Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 08.09.2004, Az.: 6 A 63/03

gefährlicher Schulweg; Gewichtsbelastung; Mindestentfernung; Schultasche; Schulweg; Schüler; Schülerbeförderung; Sicherheit; zumutbarer Schulweg; Zumutbarkeit

Bibliographie

Gericht
VG Braunschweig
Datum
08.09.2004
Aktenzeichen
6 A 63/03
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2004, 51032
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Eine reine Wegstrecke von 45 Minuten Dauer ist auch einer Grundschülerin zumutbar.

2. Es liegt in der Verantwortung der Eltern und der Schule, die (Gewichts-) Belastung durch die Schultasche in angemessenen Grenzen zu halten.

Tatbestand:

1

Die Klägerin will die Beklagte verpflichtet wissen, Schülerbeförderungskosten zu übernehmen.

2

Die am 06.03.1995 geborene Klägerin besuchte im Schuljahr 2002/2003 die Klasse 2a der Grundschule B. in C..

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Den unter dem 13.10.2002 für die Klägerin gestellten Antrag auf Ausstellung einer Sammelschülerzeitkarte im Wert von 372,40 Euro lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 18.10.2002 im Wesentlichen mit der Begründung ab, die nach ihrer Satzung für die Ausstellung einer Sammelschülerzeitkarte geforderte Mindestentfernung von 2000 Meter werde nicht erreicht.

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Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 06.02.2003 zurück. Zur Begründung ihrer ablehnenden Entscheidung führte die Beklagte dabei im Wesentlichen aus:

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Für die Entfernungsermittlung seien zwischen dem Ausgang des Wohngebäudes bis zum Eingang des Schulgebäudes die folgenden Straßenzüge berücksichtigt worden: D.. Die Gesamtlänge dieses Schulweges sei mit einem geeichten Messrad mit 1.951 m ermittelt worden. Soweit die Sicherheit des Schulweges entlang der E. bestritten werde, die auf einer 450 m langen Teilstrecke mit mehreren Kurven über eine Bergkuppe führe, habe eine Gefährdung von Fußgängern auch nach der Unfallstatistik der Polizei nicht festgestellt werden können. Die derzeit bereits durch eine sog. Fußgängerfurt sicherere Überquerung der F. werde demnächst durch zusätzliche Markierungen noch sicherer gemacht. Soweit auf Grund eines zwischen Schule und Elternschaft erarbeiteten Schulwegeplans ein Schulweg von mehr als 2000 m Länge angenommen werde, handele es sich weder um den kürzesten, noch um den einzig möglichen sicheren Streckenverlauf.

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Dagegen hat die Klägerin am 24.02.2003 Klage erhoben und zu deren Begründung im Wesentlichen geltend gemacht:

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Es sei bereits nicht nachvollziehbar, weshalb die Beklagte in ihrer Satzung von einer Mindestentfernung von 2000 m ausgehe. Gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoße auch, dass den Schülern, die die Anspruchsvoraussetzungen erfüllten, eine Jahreskarte ausgehändigt werde, mit der sie nicht nur den Schulweg, sondern auch alle sonstigen Fahrten im Stadtgebiet bewältigen könnten. Gegen die Sicherheit des von der Beklagten angenommenen Schulweges spreche bereits der Umstand, dass auf dem Weg zur Schule folgende Strassen überquert werden müssten: G.. Darüber hinaus müssten die Kinder entlang der E. im Bereich zwischen H. an einem Nachtlokal mit Bordellbetrieb vorbeigehen. Der hier in Serpentinen verlaufende Gehweg sei teilweise nicht beleuchtet und werde im Winter mit Schnee von der Straße zugeschüttet. Mehr als zwei Personen könnten gleichzeitig nicht nebeneinander gehen und müssten den Weg sogar mit Fahrradfahrern teilen. Der "Schulwegeplan" der Beklagten sehe im Übrigen vor, dass die Kinder auf dem Weg zur Schule von der I. über die Straßen J. zur Schule gelangten, da sich nur auf diesem ca. 2200 m langen Weg Zebrastreifen befänden, deren Benutzung schon aus Gründen der Verkehrserziehung unabdingbar sei. Schließlich sei ihr eine Bewältigung des Schulwegs zu Fuß auch deshalb nicht zumutbar, weil sie auf dem Weg nach Hause eine im vorgelegten Plan des Katasteramtes dargestellte Höhendifferenz überwinden müsse, die ihr bei der in Rede stehenden Gesamtstrecke auch mit Blick auf das Gewicht des beladenen Schultornisters nicht zumutbar sei.

