Landgericht Braunschweig
Beschl. v. 28.05.2015, Az.: 12 T 793/14

Bibliographie

Gericht
LG Braunschweig
Datum
28.05.2015
Aktenzeichen
12 T 793/14
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2015, 44882
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

1. Auf die Beschwerde vom 27.10.2014 wird die dem Sachverständigen für das Gutachten vom 04.05.2012 auszuzahlende Vergütung auf 8.159,91 €, für die schriftliche Stellungnahme vom 25.05.2012 auf 468,30 € und für die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung vom 11.06.2012 auf 775,88 € festgesetzt.

2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

3. Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

4. Die weitere Beschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

Der Sachverständige Herr XXX wurde vom Amtsgericht Goslar - Familiengericht - mit Beschluss vom 01.07.2011 (Bl. 85, Band I d. A.) in einer Kindschaftssache mit der gutachterlichen Beantwortung der Frage beauftragt, inwiefern sich die in einem Gutachten eines weiteren Sachverständigen „festgestellten Defizite auf die Erziehungsfähigkeit der Kindesmutter auswirken“. Mit weiterem Beschluss vom 21.11.2011 (Bl. 107/108, Band I d. A.) wurde der Gutachtenauftrag dahingehend erweitert, „dass der Kindesvater XXX in die Begutachtung einzubeziehen“ sei. Unter dem 04.05.2012 legte der Sachverständige sein Gutachten vor. Auf den Inhalt dieses Gutachtens wird Bezug genommen. Mit Schreiben vom selben Tag (Bl. 217, Band I d. A.) stellte die „XXX“ die Tätigkeit des Sachverständigen in Höhe von 8.259,57 € zzgl. Mehrwertsteuer, insgesamt 9.828,89 €, in Rechnung; auf die „Einzelnachweise“ (Bl. 218 - 220, Band I d. A.) wird Bezug genommen. Der Rechnungsbetrag wurde angewiesen und ausgezahlt.

Mit Verfügung vom 23.05.2012 (Bl. 254, Band I d. A.) bat die Richterin den Sachverständigen um Stellungnahme zum Schriftsatz der Rechtsanwältin XXX vom 22.05.2012. Hierzu nahm der Sachverständige unter dem 25.05.2012 schriftlich Stellung (Bl. 255 - 262, Band I d. A.). Für diese Stellungnahme stellte die „XXX“ unter dem 29.05.2012 einen Betrag von 393,53 € zzgl. Mehrwertsteuer, insgesamt 468,30 €, in Rechnung; auf das Rechnungsschreiben (Bl. 1/2, Band II d. A.) wird Bezug genommen.

Mit Verfügung vom 29.05.2012 (Bl. 264, Band I d. A.) lud die Richterin den Sachverständigen zum Erörterungstermin am 11.06.2012, an dem der Sachverständige teilnahm und befragt wurde; insoweit wird auf den Inhalt des Sitzungsprotokolls vom 11.06.2012 (Bl. 36 - 42, Band II d. A.) verwiesen. Hierfür berechnete die „XXX“ insgesamt 775,88 € (Bl. 65/66, Band II d. A.).

Mit Schreiben vom 29.04.2014 (Bl. 187 - 193, Band II d. A.) hat die Bezirksrevisorin bei dem Landgericht Braunschweig die Festsetzung der Vergütung nach § 4 JVEG beantragt. Sie trägt vor, der Sachverständige habe seinen Gutachtenauftrag erheblich überschritten; für den hierauf entfallenden Teil des Gutachtens bestehe kein Vergütungsanspruch. Die geltend gemachten Kosten stünden in keinem Verhältnis zu den durchschnittlichen Sachverständigenkosten in einer vergleichbaren Angelegenheit; diese betrügen ca. 3.000,00 €. Zudem habe der Sachverständige entgegen dem Beweisbeschluss eine komplette Neubegutachtung der Kindesmutter inklusive testpsychologischer Gutachten durchgeführt und auch die Kinder testpsychologisch begutachtet. Schließlich ermittelt die Bezirksrevisorin anhand der Maßstäbe der Entscheidung des thüringischen Landessozialgerichts vom 03.08.2009 (Geschäfts-Nr.: L 6 SF 44/08) zum notwendigen Zeitaufwand für ein psychiatrisches Gutachten einen Zeitaufwand von insgesamt 35 Stunden à 85,00 €; zzgl. Schreibauslagen, Kopien, Umsatzsteuer und Fahrtkosten könne daher höchstens 4.007,09 € vergütet werden.

Für die ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen vom 29.05.2012 könne höchstens 120,23 € und für die Teilnahme am Termin vom 11.06.2012 höchstens 603,33 € berechnet werden. Hierbei geht die Bezirksrevisorin von einem Stundensatz nach der Honorargruppe M 2 aus, da keine prognostischen oder differenzierenden Begutachtungen erforderlich gewesen seien. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf ihr Schreiben vom 29.04.2014 Bezug genommen.

