Sozialgericht Stade
Beschl. v. 07.09.2005, Az.: S 8 AS 44/05 ER

Bibliographie

Gericht
SG Stade
Datum
07.09.2005
Aktenzeichen
S 8 AS 44/05 ER
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2005, 50853
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

nachfolgend
LSG - 11.01.2006 - AZ: L 8 AS 409/05 ER

Tenor:

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

Zwischen den Beteiligten ist nur noch die Frage der Angemessenheit der Kosten der Unterkunft (Eigentumshausgrundstück) nach § 22 SGB II sowie der Anrechnung eines Pauschalbetrages von 30,- € nach § 11 Abs 2 Nr 3 SGB II, § 3 Nr 1 Alg II-V umstritten. Die Antragsgegnerin (AG) zahlt an den Antragsteller (AS) und seine mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebende Ehefrau bis 30. November 2005 anteilige Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 420,78 € (Änderungsbescheide vom 22. Juli und 17. August 2005) - die andere Hälfte der Kosten der Unterkunft entfällt auf die beiden volljährigen Söhne des Ehepaars, die mit den Eltern eine Wohngemeinschaft bilden. Ab 1. Dezember 2005 erkennt die AG angemessene Kosten für Unterkunft und Heizung nur noch in Höhe von 525, 75 € an, sodass für die Bedarfsgemeinschaft nur noch 262, 86 € für Kosten der Unterkunft und Heizung gezahlt werden. Dabei geht die AG davon aus, dass für eine Wohngemeinschaft von vier Personen 85 qm Wohnfläche und eine Grundmiete in Anlehnung an § 8 Wohngeldgesetz (WoGG) in Höhe von 445,- € sowie Heizkosten in Höhe von 80,75 € (je qm 0,95 €) angemessen seien. Demgegenüber verweist der AS darauf, dass das Haus geschütztes Vermögen nach § 12 Abs 3 Nr 4 SGB II sei, infolge dessen müssten auch über den 30. November 2005 hinaus die bisher anerkannten anteiligen Kosten für Unterkunft und Heizung von 420,78 € für die Bedarfsgemeinschaft übernommen werden. Nach seinen Angaben beträgt die Wohnfläche etwa 95 qm zuzüglich etwa 47 qm „Nebenräume“.

2

Der AS begehrt der Sache nach höhere Leistungen nach dem SGB II, als der Bedarfsgemeinschaft in den Bescheiden vom 22. Juli und 16. August 2005 bewilligt worden sind. Eine Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren hat ihre Grundlage demgemäß in § 86 b Abs 2 SGG. Vorrausetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach dieser Vorschrift ist das Vorliegen eines Anordnungsanspruches iS eines materiellrechtlichen Anspruches sowie eines Anordnungsgrundes iS einer besonderen Eilbedürftigkeit und die Glaubhaftmachung der dafür maßgeblichen Tatsachen. Der Antrag ist unbegründet, denn es fehlt an einem Anordnungsanspruch. Nach § 22 Abs 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung nur insoweit erbracht, als die Aufwendungen angemessen sind. Jedenfalls im einstweiligen Rechtsschutzverfahren ist es sachgerecht, die Höchstbeträge für Miete nach § 8 WoGG sowie für die Bestimmung der Angemessenheit der Heizungskosten einen Pauschbetrag von 0,95 € je qm zugrunde zu legen. Hinsichtlich der Größe des Wohnraumes sind die Richtlinien über die soziale Wohnraumförderung in Niedersachsen vom 27. Juni 2003 (Nds. MBl. Nr. 27/2003) zugrunde zu legen. Danach ist für eine Mietwohnung eine Wohnfläche von 85 qm für vier Haushaltsmitglieder angemessen. Dem entspricht eine angemessene Miete nach § 8 WoGG von 445,- € monatlich, dazu kommen 80, 75 € für Heizkosten. Daraus ergeben sich angemessene Kosten für Unterkunft und Heizung von 525, 75 €, für die Bedarfsgemeinschaft die Hälfte davon = 262,87 €. Da die AG den AS rechtzeitig auf die Unangemessenheit der Kosten der Unterkunft hingewiesen hat und sie die unangemessenen hohen Kosten noch bis Ende November übernimmt, ist es nicht zu beanstanden, wenn ab 1. Dezember 2005 nur noch die angemessenen Kosten für die Unterkunft und die Heizung übernommen werden.