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Die Klägerin beantragt,

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den Bescheid der Beklagten vom 18.10.1002 in der Gestalt ihres Widerspruchsbescheides vom 06.02.2003 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihr eine kostenfreie Sammelschülerzeitkarte für das Schuljahr 2002/2003 zu gewähren.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Die Beklagte macht insbesondere geltend:

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Der maßgebliche kürzeste Schulweg verlaufe entlang der von ihr im Widerspruchsbescheid genannten Straßen. Dieser Weg sei für Schulkinder sicher und zumutbar. Das von den Klägern angesprochene etwa 450 m lange Teilstück entlang der K. zwischen den Einmündungen der Straßen L. bis zur Einmündung M. sei mit Straßenbeleuchtung versehen und verlaufe in mehreren Kurven über eine Bergkuppe. Für Kraftfahrzeuge sei eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 50 km/h angeordnet. Fahrbahn und Fußweg seien nahezu durchgängig durch einen bis zu 2,5 m breiten, teilweise mit Bäumen bewachsenen Grünstreifen voneinander abgegrenzt und außerdem seien Fahrbahnbegrenzungspfähle aufgestellt. Lediglich im Bereich der Bergkuppe, wo sich auf der anderen Straßenseite das nicht zu "Schulwegszeiten" betriebene Nachtlokal befinde, grenze der Fußweg auf einer Länge von 75 m direkt an die Fahrbahn. Der Winterdienst an der K. sei gewährleistet; sowohl die Fahrbahn als auch der Fußweg werde morgens bis 7.00 Uhr regelmäßig vom Schnee befreit. Der Übergang von der E. zur I. sei mit einer Ampelanlage gesichert, die auch den Fußgängerverkehr regele. Soweit entlang der I. die F. zu überqueren sei, werde dies durch eine sog. Fußgängerfurt erleichtert. Die sich alsbald anschließende Überquerung des N. sei ebenfalls gefahrlos möglich, da es sich um eine Nebenstraße handele. Am 11.11.2002 habe diesbezüglich ein Termin "vor Ort" stattgefunden, an dem Vertreter der Schule, der Polizei, der Elternvertretung sowie ihrer Verwaltung teilgenommen hätten. Dem darüber gefertigten Aktenvermerk habe keiner der damals Beteiligten widersprochen. Der von der Klägerin zitierte "Schulwegeplan" stelle demgegenüber nur eine der als sicher eingestuften Varianten dar und sei ohne ihre Beteiligung allein von der Schule und der Elternschaft erarbeitet worden. Soweit die Klägerin schließlich auf den vorgelegten Geländeschnitt im Verlauf der K. abstelle, ergebe sich die stärkste Steigung etwa im Bereich der angegebenen Entfernung von 0,7 bis 1 km. Auf diesen 300 m werde ein Höhenunterschied von ca. 20 m überwunden, was einer Steigung von ca. 7 v.H. entspreche und auch für Schulkinder keine außergewöhnliche Belastung darstelle.

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Die Beteiligten sind darauf hingewiesen worden, dass das Gericht am 15.11.2002 in einem sachgleichen Verfahren (Az.: 6 A 203/01), das nach der Beweisaufnahme durch Klagerücknahme beendet wurde, den Weg entlang der K. zwischen den Einmündungen der Straßen O. in Augenschein genommen hat. Wegen der diesbezüglichen Einzelheiten wird auf die auch mit den Beteiligten des vorliegenden Verfahrens erörterte Niederschrift vom 15.11.2002 Bezug genommen.

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Am 06.07.2004 hat das Gericht auch den letzten Teil des Wegs zur Schule (ab Beginn der P.) in Augenschein genommen.

