Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 10.06.2021, Az.: 8 U 11/20
Vergütungs- und Gewährleistungsansprüche aus Bauvorhaben; Aufrechnung gegen eine Werklohnforderung; Anspruch auf Zahlung eines Kostenvorschusses; Fehlender Schichtenverbund zwischen einer alten und einer neuen Fahrbahn
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 10.06.2021
- Aktenzeichen
- 8 U 11/20
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2021, 66820
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Hildesheim - 11.12.2019 - AZ: 2 O 403/18
Rechtsgrundlagen
Fundstellen
- BauR 2023, 646-665
- IBR 2022, 346
- IBR 2022, 398
In dem Rechtsstreit
Landkreis P., ...,
Kläger, Widerbeklagter, Berufungskläger und Berufungsbeklagter,
Prozessbevollmächtigte:
Anwaltsbüro S., ...,
gegen
O. Straßen-, Tief- und Hochbau GmbH, ...,
Beklagte, Widerklägerin, Berufungsbeklagte und Berufungsklägerin,
Prozessbevollmächtigte:
Anwaltsbüro X., ...,
hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 3. Mai 2021 durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht ..., die Richterin am Oberlandesgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ... für Recht erkannt:
Tenor:
- 1.
Auf die Berufung des Klägers wird das am 11. Dezember 2019 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Hildesheim unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels abgeändert und wie folgt gefasst:
a. Es wird festgestellt, dass die Restforderung der Beklagten aus ihrer Schlussrechnung Nr. W11067SN vom 16. Juli 2018 für den Ausbau der Kreisstraße A zwischen W. und R. in Höhe eines Teilbetrages von 147.458,73 € durch Aufrechnung erloschen ist.
b. Es wird festgestellt, dass die weitergehende Forderung der Beklagten aus der Schlussrechnung der Beklagten Nr. W11067SN vom 16. Juli 2018 für das Bauvorhaben "Ausbau der Kreisstraße A zwischen W. und R." derzeit nicht fällig ist.
c. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
d. Die Widerklage der Beklagten wird abgewiesen.
- 2.
Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
- 3.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu 34 % und der Kläger zu 66 % zu tragen. Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens hat die Beklagte zu tragen. Von den Kosten des selbständigen Beweisverfahrens 20 OH 18/12 des Landgerichts Hildesheim tragen der Kläger 69 % und die Beklagte 31 %.
- 4.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien können die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
- 5.
Die Revision wird nicht zugelassen.
- 6.
Der Streitwert wird für den ersten Rechtszug auf bis 350.000 € und für das Berufungsverfahren auf bis 1.000.000 € festgesetzt.
Gründe
A.
Die Parteien streiten um Vergütungs- und Gewährleistungsansprüche aus zwei Bauvorhaben.
Auf der Grundlage eines Angebots der Beklagten vom 29. September 2006 beauftragte der Kläger die Beklagte mit Schreiben vom 6. November 2006 mit dem Ausbau der Kreisstraße B (KB) zwischen M. und O. Dem Vertrag lagen die VOB/B Ausgabe 2002 sowie die besonderen Vertragsbedingungen des Klägers zugrunde. Der Vertrag sah vor, auf die vorhandene Straße im sog. Hochausbau eine zusätzliche Asphalttrag- und -deckschicht aufzutragen, die Straße im sog. Tiefausbau oder Vollausbau zu verbreitern und - für den Rechtsstreit ohne Bedeutung - einen Fahrradweg parallel zur Straße herzustellen. Wegen der Einzelheiten des Vertrages wird auf die Anlagen K 1 und K 2 (Bl. 18 f., 20 f. d. A.) sowie auf das Leistungsverzeichnis Baubeschreibung KB (Bl. 104 ff. der Beiakten 2 OH 18/12; nachfolgend: BA) sowie den Auszug aus der Baubeschreibung gemäß Anlage BB 4 (Bl. 943 d. A.) Bezug genommen.
Die Arbeiten wurden in den Jahren 2006 und 2007 in zwei Bauabschnitten ausgeführt. Die Abnahme des ersten Bauabschnitts erfolgte am 7. Juni 2007 (Bl. 8 BA), die des zweiten Bauabschnitts am 17. September 2007 (Bl. 9 f. BA). Am 23. November 2007 erstellte die Beklagte eine Schlussrechnung, auf die der Kläger mehrere Teilzahlungen leistete. Mit Schreiben vom 20. Juli 2009 machte die Beklagte Verzugszinsen in Höhe von 7.479,03 € geltend, die sie zunächst mit Blick auf weitere Aufträge nicht weiterverfolgte.
Am 31. Mai 2011 führten die Parteien eine Gewährleistungsabnahme für den ersten Bauabschnitt durch (Bl. 11 ff. BA). Die Gewährleistungsabnahme für den zweiten Bauabschnitt fand im September 2011 statt (Bl. 15 ff. d. A.). Ob dies an dem in der Abnahmebescheinigung genannten 16. September 2011 oder - auf Wunsch der Beklagten (Bl. 256 d. A.) - am 19. September 2011 geschah, ist streitig. Bei beiden Gewährleistungsabnahmen wurden zahlreiche, in den Anlagen zu den Abnahmebescheinigungen vereinzelt aufgeführte Beschädigungen wie Risse, Kornausbrüche und ähnliches festgestellt. Der Kläger forderte die Beklagte jeweils am Tag der Gewährleistungsabnahmen schriftlich zur Mängelbeseitigung auf. Nachdem die Beklagte diese Mängel nicht beseitigt hatte, forderte der Kläger die Beklagte mit Schreiben vom 30. April 2012 (Bl. 76 BA) auf, bis zum 10. Mai 2012 Gewährleistungsschäden dem Grunde nach anzuerkennen und bis zum 24. Mai 2012 einen Ausführungsvorschlag zur Mängelbeseitigung zu unterbreiten. Mit Schreiben vom 24. Mai 2012 (Bl. 77 BA) wies die Beklagte ihre Verantwortlichkeit für Schäden zurück und forderte den Kläger zur Rückgabe der Gewährleistungsbürgschaft auf. Mit Schreiben vom 27. August 2012 (Bl. 85 BA) setzte der Kläger der Beklagten "eine allerletzte Frist für die Schadensanerkennung und für die Vorlage eines geeigneten Sanierungsvorschlages bis zum 12.09.2012".
Nachdem diese Frist verstrichen war, beantragte der Kläger mit einem am 5. November 2012 bei dem Landgericht Hildesheim eingegangenen Schriftsatz die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens, das unter dem Az. 2 OH 18/12 geführt wurde. Das Landgericht holte ein Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. V. vom 14. Januar 2014 nebst Ergänzungsgutachten vom 4. März 2015, 25. Juli 2016 und 6. Mai 2017 (jeweils lose bei den Beiakten) sowie Gutachten des Sachverständigen Dr.-Ing. G. vom 3. März 2015, 14. Juli 2016 und 21. April 2017 (jeweils Teil der Ergänzungsgutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. V.) ein. Ferner ließ es die Gutachten durch die Sachverständigen am 1. Juni 2015 und 11. Oktober 2017 mündlich erläutern (Protokolle Bl. 459 ff., 621 ff. BA). Der Sachverständige Dipl.-Ing. V. sah als wesentliche Mängel
• einen teilweise, nämlich auf 32,3 % der Gesamtfläche, fehlenden Schichtenverbund zwischen dem Altbestand und der neu aufgebrachten Asphalttragschicht,
• einen teilweise fehlenden Schichtenverbund innerhalb des Altbestands,
• eine unzureichende Tragfähigkeit des Untergrundes sowie
• unzureichende Entwässerungseinrichtungen
an. In Ersterem sah er einen Ausführungsfehler der Beklagten; hinsichtlich der übrigen Punkte wies er die Verantwortlichkeit dem Kläger zu. Er nahm eine technische Quotierung vor, die einen technischen Verursachungsanteil der Beklagten von 31 % ergab. Er ermittelte Mängelbeseitigungskosten in Höhe von 475.673,35 € netto. Mit Schreiben vom 5. Januar 2018 (Bl. 22 d. A.) machte der Kläger unter Fristsetzung zum 16. Januar 2018 eine "Schadensersatzforderung gemäß § 13 Abs. 7 Nr. 3 VOB/B" in Höhe von 147.458,73 € (31 % von 475.673,35 €) geltend und wies darauf hin, dass er berechtigt sei, "auch die eigentlichen Mangelbeseitigungskosten als Schadensersatzanspruch geltend zu machen".
Im Jahr 2011 beauftragte der Kläger die Beklagte mit dem Ausbau der Kreisstraße A (KA) zwischen W. und R. Dem Vertrag lagen die VOB/B Ausgabe 2009 zugrunde. In einem selbständigen Beweisverfahren vor dem Landgericht Braunschweig - 7 OH 4/17 - wurden Mängel unter anderem an einer von der Beklagten errichteten Gabionenwand festgestellt. Nach Abschluss des selbständigen Beweisverfahrens einigten sich die Parteien auf eine von dem Vorschlag des gerichtlichen Sachverständigen abweichende, kostengünstigere Art der Sanierung. An der Planung wirkte das von dem Kläger beauftragte Ingenieurbüro H. & Partner mit, das dem Kläger mit Schlussrechnung vom 7. Dezember 2017 insgesamt 6.666,08 € berechnete (Bl. 505 ff. d. A.). Der Kläger ließ sich in den Verhandlungen über die Sanierung durch seine jetzigen Prozessbevollmächtigten vertreten, die ihm am 16. Januar 2019 eine Rechnung über 4.814,74 € erteilten (Bl. 503 d. A.). Die Mängelbeseitigungsarbeiten der Beklagten wurden am 2. März 2018 abgenommen. Nachdem der Kläger die erste und letzte Seite einer auf den 7. Mai 2018 datierten Schlussrechnung (eine erste Schlussrechnung der Beklagten vom 13. August 2015 hatte der Kläger als nicht prüfbar zurückgesandt) erhalten hatte, beanstandete er dies mit Schreiben vom 19. Juni 2018 (Bl. 29 ff. d. A.) als unvollständig. Zugleich erklärte er die Aufrechnung der mit Schreiben vom 5. Januar 2018 geltend gemachten Forderung in Höhe von 147.458,73 € mit einer noch zu ermittelnden Restforderung der Beklagten aus dem Bauvorhaben KA. Die Beklagte erstellte nunmehr eine Schlussrechnung vom 16. Juli 2018 (Bl. 69 ff. d. A.), die auf einen Schlussrechnungsbetrag von 2.838.764,61 € lautete; unter Berücksichtigung geleisteter Abschläge ergab sich danach eine Restforderung in Höhe von 778.912,14 €. Der Kläger beanstandete diese Schlussrechnung mit Schreiben vom 10. September 2018 (Bl. 89 ff. d. A.) erneut als nicht prüfbar, erstellte aber unter dem 20. September 2018 eine "Prüfrechnung zur Schlusszahlung" (Bl. 92 ff. d. A.), die eine Restforderung der Beklagten in Höhe von 155.605,07 € ergab.
Der Kläger hat unter Berufung auf die Feststellungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. V. im selbständigen Beweisverfahren gemeint, für das Bauvorhaben KB einen Vorschuss zur Mängelbeseitigung in Höhe von 147.458,73 € geltend machen zu können, und mit der Klageschrift die Aufrechnung gegen die Restforderung der Beklagten aus deren Schlussrechnung vom 16. Juli 2018 (Bauvorhaben KA) erklärt. Er habe sich sämtliche Gewährleistungsansprüche vorbehalten. Er hat weiter gemeint, der Sachverständige habe bei seiner technischen Quotierung unberücksichtigt gelassen, dass zulasten der Beklagten unterbliebene Hinweise auf
• mangelnde Tragfähigkeit des Untergrunds,
• mangelnde Frostsicherheit des Unterbaus sowie
• das Risiko der Entfernung des Bordsteins
zu berücksichtigen seien und die Haftungsquote der Beklagten dementsprechend höher sei. Hilfsweise hat sich der Kläger darauf gestützt, dass allein die nachträgliche Herstellung des Schichtenverbunds zwischen dem Altbestand und der neuen Asphalttragschicht in den Bereichen, in denen er fehle, nach Ermittlung des Sachverständigen Dipl.-Ing. V. Kosten in Höhe von 194.950,00 € netto verursache.
Die Schlussrechnung der Beklagten vom 16. Juli 2018 (Bauvorhaben KA) hat der Kläger als nicht prüfbar, die Schlussrechnungsforderung daher als nicht fällig erachtet. Insoweit hat der Kläger mit Schreiben vom 10. September 2018 (Anlage K 17, Bl. 89 ff. d. A.), auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, Einwendungen gegen die Prüfbarkeit der Schlussrechnung vom 16. Juli 2018 (Anlage K 15, Bl. 69 ff. d. A.) erhoben und auf die als Anlage B 1 (Bl. 1159 ff. d. A.) vorgelegte 16-seitige tabellarische Aufstellung, auf die wegen der näheren Einzelheiten verwiesen wird, Bezug genommen.
Der Kläger hat beantragt,
1. festzustellen, dass die Restforderung der Beklagten aus ihrer Schlussrechnung Nr. W11067SN vom 16. Juli 2018 für den Ausbau der Kreisstraße A zwischen W. und R. in Höhe eines Teilbetrages von 147.458,73 € durch Aufrechnung erloschen ist,
hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 147.458,73 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. Januar 2018 zu zahlen,
2. festzustellen, dass die weitergehende Forderung der Beklagten aus der Schlussrechnung der Beklagten Nr. W11067SN vom 16. Juli 2018 für das Bauvorhaben "Ausbau der Kreisstraße A zwischen W. und R." derzeit nicht fällig ist.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Widerklagend hat sie beantragt,
1. den Kläger zu verurteilen, an sie 8.146,34 € zzgl. "9 % Zinspunkte" über dem Basiszinssatz seit dem 6. Oktober 2018 zu zahlen, 2. festzustellen, dass sämtliche Gewährleistungsansprüche des Klägers (Kostenvorschuss als auch ein Schadensersatzanspruch) für die Baumaßnahme "Ausbau der Fahrbahn der KB zwischen O. und M." gemäß Auftrag vom 6. November 2006, insbesondere die in dem selbständigen Beweisverfahren vor dem Landgericht Hildesheim 2 OH 18/12 festgestellten Gewährleistungsansprüche, verjährt sind.
Der Kläger hat beantragt,
die Widerklage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Ursächlichkeit des teilweise fehlenden Schichtenverbundes zwischen dem Altbestand und der neuen Asphalttragschicht für die aufgetretenen Risse und sonstigen Beschädigungen in Abrede genommen, weil diese auch in den übrigen Bereichen der Straße gleichermaßen aufgetreten seien.
Die von dem Sachverständigen Dipl.-Ing. V. ermittelte Quote hat die Beklagte als fehlerhaft erachtet, weil der ihr von dem Sachverständigen zugewiesene Ursachenbeitrag nur eine Teilfläche von 32,3 % betreffe. Weiter habe der Sachverständige die mangelnde Frostsicherheit nicht zulasten des Klägers berücksichtigt ebenso wie den Umstand, dass der Kläger statt der ausgeschriebenen Bauklasse IV die Bauklasse III habe ausschreiben müssen.
Die Beklagte hat weiter gemeint, es müsse ein erheblicher Abzug "Neu für Alt" vorgenommen werden, weil die Asphaltdeckschicht nach 15 Jahren erneuert werden und nach 25 Jahren eine grundlegende Sanierung erfolgen müsse.
Mit Blick auf die ohnehin demnächst erforderliche Erneuerung der Asphaltdeckschicht hat sie die Erneuerung im Rahmen der Mängelbeseitigung als unverhältnismäßig im Sinne von § 13 Abs. 6 VOB/B angesehen.
Sie hat die Einrede der Verjährung erhoben.
Hinsichtlich des Hilfsantrags des Klägers hat die Beklagte hilfsweise die Aufrechnung mit ihrer Zinsforderung für das Bauvorhaben KB in Höhe von 7.479,03 € erklärt.
Mit der Widerklage hat sie die Differenz zwischen der von dem Kläger ermittelten Restforderung aus der Schlussrechnung vom 16. Juli 2018 und dem Gegenstand der von dem Kläger erklärten Aufrechnung geltend gemacht.
Der Kläger hat gegenüber diesem Differenzbetrag ein Zurückbehaltungsrecht im Hinblick auf einen ihm zustehenden Kostenerstattungsanspruch aus dem selbständigen Beweisverfahren vor dem Landgericht Hildesheim geltend gemacht. Hilfsweise hat er sich auf Gegenansprüche wegen angefallener Kosten für die anwaltliche Vertretung im Zusammenhang mit dem selbständigen Beweisverfahren vor dem Landgericht Braunschweig in Höhe von 4.814,74 € sowie Kosten des Ingenieurbüros H. in Höhe von 6.666,08 € (Bl. 505 d. A.) im Zusammenhang mit der Mangelbeseitigung an der KA berufen. Der Kläger hat die Rechnung seiner jetzigen Prozessbevollmächtigten - wie im Berufungsverfahren unstreitig geworden ist - bezahlt. Die Beklagte habe sich zur Übernahme aller Kosten der Nachbesserung verpflichtet.
Hinsichtlich der Zinsforderung in Höhe von 7.479,03 € hat der Kläger die Einrede der Verjährung erhoben.
Das Landgericht hat seine Akten 2 OH 18/12 beigezogen und die in diesem selbständigen Beweisverfahren eingeholten Gutachten nochmals durch den Sachverständigen Dipl.-Ing. V. erläutern lassen (Protokoll Bl. 557 ff. d. A.).
Sodann hat das Landgericht mit Urteil vom 11. Dezember 2019 (Bl. 615 ff. d. A.), auf das wegen der tatsächlichen Feststellungen, des Tenors und der Einzelheiten der Entscheidungsgründe Bezug genommen wird, dem Klageantrag zu 1 hinsichtlich eines Teilbetrags in Höhe von 35.596,19 € sowie dem Widerklageantrag zu 1 stattgegeben und Klage und Widerklage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt:
Der Klageantrag zu 1 sei zulässig; angesichts des Bestreitens der Beklagten habe der Kläger ein Feststellungsinteresse, die materiell-rechtliche Wirkung seiner Aufrechnungserklärung feststellen zu lassen. Der Klageantrag sei aber nur teilweise begründet. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe fest, dass dem Kläger ein Vorschuss zur Mängelbeseitigung in Höhe von 35.596,19 € zugestanden und der Kläger insoweit wirksam gegen die Forderung der Beklagten aus der Schlussrechnung vom 16. Juli 2018 (Bauvorhaben KA) aufgerechnet habe.
