Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 06.07.2005, Az.: 3 A 299/02
Heranziehung zu Deichverbandsbeiträgen; Umfang der Deichpflicht; Bestimmungen zur Bemessung der Beitragshöhe
Bibliographie
- Gericht
- VG Lüneburg
- Datum
- 06.07.2005
- Aktenzeichen
- 3 A 299/02
- Entscheidungsform
- Endurteil
- Referenz
- WKRS 2005, 34097
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGLUENE:2005:0706.3A299.02.0A
Verfahrensgang
Rechtsgrundlagen
- § 6 NDG
- § 7 Abs. 1 NDG
- § 9 Abs. 1 NDG
- § 9 Abs. 2 NDG
- § 30 Abs. 1 S. 2 WVG
- § 100 Abs. 2 S. 3 NWG
In der Verwaltungsrechtssache
hat das Verwaltungsgericht Lüneburg - 3. Kammer -
auf die mündliche Verhandlung vom 6. Juli 2005
durch
den Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichts Siebert,
die Richterin am Verwaltungsgericht Sandgaard,
den Richter am Verwaltungsgericht Malinowski sowie
die ehrenamtlichen Richter Krause und Meyer
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Heranziehung zu Deichverbandsbeiträgen für das Jahr 2002.
Der Neuhauser Deichverband wurde 1998 gegründet. Nach seiner Satzung vom 18. August 1998 gehört zu den Verbandsaufgaben der Schutz von Grundstücken vor Sturmflut und Hochwasser, die Sicherung und der Erhalt der Deiche in ihrem Bestand, die Deichverteidigung und anderes mehr. Das durch die Deiche geschützte Gebiet des Verbandes wurde durch Verordnung der Bezirksregierung Lüneburg vom 1. März 1996 festgelegt. Der Neuhauser Deichverband hat sich zum 1. Januar 2004 mit dem Unterhaltungsverband Krainke zusammengeschlossen, beide zusammen bilden den Neuhauser Deich-und Unterhaltungsverband, und der Neuhauser Deichverband gilt damit als aufgelöst. Dem neuen Verband obliegt - weiterhin - der Deichschutz und - zusätzlich - die Aufgabe der Gewässerunterhaltung.
Mit Bescheid des Neuhauser Deichverbandes vom 12. Juli 2002 wurde der Kläger für das Jahr 2002 zu Beiträgen in Höhe von 343,60 EUR herangezogen.
Der Kläger legte Widerspruch ein, weil der Beitrag der Höhe nach unverhältnismäßig und zur letzten Veranlagung um 300% erhöht worden sei.
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 28. Oktober 2002 zurückgewiesen, worin u.a. ausgeführt wurde, dass der Bescheid das Objekt B. in C. betreffe, und der Beitrag auf Grund des von den Finanzbehörden festgelegten Grundsteuermessbetrages errechnet worden sei.
Der Kläger hat am 2. Dezember 2002 Klage erhoben und trägt vor:
Der Neuhauser Deichverband sei nicht ordnungsgemäß gegründet worden. In den überreichten Gründungsakten fehle die Verordnung der Bezirksregierung von 1996, die das durch den Deich geschützte Gebiet bezeichne, es fehle die Satzung des Beklagten, die Gründungsverfügung vom 31. August 1998, die Erfassung der im Gebiet liegenden Grundstücke, die Kriterien, nach denen der Hebesatz bestimmt werde, und anderes mehr. Im Beitrittsgebiet sei die Erhebung von Beiträgen für einen Deichverband gänzlich unbekannt gewesen, und die Grundstückseigentümer des benachbarten Deichabschnittes im Lande Mecklenburg-Vorpommern müssten keine Beiträge zahlen. Wegen der fehlenden rechtmäßigen Gründung des Verbandes sei dieser nicht zur Beitragserhebung befugt. Der Beitrag sei fehlerhaft berechnet worden. Die Beträge seien nicht nachvollziehbar, die Beiträge hätten sich auch im Gegensatz zu den Vorjahren erheblich erhöht. Es sei nicht erkennbar, für welches Grundstück ein Beitrag gezahlt werden solle und ob das Grundstück überhaupt beitragspflichtig sei.
Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 23. November 2004 ist ergänzt worden:
Nach dem Staatsvertrag zur Umgliederung der Gemeinde Amt Neuhaus nach Niedersachsen seien die Bürger beitragsmäßig so zu stellen wie Bürger des Landes Mecklenburg. In der Anlage zum Niedersächsischen Deichgesetz sei der Beklagte nicht als Deichverband aufgeführt worden, so dass Zweifel an der Wirksamkeit seiner Gründung bestünden. Nach einer Änderung des Niedersächsischen Wassergesetzes zum Januar 2005 seien Mitglieder des Verbandes nicht mehr einzelne Grundstückseigentümer, sondern die Gemeinden. Damit werde gesetzlich festgeschrieben, was schon vorher gegolten habe. Es sei nicht nachzuvollziehen, dass die Grundstückseigentümer von August 1998 bis Ende 2004 beitragspflichtig sein sollten, davor und danach aber die Gemeinden die Beiträge zahlen müssten. Die Berechnung des Hebesatzes sei nicht ordnungsgemäß. Verschiedene Positionen in der Hebesatzberechnung seien nicht nachvollziehbar.
Der Kläger beantragt,
den Beitragsbescheid für das Jahr 2002 des Neuhauser Deichverbandes vom 12. Juli 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28. Oktober 2002 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er erwidert u.a.:
Der Neuhauser Deichverband sei zum 31. August 1998 gegründet worden. Das Gründungsverfahren sei ordnungsgemäß durchgeführt worden. Die Grundeigentümer seien zu Gründungsversammlungen eingeladen worden, dort sei die Gründung beschlossen worden. Mitglieder seien die Eigentümer der im Schutz der Deiche gelegenen Grundstücke. Der Kläger besitze Grundeigentum im geschützten Gebiet. Zumindest aus dem Widerspruchsbescheid sei erkennbar, dass es um Beiträge für das Grundstück in der D. 1 gehe. Die Werte könnten aber auch dem Grundsteuerbescheid entnommen werden. Der Hebesatz von 150% der Grundsteuermessbeträge habe sich nicht verändert. Im Fall des Klägers sei aber im Jahre 2001 der Einheitswert vom Finanzamt erhöht und neu berechnet worden. Daraus resultiere die Beitragserhöhung.
Er ergänzt:
Er - der beklagte Verband - sei ein so genannter Hochwasserdeichverband auf der Grundlage des § 7 Abs. 6 Nds. Deichgesetz, diese Hochwasserdeichverbände seien nicht in der Anlage zum Deichgesetz aufgeführt. Die Bürger aus dem Amt Neuhaus seien nicht so zu stellen wie Bürger des Landes Mecklenburg, dies würde der Idee des Staatsvertrages und dem Gedanken der Rückgliederung nach Niedersachsen widersprechen. Zum Jahre 2004 seien der Unterhaltungsverband Krainke und der Neuhauser Deichverband zu einem Wasser- und Bodenverband zusammengeschlossen worden, so dass der neue Verband Unterhaltungsverband und gleichzeitig Hochwasserdeichverband sei. Die Rechtsverhältnisse als Deichverband würden allein durch das Nds. Deichgesetz und nicht durch das Nds. Wassergesetz geregelt. Die Kalkulation des Hebesatzes sei ordnungsgemäß.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der angefochtene Heranziehungsbescheid in der Fassung des Widerspruchsbescheides ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Eine Aufhebung nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO scheidet daher aus.
Rechtsgrundlage für die Heranziehung zu Verbandsbeiträgen ist für die Beitragsjahre bis einschließlich 2003 die Satzung des Neuhauser Deichverbandes vom 18. August 1998 (Amtsblatt für den Landkreis Lüneburg 1998 Seite 167) - Satzung 1998 -.
Rechtsgrundlage für die Heranziehung ab dem Jahre 2004 ist die Satzung des Neuhauser Deich- und Unterhaltungsverbandes vom 26. November 2003 (Amtsblatt für den Landkreis Lüneburg 2003 Seite 264) - Satzung 2003 -. Denn der Neuhauser Deichverband hat sich zum 1. Januar 2004 mit dem Unterhaltungsverband Krainke zusammengeschlossen, und beide zusammen bilden den Neuhauser Deich- und Unterhaltungsverband. Der neue Verband hat sich eine neue Satzung gegeben.