3

Entgegen der Auffassung des AS steht § 12 Abs 3 Nr 4 SGB II der Entscheidung der AG nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift ist ein selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener Größe oder eine entsprechende Eigentumswohnung als privilegiertes Vermögen von der Verwertung zu Gunsten einer Deckung des Bedarfs ausgeschlossen. Zwar ist es richtig, dass nach allgemeiner Auffassung (vgl. Brühl in LPK- SGB II § 12 Rz 44) im Rahmen der zitierten Vorschrift ein Hausgrundstück mit einer Wohnfläche von bis zu 130 qm ,jedenfalls bei einer 4-köpfigen Wohngemeinschaft als angemessen gilt. Dies bedeutet jedoch nur, dass der AS sein Haus mit einer Wohnfläche, die nur geringfügig darüber liegt (ca. 142 qm) nicht verkaufen und nicht den Erlös bis zu seinem Verbrauch (mit Ausnahme der Freibeträge) zur Deckung des Bedarfs der Bedarfsgemeinschaft verwenden muss. Die Angemessenheit des Hausgrundstückes iS des § 12 SGB II hat jedoch nicht zur Folge, dass von vornherein ohne nähere Prüfung der Angemessenheit die Kosten für Unterkunft und Heizung vom Leistungsträger in tatsächlicher Höhe zu übernehmen sind. Dies würde zu einer durch nichts gerechtfertigten Besserstellung von Haus/Wohnungseigentümern gegenüber Mietern führen, die sich im Falle einer 4-köpfigen Wohngemeinschaft mit 85 qm Wohnfläche begnügen müssen. Auch gäbe es dann bei der Übernahme der Kosten für Unterkunft und Heizung keine Begrenzung nach oben, weil ein Hausgrundstück von angemessener Größe iS des § 12 Abs 3 Nr 4 SGB II unabhängig von seinem Wert und der darauf beruhenden Finanzierungslasten geschützt ist. Dass dies nicht mit dem Grundsatz des § 22 SGB II zu vereinbaren ist, wonach nur die Kosten für Wohnraum im unteren Bereich des Preisspektrums (vgl Putz info also 2004, 198,200 unter Hinweis auf die Rspr des BVerwG) übernommen werden , bedarf keiner weiteren Begründung.

4

Es ist deshalb nicht zu beanstanden, wenn die AG das Hausgrundstück des AS zwar einerseits als geschütztes Vermögen im Sinne des § 12 SGB II ansieht, andererseits aber bei der Berechnung der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung iS des § 22 SGB II die gleichen Maßstäbe wie bei Mietern anlegt.

5

Bei der Einkommensberechnung kann ein Pauschalbetrag von 30,- € nach §§ 11 Abs 2 Nr 3 SGB II, 3 Nr 1 Alg II-V nach dem Ende des Bezuges von Arbeitslosengeld (03.02.2005) zugunsten des AS nicht mehr berücksichtigt werden, denn das ist nur bei Bezug von Einkommen möglich, wie sich aus § 11 Abs 2 SGB II („Vom Einkommen sind abzusetzen“) eindeutig ergibt. Die AG hat daher zurecht nur für Februar 2005 noch einen anteiligen Betrag von 3,- € für die Zeit des Alg-Bezuges vom 01. - 03.02.2005 berücksichtigt (vgl Schriftsatz der AG vom 29.06.2005).

6

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.