Die Werkleistung der Beklagten beim Bauvorhaben KB sei insoweit mangelhaft, als der erforderliche Schichtenverbund zwischen dem Altbestand und der neuen Asphalttragschicht teilweise fehle. Dieser Mangel sei (auch) ursächlich für die aufgetretenen Risse und sonstigen Beschädigungen. Der Verursachungsanteil dieses Mangels sei neben den weiteren, nicht der Beklagten zuzurechnenden Ursachen auch juristisch mit 31 % zu bewerten. Die von dem Sachverständigen Dipl.-Ing. V. in seinem Erstgutachten im Jahr 2014 ermittelten Mängelbeseitigungskosten in Höhe von 441.709,99 € netto seien um die Kosten der Asphaltbewehrung zu reduzieren, bei denen es sich um Sowiesokosten handele, so dass ein Betrag in Höhe von 314.209,99 € verbleibe. Unter Berücksichtigung der von dem Sachverständigen in seinem 3. Ergänzungsgutachten angenommenen jährlichen Preissteigerung um 2,5 % ergebe sich für 2019 ein Betrag in Höhe von 355.499,76 €. Davon entfielen auf die Fläche, auf der die Beklagte mangelhaft gearbeitet habe (32,3 %), 114.826,42 €. Hiervon habe die Beklagte einen Anteil von 31 % zu tragen, das seien 35.596,19 €.
Ein höherer Anspruch des Klägers ergebe sich nicht daraus, dass der Sachverständige im Rahmen der Gutachtenerläuterung höhere Kosten einer "regionalen Mängelbeseitigung", nämlich der isolierten Herstellung des auf Teilflächen von 32,3 % fehlenden Schichtenverbunds zwischen Altbestand und neuer Asphalttragschicht, ermittelt habe. Denn dabei habe es sich nach den Ausführungen des Sachverständigen lediglich um eine theoretische Berechnung gehandelt, weil auch nach der durchgeführten Georadar-Messung keine konkrete Aussage darüber möglich sei, bei welchen Teilflächen der Schichtenverbund fehle.
Ein Abzug "Neu für Alt" sei nicht vorzunehmen, weil die Beklagte durch das Ablehnen der Mängelbeseitigung selbst dazu beigetragen habe, dass sich die Schadensbeseitigung lange hinausgezögert habe und sich der Kläger jahrelang mit einem mangelhaften Werk habe begnügen müssen; daraus dürfe der Beklagten kein Vorteil entstehen. Soweit etwas Anderes gelte, wenn sich ein Mangel erst spät ausgewirkt habe und der Auftraggeber bis dahin keine Gebrauchsnachteile habe hinnehmen müssen, habe die Beklagte nicht vorgetragen, ob es zwischen der Fertigstellung der Arbeiten im Jahr 2007 und der Durchführung der Gewährleistungsabnahmen im Jahr 2011 Risse gegeben habe oder nicht.
Der Durchsetzung des Vorschussanspruchs des Klägers stehe die Einrede der Verjährung nicht entgegen. Durch die am Tag der Gewährleistungsabnahmen erfolgte Aufforderung zur Mängelbeseitigung habe sich die Verjährungsfrist von vier Jahren gemäß § 13 Abs. 5 Nr. 1 Satz 2 VOB/B um zwei Jahre verlängert. Ob die Gewährleistungsabnahme für den zweiten Bauabschnitt am 16. oder erst am 19. September 2011 (d. h. nach Ende der Gewährleistung) erfolgt sei, sei ohne Bedeutung. Denn wenn die Gewährleistungsabnahme auf Wunsch der Beklagten erst am 19. September 2011 durchgeführt sei, sei darin ein zur Hemmung führendes Verhandeln im Sinne von § 203 BGB zu sehen; jedenfalls verstoße die Berufung auf die Einrede der Verjährung in diesem Fall gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB). Da unmittelbar nach Durchführung der Gewährleistungsabnahmen Verhandlungen über die Mängelbeseitigungsansprüche erfolgt seien, sei die Verjährung gemäß § 203 BGB gehemmt worden. Eine erneute Hemmung sei durch das selbständigen Beweisverfahren eingetreten. Nach Abschluss des selbständigen Beweisverfahrens sei die Verjährung wiederum gemäß § 203 BGB infolge von Verhandlungen gehemmt gewesen. Im Zeitpunkt der Klageeinreichung seien von der zweijährigen Verjährungsfrist höchstens ein Jahr und drei Monate verstrichen gewesen.
Soweit sich die Beklagte auf eine vorbehaltlose Abnahme berufen habe, treffe das nicht zu. Der Kläger habe sich in den Gewährleistungs-Abnahmeprotokollen sämtliche Mängelansprüche vorbehalten.
Soweit die Beklagte hilfsweise die Aufrechnung mit einem Zinsanspruch in Höhe von 7.479,03 € erklärt habe, stehe dem entgegen, dass die Zinsforderung mit Ablauf des 31. Dezember 2012 verjährt sei. Auch unter Berücksichtigung von § 215 BGB sei eine Aufrechnung daher nicht möglich.
Der Klageantrag zu 2 sei ebenfalls zulässig. Der Kläger habe unter dem Aspekt der Verzinsung ein Feststellungsinteresse, ob eine weitergehende Werklohnforderung der Beklagten fällig sei oder ob das - wegen mangelnder Prüfbarkeit der Schlussrechnung vom 16. Juli 2018 (Bauvorhaben KA) - nicht der Fall sei. Der Klageantrag sei aber unbegründet, weil die Schlussrechnung prüfbar sei. Das ergebe sich bereits daraus, dass der Kläger die Schlussrechnung geprüft und eine eigene Abrechnung erstellt habe. Ob die Schlussrechnung inhaltlich richtig sei, sei für die Prüfbarkeit ohne Bedeutung.
Der Widerklageantrag zu 1 sei begründet. Der Beklagten stehe der damit geltend gemachte Werklohnanspruch aufgrund der eigenen Berechnung des Klägers zu. Soweit der Kläger Zurückbehaltungsrechte wegen Gegenforderungen geltend mache, fehle es an der gemäß § 273 BGB erforderlichen Konnexität.
Der Widerklageantrag zu 2 sei zwar zulässig; das erforderliche Feststellungsinteresse bestehe. Der Antrag sei aber unbegründet, weil Gewährleistungsansprüche des Klägers nicht verjährt seien.
Gegen dieses Urteil wenden sich beide Parteien mit ihren fristgerecht eingelegten und begründeten Berufungen, mit denen sie ihr erstinstanzliches Begehren weiterverfolgen und teilweise erweitern.
Der Kläger macht geltend, das Landgericht habe bei der Ermittlung des zur Aufrechnung gestellten Kostenvorschusses zu Unrecht nur 32,3 % der Mängelbeseitigungskosten berücksichtigt. Denn der Sachverständige Dipl.-Ing. V. habe dies nach den Ausführungen in seinem zweiten Ergänzungsgutachten bei der Ermittlung der Verursachungsquote bereits berücksichtigt. Außerdem sei der Bereich des fehlenden Schichtenverbundes nicht abgrenzbar und auch nicht isoliert instand zu setzen.
Auch der angenommene Verursachungsanteil der Beklagten von 31 % sei zu gering. Das Landgericht habe sich nicht mit den diesbezüglichen Einwendungen befasst. So könnten mangelnde Tragfähigkeit des Untergrundes und mangelnde Frostsicherheit schon deshalb nicht schadenursächlich sein, weil dann auch der alte Asphaltbelag vor der Sanierung erhebliche Rissbildungen habe zeigen müssen; das sei aber nicht der Fall. Auch habe das Landgericht nicht berücksichtigt, dass die Beklagte in mehrfacher Hinsicht ihre Pflicht zur Bedenkenanmeldung verletzt habe, nämlich sowohl im Hinblick auf die angeblich fehlende Tragfähigkeit des Untergrundes als auch im Hinblick auf die Entfernung des Bordsteins.
Die Kosten der Asphaltbewehrung habe das Landgericht zu Unrecht als Sowiesokosten behandelt. Dem stehe schon entgegen, dass die von dem Sachverständigen vorgeschlagene Sanierung nicht zu einer vollständigen Mängelbeseitigung, sondern nur zu einer "Lebensverlängerung" führe. Auch sei nach den Ausführungen des Sachverständigen davon auszugehen, dass allein die Kosten für die Herstellung des fehlenden Schichtenverbundes zwischen Altbestand und neuer Asphalttragschicht auf der Fläche von 32,3 % Kosten in Höhe von 194.950,00 € verursache. Da eine regionale Mängelbeseitigung nicht möglich sei, sondern die gesamte Fahrbahn bearbeitet werden müsse, entstünden richtigerweise Kosten von mehr als 600.000,00 €.
Hinsichtlich des Klageantrags zu 2 sei das Landgericht zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Schlussrechnung der Beklagten vom 16. Juli 2018 prüfbar sei. Aufgrund der vorgelegten Abrechnungsunterlagen sei von dem Schlussrechnungsbetrag in Höhe von 2.838.764,61 € nur ein Teilbetrag in Höhe von 2.203.937,83 € nachvollziehbar gewesen. Die weitergehende Forderung sei anhand der vorgelegten Unterlagen nicht nachvollziehbar und daher nicht prüfbar. Soweit das Landgericht die Prüfbarkeit daraus hergeleitet habe, dass der Kläger eine vollständige Überprüfung der Schlussrechnung durchgeführt habe, treffe das nicht zu.
Die Schlussrechnung vom 16. Juli 2018 sei ohne Anlagen übersandt worden. Die bereits mit Schreiben vom 16. Mai 2018 angeforderten Unterlagen habe die Beklagte nicht vorgelegt.
Jedenfalls fehle es hinsichtlich der unter Position 99.19 abgerechneten Kosten für einen angeblich gestörten Bauablauf an der Prüfbarkeit. Insoweit habe die Beklagte lediglich ein Nachtragsangebot übersandt, in dem die berechneten Kosten aufgeschlüsselt seien. Wegen der einzelnen Rügen gegen die Prüfbarkeit der Schlussrechnung wird auf die Ausführungen auf Seite 4 bis 13 des Schriftsatzes vom 16. April 2021 (Bl. 1149 ff. d. A.) und die als Anlage B 1 vorgelegte Übersicht (Bl. 1159 ff. d. A.) Bezug genommen.
Gegen eine Prüfbarkeit spreche zudem, dass die Beklagte bereits unter dem 13. August 2015 eine Schlussrechnung übersandt habe, die nicht nur hinsichtlich des Schlussrechnungsbetrages, sondern auch hinsichtlich verschiedener anderer Positionen von der Schlussrechnung vom 16. Juli 2018 abweiche.
Im Übrigen sei die Beklagte nach den vereinbarten Vertragsbedingungen verpflichtet, die fehlenden Unterlagen auszuhändigen.
Richtigerweise habe das Landgericht einen Sachverständigen mit der Prüfung beauftragen müssen, ob die Schlussrechnung vom 16. Juli 2018 prüfbar sei.
Soweit das Landgericht der Widerklage auf Zahlung von 8.146,34 € stattgegeben habe, habe es zu Unrecht das Zurückbehaltungsrecht wegen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 4.814,74 € und Kosten des Ingenieurbüros H. in Höhe von 6.666,08 € als unbeachtlich behandelt.
Ansprüche der Beklagten aus dem Bauvorhaben KA seien verjährt. Die Abnahme sei am 18. Dezember 2013 erfolgt. Die Beklagte habe am 13. August 2015 eine Schlussrechnung erteilt. Dass die Beklagte im Jahr 2018 eine weitere Schlussrechnung gestellt habe, ändere an der bereits eingetretenen Verjährung nichts mehr.
Für den Fall, dass Verjährung nicht anzunehmen sei, erkläre der Kläger hilfsweise die Aufrechnung mit den Kosten des Ingenieurbüros H. in Höhe von 6.666,08 € sowie in Höhe des verbleibenden Differenzbetrages mit den Rechtsanwaltskosten in Höhe von 4.814,74 €. Äußerst hilfsweise erkläre er die Aufrechnung mit weiteren Mängelbeseitigungskosten an der KB. Schließlich stützt er hilfsweise seine gegenüber der Schlussrechnungsforderung der Beklagten erklärte Aufrechnung auch auf den von der Beklagten errechneten Minderungsbetrag von 4.216,35 € für das Fehlen des Schichtenverbundes (Bl. 1010 d. A.).
Der Kläger beantragt,
1. festzustellen, dass die Restforderung der Beklagten aus ihrer Schlussrechnung Nr. W11067SN vom 16. Juli 2018 für den Ausbau der Kreisstraße A zwischen W. und R. in Höhe eines Teilbetrages von 147.458,73 € durch Aufrechnung erloschen ist,
hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 147.458,73 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 147.458,73 € seit dem 16. Januar 2018 sowie auf weitere 8.146,34 € seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
2. festzustellen, dass der Kläger berechtigt ist, die Erfüllung der weitergehenden Forderung der Beklagten aus der Schlussrechnung der Beklagten Nr. W11067SN vom 16. Juli 2018 für das Bauvorhaben "Ausbau der Kreisstraße A zwischen W. und R." aufgrund Verjährung zu verweigern,
hilfsweise festzustellen, dass die weitergehende Forderung der Beklagten aus der Schlussrechnung der Beklagten Nr. W11067SN vom 16. Juli 2018 für das Bauvorhaben "Ausbau der Kreisstraße A zwischen W. und R." derzeit nicht fällig ist,
3. die Widerklage der Beklagten über 8.146,34 € nebst Zinsen in Höhe von neun Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6. Oktober 2018 abzuweisen,
hilfsweise festzustellen, dass die Restforderung der Beklagten aus ihrer Schlussrechnung Nr. W11067SN vom 16. Juli 2018 für den Ausbau der Kreisstraße A zwischen W. und R. in Höhe eines Teilbetrages von 8.146,34 € durch Aufrechnung erloschen ist,
hilfsweise,
den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung an das Landgericht Hildesheim zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
1. die Berufung des Klägers zurückzuweisen, 2. das Urteil des Landgerichts Hildesheim, 2 O 403/18, verkündet am 11. Dezember 2019, teilweise abzuändern und die Klage abzuweisen und 3. im Wege der Widerklage festzustellen, dass sämtliche Gewährleistungsansprüche des Klägers (Kostenvorschuss als auch ein Schadensersatzanspruch) für die Baumaßnahme "Ausbau der Fahrbahn der KB zwischen O. und M." gemäß Auftrag vom 6. November 2006, insbesondere die in dem selbständigen Beweisverfahren vor dem Landgericht Hildesheim 2 OH 18/12 festgestellten Gewährleistungsansprüche, verjährt sind.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen und die Widerklage abzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil, soweit es ihr günstig ist.
Zu ihrer eigenen Berufung macht die Beklagte geltend, das Landgericht habe zu Unrecht ein Feststellungsinteresse für den Klageantrag zu 1 angenommen. Die Fragestellung des Klageantrags zu 1 sei inzident im Rahmen des Klageantrags zu 2 zu prüfen.
Das Landgericht habe zu Unrecht angenommen, dass dem Kläger ein Gewährleistungsanspruch zustehe. Aufgrund der Vereinbarung auf Seite 21 der Baubeschreibung (Anlage BB 4) stelle das Fehlen des Schichtenverbundes keinen Mangel dar, weil ausweislich der als Anlage BB 5 vorgelegten Niederschriften über Probeentnahmen in den dortigen Proben ein Schichtenverbund nicht gefehlt habe. Der ihr zuzurechnende fehlende Schichtenverbund sei für die Risse nicht ursächlich oder trete jedenfalls vollständig hinter den vom Kläger zu vertretenden Ursachen zurück. Auch die von dem Sachverständigen vorgenommene Gewichtung der Schadenursachen überzeuge nicht, soweit Tragfähigkeit und Entwässerungseinrichtungen lediglich mit 0,6 gewichtet worden seien. Unberücksichtigt gelassen habe das Landgericht zudem, dass der Kläger die Bauklasse falsch ausgeschrieben habe (IV statt III). Ebenfalls sei unberücksichtigt geblieben, dass der Kläger das Herstellen des Schichtenverbundes im Rahmen der ihm obliegenden Bauüberwachung hätte überprüfen müssen.
Das Landgericht habe weiter zu Unrecht davon abgesehen, einen Abzug "Neu für Alt" vorzunehmen. Da sie, die Beklagte, von Anfang an eine Nachbesserung abgelehnt habe, sei eine Verzögerung der Nachbesserung nicht ihr zuzurechnen. Soweit das Landgericht im Urteil darauf abgestellt habe, dass nicht vorgetragen worden sei, ob es zwischen 2007 und 2011 Risse gegeben habe, sei das überraschend; Risse seien erstmals Ende Mai 2011 im Rahmen der Gewährleistungsabnahme festgestellt worden. Unberücksichtigt gelassen habe das Landgericht auch, dass es keine Gebrauchsnachteile gegeben habe, sondern die Straße bis heute uneingeschränkt habe genutzt werden können.
Gewährleistungsansprüche des Klägers seien entgegen der Auffassung des Landgerichts auch verjährt. Das Landgericht sei zu Unrecht von einer Hemmung wegen Verhandlungen (§ 203 BGB) ausgegangen. Weder die Vornahme von Bohrkernuntersuchungen noch die Einholung differierender Gutachten könne als Verhandeln angesehen werden. Auch nach Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens habe es keine zur Hemmung führenden Verhandlungen gegeben. Hinsichtlich der zweijährigen Verjährungsfrist des § 13 Abs. 5 Nr. 1 Satz 2 VOB/B habe das Landgericht verkannt, dass diese bereits mit Zugang der Mängelanzeige beginne. Hinsichtlich des zweiten Bauabschnitts sei das Landgericht zudem zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Durchführung der Gewährleistungsabnahme erst am 19. September 2011 ohne Bedeutung sei.
Das Landgericht habe weiter unberücksichtigt gelassen, dass eine vorbehaltlose Abnahme erfolgt sei. Die Abnahmeniederschriften vom 7. Juni und 17. September 2007 enthielten weder einen Vorbehalt hinsichtlich der Risse in der Oberfläche noch hinsichtlich eines fehlenden Schichtenverbunds. Der fehlende Schichtenverbund sei aber aus den als Anlage B 8 (Bl. 262 ff. d. A.) vorgelegten Prüfzeugnissen zu entnehmen gewesen.
Etwaige Gewährleistungsansprüche seien zudem aufgrund einer vorangigen Vereinbarung über eine Minderung bei Fehlen des Schichtenverbundes auf Seite 21 der Baubeschreibung (Anlage BB 4, Bl. 943 d. A.) ausgeschlossen. Jedenfalls sei aufgrund dieser Vereinbarung ein etwaiger Mangelanspruch allenfalls in Höhe von 0,50 pro fehlendem Quadratmeter Schichtenverbund, mithin in Höhe von insgesamt 4.216,35 €, begründet. Insoweit erhebt die Beklagte jedoch die Einrede der Verjährung.
Es fehle auch an einer wirksamen Aufrechnungserklärung. Die im Schreiben vom 19. Juni 2018 erklärte Aufrechnung habe sich noch nicht auf die Forderung aus der Schlussrechnung vom 16. Juli 2018 beziehen können; eine andere Schlussrechnung sei aber nicht Streitgegenstand. Auch sei die Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch erfolgt, wohingegen mit der Klage ein Kostenvorschussanspruch geltend gemacht werde. Die Aufrechnungserklärung in der Klageschrift könne nicht zum Erlöschen der Gegenforderung geführt haben, weil es an der Gegenseitigkeit der Forderungen fehle. Zudem sei zu diesem Zeitpunkt ein etwaiger Gewährleistungsanspruch bereits verjährt gewesen.