In Hinblick auf die Kopier- und Fahrkosten änderte die Bezirksrevisorin ihren Antrag ab; hierzu wird ergänzend auf ihr Schreiben vom 08.05.2014 (Bl. 200/201, Band II d. A.) verwiesen.

Mit Beschluss vom 17.10.2014 (Bl. 207 - 208, Bd. II d. A.) hat das Amtsgericht Goslar die Vergütung des Sachverständigen - seinem Antrag entsprechend - für das Gutachten vom 04.05.2012 auf 9.828,89 €, für die schriftliche Stellungnahme vom 25.05.2012 auf 468,30 € und für die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung am 11.06.2012 auf 775,88 € festgesetzt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Beschlusses Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 27.10.2014 (Bl. 216, Band II d. A.) hat die Bezirksrevisorin Beschwerde gegen den Beschluss vom 17.10.214 eingelegt. Sie hat ferner die Übertragung des Verfahrens auf die Kammer angeregt und beantragt, die weitere Beschwerde zuzulassen, da die Sache grundsätzliche Bedeutung habe.

Das Amtsgericht Goslar hat der Beschwerde mit Beschluss vom 09.12.2014 (Bl. 222, Band II d. A.) nicht abgeholfen und die Sache der Beschwerdekammer zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Auf die zulässige Beschwerde der Bezirksrevisorin war die Vergütung des Sachverständigen wie aus dem Tenor ersichtlich festzusetzen. Die weitergehende Beschwerde der Bezirksrevisorin ist unbegründet.

Die Vergütung des Sachverständigen ist nicht unter dem Gesichtspunkt zu kürzen, dass er nicht rechtzeitig darauf hingewiesen habe, dass die Vergütung erheblich außer Verhältnis zum Wert des Streitgegenstands stehe (dazu 1.). Die Vergütung ist ferner nicht unter dem Gesichtspunkt einer Überschreitung des Gutachtenauftrags zu kürzen (dazu 2.). Die Rechnungen des Sachverständigen vom 04.05.2012 und vom 29.05.2012 sind jedoch nach den durch das thüringische Landessozialgericht entwickelten Grundsätzen wegen einer erheblichen Überschreitung der Erfahrungswerte für die Bearbeitungszeit zu kürzen (dazu 3.).

1. Die Sachverständigenvergütung ist nicht deshalb zu kürzen, weil sie erheblich außer Verhältnis zum Wert des Streitgegenstandes stehe und der Sachverständige nicht rechtzeitig nach § 407a Abs. 3 Satz 2 ZPO auf diesen Umstand hingewiesen hat. Die Voraussetzungen für eine Kürzung liegen im vorliegenden Fall nicht vor. Die Hinweispflicht des § 407a Abs. 3 S Satz 2 ZPO greift im vorliegenden Fall nach Sinn und Zweck nicht ein.

Zwar übersteigt die Vergütung des Sachverständigen erheblich den Verfahrenswert, der gemäß § 45 Abs. 1 FamGKG regelmäßig mit 3.000,00 € zu bewerten ist (vgl. hierzu auch NK-GK/H. Schneider, § 45 FamGKG Rn. 18). Anders als der Streitwert bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten indiziert der Verfahrenswert bei Kindschaftssachen jedoch nicht die objektive Bedeutung des Verfahrens. Gerade bei Kindschaftssachen   (§ 111 Nr. 2 FamFG) verbietet sich eine wirtschaftliche Betrachtung, wonach Sachverständigenkosten, die den Verfahrenswert von 3.000,00 € deutlich übersteigen, „unwirtschaftlich“ oder „unverhältnismäßig“ wären. Umgekehrt muss der Sachverständige auch nicht davon ausgehen, dass Maßstab für die Verhältnismäßigkeit der von ihm veranlassten Kosten der Verfahrenswert gemäß § 45 Abs. 1 FamGKG ist. Die Hinweispflicht soll den Parteien die Möglichkeit geben, angesichts unverhältnismäßiger Kosten auf die Beweisaufnahme zu verzichten, sich ggf. gütlich zu einigen oder ein weniger aufwendiges Verfahren zu wählen (vgl. Bundestagsdrucksache 11/3621, Seite 40). Gerade diese Möglichkeit besteht bei den von Amts wegen durchzuführenden Kindschaftssachen und den dort folglich von Amts wegen einzuholenden Sachverständigengutachten gerade nicht.

Soweit das Amtsgericht Hannover (Beschluss vom 11.02.1999, Geschäfts-Nr.: 603 F 2397/98, zit. n. juris) eine Anzeigepflicht des Sachverständigen gemäß § 407a Abs. 3 Satz 2 ZPO auch dann annimmt, wenn die Kosten des Sachverständigengutachtens die „Durchschnittskosten“ erheblich überschreiten, folgt die Kammer dieser Auffassung nicht.