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Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, des beigezogenen Verwaltungsvorgangs, des eingereichten Video-Bandes sowie auf die Niederschrift vom 15.11.2002 in dem Verfahren 6 A 203/01 Bezug genommen. Diese Unterlagen sind bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt worden.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage, über die das Gericht mit Einverständnis der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann, ist nicht begründet. Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch nach den im Rahmen dieser Verpflichtungsklage bis zum Schluss des Schuljahres 2002/2003 zu berücksichtigenden Umständen nicht zu.

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Die Klägerin erfüllt nicht die als Anspruchsgrundlage allein in Betracht kommenden Voraussetzungen des § 1 der Satzung über die Schülerbeförderung der Stadt Salzgitter vom 25.02.1998 (veröffentlicht im Amtsblatt der Stadt Salzgitter Nr. 8 vom 19.03.1998, im Folgenden: Satzung), die die Beklagte u.a. gestützt auf § 114 des Niedersächsischen Schulgesetzes (NSchG) in der damaligen, durch zwischenzeitliche Gesetzesänderungen insoweit nicht berührten Fassung erlassen hat. Nach § 114 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 NSchG hat die Beklagte als Träger der Schülerbeförderung grundsätzlich die in ihrem Gebiet wohnenden Schüler der 1. bis 10. Schuljahrgänge der Allgemeinbildenden Schulen unter zumutbaren Bedingungen zur Schule zu befördern oder ihnen oder ihren Erziehungsberechtigten die notwendigen Aufwendungen für den Schulweg zu erstatten. Die Schülerbeförderung gehört zum eigenen Wirkungskreis der Landkreise und kreisfreien Städte (§ 114 Abs. 1 Satz 3 NSchG), die damit die weiteren Voraussetzungen der Beförderung oder der Kostenerstattungspflicht, insbesondere auch die Mindestentfernung zwischen der Wohnung und der Schule, von der an eine Beförderungs- oder Erstattungspflicht besteht, unter Berücksichtigung der Belastbarkeit der Schüler und der Sicherheit des Schulweges festlegen können (§ 114 Abs. 2 NSchG). Den ihr damit eingeräumten Entscheidungsspielraum hat die Beklagte durch die vorgenannte Satzung in rechtlich nicht zu beanstandender Weise ausgefüllt.

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Nach § 1 Abs. 1 der Satzung besteht ein Anspruch auf Beförderung oder auf Erstattung der notwendigen Aufwendungen grundsätzlich nur, wenn der Schulweg die in § 2 der Satzung definierte Mindestentfernung von 2000 m überschreitet. Dies ist hier nicht der Fall. Der von der Beklagten im Einklang mit der Regelung des § 2 Abs. 2 der Satzung als der kürzeste Schulweg festgestellte öffentliche Weg - gemessen zwischen dem Ausgang des Wohngebäudes der Schülerin bis zum Eingang des Schulgebäudes - ist unstreitig 1.951 m lang und erreicht damit die Mindestentfernung, wie auch die Klägerin nicht verkennt, nicht.

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Rechtliche Bedenken gegen die Festlegung einer Mindestentfernung von 2000 m bestehen nicht. Die Beklagte hat mit der Regelung des § 2 Nr. 1 der Satzung ihr (Selbstverwaltungs-)Ermessen (vgl. § 114 Abs. 1 Satz 3 NSchG) in einer rechtlich nicht zu beanstandenden Weise ausgeübt. Nichts spricht dafür, dass sie mit dieser auch in vielen anderen Kommunen gebräuchlichen Regelung, die offenbar auf die zumindest seit den siebziger Jahren in den einschlägigen Vorgängervorschriften des Landes genannte Mindestentfernung zurückgeht, die ihr durch § 114 Abs. 2 Satz 2 gezogenen rechtlichen Grenzen überschritten hat, indem sie die Belastbarkeit der Schülerinnen und Schüler und die Sicherheit des Schulwegs nicht oder nicht hinreichend berücksichtigt hat.