Die Schlussrechnung sei prüffähig. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass der Kläger qualifizierte Ingenieure beschäftige, die die Schlussrechnung ohne Weiteres verstehen könnten. Die zur Prüfung notwendigen Unterlagen lägen der Schlussrechnung bei. Der Einwand der mangelnden Prüffähigkeit der Schlussrechnung sei zudem rechtsmissbräuchlich.
Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil, soweit es ihm günstig ist.
Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Der Senat hat Beweis erhoben gemäß Beschluss vom 4. November 2020 (Bl. 999 ff. d. A.) durch Einholung eines ergänzenden Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. V. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Sachverständigengutachten vom 27. Januar 2021 (hintere Aktentasche) nebst ergänzender Stellungnahme vom 24. April 2021 (Bl. 1222 ff. d. A.) und die Anhörung des Sachverständigen gemäß Sitzungsprotokoll vom 3. Mai 2021 (Bl. 1300 ff. d. A.) Bezug genommen.
B.
Die zulässige Berufung des Klägers ist teilweise begründet; die zulässige Berufung der Beklagten und ihre Widerklage hingegen sind unbegründet.
I. Berufungs- und Klagantrag zu 1 (Hauptantrag) des Klägers
1. Der Klageantrag zu 1 ist zulässig.
Das gemäß § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse liegt vor. Ein Feststellungsinteresse im Sinne von § 256 ZPO liegt unter anderem dann vor, wenn sich der Beklagte eines Anspruchs berühmt, dessen Bestehen der Kläger verneint (negative Feststellungsklage; vgl. BGH, Urteil vom 13. Januar 2010 - VIII ZR 351/08 -, Rn. 19, juris). So liegt es hier. Die Beklagte geht davon aus, gegen den Kläger ungeachtet der von diesem erklärten Aufrechnung einen restlichen Werklohnanspruch aus dem Bauvorhaben KA zu haben, und zwar gemäß ihrer Schlussrechnung vom 16. Juli 2018, zumindest aber in Höhe des Betrages, den der Kläger in seiner Prüfrechnung vom 20. September 2018 ermittelte.
Soweit die Beklagte mit der Berufungsbegründung die Auffassung vertritt, es fehle an einem Feststellungsinteresse, weil die Werklohnforderung aus dem Bauvorhaben KA Gegenstand des Klageantrags zu 2 sei, ist dem nicht zu folgen. Richtig ist zwar, dass die Klage- und Berufungsanträge zu 2 die Werklohnforderung aus dem Bauvorhaben KA betreffen. Bei ihnen geht es aber nur um die Durchsetzbarkeit eines Anspruchs aus diesem Bauvorhaben; nämlich bei dem erstinstanzlichen Klag- und Berufungs-Hilfsantrag zu 2 um die Fälligkeit und bei dem (neuen) BerufungsHauptantrag zu 2 um die dauernde Einrede der Verjährung. Der Klage- und Berufungsantrag zu 1 befasst sich demgegenüber mit einer rechtsvernichtenden Einwendung und ist dementsprechend weitergehend als die Anträge zu 2.
2. Der Klageantrag zu 1 ist begründet.
Die Werklohnforderung der Beklagten aus der von ihr erstellten Schlussrechnung vom 16. Juli 2018 ist durch Aufrechnung des Klägers in Höhe von 147.458,73 € gemäß §§ 387, 389 BGB erloschen.
a. Der Beklagten steht unstreitig aus dem Bauvorhaben KA eine Restforderung in Höhe von zumindest 155.605,07 € zu.
b. Es ist unerheblich, ob die Schlussrechnung der Beklagten vom 16. Juli 2018 prüfbar und deren restlicher Werklohnanspruch dementsprechend fällig ist. Denn Voraussetzung einer Aufrechnung ist gemäß § 387 BGB lediglich, dass die Hauptforderung erfüllbar ist. Erfüllbar ist eine Forderung aber ungeachtet ihrer Fälligkeit.
c. Dem Kläger steht eine fällige Gegenforderung (Aufrechnungsforderung) zu. Der Kläger hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung eines Kostenvorschusses gemäß § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B (2002) in Verbindung mit § 637 Abs. 3 BGB in Höhe von 147.458,73 €.
aa. Die Parteien haben unstreitig einen Werkvertrag unter Einbeziehung der VOB/B (2002) über den Ausbau der KB abgeschlossen.
bb. Die Leistungen der Beklagten aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Werkvertrag über den Ausbau der KB wurden unstreitig abgenommen.
cc. Das Werk der Beklagten ist mangelhaft im Sinne von § 13 Nr. 1 VOB/B (2002). Danach ist die Leistung zur Zeit der Abnahme frei von Sachmängeln, wenn sie die vereinbarte Beschaffenheit hat und den anerkannten Regeln der Technik entspricht.
(1) Die Herstellungspflicht des Auftragnehmers beschränkt sich nicht auf die Einhaltung der vereinbarten Leistung oder Ausführungsart. Die Leistungsvereinbarung der Parteien wird überlagert von der Herstellungspflicht, die dahin geht, ein nach den Vertragsumständen zweckentsprechendes, funktionstaugliches Werk zu erbringen. Wenn eine Funktion nach dem Vertrag vorausgesetzt ist oder sogar vereinbart wird, dann muss der Auftragnehmer die Funktion herbeiführen. Das ist Gegenstand der Beschaffenheitsvereinbarung und damit der geschuldete Erfolg. Ist das Werk vom Unternehmer nicht zweckentsprechend und funktionstauglich hergestellt, so ist es mangelhaft (Kniffka, in: Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, Kompedium des Baurechts, 5. Aufl. (2020), Teil 5, Rn. 27). Selbst wenn die Mangelursache im Verantwortungsbereich des Auftraggebers liegt, haftet der Auftragnehmer, es sei denn, er hat die ihm nach § 4 Nr. 3 VOB/B obliegende Mitteilung gemacht (OLG München, Urteil vom 27. Februar 2018 - 9 U 3595/16 Bau -, Rn. 34, juris). Ein Sachmangel liegt nach § 633 Abs. 2 Satz 1 BGB - und Entsprechendes gilt für § 13 Nr. 1 VOB/B (2002) - auch dann vor, wenn eine Abweichung von der vereinbarten Beschaffenheit nicht zu einer Beeinträchtigung des Werts oder der Gebrauchstauglichkeit des Werks führt (BGH, Beschluss vom 30. Juli 2015 - VII ZR 70/14 -, Rn. 21, juris). Gemessen hieran stellen Risse in einer Straßenfahrbahn als solches unabhängig von ihrer Ursache einen Mangel dar, weil ein von Rissen freies Gewerk, das ein jahrelanges, sanierungsfreies, problemloses Befahren der beauftragten Streckenabschnitte garantiert, geschuldet wird (vgl. OLG München, a. a. O., Rn. 41, juris).
(2) Unstreitig wurde vereinbart, zwischen der alten Fahrbahn und der neu aufzubringenden Fahrbahn einen Schichtenverbund herzustellen. Der Werkerfolg war damit klar definiert, § 13 Nr. 1 Satz 2 Alt. 1 VOB/B (2002). Das Anbringen des Schichtenverbundes war nach den Feststellungen des Sachverständigen V. (Seite 40 f. des Gutachtens vom 14. Januar 2014) aufgrund der anerkannten Regeln der Technik, § 13 Nr. 1 Satz 2 Alt. 2 VOB/B (2002), für die Funktionsfähigkeit der Straße erforderlich und gehörte somit zu der Beschaffenheit im Sinne von § 13 Nr. 1 Satz 3 Buchst. b) Alt. 2 VOB/B (2002). Zur Funktionstauglichkeit einer Straße gehört, dass sich im Fahrbahnbelag nicht bereits binnen vier Jahren (Zeitpunkt der Gewährleistungsabnahme) zahlreiche Risse und sonstigen Beschädigungen bilden. So regelt Ziffer 3.3.1.3 ATV DIN 18317 unter anderem, dass die Oberfläche der Deckschichten aus Asphalt gleichmäßig geschlossen sein muss (vgl. Seite 21 des Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. V. vom 14. Januar 2014). Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme, insbesondere im Rahmen des selbständigen Beweisverfahrens, fehlt es mindestens auf einer Teilfläche von 32,3 % an dem erforderlichen Schichtenverbund zwischen dem Altbestand und der neuen Asphalttragschicht. Diesen Umstand nimmt die Beklagte auch nicht mehr in Abrede. Ebenso wenig nimmt sie in Abrede, dass der Schichtenverbund hätte hergestellt werden müssen.
(3) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der gesonderten Vereinbarung auf Seite 21 der Baubeschreibung. Die Beklagte trägt in der Berufungsinstanz erstmals vor (Bl. 930 d. A.), die Parteien hätten auf Seite 21 f. der Baubeschreibung (Anlage BB 4, Bl. 943 d. A.) vereinbart, was unter einem "fehlenden Schichtenverbund" zu verstehen sei.
Soweit die Beklagte behauptet, der Schichtenverbund sei ausreichend und somit nicht mangelhaft, "wenn der Bohrkern vollständig entnommen werden kann", könnte darin allenfalls eine Beschaffenheitsvereinbarung im Sinne von § 13 Nr. 1 Satz 2 VOB/B (2002) liegen. Die Herstellungspflicht des Auftragnehmers beschränkt sich jedoch - wie ausgeführt - nicht auf die Einhaltung der vereinbarten Leistung oder Ausführungsart. Die Leistungsvereinbarung der Parteien wird überlagert von der Herstellungspflicht, die dahin geht, ein nach den Vertragsumständen zweckentsprechendes, funktionstaugliches Werk zu erbringen. Der Sachverständige V. hat insoweit ausgeführt, dass ein für eine haltbare Oberbaukonstruktion "lebenswichtiger" Detailpunkt der Schichtenverbund zwischen den einzelnen Schichten sei (Seite 40 des Gutachtens vom 14. Januar 2014). Vor diesem Hintergrund kann sich die Beklagte nicht darauf berufen, der Schichtenverbund sei nicht als "fehlend" im Sinne der vertraglichen Regelung zu verstehen. Bei verständiger Würdigung kann die Vereinbarung nicht dahingehend ausgelegt werden, dass der Kläger auch das Fehlen des Schichtenverbundes als vertragsgemäßes Werk ansehen würde.
Im Übrigen wäre die Beklagte insoweit hinweis- und aufklärungspflichtig, dass der Schichtenverbund "lebenswichtiger" Bestandteil einer funktionsfähigen Straße sei. Dass die Beklagte den Kläger hierauf hingewiesen habe und der Kläger dennoch das Fehlen des Schichtenverbundes akzeptiert habe, hat die Beklagte nicht vorgetragen.
dd. Die Beklagte kann sich wegen des Mangels aufgrund des Fehlens eines Schichtenverbundes zwischen der alten und neuen Fahrbahn nicht enthaften.
Trotz vorhandener Mängel träfe die Beklagte nicht der Vorwurf der mangelhaften Leistung, wenn die Ursachen der Mängel allein in der Sphäre des Klägers lägen und die Beklagte entweder gegen die Ausführung Bedenken angemeldet hätte oder die in der Sphäre des Klägers liegenden Ursachen trotz Erfüllung der ihr obliegenden Prüfungspflicht nicht hätte erkennen können (vgl. BGH, Urteil vom 29. September 2011, VII ZR 87/11 -, Rn. 14; Urteil vom 8. November 2007, VII ZR 183/05 -, Rn. 20 ff.; Jurgeleit, in: Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, a. a. O., 5. Teil Rn. 35 f., 72 ff.). Die Darlegungs- und Beweislast liegt insoweit beim Auftragnehmer (vgl. BGH, Urteil vom 29. September 2011, a. a. O., Rn. 14; Urteil vom 8. November 2007, a. a. O., Rn. 26; Jurgeleit, in: Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, a. a. O., 5. Teil Rn. 75).
Die Mangelursache des fehlenden Schichtenverbundes zwischen dem Alt- und Neuasphalt beruht unstreitig weder auf einer fehlerhaften Anweisung oder der Leistungsbeschreibung noch auf mangelhaften Vorarbeiten. Vielmehr wurde diese Mangelursache allein durch die Beklagte gesetzt. Dass sie gegen die geplante Ausführung Bedenken angemeldet hätte, behauptet die Beklagte im Übrigen auch nicht.
Abgesehen davon hat die Beklagte weder dargelegt noch bewiesen, dass der teilweise fehlende Schichtenverbund nicht einmal mitursächlich für die aufgetretenen Risse ist. Die Beklagte hat hierzu vorgetragen (Bl. 932 ff. d. A.), es sei unstreitig, dass der Schichtenverbund nur auf 32,3 % der Fahrbahnfläche fehle, hingegen Risse auch an Stellen entstanden seien, an denen der Schichtenverbund vorhanden sei. Hieraus ergebe sich der Nachweis der mangelnden Kausalität. Mit diesem Einwand hat sich der Sachverständige V. in seinem 3. Ergänzungsgutachten (dort Seite 14 f.) sowie in der mündlichen Gutachtenerläuterung am 23. Oktober 2019 (Bl. 568 d. A.) auseinandergesetzt. Der Sachverständige hat u. a. auf verschiedene Rissbilder verwiesen und insgesamt nachvollziehbar den teilweise fehlenden Schichtenverbund zwischen Altbestand und neuer Asphalttragschicht als eine der Hauptursachen für die vorgefundene Rissbildung angesehen. Bei dieser Beurteilung ist der Sachverständige in seinem 3. Ergänzungsgutachten (dort Seite 14 f.) sowie in der mündlichen Gutachtenerläuterung am 23. Oktober 2019 auch unter Berücksichtigung des Umstands geblieben, dass Risse und sonstige Beschädigungen auch in den Bereichen der Straße vorliegen, in denen der Schichtenverbund zwischen Altbestand und neuer Asphalttragschicht vorhanden ist. Vor diesem Hintergrund ist nicht nachgewiesen, dass der teilweise fehlende Schichtenverbund als Ursache der Risse ausgeschlossen werden kann. Vielmehr ist der Senat nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme von einer Mitursächlichkeit überzeugt.
ee. Der Mangel wurde innerhalb der Gewährleistungsfrist gerügt. Unstreitig erfolgte vor Ablauf der vereinbarten Gewährleistungsfrist eine Gewährleistungs-Abnahme für den ersten Bauabschnitt am 31. Mai 2011 (Bl. 11 d. A. 2 OH 18/12). Darin heißt es:
"Es wurden bei der Abnahme folgende Mängel festgestellt, die bis zu .2011 zu beseitigen sind.
2.) Zahlreiche Schäden auf gesamter Länge in der Fahrbahn (Risse, Kornausbrüche, Abplatzungen). Die Schäden sind fachgerecht beseitigen."
Hierin liegt eine hinreichende Mängelrüge hinsichtlich des fehlenden Schichtenverbundes. Der Mangel ist vom Auftraggeber nach seinem äußeren objektiven Erscheinungsbild exakt zu beschreiben. Dass der Auftraggeber auch die Mangelursache beschreibt, ist nicht erforderlich. Dabei bezieht sich die Nacherfüllungspflicht des Auftragnehmers automatisch auf alle Mangelursachen, die den beschriebenen Mangel verursacht haben. Mit der Bezeichnung des Erscheinungsbildes macht der Besteller nicht nur diese Erscheinung, sondern den zugrunde liegenden Mangel selbst in vollem Umfang zum Gegenstand seiner Erklärung (OLG Hamm, Urteil vom 17. Juli 2008 - 21 U 145/05 -, Rn. 110, juris zu Spurrinnen im Asphalt einer BAB). Daraus folgt für den vorliegenden Fall, dass der zugrunde liegende Mangel in Form des Fehlens der Schichtenverbindung durch Verweis auf das äußere Erscheinungsbild der Risse etc. hinreichend konkretisiert wurde.
Entsprechendes gilt für die Abnahmebescheinigung zur Gewährleistungsabnahme im September 2011 betreffend den zweiten Bauabschnitt (Bl. 15 ff. BA). Zur Rechtzeitigkeit dieser Rüge wird auf die nachstehenden Ausführungen unter d. cc. Verwiesen.
ff. Die Mängelgewährleistungsansprüche wegen des Fehlens des Schichtenverbundes sind nicht aufgrund der Klausel auf Seite 21 der Baubeschreibung (Anlage BB 4, Bl. 943 d. A.) vertraglich ausgeschlossen.
Die Beklagte trägt in der Berufungsinstanz erstmals vor (Bl. 930 d. A.), die Parteien hätten auf Seite 21 f. der Baubeschreibung (Anlage BB 4, Bl. 943 d. A.) vereinbart, dass bei Fehlen des Schichtenverbundes lediglich eine Minderung in Höhe von 0,50 €/qm vorgenommen werden könne. Hieraus ergibt sich jedoch kein Ausschluss von Mängelgewährleistungsrechten.
Soweit die Beklagte der Ansicht ist, hieraus ergebe sich allenfalls ein Minderungsrecht in Höhe von 0,50/qm und ein Ausschluss weiterer Gewährleistungsrechte, steht dem bereits der Wortlaut der Regelung entgegen, wonach nicht erwähnt wird, dass darüber hinausgehende Gewährleistungsrechte ausgeschlossen werden sollen. Dies ist bei verständiger Auslegung (§§ 157, 133 BGB) der Regelung auch nicht anzunehmen, weil - wie das selbständige Beweisverfahren festgestellt hat und jedem fachkundigen Bauunternehmer auch o. w. einsichtig ist - durch das Fehlen des Schichtenverbundes die Funktionsfähigkeit der gesamten Fahrbahn beeinträchtigt werden kann und wirtschaftlich in keinem Verhältnis zu dieser Regelung stehende Schäden verursachen kann. Die Klausel ist insofern auch nicht mehrdeutig.
Die Ausführungen der Beklagten hierzu in dem nicht nachgelassenen und nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangenen Schriftsatz vom 17. Mai 2021 gebieten keine Wiederöffnung der Verhandlung gemäß § 156 ZPO. Die darin zitierten Entscheidungen befassen sich lediglich mit der Rechtmäßigkeit einer solchen Klausel bezogen auf das darin begründete zusätzliche Abzugsrecht des Auftraggebers - und verneinen diese. Vorliegend geht es jedoch gerade nicht um die Rechtmäßigkeit der Klausel, weil sich der Kläger gerade nicht auf ein entsprechendes Abzugsrecht beruft.
gg. Weitere Voraussetzung eines Vorschussanspruchs ist gemäß § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B (2002), dass der Auftraggeber dem Auftragnehmer erfolglos eine angemessene Frist zur Mängelbeseitigung gesetzt hat oder diese Fristsetzung entbehrlich ist. Auch diese Voraussetzung ist erfüllt.
Dahingestellt bleiben kann, ob die Schreiben des Klägers vom 30. April und 27. August 2012 den Anforderungen des § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B (2002) entsprechen. Dies ist zweifelhaft, weil in diesen Schreiben jeweils keine Frist zur Mängelbeseitigung gesetzt wurde, sondern lediglich eine Frist, die Gewährleistung dem Grunde nach anzuerkennen und einen Sanierungsvorschlag zu unterbreiten.
Eine für sich genommen unzureichende Fristsetzung macht eine weitere Fristsetzung aber dann entbehrlich, wenn das Verhalten des Auftragnehmers nach einer solchen Fristsetzung erwarten lässt, dass er sich seiner Pflicht zur Mängelbeseitigung entziehen werde (vgl. BGH, Urteil vom 23. Februar 2006 - VII ZR 84/05 -, Rn. 21, juris). So liegt es hier. Die Beklagte wies mit Schreiben vom 24. Mai 2012 eine Verantwortlichkeit für die aufgetretenen Schäden zurück und forderte den Kläger zur Rückgabe der Gewährleistungsbürgschaft auf. Damit machte sie deutlich, dass auch eine weitere Fristsetzung zur Mangelbeseitigung nicht geeignet sein würde, sie zum Umdenken und zur Vornahme der Mangelbeseitigung zu bewegen. Dass dieses Verständnis zutrifft, ergibt sich im Übrigen aus dem Vortrag der Beklagten auf Seite 7 der Berufungsbegründung. Dort heißt es:
"Vielmehr stand für den Kläger aufgrund der eindeutigen Positionierung von Anbeginn an fest, dass er handeln muss, da eine Nachbesserung von der Beklagten nicht zu erwarten war."
hh. Der Vorschussanspruch ist in Höhe der zur Aufrechnung gestellten Gegenforderung von 147.458,73 € begründet.
Die Höhe des Vorschusses bemisst sich nach den - aus Sicht eines vernünftigen, wirtschaftlich denkenden und sachkundig beratenen Bestellers - für die Mängelbeseitigung voraussichtlich erforderlichen Aufwendungen (Jurgeleit, in: Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, a. a. O., Teil 5, Rn. 340, 350; MüKo/Busche, BGB, 8. Aufl. (2020), § 637 Rn. 21). Erforderlich sind die Aufwendungen, die mit Sicherheit der Herstellung des vertragsgemäßen Zustandes dienen. Kann dieser durch die vertraglich vorgesehenen Leistungen nicht erreicht werden, können auch andere Maßnahmen bevorschusst werden, mit welchen die vorausgesetzte Funktionalität erzielt werden kann (MüKo/Busche, a. a. O., m. w. N.).
Nach Maßgabe dieser Grundsätze sind vorliegend die vom Sachverständigen V. auf Seite 51 f. seines Gutachten vom 14. Januar 2014 festgestellten Brutto-Kosten für die als "lebensverlängernde Maßnahme" bezeichnete Mängelbeseitigung, durch die die Funktionsfähigkeit des Werkes insgesamt wiederhergestellt wird, gemäß der ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom 24. April 2021 (Bl. 1222 ff. d. A.) mit 708.995,81 € (brutto) zu veranschlagen und erforderlich. Hiervon hat die Beklagte zumindest 26 %, mithin 184.338,91 €, zu tragen, so dass der geltend gemachte Kostenvorschuss auch der Höhe nach begründet ist.
(1) Hinsichtlich der Form und des Umfangs der Mängelbeseitigung bedarf es einer vollständigen Erneuerung der aufgetragenen Asphaltschicht.
Der Sachverständige hat auf Seite 48 ff. seines Gutachtens vom 14. Januar 2014 einen Sanierungsvorschlag dahingehend unterbreitet, dass zur Eindämmung der Rissproblematik die Asphaltdeckschicht abgefräst, eine Asphaltbewehrung eingebaut und sodann eine neue Asphaltdeckschicht aufgebracht wird. An diesem Vorschlag, den er als "lebensverlängernde Maßnahme" bezeichnet hat, hat er auf Seite 6 seines 3. Ergänzungsgutachtens festgehalten. Der Senat schließt sich den insoweit nachvollziehbaren Begründungen für das Ausmaß der Sanierung an.
Insbesondere kann die Sanierung hierbei nicht auf die Bereiche beschränkt werden, bei denen zwischen der alten und neuen Asphaltschicht der Schichtenverbund fehlt. Im Rahmen der mündlichen Gutachtenerläuterung am 23. Oktober 2019 (Bl. 559 ff. d. A.) vor dem Landgericht hat der Sachverständige die Kosten ermittelt, die entstünden, würde man ausschließlich den fehlenden Schichtenverbund zwischen Altbestand und neuer Asphalttragschicht auf der davon betroffenen Teilfläche von 32,3 % herstellen. Dazu sei es erforderlich, die alte Tragschicht auszufräsen und eine neue Asphalttrag- und -deckschicht aufzubringen. Hierfür sei mit Kosten in Höhe von 194.950,00 € (Kostenstand im Jahr 2019) zu rechnen. Diese Art der Kostenermittlung ist jedoch ungeeignet. Vorschuss für eine bestimmte Maßnahme kann der Auftraggeber dann nicht verlangen, wenn diese Maßnahme nicht geeignet ist, den geschuldeten Werkerfolg herbeizuführen (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 13. Dezember 1996 - 24 U 51/95 -, Rn. 7, juris; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 15. Aufl. (2015), Rn. 2120). So liegt es hier. Denn nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist davon auszugehen, dass eine auf diese Weise vorgenommene Sanierung die Rissproblematik allenfalls kurzfristig beseitigen würde. Insoweit hat der Sachverständige nämlich in der mündlichen Gutachtenerläuterung am 23. Oktober 2019 (Bl. 560 d. A.) und erneut am 3. Mai 2021 (Bl. 1290 f. d. A.) vor dem Senat erläutert, dass die Teilbereiche, in denen der Schichtenverbund fehle, auch von den anderen Schadenursachen betroffen sei. Da Risse und sonstige Beschädigungen aber auch in den Teilbereichen mit vorhandenem Schichtenverbund aufgetreten sind, folgt daraus zwanglos, dass Risse auch nach einer solchen Sanierung wieder auftreten würden. Der Sachverständige hat hierzu außerdem in der mündlichen Verhandlung vom 3. Mai 2021 vor dem Senat weiter ausgeführt (Bl. 1290 f. d. A.), eine teilflächenbezogene Sanierung sei auch allein in tatsächlicher Hinsicht nicht umsetzbar, weil sich die Teilursachen räumlich nicht auf konkret abgrenzbare Straßenteile begrenzen ließen. Soweit es theoretisch denkbar sei, die betroffenen Flächen des fehlenden Schichtenverbundes zwischen den Asphaltschichten zu detektieren, wäre eine hierauf begrenzte Ausbesserung der Fahrbahnbereiche wirtschaftlich nicht vertretbar und würde zudem zu einer Art "Flickenteppich" aus verschiedenen nachgebesserten Teilflächen führen, die insgesamt keine ordnungsgemäße Nachbesserung der Straße darstellen würde. Diesen nachvollziehbaren Ausführungen, die von den Parteien im Übrigen auch nicht in Zweifel gezogen werden, schließt sich der Senat nach eigener Würdigung an. In der Gesamtschau ist also nur die von dem Sachverständigen vorgeschlagene "lebensverlängernde Maßnahme" der Ermittlung eines Vorschussanspruchs zugrunde zu legen.
(2) Hinsichtlich der erforderlichen Kosten schließt sich der Senat den (von den Parteien nicht beanstandeten) Ausführungen des Sachverständigen auf Seite 51 f. des Gutachtens vom 14. Januar 2014 und der schriftlichen Ergänzung vom 24. April 2021 (Bl. 1222 ff. d. A.), wonach sich aktuell die Brutto-Kosten auf insgesamt 708.995,81 € belaufen, an.
(a) Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Vorschussanspruch bei nicht zum Vorsteuerabzug Berechtigten - wie hier dem Kläger - die Umsatzsteuer umfasst (vgl. Werner/Pastor, a. a. O., Rn. 2114).
(b) Bei den Kosten für das Einbringen einer Asphaltbewehrung in Höhe von 127.500,00 € (nach den Preisen des Jahres 2014) handelt es sich - entgegen den Ausführungen des Landgerichts - nicht um Sowiesokosten, die aus dem Vorschussanspruch des Klägers herausgerechnet werden müssten.
Die Berücksichtigung von Sowiesokosten dient dazu, Vorteile auszugleichen, die der Auftraggeber allein aufgrund der Mängelbeseitigung erlangt. Der Auftragnehmer soll nicht mit den Kosten solcher Maßnahmen belastet werden, um die das Werk bei ordnungsgemäßer Ausführung von vornherein teurer geworden wäre (vgl. Jurgeleit, in: Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, a. a. O., 5. Teil Rn. 77). Danach handelt es sich bei den Kosten der Asphaltbewehrung nur dann um Sowiesokosten, wenn die Asphaltbewehrung aufgrund der Regeln der Technik von Anfang an hätte geplant und eingebaut werden müssen. Dass dies der Fall wäre, ist den Feststellungen des Sachverständigen nicht zu entnehmen. Darüber hinaus könnten Sowiesokosten dann angenommen werden, wenn die Asphaltbewehrung ausschließlich dazu dienen würde, allein von dem Kläger zu vertretende Ursachen der Risse zu kompensieren. Das ist aber nicht der Fall, denn die Asphaltbewehrung soll auch in den Bereichen zu einer Eindämmung der Rissproblematik führen, in denen der Schichtenverbund zwischen alter Asphaltdecke und neuer Asphalttragschicht fehlt.
(c) Zutreffend hat das Landgericht einen Abzug "Neu für Alt" abgelehnt.
Eine Vorteilsausgleichung im Hinblick auf eine durch die Nachbesserung erhöhte Lebensdauer des Werks kommt jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn dieser Vorteil ausschließlich auf einer Verzögerung der Mängelbeseitigung beruht und sich der Auftraggeber jahrelang mit einem fehlerhaften Werk begnügen musste. Der Auftragnehmer darf dadurch, dass der Vertragszweck nicht sogleich, sondern erst später im Rahmen der Gewährleistung erreicht wird, keine Besserstellung erfahren. Ein solches Ergebnis widerspräche dem Gesetzeszweck der Gewährleistung im Werkvertragsrecht (BGH, Urteil vom 17. Mai 1984 - VII ZR 169/82 -, Rn. 34, juris; OLG Hamm, Urteil vom 30. April 2019 - 24 U 14/18 -, Rn. 126, juris; OLG Köln, Urteil vom 17. Mai 2018 - 3 U 199/13 -, Rn. 378, juris).
So liegt es hier. Die Beklagte wurde im Jahr 2011 im Zusammenhang mit den Gewährleistungsabnahmen auf Mängelbeseitigung in Anspruch genommen. Dieser Aufforderung kam sie auch nicht nach, nachdem sowohl die Mangelhaftigkeit selbst als auch jedenfalls eine in der Sphäre der Beklagten Mitursache im Rahmen des selbständigen Beweisverfahrens festgestellt worden waren. Auch gewährleistungsrechtliche Zahlungsansprüche des Klägers nimmt die Beklagte bis heute in Abrede. Dies ist letztlich die Ursache dafür, dass die Risse und sonstigen Beschädigungen nach wie vor vorhanden sind, der Kläger sich also nach wie vor mit einem mangelhaften Werk begnügen muss.
Ausnahmsweise können eine mit der Nachbesserung erzielte längere Lebensdauer sowie ersparter Instandhaltungsaufwand nach Treu und Glauben allerdings dann anspruchsmindernd zu berücksichtigen sein, wenn sich die Mängel erst verhältnismäßig spät ausgewirkt haben und der Auftraggeber bis dahin keine Gebrauchsnachteile hinnehmen musste (BGH, Urteil vom 27. September 2018 - VII ZR 45/17 - Rn. 86; Urteil vom 13. September 2001 - VII ZR 392/00 -, Rn. 22, juris; Urteil vom 17. Mai 1984, a. a. O., Rn. 39; OLG Dresden, Urteil vom 21. März 2007 - 6 U 219/03 -, Rn. 17 ff., juris). Einen solchen Ausnahmefall hat das Landgericht im Ergebnis zu Recht nicht angenommen. Dahingestellt bleiben kann, ob sich die Mängel überhaupt "verhältnismäßig spät" ausgewirkt haben. Insoweit hat das Landgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass die für einen Vorteilsausgleich darlegungs- und beweisbelastete Beklagte nach wie vor nicht dargelegt hat, wann die Risse erstmals auftraten. Dass sie erstmals Ende Mai 2011 - im Rahmen der Gewährleistungsabnahme - festgestellt wurden, lässt keinen Rückschluss auf den Zeitpunkt des Entstehens zu; im Gegenteil erscheint es nahezu ausgeschlossen, dass eine Vielzahl von Rissen erst unmittelbar vor der Gewährleistungsabnahme, gleichsam "von einem Tag auf den anderen", aufgetreten sein könnte. Ebenfalls kann dahingestellt bleiben, ob und ggf. bis wann der Kläger keine Gebrauchsnachteile hinnehmen musste. Denn der vorliegende Sachverhalt weist eine Besonderheit auf, die der Berücksichtigung eines allein auf den Grundsätzen von Treu und Glauben beruhenden Abzugs "Neu für Alt" entgegensteht. Die von dem Kläger angestrebte, auf dem Vorschlag des Sachverständigen Dipl.-Ing. V. beruhende Sanierung stellt keine vollständige Mängelbeseitigung dar, sondern - nach eigener Beurteilung des Sachverständigen - lediglich eine "lebensverlängernde Maßnahme". Auch mit Durchführung dieser Sanierung erhält der Kläger mithin kein mangelfreies Werk. Der Hauptgrund für einen Verzicht auf eine vollständige Sanierung mag zwar sein, dass diese über den zwischen den Parteien vereinbarten Auftragsumfang weit hinausginge und dementsprechend für den Kläger mit erheblichen Sowiesokosten verbunden wäre. Gleichwohl kommt der Verzicht auf eine umfassende Sanierung wirtschaftlich auch der Beklagten zugute (u. a. weil kein Austausch der von der Beklagten eingebrachten Tragschicht erforderlich wird). Bei dieser Sachlage wäre es mit den Grundsätzen von Treu und Glauben nicht zu vereinbaren, die Beklagte zusätzlich durch Berücksichtigung eines Abzugs "Neu für Alt" zu begünstigen.
(3) Hinsichtlich der Höhe des Vorschusses ist der Anspruch des Klägers auch unter Berücksichtigung eines Mitverschuldens gemäß § 254 BGB ausgehend von erforderlichen Sanierungsgesamtkosten in Höhe von 708.995,81 € in Höhe des geltend gemachten Vorschusses von 147.458,73 € begründet. Den Kläger trifft ein Mitverschulden in Höhe von höchstens 74 %. Unter Berücksichtigung dieser - für die Beklagte günstigste anzunehmende Haftungsquote - ist der Anspruch über 147.458,73 € der Höhe nach begründet. Hierbei geht der Senat von den nachfolgend dargestellten Verschuldensanteilen aus.
(a) Hat der Auftraggeber selbst eine Ursache für die Mängel gesetzt, muss er sich nach den Grundsätzen von §§ 254, 278 BGB an den Kosten der Mängelbeseitigung beteiligen. Das gilt auch, soweit sich der Auftraggeber Dritter, etwa eines Architekten bedient; deren Fehler muss sich der Auftraggeber im Verhältnis zum Auftragnehmer zurechnen lassen (vgl. BGH, Urteil vom 27. September 2018, a. a. O., Rn. 66; Urteil vom 27. November 2008 - VII ZR 206/06 -, BGHZ 179, 55-71, Rn. 29 ff.; Urteil vom 22. März 1984 - VII ZR 50/82 -, BGHZ 90, 344-354, Rn. 19; ausführlich auch Jurgeleit, in: Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, a. a. O., Rn. 84 ff.). Diesen rechtlichen Ausgangspunkt, den das Landgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, ziehen die Parteien nicht in Zweifel. Streit besteht lediglich darüber, welche Ursachen der Risse und sonstigen Beschädigungen zu berücksichtigen und wie diese letztlich zu gewichten sind, ferner inwieweit die Beklagten Bedenken hätte anmelden müssen. Darlegungs- und beweisbelastet für eine Mitverantwortlichkeit des Auftraggebers ist der Auftragnehmer (vgl. OLG Celle, Urteil vom 18. September 2003 - 11 U 11/03 -, Rn. 37, juris). Das entspricht letztlich der allgemeinen Beweislastverteilung im Rahmen von § 254 BGB. Die Darlegungs- und Beweislast des Auftragnehmers erstreckt sich auch darauf, dass er die in der Sphäre des Auftraggebers liegenden Ursachen nicht erkennen konnte und deshalb nicht verpflichtet war, Bedenken anzumelden. Denn nur die Anmeldung von Bedenken befreit den Auftragnehmer aus seiner Verantwortung.
(b) Den Kläger trifft kein Mitverschulden hinsichtlich des Fehlens des Schichtenverbundes zwischen Altbestand und neuer Fahrbahn. Ein etwaiges Mitverschulden hat die Beklagte insoweit bereits nicht dargelegt.
Der Auftragnehmer kann bei eigener mangelhafter Leistung dem Auftraggeber nicht entgegenhalten, dieser habe seine Pflicht zur Bauaufsicht verletzt (BGH, Urteil vom 18. April 2002 - VII ZR 70/01 -, Rn. 14, juris). Dass der Beklagten insoweit kein Anspruch auf Bauüberwachung für die von ihr originär zu erbringenden Leistungen zusteht, räumt die Beklagte selbst ein (Bl. 936 d. A.) Auf den Hinweis des Senats in der mündlichen Verhandlung vom 17. August 2020 hat die Beklagte lediglich vorgetragen, dass der Kläger ein Bauamt zur Überwachung von Bauleistungen unterhalte und ein Ingenieurbüro beauftragt habe (Bl. 936 d. A.). Dies reicht allein für die Begründung einer Bauüberwachungspflicht und darüber hinaus für die Verletzung einer Bauüberwachungspflicht nicht aus.
(c) Den Kläger trifft ein Mitverschulden, soweit es an einem Schichtenverbund innerhalb des Altbestandes fehlt.
Der Sachverständige hat festgestellt, dass der Schichtenverbund teilweise auch innerhalb des Altbestands fehlt; dies hat er ebenfalls als eine der Hauptursachen der Rissbildung angesehen (Seite 41 des Gutachtens vom 14. Januar 2014). Diese Ursache ist - wovon auch der Sachverständige ausgegangen ist - ausschließlich zulasten des Klägers in die Quotenbildung einzustellen. Denn der Sachverständige hat auf Seite 33 seines 1. Ergänzungsgutachtens ausgeführt, dass der im Altbestand nicht vorhandene Schichtenverbund für die Beklagte nicht feststellbar gewesen sei.