Der Bezugspunkt der „Durchschnittskosten“ findet keine Stütze im Gesetz. § 407a Abs. 3 Satz 2 ZPO (bzw. jetzt auch § 8a JVEG) stellt ausdrücklich nur auf das angemessene Verhältnis zum Wert des Streitgegenstandes ab. Für eine entsprechende Anwendung der Vorschriften fehlt es an einer Vergleichbarkeit. Ein Missverhältnis der Sachverständigenvergütung zum Streitwert in vermögensrechtlichen Streitigkeiten muss sich dem Sachverständigen ohne Weiteres aufdrängen. Der Sachverständige muss aber regelmäßig keinen Überblick über die durchschnittlichen Kosten anderer Sachverständiger in vergleichbaren Fällen haben. Auch ist für den Sachverständigen nicht ohne Weiteres ersichtlich, welche Verfahren seitens des Gerichts als vergleichbar zur Ermittlung der „Durchschnittskosten“ angesehen werden. Es erscheint vor diesem Hintergrund unbillig, den Sachverständigen mit dem Risiko zu belasten, bei einem unterlassenen Hinweis erhebliche Teile seiner Vergütungsforderung zu verlieren.

Eine Kürzung der Sachverständigenvergütung käme aber auch dann nicht in Betracht, wenn man eine Verletzung der Anzeigepflicht des § 407a Abs. 3 Satz 2 ZPO annähme. Eine Kürzung der Sachverständigenkosten kommt nur in Betracht, wenn ein rechtzeitig erteilter Hinweis zu einer Einschränkung oder einem Entzug des Auftrages an den Sachverständigen geführt hätte (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 25.09.2001, Geschäfts-Nr.: 5 U 452/00, zit. n. juris). Die entsprechende Feststellung, dass der Sachverständigenbeweis auch trotz der erhöhten Kosten von dem Gericht erhoben worden wäre, ist unter Anwendung eines objektiven Maßstabes positiv als Prognoseentscheidung zu treffen. Das Risiko der nicht möglichen Aufklärbarkeit trägt insoweit der Sachverständige in vollem Umfang, wenn er seiner Hinweispflicht nicht genügt haben sollte (vgl. OLG Zweibrücken, Beschluss vom 15.11.2010, Geschäfts-Nr.: 4 W 98/10, zit. n. juris).

Der Sachverständigenbeweis wäre im vorliegenden Fall auch trotz eines Hinweises auf die erhöhten Kosten erhoben worden. Dies ergibt sich zunächst daraus, dass das Sachverständigengutachten von Amts wegen eingeholt wurde, die Parteien also nicht - mit Blick auf die Kosten - auf die Begutachtung hätten verzichten können. Alternativ hätte die Begutachtung abgebrochen und ein anderer Gutachter beauftragt werden müssen. Die bis zu diesem Zeitpunkt entstandenen Sachverständigenkosten hätten gleichwohl erstattet werden müssen. Hierzu wären die Kosten für die Begutachtung durch einen anderen Sachverständigen gekommen. Dies hätte letztlich - aller Voraussicht nach - nicht zu einer Kostenersparnis geführt.

Hinzu kommt, dass der Sachverständige in einer Vielzahl von Fällen vom Amtsgericht Goslar beauftragt wurde, obwohl die Größenordnung seiner Rechnungen spätestens mit der Rechnung am 31.12.2011 über 13.500,00 € in dem Verfahren zur Geschäfts-Nr.: 13 F 156/10 bekannt war. Das Amtsgericht Goslar hat somit auch in Kenntnis der voraussichtlich entstehenden Kosten den Sachverständigen weiter beauftragt. Dies lässt den Schluss zu, dass der Sachverständige bei einem Hinweis auf die entstehenden Kosten nicht entpflichtet worden wäre.

2. Die Vergütung des Sachverständigen ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer Überschreitung des Gutachtenauftrags zu kürzen.

Der Sachverständige hat zwar in der Regel keinen Vergütungsanspruch, soweit er in seinem Gutachten über die ihm gestellte Beweisfrage hinausgeht oder vom Gutachtenauftrag abweicht (vgl. OLG München, Beschluss vom 02.12.1994, Geschäfts-Nr.: 11 WF 1015/94, zit. n. juris). Der Sachverständige hat sein Gutachten aber grundsätzlich eigenverantwortlich zu erstellen und dabei selbst zu prüfen, welche Untersuchungen er im konkreten Fall für erforderlich hält (vgl. OLG München, a.a.O.). Bei familienpsychologischen Gutachten hat der Sachverständige wegen des schwer fassbaren und nicht objektivierbaren Begutachtungsgegenstandes ein weites Ermessen hinsichtlich des notwendigen Umfangs der Exploration (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 18.12.2012, Geschäfts-Nr.: 6 WF 43/12, zit. n. juris, