog. Nothelfer nach § 25 SGB XII gestützt werden. Eine derartige Klage (die Zulässigkeit einer hierfür möglicherweise erforderlichen Klageänderung unterstellt) ist unzulässig, weil keine (Ablehnungs-) Entscheidung des Beklagten über einen Nothelferanspruch des Klägers i.S. des § 25 SGB XII vorliegt. Es bestand auch keinerlei Veranlassung für den Beklagten, eine solche Entscheidung zu treffen. Die darlehensweise übernommene Mietzahlung des Klägers an seine Schwester fällt selbst bei großzügigster Auslegung der Norm nicht unter den Anwendungsbereich des § 25 SGB XII ("Hat jemand in einem Eilfall einem Anderen Leistungen erbracht, die bei rechtzeitigem Einsetzen von Sozialhilfe nicht zu erbringen gewesen wären "), weil der Zeitpunkt des Einsetzens der Sozialhilfe gar nicht streitig war, sondern der Anspruch selber. Ein "Eilfall" für den Hilfebedürftigen i.S. der Vorschrift ist nicht ersichtlich. Jedenfalls bis zum Tode des Hilfebedürftigen im Mai 2010 hat der Kläger zudem von dem Beklagten keine Leistungen in eigenem Namen begehrt. Erst danach und damit fast zwei Jahre nach dem Ende des hier streitigen Zeitraumes hat er sich eines eigenen Anspruchs berühmt. Schließlich ist mit der erstmaligen Erwähnung eines vorgeblichen Nothelferanspruchs in einem am 23. September 2005 beim Gericht eingegangenem Schriftsatz die "angemessene Frist" i.S. von § 25 Satz 2 SGB XII für einen Antrag beim zuständigen Träger der Sozialhilfe offensichtlich nicht eingehalten worden.
Die Kostenentscheidung für das Berufungsverfahren folgt aus § 197a SGG i. V. mit § 154 Abs. 2 VwGO. Weder der Kläger noch der Beklagte gehören zu den in § 183 SGG genannten Personen. Insbesondere ist der Kläger kein Sonderrechtsnachfolger nach § 56 SGB I (s. oben), für den ein Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit gemäß § 183 Satz 1 SGG kostenfrei wäre. Die Kostenprivilegierung des Hilfebedürftigen im erstinstanzlichen Verfahren wirkt sich im Berufungsverfahren, einem anderen Rechtszug (s. hierzu § 183 Satz 2 SGG) nicht aus.
Die endgültige Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V. mit den §§ 52 Abs. 3 und 63 Abs. 2 Satz 1 GKG. Da der klägerische Antrag eine bezifferte Geldleistung betrifft, ist deren Höhe (die vom SG zugesprochenen 2.700,00 EUR) maßgeblich.
Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 SGG) liegen nicht vor.