Dieser Feststellung steht nicht entgegen, dass der Sachverständige Dr.-Ing. G. auf Seite 14 f. seines Gutachtens vom 14. Juli 2016 (Anhang zum 2. Ergänzungsgutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. V.) hierzu ausgeführt hat, ein fehlender Schichtenverbund in den unteren Einbaulagen des Altbestands habe durch die Georadarmessung nicht mit ausreichender Sicherheit festgestellt werden können; lediglich in zwei der Bohrkerne sei ein fehlender Schichtenverbund festgestellt worden. Es ist also - anders als bei dem fehlenden Schichtenverbund zwischen Altbestand und neuer Asphalttragschicht - unklar, welche Gesamtfläche der Straße hiervon betroffen ist. Der Sachverständige V. hat auf den Beweisbeschluss des Senats vom 4. November 2020 hierzu auf Seite 10 f. seines Gutachtens vom 27. Januar 2021 und in der mündlichen Verhandlung am 3. Mai 2021 (Bl. 1301 f. d. A.) ausgeführt, dass an fünf Beprobungsstellen das Fehlen des Schichtenverbundes im Altbestand habe festgestellt werden können. Dies reicht für die Feststellung der (Mit-)Ursächlichkeit für die Risse in der Fahrbahn aus. Denn hinsichtlich des Fehlens des Schichtenverbundes zwischen Altbestand und neuer Fahrdecke hat der Sachverständige auf Seite 8 seines Gutachtens vom 27. Januar 2021 ausgeführt, dass auch nur das stellenweise Fehlen des Schichtenverbundes zu einer Verschiebung der einzelnen Lagen zueinander führen kann, was sich dann wiederum durch Rissbildungen in der Asphaltdeckschicht bemerkbar mache. Vor diesem Hintergrund bedarf es nicht der Feststellung, auf welcher konkreten Fläche der Schichtenverbund fehlt, weil jedenfalls das Fehlen und dessen Kausalität für die Rissbildung festgestellt ist. Neben dem teilweise fehlenden Schichtenverbund zwischen Altbestand und neuer Asphalttragschicht hat der Sachverständige festgestellt, dass der Schichtenverbund teilweise auch innerhalb des Altbestands fehle; dies hat er ebenfalls als eine der Hauptursachen der Rissbildung angesehen (Seite 41 des Gutachtens vom 14. Januar 2014). Diesen nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen schließt sich der Senat an.
(d) Den Kläger trifft ein Mitverschulden wegen mangelnder Überprüfung und Sicherstellung der Tragfähigkeit des Untergrundes und einer tatsächlich unzureichenden Entwässerung.
(aa) Als weitere Ursache der Risse hat der Sachverständige eine unzureichende Tragfähigkeit des Untergrundes angenommen (Seite 45 f. des Gutachtens vom 14. Januar 2014). Mit dem Einwand des Klägers, bei unzureichender Tragfähigkeit des Untergrundes hätte auch die alte Fahrbahn ähnliche Risse aufweisen müssen, hat sich der Sachverständige bereits auf Seite 12 bis 15 und 39 seines 1. Ergänzungsgutachtens befasst und ausgeführt, dass sich eine unzureichende Tragfähigkeit nicht nur im Vorhandensein von Rissen in der Deckschicht widerspiegele, sondern in vielen Fällen auch Spuren innerhalb der Fahrbahnoberfläche verursache. Weitergehende Ausführungen seien nicht möglich, weil der Urzustand der KB nicht bekannt sei. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Sachverständige insoweit ergänzend nachvollziehbar ausgeführt, die Art des Bodens habe zur Folge, dass bei Feuchtigkeit in den unteren Bodenschichten unterhalb des Straßenbelags dieser aufquelle und beim Abtrocknen sich wieder zusammenziehe (Bl. 1302 f. d. A.). Aus Sicht des Senats ist es daher nachvollziehbar, dass die Ergreifung etwaiger Maßnahmen zur Verhinderung von Auswirkungen dieser Bewegungen auf den Straßenbelag erforderlich sei. Ebenso ist es nachvollziehbar, dass - wie der Sachverständige weiter ausgeführt hat - die Funktionsfähigkeit der seitlich zur Straße verlaufenden Entwässerungseinrichtung maßgeblichen Einfluss auf die Qualität der Tragfähigkeit des Untergrundes habe und somit beide Faktoren korrelieren. Insoweit hat der Sachverständige, unter Bezugnahme auf seine Feststellungen in seinen schriftlichen Gutachten, nachvollziehbar ausgeführt, dass die Tragfähigkeitsmessungen zu dem Ergebnis geführt haben, dass diese nicht gewährleistet gewesen sei. Da unstreitig die Bereitstellung eines tragfähigen Untergrundes vom Kläger zu gewährleisten war, ist ihm insoweit auch ein Mitverschulden an der Mangelhaftigkeit der Straße zuzurechnen. Dasselbe gilt hinsichtlich des vom Sachverständigen festgestellten Zustands der Entwässerungseinrichtungen, wonach in den Straßengräben dauerhaft Wasser anstand.
(bb) Der Beklagten ist insoweit ein Verursachungsbeitrag nicht anzulasten, als sie keine Prüfungs- und Hinweispflicht hinsichtlich der mangelnden Tragfähigkeit des Untergrundes traf. Der Vorwurf an die Beklagte kann nicht darin liegen, dass sie selbst den Untergrund vor Beginn ihrer Werkleistung hätte untersuchen oder durch Inaugenscheinnahme hätte erkennen müssen, dass die Qualität des vorhandenen Unterbaus für die Erzielung eines mangelfreien Werkes nicht geeignet war (vgl. OLG Köln, Urteil vom 28. November 2019 - I-7 U 166/18 -, Rn. 38, juris). Auch kann der Auftragnehmer sich auf die Erkenntnisse eines Sonderfachmanns in der Regel verlassen. Der Unternehmer hat das Bodengutachten jedoch auf Plausibilität und etwaige Unvollständigkeiten oder Unrichtigkeiten zu untersuchen. Auf erkennbare Fehler und Unvollständigkeiten hat er den Auftraggeber hinzuweisen. Wie bei der Prüf- und Hinweispflicht allgemein ist maßgebend, ob dem Auftragnehmer bei der von ihm als Fachunternehmen zu erwartenden Prüfung Bedenken hätten kommen müssen. Wird die Bauleistung von Fachfirmen mit besonderen Spezialkenntnissen ausgeführt, so verstärkt sich die Prüfungspflicht (OLG Köln, Urteil vom 19. Juli 2006 - 11 U 139/05 -, Rn. 34, juris).
Insoweit hat der Sachverständige V. auf Seite 20 f. seines Gutachtens vom 27. Januar 2021 ausgeführt, dass in der Baubeschreibung zum Leistungsverzeichnis vom Kläger mitgeteilt worden sei, dass er ein Bodengutachten habe anfertigen lassen. Auf Seite 5 unter Ziffer 2.1 der Baubeschreibung sei auf das Bodengutachten Bezug genommen worden. Aus dem Bodengutachten vom 8. Mai 2006 ergebe sich, dass es sich um einen sehr wasserempfindlichen Boden handele und dass Maßnahmen zur Erhöhung der Tragfähigkeit geplant seien. Dass das Bodengutachten für die Beklagte erkennbar nicht plausibel oder fehlerhaft gewesen sei, hat der Kläger nicht vorgetragen. Dass sich hieraus aufgrund der Tonhaltigkeit des Untergrundes eine eingeschränkte Tragfähigkeit ergeben hat, die die Beklagte zu etwaigen Prüfungen und Hinweisen hätte veranlassen müssen, ist weder dargetan noch ersichtlich. Vielmehr hat der Sachverständige in seiner Anhörung vor dem Senat ausgeführt, dass allein der Umstand, dass die Straße auf tonigem Boden auflag und sich dies aus dem Bodengutachten ergeben habe, noch kein Anlass für Bedenken gebe. Ein Problem trete nur dann auf, wenn solche Böden mit Wasser in Verbindung kämen. Insoweit hat der Sachverständige aber weiter ausgeführt, dass nach Ziffer 1.8 (Entwässerung) der Baubeschreibung (Anlage K 41) ein Sohlgefälle der Straßenseitengräben zwischen 1,48 Promille bis 27 Promille vorgesehen gewesen seien. Eine solche Ausführung reiche aus, um die in der örtlichen Situation gebotene Entwässerung sicherzustellen. Deshalb habe unter Berücksichtigung der geplanten Entwässerungssituation kein Anlass für eine Bedenkenanmeldung bestanden. Diesen nachvollziehbaren und in sich widerspruchsfreien Ausführungen des Sachverständigen, die auch von den Parteien nicht in Frage gestellt werden, schließt sich der Senat nach eigener Überzeugung an.
(e) Den Kläger trifft kein Mitverschulden wegen mangelnder Planung der Frostsicherheit.
Der Sachverständige V. hat auf Seite 35 seines Gutachtens vom 14. Januar 2014 ausgeführt, dass eine zu geringe Oberbaustärke zu schädlichen Frosteinwirkungen führe und es somit zu Rissen in der Decke kommen könne. Weiter hat der Sachverständige V. auf den Seiten 24 - 31 seines Gutachtens vom 27. Januar 2021 bestätigt, dass eine Mindeststärke von 70 cm erforderlich gewesen sei, die nach den durchgeführten Untersuchungen teilweise nicht erreicht werde. Ferner wiederholt der Sachverständige V. auf Seite 29 seines Gutachtens vom 27. Januar 2021 seine bereits auf Seite 35 seines Gutachtens vom 14. Januar 2014 getätigte Aussage, an zwei Beprobungsstellen habe der Bodenaustausch zur Verbesserung der Tragfähigkeit nicht festgestellt werden können. Insgesamt ist er aber zu der Auffassung gelangt, dass die mangelnde Frostsicherheit nicht als eine der Hauptursachen zu berücksichtigen sei.
Aus den Ausführungen des Sachverständigen V. ergibt sich, dass die Kausalität der - teilweise - mangelhaften Frostsicherheit nicht festgestellt werden kann. Dies ergibt sich bereits aus seinen Ausführungen auf Seite 35 seines Gutachtens vom 14. Januar 2014, wonach eine geringe Oberbaustärke zur Zerstörung der Asphaltdecke beitragen "kann". Dass dies sich hier tatsächlich in der Weise ausgewirkt hat, hat er nicht festgestellt. So führt er auf Seite 30 seines Gutachtens vom 27. Januar 2021 aus, dass die Fahrbahn Risse an Stellen mit ausreichender und unzureichender Oberbaustärke aufweise. Läge hierin eine (Haupt-)Ursache, dürften in den Bereichen, in denen der Oberbau aus geeigneten Baustoffgemischen und in ausreichender Dicke erstellt worden sei, keine Risse zu erkennen sein; dies sei jedoch nicht der Fall. Diese Ausführungen sind nicht geeignet, die Kausalität mit der nach § 286 ZPO erforderlichen Wahrscheinlichkeit nachzuweisen.
(f) Es ist kann dahinstehen, ob - wie von der Beklagte behauptet - dem Kläger ein Planungsfehler darin zuzurechnen ist, dass die Straße in der Bauklasse IV nach RStO 01 geplant worden sei, aber - nach dem Vortrag der Beklagten - die Bauklasse III richtig gewesen sei (Bl. 517 d. A.). Selbst wenn dem Kläger auch insoweit ein volles Mitverschulden zuzurechnen wäre, ergibt sich - auch unter Berücksichtigung der oben genannten Mitverschuldensanteile des Klägers - dennoch der vom Kläger geltend gemachte Vorschussbetrag.
(4) Unter Berücksichtigung der unter Ziffer (3) genannten Mitverschuldensanteile des Klägers für das Fehlen des Schichtenverbundes innerhalb der alten Fahrbahn, die unzureichende Entwässerungssituation und für den Planungsfehler bei der Tragfähigkeit des Untergrundes sowie einem unterstellten Mitverschulden wegen einer fehlerhaft geplanten Bauklasse trifft den Kläger allenfalls ein Mitverschulden in Höhe von höchstens 74 %. Mithin trifft die Beklagte ein Haftungsanteil in Höhe von 26 %. Unter Berücksichtigung dieser - für die Beklagte günstigste anzunehmende - Haftungsquote ist der Anspruch über 147.458,73 € bei einer Haftung der Beklagten in Höhe von 26 % des Mängelbeseitigungsaufwandes von insgesamt 708.995,81 € (brutto) der Höhe nach begründet.
Bei der Festlegung der Haftungsquote geht der Senat von der - technischen - Gewichtung und Verteilung wie in Anlage 2 des Gutachtens des Sachverständigen V. vom 27. Januar 2021 aus. Danach trifft die Beklagte ausschließlich eine Haftung für das Fehlen des Schichtenverbundes zwischen der alten und der neuen Fahrbahn. Die Bedeutung dieses Mangels für die Risse ist - mit dem Fehlen des Schichtenverbundes innerhalb des Altbestandes - als am meisten maßgeblich zu beurteilen. Insoweit schließt sich der Senat den ausführlichen und nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen V. zur "Lebensnotwendigkeit" eines ordnungsgemäßen Schichtenverbundes für die Haltbarkeit einer Straße an. Entgegen den Ausführungen des Landgerichts, nach denen der von dem Sachverständigen ermittelte Haftungsanteil der Beklagten von 31 % nur auf die von dem fehlenden Schichtenverbund betroffene Fläche angewandt und die Beklagte im Ergebnis nur zu 11,3 % in Haftung zu nehmen sei, erstreckt sich die Bedeutung dieses Mangels auf die gesamte Fläche der nachzubessernden Fahrbahn. Insoweit hat der Sachverständige V. wiederholt - zuletzt in der mündlichen Anhörung vor dem Senat am 3. Mai 2021 - ausgeführt, dass er den Umstand, dass der Schichtenverbund nur auf einer Fläche von 32,3 % der Straße gefehlt hat, bei der technischen Quotierung der Mitverantwortungsteile bereits berücksichtigt hat. Nachvollziehbar ist insbesondere die Begründung hierfür, dass nämlich eine teilflächenbezogene Sanierung nicht zu einer ordnungsgemäßen Nachbesserung führen würde. Die vom Landgericht vorgenommene Reduzierung des Haftungsanteils kann bereits deswegen keinen Bestand haben, weil die Beklagte hinsichtlich der Flächen, bei denen der Schichtenverbund zwischen der alten und der neuen Fahrbahn fehlt, nicht nur zu 31 % haftet. Insoweit ist nicht festgestellt, dass hinsichtlich dieser Flächen ein Mitverschulden des Klägers - geschweige ein ganz überwiegendes in Höhe von 69 % - zu berücksichtigen war. Gegen diesen Verteilungsmaßstab spricht zudem das Wesen dieses Mangels, der sich darin wiederspeigelt, dass er sich auf die gesamte Fahrbahn als solcher, also auch auf die Bereiche mit einem vorhandenen Schichtenverbund, negativ auswirkt. Dies ergibt sich bereits aus den Ausführungen des Sachverständigen V. auf Seite 41 seines Gutachtens vom 14. Januar 2014, wonach die einzelnen Lagen untereinander keine haltbare Gesamtkonstruktion innerhalb der Asphaltbefestigung bilden, wenn der zwingend erforderliche Schichtenverbund fehlt. Da sich das Fehlen des Schichtenverbundes zwischen der alten und der neuen Fahrbahn auf die gesamte Fahrbahn als Mangel auswirkt, kann die Mangelhaftung nicht auf diese Bereiche begrenzt werden.
Aus dem vom Sachverständigen geschilderten Grund der zwingenden Erforderlichkeit des Schichtenverbundes für die Funktionsfähigkeit der Straße ist es auch gerechtfertigt, den Anteil dieses Mangels an der Verursachung mit einem hohen Wert zu bemessen. Ebenso schließt sich der Senat der Einstufung der des Sachverständigen V. hinsichtlich der technischen Beurteilung des Sorgfaltsverstoßes an.
ii. Die Gewährleistungsansprüche des Klägers sind nicht wegen einer vorbehaltlosen Abnahme ausgeschlossen, § 12 Nr. 5 Abs. 3 VOB/B (2002).
Die Beklagte macht insoweit geltend, der Kläger habe seine Gewährleistungsansprüche verloren, weil er vorbehaltlos die Abnahme erklärt habe, obwohl er aufgrund der als Anlagenkonvolut B 8 vorgelegten Prüfzeugnisse gewusst habe, dass bei einzelnen Bohrkernen der Schichtenverbund zwischen der vorhandenen Asphaltdecke und der neuen Asphalttragschicht gefehlt habe. Dem kann nicht gefolgt werden.
Voraussetzung eines Rechtsverlusts durch vorbehaltlose Abnahme ist, dass der Auftraggeber im Zeitpunkt der Abnahme positive Kenntnis vom Vorliegen von Mängeln hat. Selbst grob fahrlässige Unkenntnis genügt nicht. Die Beweislast für die Kenntnis des Auftraggebers liegt beim Auftragnehmer (vgl. MüKo/Busche, BGB, 8. Aufl. (2020), § 640 Rn. 36). Diese Voraussetzungen lassen sich hier nicht feststellen.
Hinsichtlich des Prüfzeugnisses vom 28. September 2007, auf das die Beklagte in ihrer Klageerwiderung abgestellt hat und welches die Bohrkernproben des zweiten Bauabschnitts betrifft, scheidet eine vorbehaltlose Abnahme schon deshalb aus, weil die Abnahme des zweiten Bauabschnitts bereits am 17. September 2007 erfolgte, der Kläger also noch gar keine Kenntnis von dem Inhalt des Prüfzeugnisses haben konnte.
Soweit Teil des Anlagenkonvoluts B 8 darüber hinaus ein den ersten Bauabschnitt betreffendes Prüfzeugnis vom 6. Juni 2007 ist, trägt dieses zwar einen Eingangsstempel des Klägers vom 7. Juni 2007, dem Tag, an dem auch die Abnahme des ersten Bauabschnitts erfolgte. Es bleibt allerdings offen, ob die Verantwortlichen des Klägers im Zeitpunkt der Abnahme bereits Kenntnis von diesem Prüfzeugnis genommen hatten; diese Unklarheit geht zum Nachteil der beweisbelasteten Beklagten. Hinzu kommt, dass der Schichtenverbund ausweislich dieses Prüfzeugnisses nur bei zwei der vier der Hauptfahrbahn entnommenen Bohrkerne fehlte. Der Kläger konnte mithin, selbst wenn das Prüfzeugnis im Zeitpunkt der Abnahme bereits zur Kenntnis genommen worden sein sollte, nicht wissen, dass der Schichtenverbund nicht nur punktuell, sondern großflächig fehlte.
Soweit die Beklagte mit der Berufungsbegründung eine vorbehaltlose Abnahme scheinbar damit begründen möchte, dass sich der Kläger bei den Abnahmen am 7. Juni und 17. September 2007 keine Gewährleistungsrechte wegen Rissen in der Fahrbahn vorbehielt, ist das nicht recht nachvollziehbar. Denn die Beklagte behauptet nicht, dass die Risse bereits im Zeitpunkt der Abnahme vorgelegen hätten; im Gegenteil macht sie in anderem Zusammenhang geltend, die Risse seien erstmals bei der Gewährleistungsabnahme des ersten Bauabschnitts am 31. Mai 2011 festgestellt worden. Damit konnte der Kläger im Zeitpunkt der Abnahme keine Kenntnis von später eintretenden Rissen haben.
jj. Soweit sich die Beklagte darauf berufen hat, die Erneuerung der Asphaltschicht stelle einen unverhältnismäßigen Aufwand im Sinne von § 13 Nr. 6 VOB/B (2002) dar, trifft dies nicht zu.
