Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 16.06.2021, Az.: 14 U 152/20

Höhe der Kosten- oder Auslagenpauschale des Geschädigten in Verkehrsunfallsachen

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
16.06.2021
Aktenzeichen
14 U 152/20
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2021, 26186
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2021:0616.14U152.20.00

Verfahrensgang

vorgehend
LG Hannover - 12.08.2020 - AZ: 7 O 151/18

Fundstellen

  • MDR 2021, 1129-1130
  • NJW-RR 2021, 1116-1118
  • NJW-Spezial 2021, 426
  • NZV 2021, 533
  • VRA 2021, 155
  • zfs 2021, 677-678

Amtlicher Leitsatz

Die Kosten- oder Auslagenpauschale des Geschädigten in Verkehrsunfallsachen ist auch unter Berücksichtigung der Veränderungen im sog. Kommunikationsmarkt weiterhin in Höhe von 25,00 EUR angemessen.

Der Nachweis höherer Kosten im Einzelfall bleibt davon unberührt.

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der Einzelrichterin der 7. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 12.08.2020 - 7 O 151/18 -abgeändert und neu gefasst wie folgt:

Das Versäumnisurteil der Einzelrichterin der 7. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 05.02.2020 - 7 O 151/18 - wird aufgehoben.

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 3.363,64 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.08.2018 zu zahlen.

Die Beklagten werden überdies als Gesamtschuldner verurteilt, den Kläger von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 413,64 EUR freizustellen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen tragen der Kläger zu 36 % und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 64 %, mit Ausnahme der durch die Säumnis des Klägers in der ersten Instanz veranlassten Kosten; diese trägt der Kläger selbst.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 5.219,47 EUR.

Gründe

(gem. § 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO)

I.

Gegenstand des Rechtsstreits ist ein Verkehrsunfall am 8. September 2017 in E. auf der R. Straße ... in Höhe der Star-Tankstelle, an dem der Kläger mit seinem VW T 5 Multivan und die Zeugin M. als Fahrerin eines VW Golf, dessen Halter die Beklagte zu 1 und der bei der Beklagten zu 2 haftpflichtversichert ist, beteiligt waren.

Die Zeugin M. wollte von dem Tankstellengelände aus nach links auf die R. Straße abbiegen, auf der der Kläger seinen VW-Bus steuerte, aus Sicht der Zeugin M. von links. Der Kläger hielt sein Fahrzeug an, um der Zeugin M. das Abbiegemanöver zu ermöglichen. Diese fuhr daraufhin vor und blieb mit dem Beklagtenfahrzeug so auf der rechten Spur der R. Straße stehen, dass die Fahrspur für den Kläger und die hinter ihm fahrenden Verkehrsteilnehmer vollständig blockiert war. Hinter dem Klägerfahrzeug staute sich der Verkehr, einige Verkehrsteilnehmer hupten. Der Kläger blinkte schließlich nach rechts und fuhr langsam über den Gehweg hinter dem Beklagtenfahrzeug entlang, um es zu umrunden. Kurz nach ihm, als sich der VW-Bus bereits breit hinter dem Pkw der Beklagten befand, setzte die Zeugin M. das Beklagtenfahrzeug zurück, um die blockierte Fahrspur freizumachen. Es kam zu einem Anstoß der beiden Fahrzeuge dergestalt, dass der VW Golf der Beklagten zu 1 hinten links und der VW-Bus des Klägers an der hinteren linken Flanke, beginnend ab B-Säule in Richtung Hinterrad beschädigt wurden. Noch am Unfallort unterschrieb die Zeugin M. eine vom Kläger vorgefertigte Erklärung, wonach sie für den infolge ihrer Rückwärtsfahrt entstandenen Schaden aufkomme.