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Ein Schulweg von 2000 m Länge kann auch von einem Grundschüler in 30 Minuten zurückgelegt werden. In Anlehnung an früher gültige Regelungen (Verordnung über den Schülertransport vom 02.08.1974, Nds. GVBl, S. 405, Neufassung der Verordnung des Nds. Kultusministers über den Schülertransport vom 17.08.1978, Nds. GVBl. S. 624) ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass bei der Berechnung der Gehgeschwindigkeit motorisch normal entwickelter Grundschüler, die eine Schultasche tragen, davon ausgegangen werden kann, dass je 200 m Fußweg 3 Minuten benötigt werden (Nds. OVG, Urt. vom 20.02.2002 - 13 L 3502/00, Nds. VBl. 2003, 83; VG Braunschweig, Beschl. vom 10.07.2003 - 6 B 174/03, VG Göttingen, Urt. vom 09.12.2003 - 4 A 4014/01 -).

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Entgegen der Ansicht der Klägerin durfte die Beklagte sie auf diesen im Widerspruchsbescheid genannten Schulweg verweisen, weil es sich um einen "sicheren" Weg handelt. Ob ein Weg „sicher“ im Sinne der Satzung ist, muss zunächst in Abgrenzung zu § 1 Abs. 3 der Satzung bestimmt werden. Nach dieser Vorschrift besteht in besonders begründeten Ausnahmefällen, auch unabhängig von der Mindestentfernung, ein Anspruch , "wenn der Schulweg nach den objektiven Gegebenheiten besonders gefährlich oder nach den örtlichen Gegebenheiten für die Schülerin oder den Schüler ungeeignet ist". Die im Straßenverkehr üblicherweise auftretende Gefahr ist nach § 1 Abs. 3 Satz 2 der Satzung keine besondere Gefahr in diesem Sinne. Mit dieser Klarstellung hat der Satzungsgeber den gesetzlichen Gestaltungsspielraum ebenfalls nicht überschritten. Als Gefahren in diesem Sinne sind auch nach der Intention des § 114 NSchG jedoch nicht nur mögliche (besondere) Gefährdungen der Schüler durch den motorisierten Straßenverkehr zu begreifen, sondern auch solche denkbaren Schadensereignisse, die - wie beispielsweise kriminelle Übergriffe von Sexualstraftätern oder sonstige Straftaten - mit der Benutzung eines Schulwegs verbunden sein können. Hierbei kommt es auf die objektive Gefährlichkeit des Weges an, ohne dass sich eine Gefahr bereits realisiert haben muss. Eine solche Gefahrenlage ist gegeben, wenn eine gesteigerte Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts anzunehmen ist.