Richtig ist, dass der Auftragnehmer die Mängelbeseitigung gemäß § 13 Nr. 6 VOB/B (2002) verweigern kann, wenn sie einen unverhältnismäßig hohen Aufwand erfordert. Das ist dann der Fall, wenn mit der Nachbesserung der in Richtung auf die Beseitigung des Mangels erzielbare Erfolg oder Teilerfolg bei Abwägung aller Umstände des Einzelfalles in keinem vernünftigen Verhältnis zur Höhe des dafür erforderlichen Geldaufwandes steht. Danach wird Unverhältnismäßigkeit in aller Regel nur anzunehmen sein, wenn einem objektiv geringen Interesse des Auftraggebers an einer völlig ordnungsgemäßen Vertragsleistung ein ganz erheblicher und deshalb vergleichsweise unangemessener Aufwand gegenübersteht. Hat der Auftraggeber hingegen objektiv ein berechtigtes Interesse an einer ordnungsgemäßen Erfüllung des Vertrages, so kann ihm regelmäßig nicht wegen hoher Kosten die Nachbesserung verweigert werden. (vgl. BGH, Urteil vom 10. November 2005 - VII ZR 137/04 -, Rn. 20, juris; Urteil vom 4. Juli 1996 - VII ZR 24/95 -, Rn. 9 f., juris).
Vorliegend ist demnach das Interesse des Klägers an der Durchführung einer Sanierung, durch die die vorhandenen Risse beseitigt und das erneute Auftreten von Rissen gegenüber dem von der Beklagten hergestellten Zustand zumindest verzögert werden sollen, dem Sanierungsaufwand gegenüberzustellen. Insoweit kann nicht von einem unverhältnismäßigen Aufwand ausgegangen werden. Das gilt umso mehr, als seinerseits der Kläger an den Kosten der Sanierung zu beteiligen ist.
Soweit die Beklagte auf Seite 9 ihres Schriftsatzes vom 6. November 2019 darauf abgestellt hat, dass die Warnwerte noch nicht überschritten seien, ergibt sich daraus nichts anderes. Ein Anspruch auf die Mängelbeseitigungskosten kann nicht deshalb versagt werden, weil der Warnwert, jenseits dessen der Straßenbelag ersetzt werden muss, noch nicht überschritten ist und der Zeitpunkt nicht feststeht, zu dem er überschritten werden wird (BGH, Urteil vom 10. November 2005 - VII ZR 137/04 -, Rn. 21, juris). Hinzu kommt, dass die beabsichtigte Sanierung nicht allein die Erneuerung der Asphaltdeckschicht umfasst. Vielmehr soll die beabsichtigte Sanierung durch Einbringung einer Asphaltbewehrung die Ursachen der Rissbildung zwar nicht beseitigen, aber möglichst kompensieren.
d. Die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung steht der Wirksamkeit der von dem Kläger erklärten Aufrechnung gemäß § 215 BGB nicht entgegen. Denn gemäß § 215 BGB schließt die Verjährung die Aufrechnung dann nicht aus, wenn der Anspruch in dem Zeitpunkt, in dem erstmals aufgerechnet werden konnte, noch nicht verjährt war. So liegt es hier.
aa. Die Beklagte hat dargelegt, dass Gewährleistungsansprüche des Klägers für den ersten Bauabschnitt ohne Berücksichtigung einer Hemmung aufgrund von Verhandlungen am 2. November 2018 verjährt wären. Diese Berechnung der Beklagten ist insoweit zu korrigieren, als die Zustellung des Antrags auf Einleitung eines selbständigen Beweisverfahrens ausweislich der Zustellungsurkunde nicht am 8., sondern am 7. November 2012 erfolgte. Maßgeblich ist gemäß § 167 ZPO allerdings ohnehin der Tag des Eingangs der Antragsschrift, das war der 5. November 2012. Richtigerweise wäre Verjährung (ohne Hemmung gemäß § 203 BGB) dementsprechend am 5. November 2018 eingetreten.
Bis zu diesem Zeitpunkt hatte der Kläger die Aufrechnung zwar nicht erklärt. Die Aufrechnungserklärung im Schreiben des Klägers vom 19. Juni 2018 bezog sich auf die mit Schreiben vom 5. Januar 2018 geltend gemachte Forderung und damit auf eine auf der Grundlage der voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten berechnete Schadensersatzforderung. Auf der Grundlage der voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten konnte der Kläger Schadensersatz aber nicht geltend machen (vgl. BGH, Urteil vom 22. Februar 2018 - VII ZR 46/17 -, Rn. 30 ff.). Die Aufrechnung mit einem Vorschussanspruch hat der Kläger erstmals mit der Klageschrift - nach dem 5. November 2018 - erklärt.
bb. Darauf kommt es wegen § 215 BGB jedoch nicht an. Denn der Vorschussanspruch entsteht mit Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen, mithin mit dem Ablauf der (angemessenen) Frist zur Mängelbeseitigung; eine Geltendmachung ist nicht erforderlich (vgl. BGH, Urteil vom 11. September 2012 - XI ZR 56/11 -, Rn. 15 ff., juris). Dies war bereits im Jahr 2012 der Fall. Wie bereits dargelegt, wies die Beklagte mit Schreiben vom 24. Mai 2012 eine Verantwortlichkeit für die aufgetretenen Schäden zurück und forderte den Kläger zur Rückgabe der Gewährleistungsbürgschaft auf. Damit machte sie deutlich, dass auch eine weitere Fristsetzung zur Mangelbeseitigung nicht geeignet sein würde, sie zum Umdenken und zur Vornahme der Mangelbeseitigung zu bewegen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt lagen die Voraussetzungen für einen Vorschussanspruch vor.
cc. Hinsichtlich des zweiten Bauabschnitts soll nach dem Vortrag der Beklagten die Gewährleistungsabnahme und die schriftliche Geltendmachung der dabei festgestellten Mängel nicht an dem im Abnahmeprotokoll genannten 16. September 2011, sondern erst am 19. September 2011 - und damit nach Ablauf der Gewährleistungsfrist von vier Jahren - erfolgt sein. Dies hat das Landgericht im Ergebnis zu Recht für unbeachtlich gehalten. Denn sollte dies tatsächlich der Fall gewesen sein, läge dem eine zwischen den Parteien getroffene Vereinbarung zugrunde, die der Verjährung entgegenstünde.
Der Kläger schlug mit Faxschreiben vom 14. September 2011 (Anlage B 5, Bl. 255 d. A.) unter Hinweis auf die am 17. September 2011 ablaufende Gewährleistung einen Termin zur Gewährleistungsabnahme am 16. September 2011 vor. Mit Faxschreiben vom selben Tage (Anlage B 6, Bl. 256 d. A.) bat die Beklagte um Verschiebung des Termins auf den 19. September 2011. Unterstellt man den Vortrag der Beklagten als zutreffend, dass aufgrund dieses Schreibens der Abnahmetermin einvernehmlich auf den 19. September 2011 verschoben wurde, läge darin zugleich eine Vereinbarung der Verlängerung der Gewährleistungsfrist (zumindest) bis zum 19. September 2011.
Aus der maßgeblichen Sicht des Klägers als Erklärungsempfänger konnte die Bitte der Beklagten um Verlegung des Termins zur Gewährleistungsabnahme auf einen nach Ablauf der Gewährleistungsfrist liegenden Termin nur so verstanden werden, dass die Beklagte zugleich die Verlängerung der Gewährleistungsfrist (zumindest) bis zu diesem Tag anbot. Denn ohne ein solches Angebot wäre der Versuch, die Gewährleistungsabnahme auf einen nach Ende der Gewährleistungsfrist liegenden Termin zu verschieben und sich auf diese Weise der Gewährleistung zu entziehen, in einem Maße treuwidrig gewesen, dass der Kläger damit nicht rechnen musste. Der Kläger brauchte auch nicht die Möglichkeit in Erwägung zu ziehen, dass die Beklagte um Terminverlegung gebeten haben könnte, ohne dabei den Ablauf der Gewährleistungsfrist im Blick zu haben. Denn der Kläger hatte in seinem Schreiben vom 14. September 2011 auf den Ablauf der Gewährleistungsfrist hingewiesen und konnte dementsprechend davon ausgehen, dass die Beklagte nicht nur den Terminvorschlag, sondern auch diesen Hinweis zur Kenntnis genommen hatte. Mit der Zustimmung zur Verlegung des Termins auf den 19. September 2011 nahm der Kläger zugleich das Angebot der Beklagten auf Verlängerung der Gewährleistungsfrist an.
Waren danach Gewährleistungsansprüche im Zeitpunkt der Gewährleistungsabnahme noch nicht verjährt, begann die zweijährige Frist des § 13 Nr. 5 Abs. 1 Satz 2 VOB/B (2002) am 16. oder 19. September 2011. Allein aufgrund der Hemmung durch das selbständige Beweisverfahren wäre Verjährung erst am 21. oder 24. Februar 2019 eingetreten. Zu diesem Zeitpunkt war der Lauf der Verjährung aber wieder durch die Geltendmachung der Aufrechnung im Klageverfahren gehemmt.
e. Eine Aufrechnungserklärung des Klägers ist in der Klageschrift vom 30. November 2018 enthalten, die der Beklagten über ihren Prozessbevollmächtigten am 19. Dezember 2018 zugestellt worden ist (Bl. 184 d. A.). Gegen die Wirksamkeit dieser Erklärung bestehen ebenso wenig Bedenken wie gegen die Zulässigkeit der Aufrechnung.
II. Berufungsantrag zu 2 (Hauptantrag) des Klägers
1. Der auf Feststellung eines Leistungsverweigerungsrechts wegen Verjährung gerichtete Antrag ist zulässig.
a. Der Kläger hat ein Feststellungsinteresse an der begehrten Feststellung, § 256 Abs. 1 ZPO. Denn die Beklagte geht davon aus, einen durchsetzbaren weitergehenden Anspruch aus ihrer Schlussrechnung vom 16. Juli 2018 zu haben. Das Bestehen einer dauernden Einrede ist als feststellungsfähiges Rechtsverhältnis anzusehen; bei einem Erfolg könnte der Kläger aus dem Urteil eine für sich günstige Rechtsfolge herleiten.
b. Dass der Kläger diesen Antrag erstmals im Berufungsverfahren geltend macht, steht der Zulässigkeit nicht entgegen. Zwar ist eine Klageerweiterung im Berufungsverfahren nur nach Maßgabe von § 533 ZPO zulässig. Diese Voraussetzungen liegen aber vor. Für die Prüfung der Verjährung ist allein die Schlussrechnung vom 16. Juli 2018 (Anlage K 15, Bl. 69 ff. d. A.) maßgeblich. Dass die Beklagte diese erteilt und mit welchem Ergebnis der Kläger sie geprüft hat, ist unstreitig und dementsprechend als Tatsache im Berufungsverfahren zu berücksichtigen. Die Klageerweiterung ist auch sachdienlich, weil die Frage der Verjährung auch im Rahmen der Widerklage zu erörtern ist.
2. Der Antrag ist aber unbegründet.
Der Vergütungsanspruch der Beklagten aus der Schlussrechnung vom 16. Juli 2018 (Anlage K 15, Bl. 69 ff. d. A.) ist nicht verjährt.
Die Verjährung beginnt gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Ausgehend von der Schlussrechnung vom 16. Juli 2018 begann die Verjährung am 31. Dezember 2018 und endet gemäß § 195 BGB am 31. Dezember 2021.
Zwar ist bei der Prüfung der Einrede der Verjährung von Vergütungsansprüchen nach VOB/B immer die Prüfbarkeit der Schlussrechnung als das anspruchsbegründende Ereignis zu prüfen (BGH, Urteil vom 10. Mai 1990 - VII ZR 257/89 -, Rn. 16). Vorliegend ist die Verjährung aber bislang in jedem Fall nicht eingetreten, selbst wenn die Schlussrechnung prüfbar gewesen wäre. Von daher kommt es auf die Prüfbarkeit der Schlussrechnung an dieser Stelle nicht an.
III. Berufungsantrag zu 2 (Hilfsantrag und ursprünglicher erstinstanzlicher Hauptantrag zu 2) des Klägers
1. Der Hilfsantrag zu 2 ist zulässig.
Das für einen Feststellungsantrag erforderliche Feststellungsinteresse (§ 256 ZPO) ist gegeben. Der Schuldner einer Forderung kann, solange er die geforderte Leistung nicht erbracht hat, ein Interesse an der Feststellung haben, dass er die Forderung mangels Fälligkeit derzeit nicht erfüllen muss. Denn in einem solchen Fall kann er aus einem Erfolg der Feststellungsklage für sich günstige Rechtsfolgen, nämlich die Berechtigung, die Erfüllung der noch nicht fälligen Forderung zu verweigern, ableiten (BGH, Urteil vom 6. Juni 2012 - VIII ZR 198/11 -, Rn. 25, juris). So liegt es hier. Denn von der Frage der Fälligkeit der Forderung der Beklagten aus der Schlussrechnung vom 16. Juli 2018 hängt es ab, ob der Kläger gegenwärtig zur Zahlung von Zinsen verpflichtet ist. Die Beklagte berühmt sich insoweit auch einer weitergehenden, nicht bereits durch die Aufrechnungen erloschenen Forderung.
2. Der Hilfsantrag zu 2 ist begründet.
Die Forderung der Beklagten aus der Schlussrechnung vom 16. Juli 2018 ist - derzeit - mangels Prüfbarkeit nicht fällig.
a. Der Anspruch auf die Schlusszahlung wird gemäß § 16 Abs. 3 Nr. 1 VOB/B (2009) alsbald nach Prüfung und Feststellung der vom Auftragnehmer vorgelegten Schlussrechnung fällig. Voraussetzung ist demnach das Übersenden einer prüfbaren Schlussrechnung. Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 VOB/B (2009) hat der Auftragnehmer seine Leistungen prüfbar abzurechnen. Er hat die Rechnungen übersichtlich aufzustellen und dabei die Reihenfolge der Posten einzuhalten und die in den Vertragsbestandteilen enthaltenen Bezeichnungen zu verwenden. Die zum Nachweis von Art und Umfang der Leistung erforderlichen Mengenberechnungen, Zeichnungen und anderen Belege sind beizufügen. Änderungen und Ergänzungen des Vertrags sind in der Rechnung besonders kenntlich zu machen; sie sind auf Verlangen getrennt abzurechnen. Das betrifft beim Einheitspreisvertrag insbesondere das Aufmaß und bei nach Zeit abgerechneten Leistungen aussagekräftige Stundenzettel (vgl. Kniffka, in: Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, a. a. O., 4. Teil Rn. 501 ff., 507 ff.). Die Prüfbarkeit der Schlussrechnung eines Auftragnehmers ist kein Selbstzweck. Die Anforderungen an die Prüfbarkeit ergeben sich vielmehr aus den Informations- und Kontrollinteressen des Auftraggebers. Diese bestimmen und begrenzen Umfang und Differenzierung der für die Prüfung erforderlichen Angaben der Schlussrechnung. In welchem Umfang die Schlussrechnung aufgeschlüsselt werden muss, damit der Auftraggeber in der Lage ist, sie in der gebotenen Weise zu überprüfen, ist eine Frage des Einzelfalls, die abgesehen von den Besonderheiten der Vertragsgestaltung und der Vertragsdurchführung auch von den Kenntnissen und Fähigkeiten des Auftraggebers und seiner Hilfspersonen abhängt (BGH, Urteil vom 22. November 2001 - VII ZR 168/00 -, Rn. 8, juris; BGH, Urteil vom 26. Oktober 2000 - VII ZR 99/99 -, Rn. 8, juris). Kann danach aus der Erstellung der Prüfrechnung nicht uneingeschränkt auf die Prüfbarkeit der Schlussrechnung geschlossen werden, ist die Prüfbarkeit umfassend im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits zu überprüfen. Dabei ist die Prüfung darauf zu beschränken, in welchem Umfang der Auftraggeber Einwendungen gegen die Prüfbarkeit der Schlussrechnung erhebt (Kniffka, in: Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, a. a. O., 4. Teil, Rn. 545).
Die ganz oder teilweise fehlende Prüfbarkeit der Schlussrechnung kann der Auftraggeber nach § 16 Abs. 3 Nr. 1 Satz 2 VOB/B 2009 der Fälligkeit des Schlusszahlungsanspruchs nur dann entgegenhalten, wenn er dahingehende Einwände innerhalb der dafür vorgesehenen 2-monatigen Prüffrist erhoben hat. Darüber hinaus ist eine Prüfbarkeitsrüge des Auftraggebers nur dann beachtlich, wenn er den Auftragnehmer durch konkrete Angaben in die Lage versetzt, die Rechnung prüfbar zu machen. Erforderlich ist deshalb eine richtig ausgeführte Rüge, also eine solche Rüge, mit der die Teile der Rechnung und die Gründe bezeichnet werden, die nach Auffassung des Auftraggebers zu dem Mangel der fehlenden Prüffähigkeit führen, wobei auch bei lediglich teilweise fehlender Prüffähigkeit die Schlusszahlung insgesamt nicht fällig wird (vgl. BGH, NZBau 2010, 443, juris Rn. 18; BGHZ 157, 118, juris Rn. 26, 33; Nicklisch/Weick/Jansen/Seibel, VOB/B, 5. Auflage, § 16 Rn. 73, 77, 79, 99 m.w.N.). Soweit der Auftraggeber trotz Einwänden gegen die Prüfbarkeit dennoch eine konkrete inhaltliche Prüfung vorgenommen hat, ist ihm die Berufung auf eine fehlende Prüfbarkeit verwehrt (BGHZ 157, 118, juris Rn. 19; Nicklisch/Weick/Jansen/Seibel, a.a.O., Rn. 77 bei Fn. 162). Die Beweislast dafür, dass dem Kläger alle für die Prüfung erforderlichen Unterlagen vorlagen, liegt bei der Beklagten. Die Umkehr der Parteirollen bei der negativen Feststellungsklage ist auf die Darlegungs- und Beweislastverteilung ohne Einfluss (BGH, Beschluss vom 22. Januar 2013 - XI ZR 471/11 -, Rn. 9, juris).
b. Das Landgericht hat die Klage bezüglich dieses Antrags abgewiesen, weil die Schlussrechnung der Beklagten prüfbar gewesen sei. Die Prüfbarkeit hat das Landgericht damit begründet, dass der Kläger die Schlussrechnung komplett geprüft und in der dazu erstellten Prüfrechnung zu jeder einzelnen Rechnungsposition Stellung bezogen habe. Dieser Begründung folgt der Senat nicht. Das Landgericht ist davon ausgegangen, dass der Kläger in seiner Prüfrechnung zu jeder Rechnungsposition Stellung bezogen habe. Diese Annahme trifft nicht zu. Rund 40 Rechnungspositionen aus der Schlussrechnung vom 16. Juli 2018 sind in der Prüfrechnung des Klägers nicht enthalten. Jedenfalls hinsichtlich dieser Rechnungspositionen kann aus der Erstellung der Prüfrechnung daher nicht auf die Prüfbarkeit der Schlussrechnung geschlossen werden.