Da der Neuhauser Deich- und Unterhaltungsverband damit ab 2004 Rechtsnachfolger des Neuhauser Deichverbandes ist, ist er als Beklagter zu führen.
Die genannten Satzungen sind rechtmäßig und im hier streitigen Veranlagungsfall fehlerfrei angewendet worden.
Im Einzelnen ist hierzu auszuführen:
1.
Der Neuhauser Deichverband ist 1998 ordnungsgemäß gegründet worden. Zur Gründung hat der Verband in seiner Klageerwiderung ausgeführt, das Gründungsverfahren sei unter Federführung des Landkreises Lüneburg durchgeführt worden, die beteiligten Grundstückseigentümer seien zu den Gründungsversammlungen eingeladen worden. Dies ist im Einzelnen nicht substantiiert in Zweifel gezogen worden. Bloße nicht weiter konkretisierte und detaillierte Bedenken insoweit führen nicht zu einer gleichsam ungefragten tiefergehenden Fehlersuche durch das Gericht im Hinblick auf die Gründung des Verbandes. Folgendes ist zu ergänzen:
a)
Die Verordnung der Bezirksregierung Lüneburg vom 1. März 1996, die das durch den Deich geschützte Gebiet bezeichnet, ist im Amtsblatt für den Regierungsbezirk Lüneburg veröffentlicht worden, und zwar im Amtsblatt 1996 Seite 62. Der Umstand, dass diese Verordnung nicht in den Gründungsakten enthalten ist, ist rechtlich unerheblich. Dass das durch den Deich geschützte Gebiet von der Bezirksregierung Lüneburg fehlerhaft bestimmt worden wäre, ist nicht substantiiert behauptet. Im Übrigen ergibt sich das Verbandsgebiet (auch) aus der Karte als Anlage zur Satzung 1998 des Beklagten.
b)
Die vollständige Satzung des Beklagten (Satzung 1998) ist im Amtsblatt für den Landkreis Lüneburg 1998 Seite 167 ordnungsgemäß veröffentlicht worden. Unschädlich ist, dass sie nicht in den Gründungsakten abgeheftet ist.
2.
Fehler bei der Gründung des Neuhauser Deich- und Unterhaltungsverbandes zum Januar 2004 sind weder konkret behauptet worden noch ersichtlich.
3.
Der Kläger ist Mitglied beim beklagten Verband.
Mitglieder sind nach § 3 Abs. 1 der Satzung 1998 die Eigentümer und Erbbauberechtigten der Grundstücke.
§ 4 Abs. 1 und 2 der Satzung 2003 bestimmt demgegenüber:
Mitglieder des Verbandes für die Aufgabe des Schutzes von Grundstücken vor Hochwasser sind die jeweiligen Eigentümer und Erbbauberechtigten von Grundstücken und Anlagen im Verbandsgebiet.
Mitglieder des Verbandes für die Aufgabe der Unterhaltung der Gewässer 2. Ordnung sind die Gemeinde Amt Neuhaus und die Stadt Bleckede.
Diese getrennte Mitgliedschaft ergibt sich als Folge des Umstandes, dass der Verband sowohl Deichverband nach dem Deichgesetz als auch Unterhaltungsverband nach den Wassergesetz ist. Demzufolge hat der Verband nicht nur allein die Aufgabe des Hochwasserschutzes, sondern auch die Aufgabe der Gewässerunterhaltung (vgl. i.E. § 2 der Satzung 2003).
Soweit es den Hochwasserschutz angeht - es geht im vorliegenden Verfahren um Beiträge für den Deichschutz und nicht um Beiträge zur Gewässerunterhaltung - sind Mitglieder des Verbandes nichtdie Gemeinden. Dies ergibt sich nicht nur aus dem eindeutigen Wortlaut der Satzung, sondern auch aus dem Nds. Deichgesetz unmittelbar. Nach § 9 Abs. 1 NDG sind Mitglieder der zur Deicherhaltung verpflichteten Verbände die nach § 6 NDG Deichpflichtigen. Nach § 6 Abs. 1 NDG sind die Eigentümer aller im Schutz der Deiche und Sperrwerke gelegenen Grundstücke zur gemeinschaftlichen Deicherhaltung verpflichtet (Deichpflicht). Dasselbe gilt für die Erbbauberechtigten. - Eine Mitgliedschaft von Gemeinden sieht das Deichgesetz damit nicht vor.