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Dies ist nach den Ergebnissen der Ortsbesichtigungen nicht der Fall. Unter dem Gesichtspunkt der Verkehrssicherheit weist der Schulweg der Klägerin besondere Gefahrenquellen nicht auf. Auch unter Einbeziehung der vom erkennenden Gericht am 06.07.2004 mit den Beteiligten erörterten Erkenntnisse aus der am 15.11.2002 (im Verfahren 6 A 203/01) durchgeführten Augenscheinseinnahme des Teils der Windmühlenbergstraße, der zwischen den Einmündungen der Straßen Q. liegt, kann eine besondere Gefährdung von Grundschulkindern, die über die im Straßenverkehr üblicherweise auftretende Gefahr hinaus ginge, nicht festgestellt werden. Die K. ist zwar eine rege befahrene Kreisstraße; sie ist jedoch ab der Einmündung L. durchgängig mit einem an ihrem südlichen Rand verlaufenden kombinierten Geh- und Radweg versehen, der auch für Schulkinder ausreichend (zumindest 1,20 m) breit mit Betonsteinen befestigt und durchgängig beleuchtet ist. Der Weg ist von der Fahrbahn nahezu durchgängig durch einen teilweise auch mit Bäumen bepflanzten Grünstreifen abgegrenzt und hält auch im Bereich der Bergkuppe, wo sich auf einer Teilstrecke von ca. 75 m kein Grünstreifen zwischen der Fahrbahn und dem Weg befindet, vermittels eines sog. unbefestigten Seitenstreifens von zumindest 0,4 m Breite noch einen erkennbar ausreichend großen Abstand zur Fahrbahn ein. Soweit auf diesem Teilstück im Bereich der Bergkuppe - offenbar bedingt durch die „offizielle“, nach den Angaben der Beklagten wohl eher selten genutzte Einfahrt zum Golfplatz - ein größerer Abstand zwischen den hier platzierten Beleuchtungseinrichtungen besteht, ist nicht ersichtlich, dass dadurch eine ausreichende Sicht bei fehlendem Tageslicht nicht mehr gewährleistet wäre. Nach den glaubhaften Angaben der Beklagten ist ferner davon auszugehen, dass der Geh- und Radweg auch im Winter bei Bedarf durchgängig geräumt wird, bevor Schulkinder ihn normalerweise benutzen. Soweit auf dem weiteren Verlauf des Wegs zur Schule verschiedene Straßen vom Süden kommend in die K. einmünden, ist ein besonderes Gefährdungspotential auch im Bereich dieser auf dem Schulweg zu querenden Einmündungen nicht im Ansatz ersichtlich, zumal dort teilweise sog. Fußgängerfurten angebracht sind. Auf Grund der Beweisaufnahme vom 06.07.2004 steht ferner fest, dass auch das Teilstück des Schulwegs, das nicht mehr entlang der K. verläuft, besondere Gefahrenquellen nicht aufweist. Die I. kann auf Grund der dort auch für Fußgänger bestehenden Lichtzeichenanlage gefahrlos überquert werden. Entlang dieser Straße verläuft wiederum ein besonders ausgebauter Gehweg, der die Schulkinder zu der Fußgängerfurt führt, die nicht zuletzt wegen ihrer Verkehrsinsel in der Mitte die gefahrlose Überquerung der F. erlaubt. Nach nur wenigen Metern, bereits in der Anfangs der Wiesenstraße beginnenden Tempo-30-Zone, mündet der schmale R. ein, den die Kinder schließlich überqueren müssen, um zu der Grundschule zu gelangen, deren Grundstückseingang etwa 150 m nach diesem Einmündungsbereich liegt. Soweit die Klägerin rügt, dass ihr angesonnen werde, den R. an einer Stelle zu queren, die nicht durch einen Fußgängerüberweg (Zebrastreifen) gesichert sei, während im weiteren Verlauf des N. ein solcher Fußgängerüberweg bestehe, berührt dies die Sicherheit dieses Streckenabschnitts nicht. Der bei beiden Beweisaufnahmeterminen anwesende Verkehrssicherheitsbeauftragte der Polizei in Salzgitter hat glaubhaft angegeben, dass gegen die Sicherheit des hier zu beurteilende Schulwegs aus polizeilicher Sicht keine Einwände erhoben würden und insbesondere eine besondere Unfallhäufigkeit auf dieser Strecke nicht festgestellt worden sei. Das Gericht hat schließlich keinen Zweifel, dass es durch geeignete pädagogische Maßnahmen auch möglich ist, den betroffenen Schulkindern zu erklären, dass die von ihnen zur Vermeidung eines Umwegs in den meisten Fällen ohnehin praktizierte Überquerung des N. auch außerhalb des eingezeichneten Fußgängerüberwegs möglich und zumutbar ist, zumal dieser Überweg - wie die Beklagte und der Polizeibeamte übereinstimmend angegeben haben - nach heutigen Richtlinien an dieser Stelle so nicht mehr eingerichtet werden dürfte, und im Wesentlichen nur deshalb noch vorhanden ist, weil die Beklagte die Kosten für dessen Entfernung vermeiden wollte.

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Nach den Umständen der Örtlichkeit besteht auch keine gesteigerte Wahrscheinlichkeit, dass es auf dem hier zu beurteilenden Schulweg zu kriminellen Übergriffen gegenüber Schülern kommt. Unter diesem Gesichtspunkt ist eine besondere Gefährlichkeit des Schulweges dann anzunehmen, wenn die betreffenden Schüler u.a. auf Grund ihres Alters oder ihres Geschlechts zu einem risikobelasteten Personenkreis gehören und wenn sie sich auf zumindest einem Teil des Schulwegs in einer schutzlosen Lage befinden, insbesondere, weil nach den örtlichen Verhältnissen eine rechtzeitige Hilfeleistung durch Dritte nicht gewährleistet ist (vgl. hierzu: OVG Münster, Urt. vom 18.04.1989, 16 A 2246/86; OVG Lüneburg, Urt. vom 19.06.1996, Nds. Rpfl. 1997, 57 m.w.N.).