c. Der Kläger hat Einwendungen gegen die Prüfbarkeit substantiiert vorgetragen. Die berücksichtigungsfähigen Einwendungen des Klägers gegen die Prüfbarkeit der Schlussrechnung ergeben sich aus dem als Anlage K 17 vorgelegten, innerhalb der Frist des § 16 Abs. 3 Nr. 1 Satz 2 VOB/B (2009) erstellten Schreiben der jetzigen Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 10. September 2018 (Bl. 89 ff. d. A.) nebst der diesem Schreiben beigefügten, als Anlage B 1 (Bl. 1159 ff. d. A.) vorgelegten 16-seitigen tabellarischen Auflistung der Rügen. Mit Schriftsatz vom 16. April 2021 (Bl. 1146 ff. d. A.) hat der Kläger auf den Seiten 4 bis 13 die in der Anlage B 1 enthaltenen Rügen nochmals näher erläutert. Hieraus ergeben sich die folgenden begründeten Einwendungen gegen die Prüfbarkeit der Schlussrechnung; im Übrigen fehlt es bereits an einer substantiierten rechtzeitigen Rüge zur Prüfbarkeit der Schlussrechnung.
aa. Zu Position 01.03.0005 (Grobkörnigen Boden liefern und einbauen (Fahrbahn)) hat der Kläger substantiiert gerügt, es seien keine Vermessungsunterlagen vorgelegt worden.
bb. Zu Position 01.03.0006 (Grobkörnigen Boden liefern und einbauen (Seitengräben)) hat der Kläger substantiiert gerügt, es seien keine Massenzusammenstellungen vorgelegt worden.
cc. Zu Position 01.03.0008 (Schotter/Mineralgemisch Radweg einbauen) hat der Kläger substantiiert gerügt, es seien keine Massenzusammenstellungen vorgelegt worden und Aufmaßblätter seien nicht zugeordnet worden.
dd. Zu Position 01.03.009 (Schotter/Mineralgemisch Fahrbahn einbauen) hat der Kläger substantiiert vorgetragen, es seien keine Massenzusammenstellungen vorgelegt worden und Aufmaßblätter seien nicht zugeordnet worden.
ee. Zu Position 01.03.0010 (Rasensaat herstellen) hat der Kläger substantiiert gerügt, es seien keine Massenzusammenstellungen vorgelegt worden und Aufmaßblätter seien nicht zugeordnet worden
d. Die Beklagte hat die zur Nachvollziehbarkeit der in diesen Positionen enthaltenen Beträge erforderlichen Informationen nicht substantiiert dargelegt.
aa. Zu Position 01.03.0005 (Grobkörnigen Boden liefern und einbauen (Fahrbahn)): Soweit die Beklagte vorgetragen hat, sie habe die Aufmaßprüfung des Klägers aus der als Anlage BB 10 vorgelegten 14. Abschlagsrechnung übernommen, befreit sie dies nicht von einer nachvollziehbaren Aufzeichnung über die ermittelten Massen. Denn der Kläger hat insoweit - unbestritten - vorgetragen, dass er die entsprechenden Massen selbst nur geschätzt habe. Dass der Kläger über entsprechende Erkenntnisse zur Ermittlung der richtigen Massen verfügt hat, ist nicht dargelegt. Jedenfalls hinsichtlich der sich zwischen der vom Kläger geschätzten und von der Beklagten angesetzten Masse ergebenden Differenz ist diese Position nicht prüfbar.
bb. Zu 01.03.0006 (Grobkörnigen Boden liefern und einbauen (Seitengräben)) hat die Beklagte, auch in ihren Schriftsatz vom 28. April 2021, nicht Stellung genommen.
Soweit die Beklagte mit nicht nachgelassenem und nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangen Schriftsatz vom 17. Mai 2021 (Bl. 1312 ff. d. A.) auf die vom Kläger geprüfte 14. Abschlussrechnung vom 11. Februar 2014 (Anlage BB 10, Bl. 1249 ff. d. A.) Bezug nimmt und vorträgt, dass sie die vom Kläger geprüften Massen übernommen habe, war der Vortrag nach § 296a ZPO nicht mehr zu berücksichtigen. Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gemäß § 156 ZPO war hier nicht geboten. Insoweit bezieht sich die Beklagte auf seit langem in den Prozess eingeführte Unterlagen. Zudem hat der Senat bereits mit Hinweisbeschluss vom 4. November 2020 (Bl. 999 ff. d. A.) darauf hingewiesen, dass die Beklagte darlegungs- und beweisbelastet für die Prüfbarkeit der Schlussrechnung ist. Unabhängig davon käme in der Sache die gleiche Erwägung zum Tragen wie in der Vorposition.
cc. Zu Position 01.03.0008 (Schotter/Mineralgemisch Radweg einbauen) hat die Beklagte lediglich vorgetragen, dass sie diese Position nach Tonnen abgerechnet habe. Inwieweit die vom Kläger gerügten Massenzusammenstellungen und Aufmaßblätter vorgelegt wurden, hat die Beklagte, jedenfalls mit Schriftsatz vom 28. April 2021, nicht substantiiert dargelegt und bewiesen.
Soweit die Beklagte mit nicht nachgelassenem und nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangen Schriftsatz vom 17. Mai 2021 (Bl. 1312 ff. d. A.) auf das Aufmaßblatt Nr. 362 in der Anlage BB 7 Bezug nimmt, war der Vortrag nach § 296a ZPO nicht mehr zu berücksichtigen. Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gemäß § 156 ZPO war hier nicht geboten. Insoweit bezieht sich die Beklagte auf seit langem in den Prozess eingeführte, aber bis zur letzten mündlichen Verhandlung nicht konkret in Bezug genommene Unterlagen. Zudem hat der Senat bereits mit Hinweisbeschluss vom 4. November 2020 (Bl. 999 ff. d. A.) darauf hingewiesen, dass die Beklagte darlegungs- und beweisbelastet für die Prüfbarkeit der Schlussrechnung ist. Wegen des erheblichen Umfangs des Anlagenkonvoluts BB7 war es nicht Aufgabe des Senats, die Unterlagen eigenständig daraufhin durchzusehen, ob sich darin entgegen der klägerischen Darstellung doch zu einzelnen Rechnungspositionen ausreichende bzw. weitere Aufmaßblätter finden. Zur Position 01.03.0008 war zudem auch in der 71-seitigen Zusammenstellung "Massenermittlung W 11067 SN" des Anlagenkonvoluts BB7 kein Verweis auf ein "AMB" enthalten. Unabhängig davon kämen in der Sache wiederum die Erwägungen zur Position 01.03.0005 zum Tragen.
dd. Zu Position 01.03.009 (Schotter/Mineralgemisch Fahrbahn einbauen): Hier gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend.
Soweit die Beklagte mit nicht nachgelassenem und nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangen Schriftsatz vom 17. Mai 2021 (Bl. 1312 ff. d. A.) auf das (in der zusammenfassenden "Massenermittlung" ebenfalls nicht genannte) Aufmaßblatt Nr. 363 im Anlagenkonvolut BB 7 Bezug nimmt, war der Vortrag nach § 296a ZPO nicht mehr zu berücksichtigen. Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gemäß § 156 ZPO war hier nicht geboten. Insoweit bezieht sich die Beklagte auf seit langem in den Prozess eingeführte, aber bis zur letzten mündlichen Verhandlung nicht konkret in Bezug genommene Unterlagen. Zudem hat der Senat bereits mit Hinweisbeschluss vom 4. November 2020 (Bl. 999 ff. d. A.) darauf hingewiesen, dass die Beklagte darlegungs- und beweisbelastet für die Prüfbarkeit der Schlussrechnung ist. Im Übrigen ist, wie der Kläger auch vorgetragen hat, auch nicht ersichtlich, wie die Massen im Aufmaßblatt mit dem von der Beklagten in der Schlussrechnung mit 1.758,142 Tonnen gegenüber der vom Kläger mit 1.671,180 Tonnen ermittelten Menge in Einklang zu bringen sind und die zugrunde gelegten Massen belegen sollen.
ee. Zu Position 01.03.0010 (Rasensaat herstellen) hat die Beklagte vorgetragen, sie habe die Aufmaßprüfung des Klägers aus der als Anlage BB 10 vorgelegten 14. Abschlagsrechnung übernommen. Insoweit befreit sie dies nicht von einer nachvollziehbaren Aufzeichnung über die ermittelten Massen. Denn der Kläger hat insoweit - unbestritten - vorgetragen, dass er die entsprechenden Massen selbst nur geschätzt habe. Dass der Kläger über entsprechende Erkenntnisse zur Ermittlung der richtigen Massen verfügt hat, ist nicht dargelegt. Da sich zwischen der von der Beklagten angesetzten Masse von 15.615,00 qm gemäß Schlussrechnung und der Prüfung des Klägers von 14.821,660 qm ein Differenzbetrag ergibt, mangelt es jedenfalls hinsichtlich dieses Differenzbetrages an einer hinreichenden Prüfbarkeit.
Die erstmals mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 17. Mai 2021 enthaltene konkrete Bezugnahme auf Aufmaßblätter ("hier beispielsweise die Nrn. 218 und 219") ist nach § 296a ZPO nicht mehr zu berücksichtigen. Insoweit wird auf die Ausführungen zu den beiden Vorpositionen verwiesen. Auch hier enthält die zusammenfassende "Massenermittlung" keinen Hinweis auf ein zugehöriges "AMB".
Da es ausreicht, wenn auch nur eine Position nicht prüfbar ist, und es aus den oben genannten Gründen an der Prüfbarkeit dieser Positionen ermangelt, ist die Schlussrechnungsforderung insgesamt nicht fällig.
IV. Berufungsantrag zu 3. des Klägers (erstinstanzlicher Widerklageantrag zu 1)
Der Berufungsantrag zu 3 des Klägers ist begründet.
Das Landgericht hat den Kläger auf die Widerklage der Beklagten zu Unrecht verurteilt, an die Beklagte 8.146,34 € nebst Verzugszinsen zu zahlen. Der Anspruch der Beklagten ist durch Aufrechnung des Klägers erloschen.
a. Grundsätzlich steht der Beklagten aus dem Auftrag über die Werkleistung hinsichtlich des Bauvorhabens KA noch unstreitig ein Vergütungsanspruch in Höhe von 8.146,34 € unstreitig zu, der auf der eigenen Berechnung des Klägers beruht.
Entgegen dem Hauptverteidigungsvorbringen des Klägers ist die Forderung auch nicht verjährt (s. O. II. 2).
b. Dieser Anspruch ist aber durch die Hilfs-Aufrechnung des Klägers gemäß §§ 387, 389 BGB erloschen.
aa. Zunächst geht der Senat davon aus, dass das Verteidigungsvorbringen des Klägers als Aufrechnung zu verstehen ist.
Das Landgericht ist davon ausgegangen, dass sich der Kläger gegenüber diesem Anspruch der Beklagten lediglich auf ein Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 BGB wegen dreier Gegenforderungen, nämlich einer aus dem Bauvorhaben KB und zwei aus dem Bauvorhaben KA, berufe, und das Zurückbehaltungsrecht jeweils wegen fehlender Konnexität verneint. Hinsichtlich der Gegenforderung aus dem Bauvorhaben KB entspricht das Verständnis des Landgerichts zweifelsfrei den Erklärungen des Klägers. Denn auf Seite 16 der Klageschrift ist ausdrücklich ein Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht worden. Zweifelhaft ist das Verständnis des Landgerichts allerdings hinsichtlich der Gegenforderungen aus dem Bauvorhaben KA. Denn insoweit ist auf Seite 22 des Schriftsatzes vom 9. Mai 2019 (Bl. 498 d. A.) von einer Hilfsaufrechnung die Rede.
In zweiter Instanz verteidigt sich der Kläger nunmehr vorrangig mit der Einrede der Verjährung (Seite 17 der Berufungsbegründung, Bl. 733 d. A.). Für den Fall, dass Verjährung nicht eingetreten ist, erklärt er hilfsweise die Aufrechnung mit zwei Gegenforderungen aus dem Bauvorhaben KA, weiter hilfsweise mit weiteren Mängelbeseitigungskosten an der KB (Seite 18 der Berufungsbegründung, Bl. 734 d. A.). Der Aufrechnung steht nicht entgegen, dass der Kläger mit der Berufung die Ausführungen des Landgerichts zum Zurückbehaltungsrecht angreift (vgl. Seite 16 der Berufungsbegründung, Bl. 732 d. A.). Angesichts der eindeutigen Geltendmachung einer Aufrechnung in der Berufungsinstanz (Seite 18 der Berufungsbegründung: "Sollte dennoch der Senat der Ansicht sein, dass die Verjährung nicht durchgreift, so erklärt der Kläger insoweit nunmehr hilfsweise ausdrücklich die Aufrechnung ...") ist die Erklärung des Klägers so auszulegen, dass er sich - neben dem Einwand der Verjährung - nur noch auf die Aufrechnung stützt. Das gilt umso mehr, als die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts bei wechselseitigen Geldforderungen regelmäßig ausgeschlossen und in eine Aufrechnung umzudeuten ist (BGH, Urteil vom 1. Oktober 1999 - V ZR 162/98 -, Rn. 11, juris). Dass der Kläger ein besonderes Interesse daran haben könnte, statt aufzurechnen ein Zurückbehaltungsrecht geltend zu machen (vgl. dazu Krüger, in: MüKo, BGB, a. a. O., § 273, Rn. 75), ist weder dargelegt noch sonst ersichtlich.
bb. Die vom Kläger in der Berufungsbegründung erklärte (Hilfs-)Aufrechnung ist begründet.
(1) Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 6.666,08 € (Kosten des Ingenieurbüros H. & Partner im Zusammenhang mit der Sanierung der Gabionenwand im Bauvorhaben KA) gemäß § 13 Abs. 5 Nr. 1 VOB/B (2009).
Zu den vom Auftragnehmer zu tragenden Nacherfüllungskosten können auch Vergütungen gehören, die der Auftraggeber an den von ihm beschäftigten Architekten oder Ingenieur für Planungs- und Aufsichtsleistungen im Rahmen der Nacherfüllung zu zahlen hat (Wirth: in Ingenstau/Korbion, VOB, 21. Aufl. (2020), § 13 Abs. 5 VOB/B Rn. 115). Das gilt hier auch für die Einschaltung des Ingenieurbüros H. & Partner für die Neuplanung der Gabionenwand, und zwar unabhängig davon, ob deren Planung verwendet wurde oder ob sich der Kläger des Ingenieurbüros nur bediente, um die Umsetzbarkeit und Erfolgsaussicht eines von dem Vorschlag des gerichtlichen Sachverständigen abweichenden, kostengünstigeren Sanierungsvorschlags beurteilen zu können. Dem steht nicht entgegen, soweit die Beklagte vorgetragen hat, die ursprüngliche Planung der Statik sei mangelhaft gewesen und die vom Ingenieurbüro H. & Partner habe nichts mehr mit dem Bausoll zu tun gehabt (vgl. Seite 3 des Schriftsatzes vom 11. September 2019 (Bl. 556 d. A.)). Denn die Planung, die sich im selbständigen Beweisverfahren vor dem Landgericht Braunschweig als mangelhaft herausstellte, wurde von der Beklagten durchgeführt und dem Kläger im Rahmen eines Nachtrags berechnet. Dann muss die Beklagte aber auch die Kosten der Mängelbeseitigung tragen.
(2) Der Kläger hat ferner einen Anspruch gegen die Beklagte auf Ersatz rechtsanwaltlicher Beratungskosten für die anwaltliche Begleitung der Sanierung der Gabionenwand in Höhe von 4.814,74 € gemäß § 13 Abs. 5 Nr. 1 VOB/B (2009).
Neben Gutachterkosten sind auch Rechtsanwaltskosten ersatzfähig, soweit sie der Auffindung eines zu beseitigenden Mangels dienen (vgl. BGH, Urteil vom 17. Februar 1999 - X ZR 40/96 -, Rn. 10, juris, zu § 633 Abs. 2 Satz 2, § 476a BGB a. F.). Vor diesem Hintergrund ist es sachgerecht, auch solche Rechtsanwaltskosten als vom Auftragnehmer zu tragende Kosten der Mängelbeseitigung anzusehen, die im Zusammenhang mit der Umsetzung eines alternativen, kostengünstigeren Sanierungskonzepts entstehen. Denn inwieweit sich der Auftraggeber auf eine von dem Sanierungsvorschlag eines gerichtlichen Sachverständigen abweichende Sanierung, die der Kostenersparnis auf Seiten des Auftragnehmers dient, einlassen kann und muss, ist nicht nur eine technische, sondern auch eine rechtliche Frage, bei der sich der Auftraggeber anwaltlicher Beratung bedienen darf.
(3) Dass der Kläger die entsprechenden Rechnungen bezahlt hat, ist mittlerweile unstreitig.
V. Berufungsantrag zu 2 der Beklagten
Der zulässige Berufungsantrag der Beklagten auf Abweisung der Klage mit dem Hauptantrag zu 1 ist aus den oben genannten Gründen unbegründet.
VI. Berufungsantrag zu 3 der Beklagten (erstinstanzlicher Widerklageantrag zu 2)
1. Der erstmals zu Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 17. August 2020 (Bl. 912 d. A.) gestellte (Feststellungs-)Widerklageantrag der Beklagten ist unzulässig.
Es kann dahinstehen, ob dem Feststellungswiderklageantrag der Beklagten, der mit identischem Inhalt als Widerklageantrag zu 2. bereits durch das angegriffene Urteil des Landgerichts abgewiesen wurde und insoweit nicht fristgemäß mit der Berufung angegriffen wurde, die Rechtskraft des Urteils des Landgerichts entgegensteht.
Denn der Feststellungsantrag ist sowohl als Zwischenfeststellungsantrag nach § 256 Abs. 2 ZPO als auch als allgemeiner Feststellungsantrag nach § 256 Abs. 1 ZPO unzulässig.
a. Dem Feststellungsantrag liegt ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis im Sinne von § 256 ZPO zugrunde. Die von der Beklagten begehrte Feststellung ihres Leistungsverweigerungsrechts wegen Verjährung stellt ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis und nicht nur ein bloßes Element eines Rechtsverhältnisses dar (BGH, Urteil vom 26. September 2012 - VIII ZR 279/11 -, Rn. 39, juris; BeckOK ZPO/Bacher, 40. Ed. 1.3.2021, ZPO § 256 Rn. 32; a. A. Pastor, in: Werner/Pastor, Der Bauprozess, 15. Aufl. (2015), Rn. 431).
Insoweit begehrt die Beklagte nach dem Wortlaut ihres Antrags zwar nicht ausdrücklich das Bestehen eines Leistungsverweigerungsrechts, sondern die Feststellung, dass bestimmte Ansprüche verjährt seien. Die abstrakte Frage des Eintritts der Verjährung stellt kein Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses dar. Insoweit hat der Senat den Klageantrag gemäß §§ 133, 157 BGB zu Gunsten der Beklagten dahingehend ausgelegt, dass sie das Bestehen eines Leistungsverweigerungsrechts aufgrund des Eintritts der Verjährung festgestellt haben möchte.