Aus der Änderung des Nds. Wassergesetzes zum 1. Januar 2005 folgt nichts Gegenteiliges. Ab 1. Januar 2005 hat § 100 Abs. 2 Satz 3 NWG folgende Fassung:
Mitglieder des Neuhauser Deich- und Unterhaltungsverbandes (Nr. 115) sind die Gemeinden.
Hierzu hat der Beklagte erklärt, durch die Novellierung des Gesetzes werde der Tatsache Rechnung getragen, dass sich der Unterhaltungsverband Krainke und der Neuhauser Deichverband zu einem Verband zusammengeschlossen hätten, welcher gleichzeitig Unterhaltungsverband nach dem Wassergesetz und Hochwasserdeichverband nach dem Deichgesetz sei. Die Gesetzesänderung beziehe sich nur auf den Charakter des Verbandes als Unterhaltungsverband, die Rechtsverhältnisse als Deichverband würden nur durch das NDG und nicht durch das NWG geregelt. Dies gibt die Rechtslage zutreffend wieder.
Die Mitgliedschaft der Grundstückseigentümer - was den Deichschutz angeht - ist auch nicht im Hinblick auf den Staatsvertrag zur Umgliederung der Gemeinde Amt Neuhaus nach Niedersachsen zu verneinen. Der Staatsvertrag vom März 1993 betrifft in seinem Artikel 1 die Umgliederung selbst, in Artikel 2 die Übernahme der Bediensteten, und in Artikel 3 das Verwaltungsvermögen. Artikel 4 trifft Regelungen über die Naturpark-Verwaltung Elbetal in E., Artikel 5 den Naturschutz, Artikel 6 betrifft Förderungsprogramme und Artikel 7 betrifft den Erlass von Folgeregelungen. Artikel 8 betrifft Behörden nach dem Vermögensgesetz, Artikel 9 den Fonds Deutsche Einheit und Artikel 10 die Sparkassen. Artikel 11 sieht vor, dass der Staatsvertrag der Ratifikation bedarf. Weitere Artikel enthält der Vertrag nicht.
Im Vertrag ist weder unmittelbar noch mittelbar geregelt, dass die Bürger der Gemeinde Amt Neuhaus im Hinblick auf die Mitgliedschaft in Deichverbänden oder im Hinblick auf Mitgliedschaftsbeiträge für diese Verbände den Bürgern im Lande Mecklenburg gleichbehandelt werden sollen. Dies würde auch keinerlei Sinn ergeben, da die Zuordnung des Beitrittsgebietes im Bereich Neuhaus zum Niedersächsischen Rechtsbereich mit allen Konsequenzen gewollt war. Aus der Protokollnotiz zu Artikel 7 des Staatsvertrages folgt nichts Gegenteiliges. Dort ist geregelt, dass die Länder die notwendigen Vereinbarungen treffen für grenzüberschreitende wasserwirtschaftliche Maßnahmen, Vorhaben oder Einrichtungen. Auch hieraus geht nicht ansatzweise hervor, dass die Grundstückseigentümer im deichgeschützten Gebiet nicht Mitglieder sein oder von Beiträgen freigestellt werden sollen.
Die Mitgliedschaft der Grundstückseigentümer ist auch nicht deshalb zu verneinen" weil der Verband nicht in der Anlage zum Deichgesetz aufgeführt worden ist. Die Anlage bezieht sich nach ihrem Wortlaut auf "§ 7 Abs. 1". § 7 Abs. 1 NDG betrifft die Erhaltung der "Hauptdeiche", d.h. nach der Begriffsbestimmung in § 2 Abs. 1 NDG der Deiche, die dem Schutz eines Gebietes vor Sturmflut zu dienen bestimmt sind. Aber weder der Neuhauser Deichverband noch der Neuhauser Deich- und Unterhaltungsverband ist ein Verband, dem die Erhaltung von Hauptdeichen obliegt. Dem Verband obliegt als Hochwasserverband nicht die Unterhaltung von Hauptdeichen, sondern die Unterhaltung von Hochwasserdeichen, die dem Schutz eines Gebietes vor Hochwasser zu dienen bestimmt sind (§ 2 Abs. 2 NDG). Für diese Verbände gibt es keine gesonderte Anlage zum NDG.
