Verwaltungsgericht Lüneburg
Beschl. v. 22.07.2005, Az.: 1 D 2/05
Beurteilung; Beurteilungsspielraum; Bindungswirkung; dienstliche Beurteilung; Gesamtnote; materielle Rechtskraft; Neubescheidung; Rechtskraft; rechtskräftiges Urteil; Urteil; Verwaltungsstreitverfahren; Vollstreckung
Bibliographie
- Gericht
- VG Lüneburg
- Datum
- 22.07.2005
- Aktenzeichen
- 1 D 2/05
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2005, 50770
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- nachfolgend
- OVG - 31.10.2005 - AZ: 5 OB 192/05
Rechtsgrundlagen
- § 121 VwGO
- § 788 ZPO
Gründe
Der Antrag hat keinen Erfolg, da die Vollstreckungsschuldnerin aufgrund des Urteils der Kammer vom 17. Mai 2001 - 1 A 114/99 - für den Antragsteller nach Maßgabe der Rechtsauffassung der Kammer eine neue (Regel-)Beurteilung erstellt und am 19. Mai 2003 eröffnet hat. Soweit der Antragsteller diese neue Beurteilung nunmehr anzugreifen sucht, handelt es sich um ein neues Verwaltungsstreitverfahren.
Denn die Bindungswirkung des Urteils der Kammer vom 17. Mai 2001 ist, da die Vollstreckungsschuldnerin (lediglich) verpflichtet wurde, den damaligen Kläger nach Maßgabe der Rechtsauffassung des Gerichts zum Stichtag 1. Mai 1998 neu zu beurteilen, eingeschränkt. Vgl. dazu VGH Kassel NVwZ-RR 1999, 805:
„Lediglich zur Neubescheidung eines Antrags verpflichtende Urteile haben nur eine relative Bindungswirkung. Der 4. Senat hat hierzu in seinem schon zitierten Beschluß vom 18. 12. 1993 zutreffend folgendes ausgeführt (ESVGH 44, 144):
„Die aufgrund des rechtskräftigen Urteils geschuldete Pflicht zur Neubescheidung unterscheidet sich von der Verpflichtung zum Erlaß eines Verwaltungsakts bestimmten Inhalts dadurch, daß sie nicht auf den Vollzug einer vom Gericht abschließend getroffenen Entscheidung beschränkt, sondern auf eine neue eigene Behördenentscheidung gerichtet ist. Die neue Entscheidung ist allerdings - ähnlich wie im Falle der Zurückverweisung einer Sache im gerichtlichen Instanzenzug - an die Rechtsauffassung des Gerichts, das zuvor entschieden hat, gebunden. Diese Rechtsauffassung bezieht sich auf einen bestimmten, festgestellten Sachverhalt und die zur Zeit der Entscheidung bestehende Rechtslage.
Die materielle Rechtskraft nach § 121 VwGO schließt die Berücksichtigung neuer Umstände, auch einer Rechtsänderung, nicht aus. Während normalerweise die Bindung an die Rechtsauffassung eines Bescheidungsurteils so weit reicht, wie die Voraussetzungen zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts abschließend geprüft worden sind, ist sie in dem Umfange eingeschränkt, in dem sich die Sach- oder Rechtslage geändert hat.
Im gleichen Sinne hatte sich zuvor schon das BVerwG geäußert (vgl. NVwZ 1984, 432 m.w. Nachw.).
Die Vollstreckungsschuldnerin hat eine „neue eigene Behördenentscheidung“ getroffen und der im Urteil der Kammer enthaltenen Rüge, die Gesamtnote sei nicht hinreichend plausibel, durch Abfassen einer neuen Beurteilung durch andere Beurteiler als vorher Rechnung getragen. Damit ist sie dem Urteil der Kammer gefolgt. Denn das Urteil der Kammer hat der Vollstreckungsschuldnerin nach seinem Sinn und Zweck einen erneut auszuübenden Beurteilungsspielraum eröffnet. Vgl. dazu VGH Mannheim NVwZ-RR 2004, S. 460:
„Davon abgesehen erweist sich der Antrag auch deshalb als unbegründet, weil der Vollstreckungsschuldner, wie bereits das VG zutreffend ausgeführt hat, durch die Erstellung der neuen dienstlichen Beurteilung vom 12. 7. 2001 dem Urteil des VG Stuttgart vom 13. 2. 2001 (15 K 793/00), das den Bekl. unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide zur Erteilung einer neuen dienstlichen Beurteilung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts verurteilt hat, nachgekommen ist.
Zutreffend ist das VG davon ausgegangen, dass dieses Urteil auf Grund der darin zum Ausdruck gebrachten Rechtsauffassung die Verpflichtung des Vollstreckungsschuldners begründet hat, über den Vollstreckungsgläubiger eine neue dienstliche Beurteilung zu erstellen, die mit der von ihm geübten Praxis, entgegen den vorhandenen Richtlinien des Innenministeriums über die dienstliche Beurteilung der Beamten des Polizeivollzugsdienstes (BRL-POL) vom 23. 12. 1988 (GABl 1989, 17) nur die Noten 1 und 2 mit Zwischennoten zu vergeben, übereinstimmt, und den zuvor entstandenen Wertungswiderspruch zwischen überdurchschnittlichen Bewertungen der einzelnen Leistungsmerkmale und einem leicht unterdurchschnittlichen Leistungsgesamturteil beseitigt. In diesem Rahmen hat das Urteil einen erneut auszuübenden Beurteilungsspielraum des Vollstreckungsschuldners eröffnet.“
Damit ist kein Raum für eine Vollstreckung. Vielmehr ist die neue Beurteilung in einem - wie auch der Vollstreckungsgläubiger in Betracht zieht (S. 3 seiner Antragsschrift) - eigenständigen Verwaltungsstreitverfahren neu zu überprüfen.
Die Kostenpflicht des Vollstreckungsgläubigers ergibt sich aus § 788 ZPO.