Die Parteien haben erstinstanzlich darüber gestritten, ob das Beklagtenfahrzeug während der Kollision gestanden habe oder nicht. Wechselseitig haben sie ein Alleinverschulden des jeweilig anderen Fahrzeugführers angenommen. Die Schadenshöhe haben die Beklagten hinsichtlich der geltend gemachten Verbringungskosten und der Angemessenheit der Kostenpauschale bestritten. Auch die Aktivlegitimation des Klägers war hinsichtlich einer zuvor erfolgten Abtretung seiner Ansprüche an das Autohaus A. GmbH umstritten.

Die Kammer hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens des Dipl.-Ing. M. vom 26. November 2019, die informatorische Anhörung des Klägers sowie die Vernehmung der Zeuginnen B. und M. in der mündlichen Verhandlung am 15. Juli 2020.

Mit Urteil vom 12. August 2020 hat das Landgericht das vorangehende klagabweisende Versäumnisurteil vom 5. Februar 2020 aufrechterhalten. Die Beklagten hafteten grundsätzlich gemäß § 7 Abs. 1 StVG für die Unfallfolgen. Der Unfall sei auch nicht unabwendbar gewesen, weil die Zeugin M. nicht sorgfältig zurückgefahren sei. Der Kläger habe gegen § 2 Abs. 1 S. 1 StVO verstoßen. Es sei eine alleinige Haftung des Klägers angebracht im Rahmen der Haftungsabwägung gemäß § 17 Abs. 1 StVG, weil die Zeugin M. auf dem Gehweg nicht mit dem Klägerfahrzeug habe rechnen müssen und es sich noch nicht hinter dem Beklagtenfahrzeug befunden habe, als sie habe zurückfahren wollen. Sie habe zurücksetzen dürfen, der Kläger dagegen habe den Gehweg nicht befahren dürfen. Mangels Bindungswillen handele es sich bei der Erklärung der Zeugin M. nach dem Unfall nicht um ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis.

Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger sein Klagebegehren vollumfänglich weiter. Er hält die Haftungsabwägung der Kammer für fehlerhaft. Die Zeugin M. hätte nicht auf die R. Straße einfahren und den dortigen Verkehr nicht blockieren dürfen. Sie habe gegen ihre Rückschaupflicht verstoßen. Insoweit sei ein gegen sie sprechender Anscheinsbeweis zu berücksichtigen. Die Zeugin M. hätte die Kollision vermeiden können und bei der gebotenen Umschau auch müssen. Dagegen habe der Kläger die Verkehrssituation entschärfen und am Beklagtenfahrzeug vorbeifahren dürfen. Die Absicht der Zeugin M., zurückzusetzen, sei für ihn nicht erkennbar gewesen. Es sei deshalb angebracht, eine alleinige Haftung der Beklagten anzunehmen.

Die Beklagten verteidigen das angefochtene Urteil. Sie meinen, der Kläger sei grob verkehrswidrig gefahren. Dagegen habe die Zeugin M. das Beklagtenfahrzeug zurücksetzen dürfen.

II.

Die Berufung hat überwiegend Erfolg.

1. Der seitens des Klägers geltend gemachte Schadensersatzanspruch gegen die Beklagten folgt dem Grund nach aus §§ 7 Abs. 1, 17 Abs. 1, Abs. 2, 18 Abs. 1, Abs. 3 StVG, 254, 823 Abs. 1 BGB, 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, S. 4 VVG. Danach kann er von den Beklagten 2/3 der ersatzfähigen Schäden erstattet verlangen; einen Anteil von 1/3 muss er sich im Hinblick auf seinen Mitverschuldensanteil abziehen lassen.

a) Keine der unfallbeteiligten Parteien kann für sich den Nachweis eines unabwendbaren Ereignisses gem. § 17 Abs. 3 StVG führen. Denn beide Fahrzeugführer haben den Unfall mitverschuldet. Dabei ist allerdings der Verursachungsbeitrag auf Beklagtenseite höher - im Ergebnis doppelt so hoch - zu gewichten wie derjenige auf Klägerseite.