4.
Der Kläger ist als Grundstückseigentümer auch Schuldner des Verbandsbeitrages.
Nach § 33 Abs. 1 der Satzung 1998 sind die Beiträge von den "Mitgliedern" zu leisten (ebenso § 36 Abs. 1 der Satzung 2003). Mitglieder sind - wie ausgeführt - für den Deichschutz die Eigentümer der Grundstücke.
5.
Die Satzung des Verbandes hat einen tauglichen Maßstab.
§ 34 Abs. 1 der Satzung 1998 bestimmt insoweit, dass sich die Beitragslast auf die Mitglieder im Verhältnis der Grundsteuermessbeträge des im Verbandsgebiet gelegenen Grundbesitzes verteilt, und die Vorschrift ergänzt:
Grundlage der Berechnung der Beitragslast nach dem Grundsteuermessbetrag ist der Einheitswert oder ein vom Finanzamt gem. Abschnitt VI des Grundsteuergesetzes zu ermittelnder Ersatzwirtschaftswert.
Entsprechende Bestimmungen enthalten § 37 Abs. 2 der Satzung 2003 im Hinblick auf Beiträge für den Deichschutz.
Diese Regelungen stehen mit höherem Recht in Einklang. Die Beitragsanknüpfung an den Grundsteuermessbetrag ist nicht willkürlich, sondern rechtmäßig.
Nach § 9 Abs. 2 NDG gilt für Deichverbände das Recht der Wasser- und Bodenverbände, besonders richten sich danach der Gegenstand und der Maßstab der Beitragslast (Deichlast). Nach dem damit maßgeblichen Wasserverbandsgesetz - WVG - muss die Satzung "Grundsätze für die Beitragsbemessung" enthalten (§ 6 Abs. 2 Nr. 6 WVG). Der Beitrag bemisst sich nach dem Vorteil, den die VerbandsmitgJieder von der Aufgabe des Verbandes haben, sowie den Kosten, die der Verband auf sich nimmt, um ihnen obliegenden Leistungen zu erbringen; dabei reicht nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 30 Abs. 1 Satz 2 WVG eine annähernde Ermittlung der Vorteile aus.
a)
Es ist zunächst sachgerecht und nicht fehlerhaft, bei den Beiträgen an das Grundstückanzuknüpfen. Jedes Grundstück setzt schon allein durch seine Lage im Überschwemmungsgebiet des Gewässers eine Ursache für die Deichunterhaltung. Die Ursache für die Deichunterhaltung und den davon ausgehenden Deichschutz setzen die Grundstücke unabhängig davon, ob sie nahe am Deich liegen oder weiter entfernt. Auch die Höhenlage der Grundstücke ist für die Deichunterhaltung unerheblich, da selbst Grundstücke, die oberhalb der Bemessungsgrenze liegen, vom Deichbau "bevorteilt" sind. Dies lässt sich aus § 6 Abs. 1 NDG folgern. Danach sind die Eigentümer im Schutz der Deiche gelegenen Grundstücke deichpflichtig, wobei zum geschützten Gebiet auch die Bodenerhebungen innerhalb dieses Gebietes gehören. Entfernung vom Deich und Höhenlage der Grundstücke müssen - ausgehend von dem in § 6 Abs. 1 NDG niedergelegten vergleichbaren Vorteil aller geschützten Grundstücke - deshalb im Maßstab des Beitrages nicht zwingend Berücksichtigung finden.