Demgegenüber geht der Senat aufgrund des eindeutigen Wortlauts des Antrags ("sämtliche Gewährleistungsansprüche") und mangels etwaigen Vortrags hierzu davon aus, dass die Beklagte weder qualitativ, d. h. hinsichtlich der Art von Gewährleistungsansprüchen, noch quantitativ, d. h. beschränkt auf die bereits geltend gemachte Höhe des Kostenvorschusses oder auf den darüber hinausgehenden Teil, die Feststellung einschränken wollte.
b. Der Feststellungswiderklageantrag ist als Zwischenfeststellungsklage im Sinne von § 256 Abs. 2 ZPO mangels Vorgreiflichkeit unzulässig.
aa. Mit der Zwischenfeststellungsklage wird es ermöglicht, neben einer rechtskräftigen Entscheidung über die Klage auch eine solche über nach § 322 Abs. 1 ZPO der Rechtskraft nicht fähige streitige Rechtsverhältnisse herbeizuführen, auf die es für die Entscheidung des Rechtsstreits ankommt. Zwar genügt grundsätzlich schon die bloße Möglichkeit, dass das inzidenter ohnehin zu klärende Rechtsverhältnis zwischen den Parteien noch über den gegenwärtigen Streitgegenstand hinaus Bedeutung hat oder gewinnen kann (BGH, Urteil vom 17. Mai 1977 - VI ZR 174/74 -, Rn. 17). Die begehrte Feststellung muss sich aber auf einen Gegenstand beziehen, der über den der Rechtskraft fähigen Gegenstand des Rechtsstreits hinausgeht. Für eine Zwischenfeststellungsklage ist daher kein Raum, wenn mit dem Urteil über die Hauptklage die Rechtsbeziehungen der Parteien erschöpfend geregelt werden (BGH, Urteil vom 28. September 2006 - VII ZR 247/05 -, Rn. 12, juris). Insbesondere ist es nicht das Ziel der Zwischenfeststellungsklage, eine Vorabentscheidung über den Grund einer zur Aufrechnung gestellten Gegenforderung zu erreichen, was das Verfahrensrecht im Rahmen des § 304 ZPO gerade nicht vorsieht (BGH, Urteil vom 17. Mai 1977 - VI ZR 174/74 -, Rn. 18, juris).
bb. Gemessen hieran ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die von der Beklagten begehrte Klärung der Frage des Bestehens eines Leistungsverweigerungsrechts aufgrund des Eintritts der Verjährung für die (Haupt-)Klage von Bedeutung ist. Denn - wie oben bereits ausgeführt - kommt es bei der Entscheidung darüber, ob der Vergütungsanspruch der Beklagten durch die Aufrechnung mit einem Vorschussanspruch des Klägers erloschen ist, nicht darauf an, ob dem Vorschussanspruch die Einrede der Verjährung entgegensteht. Insoweit kommt es gemäß § 215 BGB allein darauf an, wann der Vorschussanspruch entstanden ist und sich die Hauptforderung und die Gegenforderung erstmals aufrechenbar gegenüberstanden. Ob der Vorschussanspruch isoliert betrachtet tatsächlich verjährt ist, ist für die (Haupt-)Klage demnach ohne Bedeutung.
c. Der Feststellungswiderklageantrag der Beklagten ist mangels Feststellungsinteresses auch als allgemeine Feststellungsklage gemäß § 256 Abs. 1 ZPO unzulässig.
aa. Bei dem Feststellungswiderklageantrag der Beklagten handelt es sich um eine negative Feststellungsklage. Voraussetzung für die Zulässigkeit einer negativen Feststellungsklage ist das Vorliegen eines rechtlichen Interesses an einer alsbaldigen Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses. Dies ist gegeben, wenn dem Recht oder der Rechtslage eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht und das erstrebte Urteil geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen. Eine solche Gefährdung liegt in der Regel schon darin, dass eine Partei sich eines Anspruchs gegen die andere Partei berühmt. In diesem Falle kommt es nicht darauf an, ob die sich des Anspruchs berühmende Partei behauptet, bereits jetzt eine durchsetzbare Forderung zu besitzen. Die Rechtsstellung der anderen Partei ist schon dann schutzwürdig betroffen, wenn geltend gemacht wird, aus dem bestehenden Rechtsverhältnis könne sich unter bestimmten Voraussetzungen, deren Eintritt noch ungewiss ist, ein Ersatzanspruch gegen sie ergeben. § 256 ZPO ermöglicht sogar die Feststellung eines betagten oder bedingten Rechtsverhältnisses. Demgegenüber enthält die bloße Ankündigung, unter bestimmten Voraussetzungen in eine Prüfung einzutreten, ob ein Anspruch gegen den Betroffenen besteht, noch keinen ernsthaften und hinreichend bestimmten Eingriff in dessen Rechtssphäre, der alsbaldiges Interesse an gerichtlicher Klärung eines Rechtsverhältnisses der Parteien zu begründen vermag (BGH, Urteil vom 10. Oktober 1991 - IX ZR 38/91 -, Rn. 14, juris).
bb. Zwar kommen grundsätzlich neben dem Kostenvorschussanspruch des Klägers gemäß § 13 Abs. 5 Nr. 2 VOB/B weiterhin etwaige Schadensersatzansprüche gemäß § 13 Abs. 7 Nr. 3 VOB/B in Betracht (Pastor, in: Werner/Pastor, Der Bauprozess, 15. Aufl. (2015), Rn. 2228).
Vorliegend hat der Kläger jedoch nicht einmal angekündigt in die Prüfung einzusteigen, ob etwaige - über die Mangelbeseitigung als solche hinausgehende - Schadensersatzansprüche oder weitergehende Kostenvorschussansprüche bestehen. Auch sind solche weder von der Beklagten vorgetragen noch ersichtlich. Ausgehend von dem umfassenden Feststellungsantrag, der sich auf "sämtliche Gewährleistungsansprüche" bezieht, ist der Antrag vor diesem Hintergrund in diesem weitgehenden Umfang unzulässig.
2. Der Feststellungs(widerklage)antrag der Beklagten ist außerdem jedenfalls unbegründet. Die Mängelgewährleistungsansprüche des Klägers gegen die Beklagte betreffend das Bauvorhaben KB sind noch nicht insgesamt verjährt.
a. Gewährleistungsansprüche verjähren nach § 13 Nr. 4 Abs. 1 VOB/B (2002) hinsichtlich Mängel an Bauwerken - wie hier - in vier Jahren. Die Verjährungsfrist gilt auch für den Vorschussanspruch nach § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B (2002), § 637 BGB (Dölle, in: Werner/Pastor, Der Bauprozess, 15. Aufl. (2015), Rn. 2856; Wirth, in: Ingenstau/Korbion, VOB, 21. Aufl. (2020), § 13 Abs. 5 VOB/B, Rn. 301).
b. Die Frist für den 1. Bauabschnitt begann am 7. Juni 2007 zu laufen. Gemäß § 13 Nr. 4 Abs. 3 (2002) beginnt die Frist mit der Abnahme. Unstreitig erfolgte gemäß Teil-Abnahmeniederschrift vom 7. Juni 2007 die Abnahme des 1. Bauabschnitts der KB.
c. Die Gewährleistungsfrist wurde bis zum 31. Mai 2013 verlängert. Gemäß § 13 Nr. 5 Abs. 1 Satz 2 VOB/B verjährt der Anspruch auf Mangelbeseitigung der gerügten Mängel in zwei Jahren ab Zugang des schriftlichen Verlangens. Unstreitig erfolgte am 31. Mai 2011 eine Gewährleistungsabnahme, in der die Risse in der Straße KB gerügt wurden und zur Beseitigung aufgefordert wurde.
d. Der Lauf der - grundsätzlich am 31. Mai 2013 endenden - Verjährungsfrist wurde nicht durch den Beginn eines vereinbarten Begutachtungsverfahrens gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 8 BGB gehemmt. Es ist unstreitig, dass aufgrund der entstandenen Risse in der Fahrbahn die Beklagte ein Gutachten des ISIN vom 29. Juni 2011 (Bl. 20 d. A. 2 OH 18/12) einholte, sodann ließ der Kläger das Gutachten des Sachverständigen Prof. B. vom 11. September 2011 (Bl. 57 d. A. 2 OH 18/12) erstellen, woraufhin die Beklagte dem Kläger am 24. Mai 2012 ein Gutachten der Ingenieurgesellschaft für Baustoffe und Bautechnik ... mbH vom 9. Mai 2012 (Bl. 78 d. A. 2 OH 18/12) übersandte. Sämtliche Gutachten sind jedoch nicht geeignet, die Hemmung nach § 204 Abs. 1 Nr. 8 BGB auszulösen. Einseitig veranlasste Gutachten entfalten keine verjährungshemmende Wirkung (MüKo/Grothe, BGB, 8. Aufl. (2018) § 204 Rn. 49). Der Kläger hat jedenfalls nicht dargelegt, dass gerade im Hinblick auf die Verjährungshemmung aus Sicht beider Parteien ein Gutachten eingeholt werden sollte. Ob hierin ein "Verhandeln" im Sinne von § 203 BGB gesehen werden kann, ist ebenfalls fraglich.
Hierauf kommt es letztlich nicht an, weil aus den nachfolgenden Gründen eine den Eintritt der Verjährung hemmende Wirkung erfolgt ist.
e. Der Lauf der - grundsätzlich am 31. Mai 2013 endenden - Verjährungsfrist wurde durch die Zustellung des Antrags auf Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 7 BGB bis zum 11. April 2018 gehemmt.
aa. Die Beklagte hat auf Seite 14 f. der Klageerwiderung (Bl. 224 f. d. A.) dargelegt, dass der Antrag auf Einleitung des selbständigen Beweisverfahrens (2 OH 18/12) ihr am 8. November 2012 zugestellt worden sei. Ausweislich der Zustellungsurkunde wurde ihr der Antrag bereits am 7. November 2012 zugestellt. Eine Rückwirkung auf das Datum des Eingangs des Antrags bei Gericht erfolgt gemäß § 167 ZPO. Mithin begann der Lauf der Hemmung - unabhängig vom Datum der Zustellung - am 5. November 2012.
bb. Die Hemmung endet gemäß § 204 Abs. 2 BGB sechs Monate nach Beendigung des eingeleiteten Verfahrens, mithin am 11. April 2018. Das selbständige Beweisverfahren 2 OH 18/12 wurde am 11. Oktober 2017 beendet. Das selbständige Beweisverfahren ist beendet, wenn es sachlich erledigt ist. Sachliche Erledigung des selbständigen Beweisverfahrens tritt bei rückschauender Betrachtung nach einer mündlichen Anhörung des Sachverständigen grundsätzlich mit dem Verlesen des Sitzungsprotokolls über die Vernehmung des Sachverständigen oder dessen Vorlage zur Durchsicht ein. Die Übermittlung des Protokolls liegt außerhalb der Beweisaufnahme und gehört nicht mehr zum Beweisverfahren (BGH, Beschluss vom 24. März 2009 - VII ZR 200/08 -, Rn. 4, juris; Schmidt-Räntsch in: Erman, BGB, 16. Aufl. (2020), § 204, Rn. 45). Vorliegend erfolgte die letzte Verfahrenshandlung in diesem Sinne durch die Anhörung des Sachverständigen V. am 11. Oktober 2017.
cc. Die Hemmung endet nicht unmittelbar mit der Beendigung des Verfahrens. Insbesondere bei Verfahren, die nicht mit einer Sachentscheidung enden, muss dem Gläubiger noch eine Frist bleiben, in der er - verschont von dem Lauf der Verjährung - weitere Rechtsverfolgungsmaßnahmen einleiten kann. Dies ist der Fall bei einem selbständigen Beweisverfahren (Schmidt-Räntsch in: Erman, BGB, 16. Aufl. (2020), § 204, Rn. 53). Unter Berücksichtigung der Nachlauffrist des § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB ergibt sich eine Hemmung längstens bis zum 11. April 2018.
f. Die Verjährung wurde des Weiteren gemäß § 203 BGB bis zum 16. Oktober 2018 gehemmt. Nach dieser Vorschrift ist die Verjährung gehemmt, solange zwischen den Parteien Verhandlungen über den Anspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände schweben.
aa. Zwischen den Parteien schwebten zwischen dem 5. Januar 2018 und dem 16. Juli 2018 Verhandlungen. Der Begriff von Verhandlungen im Sinne des § 203 Satz 1 BGB ist verwirklicht, wenn der Gläubiger klarstellt, dass er einen Anspruch geltend machen und worauf er ihn stützen will. Anschließend genügt jeder ernsthafte Meinungsaustausch über den Anspruch oder seine tatsächlichen Grundlagen, sofern der Schuldner nicht sofort und erkennbar Leistung ablehnt (BGH, Urteil vom 15. Dezember 2016 - IX ZR 58/16 -, Rn. 13, juris). Der Begriff der "Verhandlungen" ist weit auszulegen. Verhandlungen schweben schon dann, wenn eine der Parteien Erklärungen abgibt, die der jeweils anderen die Annahme gestatten, der Erklärende lasse sich auf Erörterungen über die Berechtigung des Anspruchs oder dessen Umfang ein. Nicht erforderlich ist, dass dabei Vergleichsbereitschaft oder Bereitschaft zum Entgegenkommen signalisiert wird oder dass Erfolgsaussicht besteht (BGH, Beschluss vom 08. Dezember 2011 - V ZR 110/11 -, Rn. 2, juris). Im Hinblick auf den Schuldner genügt es, wenn er deutlich macht, sich auf Erörterungen über die Berechtigung des Anspruchs oder dessen Umfang einzulassen (BeckOGK/Meller-Hannich, 1.3.2021, BGB § 203 Rn. 16). Auf das Schreiben des Klägers vom 5. Januar 2018 (Anlage K 3, Bl. 22 d. A.), in dem der Kläger gestützt auf das Ergebnis des selbständigen Beweisverfahrens die Zahlung eines konkreten Betrages zur Beseitigung der Mängel begehrte, erwiderte die Beklagte mit Schreiben vom 9. Januar 2018 (Bl. 500 d. A.):
"[...] Eine stillschweigende Verlängerung bis Ende Januar 2018 wird vorausgesetzt.
Dies heißt nicht, dass der Betrag anerkannt wird. Ich werde mit meiner Mandantschaft die Sache in dieser Zeit besprechen und unaufgefordert auf die zurückkommen."
Hieraus ergibt sich jedenfalls keine erkennbare Ablehnung. Aus Sicht des Klägers konnte die Äußerung nur so verstanden werden, dass die Beklagte in eine Prüfung des geltend gemachten Anspruchs - wenn auch mit der Möglichkeit einer Ablehnung - einsteigt. Dem steht, entgegen der Ansicht der Beklagten, nicht entgegen, dass sie zuvor mehrfach eine Pflicht zur Mängelbeseitigung von sich gewiesen habe. Denn im Zeitpunkt des Schreibens des Klägers vom 5. Januar 2018 lag insoweit eine neue Sachlage vor, als das selbständige Beweisverfahren Erkenntnisse über den Grund und den Umfang der Mängel, die teilweise - anders als in den vorhergehenden Parteigutachten - der Beklagten zugerechnet wurden, festgestellt hat. Aus Sicht des Klägers bestand daher Anlass, die Beklagte auf dieser neuen Erkenntnisgrundlage über eine Schadensregulierung anzufragen. Jedenfalls war für den Kläger nicht erkennbar, dass sich die Beklagte den Ergebnissen des selbständigen Beweisverfahrens von vornherein verschließen würde. Dies hat sie auch in dem Schreiben vom 9. Januar 2018 nicht getan. Der Kläger durfte dieses Schreiben aus objektiver Empfängersicht vielmehr dahin verstehen, die Beklagte wolle sich nunmehr auf eine weitere Prüfung über den berechtigten Umfang des klägerischen Anspruchs einlassen.
Eine endgültige Ablehnung - und damit Beendigung der Verhandlung in diesem Sinne - erfolgte erst mit Schreiben der Beklagten vom 16. Juli 2018 (Bl. 501 d. A.).
bb. Die Hemmungswirkung trat für den Zeitraum vom 5. Januar 2018 bis zum 16. Juli 2018 ein. § 203 Satz 2 BGB, wonach die Verjährung frühestens drei Monate nach dem Ende der Hemmung endet, kommt vorliegend nicht zum Tragen, weil diese drei Monate durch die noch offene Verjährungszeit von 208 Kalendertagen konsumiert werden.
Dem steht nicht entgegen, dass die bis zum 11. April 2018 laufende Hemmung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 7, Abs. 2 Satz 1 BGB noch nicht abgelaufen war. Die Hemmungstatbestände der §§ 203 bis 208 BGB stehen ohne Vor- oder Nachrang nebeneinander, sodass grundsätzlich mehrere verjährungshemmende Maßnahmen parallel ergriffen werden können. Bei mehreren parallel wirksamen Hemmungstatbeständen kommt es nicht zu einer Addition (BeckOGK/Meller-Hannich, 1.3.2021, BGB § 203 Rn. 9). Demnach richtet sich das Ende der Hemmung vorliegend nach der gemäß § 203 BGB später (am 16. Juli 2018) gegenüber der nach § 204 Abs. 1 Nr. 7 BGB früher (11. April 2018) endenden Hemmung.
cc. Unter Berücksichtigung des von der Hemmung umfassten Zeitraums vom 5. November 2012 bis 16. Juli 2018 und einer noch offenen Verjährungsfrist von restlichen 208 Kalendertagen ergibt sich ein Ablauf der Verjährungsfrist zum 9. Februar 2019.
g. Soweit der Kläger auch Mängel an dem 2. Bauabschnitt geltend macht, ist eine Verjährung insoweit erst recht nicht eingetreten. Unstreitig wurde der 2. Bauabschnitt am 17. September 2007 - mithin ca. drei Monate später - abgenommen. Zwischen den Parteien kam es sodann zu einer Gewährleistungsabnahme gemäß § 13 Nr. 5 Abs. 1 Satz 2 VOB/B (2002). Selbst wenn diese erst - wie von der Beklagten behauptet - am 19. September 2011 erfolgt sein sollte, kann sich die Beklagte aufgrund der nach ihrem Vortrag einvernehmlichen Terminverlegung hierauf nicht im Hinblick auf die Verjährung berufen. Unter Berücksichtigung der oben genannten Hemmungstatbestände liegt insoweit das Ende der Verjährungsfrist jedenfalls nach dem 9. Februar 2019.
h. Die Verjährung wurde schließlich mit Erhebung der vorliegenden Klage gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB, § 167 ZPO durch Einreichung der Klage am 3. Dezember 2018 - mithin vor dem Eintritt der Verjährung am 9. Februar 2019 - bis zum heutigen Tage gehemmt.
C.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 und § 96 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
D.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO).
E.
Die Streitwertfestsetzung folgt den Ausführungen unter Abschnitt II. 3 des Senatsbeschlusses vom 19. August 2020 (Bl. 919 ff. d. A.).