aa) Entscheidend ist, dass nach Durchführung der Beweisaufnahme zweifelsfrei feststeht, dass die Zeugin M. mit dem von ihr geführten Fahrzeug der Beklagten rückwärtsgefahren ist. Dabei hat sie gegen die erhöhten Sorgfaltsanforderungen des § 9 Abs. 5 StVO verstoßen. Gemäß § 9 Abs. 5 StVO muss sich ein Fahrzeugführer beim Rückwärtsfahren so verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Der zurücksetzende Kraftfahrer muss darauf achten, dass der Gefahrraum hinter seinem Fahrzeug frei ist und von hinten wie von den Seiten her freibleibt (Hentschel/König/Dauer, 45. Auflage, Rn. 51 m. w. N.). Kommt es beim Zurücksetzen zu einer Kollision, spricht der Beweis des ersten Anscheins für ein grundsätzliches Verschulden des Rückwärtsfahrers (Hentschel/König/Dauer, 45. Auflage, § 9 StVO Rn. 55).

Dass die Zeugin M. die erhöhten Anforderungen des § 9 Abs. 5 StVO nicht beachtet haben kann, sondern zurückgesetzt haben muss, ohne sich nach hinten und zu den Seiten umzusehen, ergibt sich insbesondere aus den Feststellungen des gerichtlich beauftragten Sachverständigen Dipl.-Ing. M. Der Anstoß am Klägerfahrzeug begann demnach an dessen B-Säule und verstärkte sich in Richtung des Hinterrades. Das Fahrzeug des Klägers befand sich damit gut sichtbar komplett hinter dem Beklagtenfahrzeug, als die Kollision erfolgte (vgl. die Skizzen auf den Seiten 9 und 11 des Sachverständigengutachtens vom 26.11.2019).

bb) Zu Recht hat das Landgericht aber angenommen, der Kläger hafte nicht nur aus Betriebsgefahr gemäß § 7 Abs. 1 StVG, sondern auch aus Verschulden wegen eines Verstoßes gegen § 2 Abs. 1 S. 1 StVO. Entgegen der vorgenannten Vorschrift hat der Kläger den Gehweg befahren, obwohl dieser als Sonderweg den Fußgängern vorbehalten ist. Zwar darf ein Gehweg mit einem Fahrzeug - ggf. unter Nutzung einer eigens eingerichteten Zufahrt - überquert werden, wenn nur so das Erreichen eines Grundstückes - hier der Tankstelle - möglich ist (vgl. BGH, Beschluss v. 27.06.1985 - 4 StR 766/84, juris-Rn. 14). Nach den Feststellungen des Sachverständigen M. hat der Kläger den Gehweg hinter dem Beklagtenfahrzeug im Bereich der Tankstelle hingegen nicht im Sinn der angelegten Zu- oder Abfahrt des Tankstellengeländes befahren, sondern er befuhr den Gehweg hinter dem Pkw der Zeugin M. gleichsam wie eine parallele Fahrspur, was ein unzulässiges Befahren des Sonderwegs darstellt.

cc) Bei der vorzunehmenden Abwägung ist der Verursachungsbeitrag auf Beklagtenseite deutlich höher zu gewichten. Die Zeugin M. traf die höchste Sorgfaltsanforderung, welche die StVO kennt. Diesen Anforderungen ist sie nicht gerecht geworden. Sie durfte nicht darauf vertrauen, dass sich hinter ihrem Fahrzeug keine anderen Verkehrsteilnehmer befinden. Der Umstand, dass der Kläger den Gehweg nicht in der vorgesehenen Weise benutzt hat, steht dem nicht entgegen. Die Zeugin M. musste in jedem Falle mit Fußgängern oder hinter ihr ebenfalls aus der Ausfahrt fahrenden Pkw rechnen und durfte auf eine sorgfältige Rundumsicht daher nicht verzichten. Da nach den Feststellungen des Sachverständigen M. (S. 4 des Gutachtens vom 26.11.2019) der Kläger bereits etwa 4 Sekunden vor der Kollision angefahren war, die Zeugin M. hingegen lediglich 1,5 Sekunden vor der Kollision, wäre es der Zeugin - selbst im Falle eines nur flüchtigen Seitenblicks - möglich gewesen, vor dem Zurücksetzen zu bemerken, dass der Kläger angefahren und im Begriff gewesen ist, das Beklagtenfahrzeug zu umfahren.