b)
Es ist auch nicht willkürlich, die Beitragslast nach dem Grundsteuermessbetragzu berechnen. Der unterschiedlichen Qualität der Grundstücke im Hinblick auf ihre Nutzung -Gewerbegrundstücke, Wohngrundstücke, land- und forstwirtschaftlich genutzte Grundstücke - wird schon im Bereich des Steuerrechtes bei der Festlegung des Grundsteuermessbetrages Rechnung getragen. Den unterschiedlichen Nutzungsarten muss deshalb nicht "noch einmal" im Maßstab des Verbandsbeitrages Rechnung getragen werden. Dies hätte eine "doppelte" Berücksichtigung der Grundstücksqualität zur Folge, wozu ein Verband nicht verpflichtet ist. Auch wenn man davon ausgehen wollte, dass "bessere" oder "gerechtere" Maßstäbe möglich sind als der des Grundsteuermessbetrages, ist die Anknüpfung des Beitragsverhältnisses an den Messbetrag weder willkürlich noch "gänzlich unpassend" (vgl. Rapsch, Kommentar zur WWO, 1989, § 81 Rdnr. 10; vgl. auch Rapsch, Wasserverbandsrecht, 1993, Rdnr. 279). Die Anknüpfung an den Grundsteuermessbetrag ist vor allem auch deshalb nicht zu beanstanden, weil nach § 30 Abs. 1 Satz 2 WVG für die Festlegung des Beitragsmaßstabes eine annähernde Ermittlung der Vorteile ausreicht. Demzufolge hat die Kammer einen an den Grundsteuermessbetrag anknüpfenden Beitragsmaßstab für einen Deichverband bereits mehrmals gebilligt (etwa Urteil vom 05.02.2002-3 A 172/01-).
c)
Es begegnet schließlich keinen Bedenken, wenn der Beitragsmaßstab in § 34 der Satzung 1998 und § 37 der Satzung 2003 über den Grundsteuermessbetrag an den Einheitswert oder den Ersatzwirtschaftswertanknüpft.
In den sog. "alten Ländern" wird der Einheitswertin einem gesonderten Verfahren nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes festgestellt. Durch Anwendung eines Tausendsatzes auf den Einheitswert wird dann der Grundsteuermessbetrag ermittelt. Der Einheitswert ist für verschiedene Steuern einheitlich wirksam und verbindlich. Über den Einheitswert wird auch ein besonderer Feststellungsbescheid erteilt, und dieser Feststellungsbescheid ist als Grundlagenbescheid bindend. Die letzte Hauptfeststellung der Einheitswerte hat in der "alten" Bundesrepublik zum 1. Januar 1964 stattgefunden.
In den sog. "neuen Ländern" wird zur Ermittlung des Grundsteuermessbetrages nicht an den Einheitswert, sondern an den Ersatzwirtschaftswertangeknüpft. Die Anknüpfung an den Einheitswert würde zu Ergebnissen führen, die mit denen in den "alten Ländern" nicht vergleichbar wären. In der DDR sind Einheitswerte nach 1935 nur noch in wenigen Bereichen fortgeschrieben worden. Eine Hauptfeststellung im Jahre 1964 hat es nicht gegeben. Eine vergleichbare verwertbare Bemessungsgrundlage für den Einheitswert wie in der alten BRD hat in der DDR im Zeitpunkt der Vereinigung Deutschlands nicht vorgelegen. Daher treten an Stelle der Einheitswerte für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft so genannte Ersatzwirtschaftswerte. Im Einzelnen ist dies im Grundsteuergesetz und im Bewertungsgesetz geregelt. Bei Ermittlung der Ersatzwirtschaftswerte ist ein stark vereinfachtes Verfahren auf der Basis der Ergebnisse der Bodenschätzung vorgesehen. Der Ersatzwirtschaftswert knüpft auch nicht an das Eigentum am Boden an, sondern an dessen Nutzung. Dementsprechend ist auch der Nutzer der Steuerschuldner und nicht der Eigentümer. Damit soll vermieden werden, dass die in vielen Fällen strittigen Eigentumsverhältnisse am Grund und Boden im Zusammenhang mit finanziellen Folgen aus den Einheitswerten und Ersatzwirtschaftswerten vom Finanzamt entschieden werden müssen. Demzufolge kommt es für die Frage der Grundsteuerschuld nicht darauf an, ob der Nutzer rechtlicher oder wirtschaftlicher Eigentümer, oder ob er Nießbraucher oder Pächter der Flächen ist (vgl. zu alledem Rössler/Troll, Bewertungsgesetz und Vermögensgesetz, Kommentar, 16. Aufl. 1994, Anm. zu § 125; Troll, Grundsteuergesetz, Kommentar, 6. Aufl. 1991, Anm. zu Abschnitt VI und zu § 40).