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Nach dem Ergebnis der Ortsbesichtigung ist eine solche Gefahrenlage insbesondere auch nicht in dem Streckenabschnitt an der K. im Bereich der Bergkuppe begründet. Hier ist zwar beginnend von der Einfahrt zum Golfplatz etwa 120 m weit bis hinunter zur Einmündung eines Fußwegs aus dem Bereich der S. eine mit Buschwerk bewachsene Böschung, die einen direkten Sichtkontakt von der nicht weit dahinterliegenden Wohnbebauung auf den Gehweg hindert. Das Gericht sieht darin ein besonderes Gefahrenmoment auch für die Klägerin nicht, weil auch dieser Bereich noch von dem auf der anderen Straßenseite stehenden Haus, das als Nachtclub genutzt wird, eingesehen werden kann. Hinzu kommt, dass dieses vergleichsweise kurze Teilstück des Wegs stets auch von der K. aus einzusehen ist, die in beide Richtungen rege befahren wird. Bereits ab der Einmündung des Fußgängerwegs von der Hubertusstraße besteht im Übrigen auch wieder Sichtkontakt zu der an der südlichen Seite der T. vorhandenen Bebauung.

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Nach dem Ergebnis der Ortsbesichtigung kann eine besondere Gefahrenlage auch bei der Ruine an der P. im Bereich der Kreuzung mit der K. nicht festgestellt werden. Soweit sich dort in einiger Entfernung zum weithin einsehbaren und innerörtlich zentral verlaufenden Gehweg gelegentlich betrunkene Personen aufhalten, ist weder konkret vorgebracht noch sonst ersichtlich, dass sich daraus eine Gefährdung der Sicherheit von Schulkindern ergäbe.

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Schließlich besteht ein Anspruch nach § 1 Abs. 3 der Satzung auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer nach den örtlichen Gegebenheiten bestehenden Ungeeignetheit des Schulwegs. Nichts spricht dafür, dass die Klägerin den Rückweg von der Schule insbesondere wegen der dabei zurückzulegenden Steigung nicht oder nicht binnen zumutbarer Zeit bewältigen könnte. Auch soweit sie dabei streckenweise nicht die o.g. Gehgeschwindigkeit (200 m / drei Minuten) einhalten kann, besteht kein Anlass für die Annahme, dass sie für den Rückweg von der Schule mehr als 45 Minuten benötigte. Aus diesem Grund kann dahingestellt bleiben, ob die zeitliche Belastungsgrenze für Grundschüler für eine reine Wegstrecke mit 45 Minuten anzusetzen ist, wie dies bereits in den genannten früheren Verordnungen geregelt war, oder ob von einer größeren zeitlichen Belastbarkeit auch für Grundschüler ausgegangen werden kann (vgl. dazu Littmann in: Seyderhelm / Nagel / Brockmann, Niedersächsisches Schulgesetz (NSchG), § 114 Anm. 3.1, S. 10 m. w. Nw.) Dabei geht das Gericht davon aus, dass der körperlichen Belastung durch den Schulweg auch durch geeignete Maßnahmen seitens der Eltern und der Schule Rechnung getragen wird, die die Verantwortung dafür tragen, dass der Schultornister nicht unangemessen schwer ist.

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Schließlich folgt zugunsten der Klägerin nichts aus dem Umstand, dass die von der Beklagten an anspruchberechtigte Schüler ausgegebenen Schülersammelfahrkarten nicht lediglich zu Fahrten zur Schule und zurück berechtigen. Dieser von der Klägerin wohl als besonders ungerecht empfundene Umstand, den die Beklagte mit einer außerhalb ihrer Einflusssphäre liegenden Ausgestaltung des Tarifsystems der Verkehrsgesellschaft erklärt, kann die fehlenden Anspruchsvoraussetzungen nicht ersetzen und ist in diesem Verfahren auch nicht zu beurteilen.

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Die Klage ist deshalb mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

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Der Ausspruch zu vorläufigen Vollstreckbarkeit und zur Abwendungsbefugnis ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

31

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 72 Nr. 1 GKG i. V. m. § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG a.F. und entspricht in der Höhe dem streitigen Betrag für die Schülerjahreszeitkarte.