Zulasten des Klägers war zu berücksichtigen, dass er entgegen § 2 Abs. 1 S. 1 StVO den Gehweg befuhr, zudem mit nur sehr geringem Abstand zum Heck des Beklagtenfahrzeugs, was sich aus den oben bereits genannten Feststellungen des Sachverständigen zum Anfahrbeginn und den Kollisionsgeschwindigkeiten von ca. 20 km/h Kläger und 5 km/h Beklagte ergibt. Überdies hätte es nahegelegen, dass der Kläger - wie schon bei dem zunächst signalisierten Verzicht auf das Vorfahrtsrecht - zunächst eine Verständigung mit der Zeugin M. versucht, um sie zur Freigabe der Fahrbahn zu bewegen.

Gegenüber den höchsten Sorgfaltsanforderungen, die die Zeugin M. zu beachten hatte, ist der Verursachungs- und Verschuldensbeitrag des Klägers jedoch nachrangig. Dabei war auch zu berücksichtigen, dass die Zeugin M. mit dem Pkw ebenfalls in den Schutzbereich des Fußgängerwegs eingedrungen ist. Sie hat außerdem das Gesamtgeschehen durch ihre "Straßenblockade" ausgelöst und hätte bei Wahrung der gebotenen Rückschau letztlich den Unfall allein vermeiden können, wenn sie nicht einfach zurückgesetzt, sondern kurz zugewartet und den Kläger hätte passieren lassen.

In der Gesamtschau begründet das eine Haftungsverteilung von 2/3 zu 1/3 zu Lasten der Beklagten.

b) Der Kläger kann daher 2/3 der geltend gemachten Schäden von den Beklagten ersetzt verlangen, soweit von Rechts wegen darauf ein Anspruch besteht.

aa) Die Aktivlegitimation des Klägers steht im Berufungsverfahren nicht mehr im Streit. Im Übrigen hat der Kläger die Rückabtretung hinreichend dargelegt (Bl. 47a d.A.).

bb) Verbringungskosten in Höhe von 174,00 EUR (netto, vgl. S. 9 des Gutachtens W. vom 14.09.2017) waren nicht zuzuerkennen.

Verbringungskosten sind nur dann zu ersetzen, wenn sie bei der Reparatur in einer regionalen markengebundenen Fachwerkstatt üblicherweise anfallen (vgl. nur Palandt/Grüneberg, BGB, 80. Auflage, § 249 Rn. 14). Der Kläger macht seinen Fahrzeugschaden fiktiv auf Gutachtenbasis geltend. Verbringungskosten (für eine Überführung des Fahrzeugs zum Lackierer) sind nur dann zu ersetzen, wenn sie bei einer Reparatur in einer regionalen markengebundenen Fachwerkstatt üblicherweise anfallen (vgl. nur Palandt/Grüneberg aaO). Hierzu fehlt es einem klägerischen Vorbringen: Er hat auf die entsprechende Einwendung der Beklagten (Bl. 17, 18 d.A.) sowie auf den Hinweisbeschluss des Senats vom 10.02.2021 (Bl. 213 ff. d.A.) nichts vorgetragen.

cc) Eine Kostenpauschale in Höhe von 25,00 EUR ist im OLG-Bezirk Celle üblich und entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. bereits Senat, Urt. v. 09.09.2004 - 14 U 32/04). Der Senat sieht keine Veranlassung, die allgemeine Kostenpauschale abzuändern; weder ist eine Erhöhung noch eine Herabsetzung angemessen.