Aus den verschiedenen Ermittlungsgrundlagen und systematischen Unterschieden bis hin zur Schuldnereigenschaft folgt, dass der Einheitswert und der Ersatzwirtschaftswert nicht deckungsgleich sind: Beim Einheitswert wird etwa auf das Eigentum abgestellt, beim Ersatzwirtschaftswert auf die Nutzungseinheit unabhängig vom Eigentum; bei der Einheitswertbestimmung gehören Wohn- und Wirtschaftsgebäude zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen, beim Ersatzwirtschaftswert sind die Wohngrundstücke dem Grundvermögen zuzurechnen und nach den dafür geltenden Vorschriften besonders zu bewerten (vgl. Rössler/u.a., a.a.O., § 125 Bewertungsgesetz Rdnr. 21).
Ob eine Beitragsanknüpfung zu ausgewogenen und mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 GG zu vereinbarenden Ergebnissen führen würde, wenn im Verbandsgebiet Einheitswerte und Ersatzwirtschaftswerte nebeneinander festgestellt worden wären und jeweils zur Grundlage von Grundsteuermessbeträgen und von Verbandsbeiträgen gemacht wären, mag auf sich beruhen. Denn nach den Klageentgegnungen wurde im Verbandsgebiet für kein landwirtschaftliches Grundstück ein Einheitswert festgesetzt, alle Grundstücke werden nach dem Ersatzwirtschaftswert bemessen, so dass eine willkürliche Ungleichbehandlung nicht vorliegt. Werden Grundstücke im Abrechnungsgebiet einheitlich mit dem Ersatzwirtschaftswert bemessen, aus dem der Grundsteuermessbetrag ermittelt wird, werden sie untereinander gleich behandelt mit der Folge, dass auch bei der Beitragsveranlagung keine Unterschiede auftreten, die zu ungleichen willkürlichen und mit Art. 3 GG nicht zu vereinbarenden Ergebnissen führen.
6.
Die Bestimmungen zur Bemessung der Beitragshöhe lassen sich nicht beanstanden.
Nach § 34 Abs. 2 der Satzung 1998 wird unter Zugrundlegung des Grundsteuermessbetrages der Verbandsbeitrag mit einem vom Verbandsausschuss jährlich zu beschließenden Hebesatz festgesetzt (ebenso § 37 Abs. 3 der Satzung 2003).
Das Erfordernis der Konkretheit von Normen und der Nachvollziehbarkeit der Beitragshöhe direkt aus der Satzung legt es zwar nahe, den Hebesatz für jedes Jahr neu durch Satzung zu bestimmen. Der Wortlaut des § 9 Abs. 2 NDG i.V.m. § 6 Abs. 2 Nr. 6 WVG, wonach (lediglich) "Grundsätze für die Beitragsbemessung" in der Satzung festzusetzen sind, spricht jedoch dagegen. Dementsprechend ist seit jeher anerkannt, dass in der Satzung eines Wasserverbandes oder eines Deichverbandes nur in den Grundzügen geregelt werden muss, auf welchem Wege das Beitragsverhältnis ermittelt wird, höchstrichterlich ist es unbeanstandet geblieben, wenn "das Nähere" zur Bestimmung der Beitragshöhe Beschlüssen der Verbandsversammlung oder dem Verbandsausschuss überlassen wird (BVerwG, Urt. v. 19.10.1966 - IV C 222.65 - BVerwGE Bd. 25 Seite 151, 160 f). Im Ergebnis lässt es sich deshalb im Ergebnis nicht beanstanden, wenn die Bestimmung des Hebesatzes dem Verbandsausschuss obliegt, ohne dass der Hebesatz in der Satzung selbst genannt wird.
7.
Der Hebesatz ist in der Höhe ordnungsgemäß kalkuliert worden.
a)
Der Verband hat für die Haushaltsjahre 2002 und 2003 Haushaltspläne und Jahresrechnungen beispielhaft vorgelegt, woraus der jeweilige Hebesatz errechnet worden ist. Die Unterlagen sind vom Landkreis Lüneburg geprüft worden. Auf Grund der Haushaltspläne und Jahresrechnungen ergibt sich für das Haushaltsjahr 2002 ein Hebesatz von 150% und für das Haushaltsjahr 2003 ein Hebesatz von 125%. Das lässt Fehler zu Lasten der Beitragspflichtigen nicht erkennen. Der Verband hat jeweils für das Beitragsjahr die gesamten geplanten Ausgaben aufgestellt und ihnen die geplanten gesamten Einnahmen ohne Beiträge gegenübergestellt. Der sich daraus ergebende Fehlbetrag ist derjenige, der durch Beiträge zu decken ist. Dieser umgelegt auf die Steuermessbeträge führt zu dem jeweiligen Hebesatz. Durch Vorlage der Haushaltspläne hat der Verband auch im Einzelnen dargelegt, worauf sich die geplanten Ausgaben beziehen.
Die an dem Haushaltsplan und der Hebesatzberechnung geäußerte Kritik führt nicht zur Fehlerhaftigkeit des ermittelten Hebesatzes.
Die gerügten Zahlungen an den Eigenbetrieb des Landkreises Lüneburg "Straßenbau und Unterhaltung" hat der Verband damit gerechtfertigt, dass Zahlungen erfolgten, weil Mitarbeiter dieses Betriebes im Auftrage des Verbandes die notwendigen Deicherhaltungsarbeiten durchgeführt hätten. Zum Geschäftsführergehalt des Vorstehers des Verbandes ist erklärt worden, diesem werde eine Aufwandsentschädigung gezahlt, und die Kosten für die Geschäftsführung seien aus dem Vertrag mit dem Eigenbetrieb des Landkreises Lüneburg "Straßenbau und Unterhaltung" entstanden. Wenn bei der Unterhaltung rund ... % des Haushaltsansatzes nicht kassenwirksam geworden ist, hat das nach den Erklärungen des Verbandes seine Ursache darin, dass die Maushaltsansätze auf Hochrechnungen und Prognosen beruhen, und wegen nicht gezahlter Verbandsbeiträge die notwendigen Zahlungen nicht zeitgerecht erfolgen konnten und in das nachfolgende Haushaltsjahr übertragen werden mussten. Die Darlegungen des Verbandes insgesamt zu den einzelnen Posten des Haushaltsplanes im Schriftsatz vom 15. März 2005 lässt eine fehlerhafte Haushaltsführung, die einen fehlerhaften Hebesatz für die Jahre 2002 oder 2003 zur Folge hätte, nicht erkennen.
b)
Auf Grund der substantiierten, nachvollziehbaren und fehlerfreien Hebesatzberechnungen für 2002 und 2003 ergibt sich keinerlei Notwendigkeit, auch für das Jahr 2005 den Haushaltsplan und die Jahresrechnung zur gerichtlichen Überprüfung im Einzelnen heranzuziehen. Anhaltspunkte dafür, dass der Verband für das Jahr 2005 Haushaltsgrundsätze verletzt haben könnte, die sich zu Lasten der Beitragspflichtigen auswirken würden, sind nicht gegeben.
8.
Die in dem angefochtenen Bescheid festgesetzte Beitragshöhe ist nicht fehlerhaft.
Die Höhe des Beitrages ergibt sich aus der Vervielfältigung des Grundsteuermessbetrages mit dem Hebesatz. Dieser liegt nach dem Beschluss des Verbandausschusses für das Jahr 2002 bei 150%. Wenn der Kläger rügt, dass der Beitrag für das maßgebliche Beitragsjahr extrem gestiegen sei, hat dass seine Ursache nicht in der Erhöhung des Hebesatzes, sondern in der vom Finanzamt vorgenommenen Erhöhung des Einheitswertes. Hierauf hat der Verband bereits in seiner Klageerwiderung hingewiesen.
9.
Sonstige Fehler, die zur Rechtswidrigkeit des Beitragsbescheides führen würden, sind nicht gegeben.
Der Bescheid, der gem. § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGo-in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat, Gegenstand der Klage ist, verstößt insbesondere nicht gegen das Gebot der Klarheit und Nachvollziehbarkeit von Beitragsbescheiden. Im Widerspruchsbescheid ist klargestellt, für welches Objekt der Beitrag erhoben wird. Das Grundstück wird konkret genannt, und der Beklagte hat im Widerspruchsbescheid ausgeführt, dass die Werte für den Beitragsbescheid auch dem Grundsteuerbescheid entnommen werden können, da die Objektnummern identisch seien.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.
Streitwertbeschluss:
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 343,60 EUR festgesetzt.
Malinowski
Sandgaard