Es trifft zwar zu, worauf die Beklagten in erster Instanz verwiesen haben, dass die Kosten für Kommunikation und insbesondere Internet in den letzten Jahren deutlich gesunken sind. Auch Portokosten fallen infolge der Digitalisierung bei der Schadensbearbeitung jedenfalls im Vergleich zu der Zeit, in der die Pauschale mit 25,00 EUR grundlegend bemessen wurde, im ganzen gesehen kaum mehr an, weil die Übermittlung der Schadensunterlagen regelmäßig digital erfolgt. Telefonkosten unterliegen oftmals aufgrund der verbreiteten sog. "Flatrates" keiner gesonderten Berechnung.

Damit werden aber die von der allgemeinen Unkostenpauschale abgedeckten Kosten nur unzureichend erfasst. Insoweit wird die Ansicht der Beklagten, die unter Bezug auf die gesunkenen Kosten "auf dem Kommunikationsmarkt" eine generelle Herabsetzung der Pauschale für geboten halten, weder dem Sinn der Pauschale noch den von ihr erfassten Kosten gerecht.

(1) Die Berechtigung, eine Auslagenpauschale geltend zu machen, folgt aus § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB. Mit ihr werden neben Telefon- und Portokosten auch Fahrtkosten (vgl. nur Palandt/Grüneberg, BGB, 80. Aufl. 2021, § 249 Rn. 79) und Ähnliches (so wörtlich BGH, Beschl. v. 13.02.2007 - VI ZB 39/06, Rn. 12; Staudinger/Schiemann, BGB, Neubearbeitung 2017, § 251 Rn. 88) ausgeglichen. Dabei handelt es sich allerdings um eine Besonderheit des Verkehrsunfallrechts, weil die Regulierung von Verkehrsunfällen ein Massengeschäft darstellt, bei dem dem Gesichtspunkt der Praktikabilität besonderes Gewicht zukommt (BGH, Urt. v. 08.05.2021 - VI ZR 37/11, Rn. 11 mwN). Eine generelle Anerkennung einer solchen Pauschale für sämtliche Schadensfälle ohne nähere Darlegung der getätigten Aufwendungen - etwa im Rahmen der vertraglichen Haftung - gibt es in der Rechtsprechung nicht (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 21.12.2005 - 15 U 44/05, juris-Rn. 26 f.) und ist angesichts der unterschiedlichen Abläufe bei der jeweiligen Schadensabwicklung auch nicht gerechtfertigt (BGH, Urt. v. 08.05.2021 - VI ZR 37/11, Rn. 11). Demnach bezieht sich die Pauschale gerade auf die Kosten, die in der Regel nur schwierig quantifizierbar sind, jedoch nach der Lebenserfahrung bei der Abwicklung vergleichbarer Schadensfälle üblicherweise anfallen.

Bei Verkehrsunfällen ist in der Praxis eine Begutachtung der Schäden durch einen Kfz-Sachverständigen geboten, und zwar schon vor der Anspruchsstellung. Die dafür erforderliche Verbringung des fahrtüchtigen Fahrzeugs in die Werkstatt veranlasst naturgemäß Fahrtkosten. Ebenfalls sind Fahrten der Geschädigten zu ihren Anwälten üblich. In den letzten Jahren sind die Preise für Benzin jedoch deutlich gestiegen. Hier ist kein Abfall der Preisentwicklung, sondern eine deutliche Preissteigerung zu verzeichnen.

Der Verweis auf die im Vertragsgeschäft gesunkenen Kosten auf dem Kommunikationsmarkt übergeht, dass die allgemeinen Stromkosten, an denen die digitale Kommunikation teilhat (PC-Kosten, Aufladekosten etc.), in Deutschland gravierend gestiegen sind. Auch wenn es sich dabei bezogen auf den Schadensfall um anteilige Kleinbeträge handeln mag (wie im umgekehrten Fall der gesunkenen Kosten jedoch auch), ist somit die Vorstellung, die Gesamtkosten seien durchweg niedriger geworden, nicht zutreffend.

Die Kosten für Porto, die im Einzelfall trotz der digitalen Massenkommunikation anfallen können und in der Regel nicht gesondert ausgewiesen werden, sind ebenfalls fortwährend gestiegen und nicht gesunken.

Damit ergibt sich in der Gesamtschau ein uneinheitliches Bild der Kostenentwicklung. Kostensenkungen stehen Kostensteigerungen gegenüber, ohne dass sich grundsätzlich sagen lässt, welche Entwicklung maßgeblich preisbildend ist.

(2) Die allgemeine Pauschale dient auch dazu, die Untersuchung und Erhebung derartiger Preisentwicklungen und ihre jeweilige Auswirkung auf den Schadensfall zu ersparen. Die Angemessenheit der Pauschale der Höhe nach unterliegt im Rahmen der Schadensschätzung (§ 287 ZPO) einem gewissen Spielraum. Die Rechtsprechung, auf die sich die Beklagten zum Teil stützen möchten und die eine Höhe der Pauschale von 20,00 EUR für angemessen erachtet (vgl. KG, Urt. v. 16.08.2010 - 22 U 15/10, juris-Rn. 32; ebenso KG, Urt. v. 20.12.2010 - 12 U 70/10, juris-Rn. 54 f.; KG, Urt. v. 10.09.2007 - 22 U 224/06, juris-Rn. 20; KG, Urt. v. 04.12.2006 - 12 U 206/05, juris-Rn. 18 mwN; LG Hamburg, Urt. v. 21.12.2021 - 331 O 42/12, unveröffentlicht; AG Bückeburg, Urt. v. 21.11.2017 - 30 C 192/17, unveröffentlicht), begründet keinen Anspruch auf eine allgemeine Herabsetzung der Pauschale auf 20,00 EUR oder einen geringeren Betrag. Diese Gerichte - insbesondere das Kammergericht - halten in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich eine Pauschale von 20,00 EUR für ausreichend und sehen keine Veranlassung für eine Herab- oder Heraufsetzung. Das ist auch die Ansicht des erkennenden Senats. Die Bemessung unspezifischer Neben- oder Folgekosten einer Schadensbearbeitung steht der allgemeingültigen Festlegung eines objektiv richtigen Betrags entgegen (vgl. Senat, Urt. v. 11.11.2020 - 14 U 71/20, juris-Rn. 34). Die seit geraumer Zeit überwiegend übliche Pauschale von 25,00 EUR (vgl. dazu schon die umfangreichen Nachweise bei AG Brandenburg, Beschl. v. 22.09.2011 - 31 C 1241/11, NZV 2012, 339, juris-Rn. 1), die der Senat in ständiger Rechtsprechung ansetzt (vgl. beispielsweise Senat, Urt. v. 15.05.2018 - 14 U 175/17, juris-Rn. 33; Urt. v. 04.12.2019 - 14 U 127/19, juris-Rn. 10 und 60), bewegt sich somit innerhalb des Ermessens gem. § 287 ZPO. Durch die pauschalierte Schätzung wird den Parteien - auf beiden Seiten - der oft mühevolle und unverhältnismäßige Streit um Kleinpositionen erspart. Im Massengeschäft der Verkehrsunfallbearbeitung steht die Pauschalierung im Interesse aller an der Abwicklung Beteiligten. Daher verbietet es sich dem Sinn und Zweck der Pauschale nach, allgemeine Preisentwicklungen aus einem Kostensektor, der von der Pauschale abgedeckt werden soll, herauszustellen, um eine Veränderung der Höhe in die eine oder andere Richtung insgesamt zu erreichen.

(3) Die Kostenpauschale in Höhe von 25,00 EUR erscheint nach alledem weiterhin insgesamt berechtigt und angemessen. Der Nachweis höherer Kosten im Einzelfall bleibt davon unberührt (vgl. Staudinger/Schiemann, BGB, Neubearbeitung 2017, § 251 Rn. 88).

dd) Die Sachverständigenkosten von 742,08 EUR sind ungemindert brutto anzusetzen. Die Beklagten haben zwar gerügt (Bl. 19 d.A.), der Kläger sei als Inhaber eines Malerfachbetriebs vorsteuerabzugsberechtigt, weshalb Mehrwertsteuer von 118,48 EUR nicht beansprucht werde könnte. Es ist jedoch nicht ersichtlich - und wird von den Beklagten auch nicht behauptet - dass der bei dem Unfall beschädigte Pkw VW ein Firmenfahrzeug des Klägers war und damit einer - diese unterstellt - Vorsteuerabzugsberechtigung unterfallen könnte. Die Lichtbilder des Fahrzeugs weisen jedenfalls keinerlei Firmenbezug auf (vgl. die Bilder Nr. 2 ff auf S. 14 ff. im Gutachten M. vom 26.11.2019). Eine teilweise gewerbliche Nutzung des im Eigentum des Klägers (unbestritten Bl. 2 d.A.) stehenden Wagens ist nicht ersichtlich und wird von keiner Seite behauptet.

ee) Die Reparaturkosten netto in Höhe von 3.552,39 EUR um 174,00 EUR Verbringungskosten gekürzt ergeben 3.378,39 EUR zzgl. 900,00 EUR Wertminderung sowie 742,08 EUR Sachverständigenkosten und die Unfallkostenpauschale von 25,00 EUR, insgesamt 5.045,47 EUR.

Davon zwei Drittel sind 3.363,64 EUR, die die Beklagten als Gesamtschuldner an den Kläger auszugleichen haben.

c) Der Freistellungsanspruch in Bezug auf die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten bemisst sich nach dem zutreffenden Gegenstandswert von 3.363,64 EUR (Wertstufe bis 4.000,00 EUR) und den für die Berechnung maßgeblichen Sätzen des RVG 2013 auf 413,64 EUR.

Es bedurfte keiner Entscheidung, ob die dem Prozessbevollmächtigten des Klägers erteilte Vollmacht nur auf die außergerichtliche Tätigkeit beschränkt war oder der Kläger bereits von Anfang an den unbedingten Auftrag erteilt hat, ggf. auch im gerichtlichen Verfahren tätig zu werden. Im letzten Fall würden bereits Vorbereitungshandlungen die Gebühren für das gerichtliche Verfahren auslösen; für das Entstehen der Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG wäre dann kein Raum mehr, und zwar auch dann, wenn der Anwalt zunächst nur außergerichtlich tätig geworden wäre (vgl. dazu näher BGH, Urt. v. 15.08.2019 - III ZR 205/17, Rn. 43 mwN). Denn die Beklagten haben den Auftrag bzw. die zugrundeliegende Bevollmächtigung in keiner Weise beanstandet (s. S. 6 der Klageerwiderung, Bl. 19 d.A.).

d) Die weitergehende Klage sowie die entsprechende Berufung waren unbegründet und mussten daher ab- bzw. zurückgewiesen werden.

e) Die Zinsen zur Hauptforderung rechtfertigen sich aus Verzug ab Rechtshängigkeit (Bl. 10 f. d.A.). Der zugehörige Vortrag (vgl. S. 4 der Klageschrift, Bl. 4 d.A.) ist von den Beklagten nicht bestritten worden (vgl. S. 6 der Klageerwiderung, Bl. 19 d.A.).

Für den geltend gemachten Freistellungsanspruch hinsichtlich der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten (vgl. Bl. 86, 131 d.A. und LGU 4) besteht allerdings kein Anspruch auf Verzinsung. Ein Freistellungsanspruch ist keine Geldschuld im Sinne des § 288 Abs. 1 BGB (vgl. nur OLG Frankfurt, Urt. v. 20.12.2018 - 8 U 53/17, juris-Rn. 96 mwN).

III.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1, 344, 708 Nr. 10, 713, 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

IV.

Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 543 ZPO bestehen nicht, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und der Senat nicht von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes oder eines anderen Oberlandesgerichts abweicht, so dass auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern.

V.

Die Festsetzung des Streitwertes für das Berufungsverfahren beruht auf § 3 ZPO, § 47 Abs. 1 GKG.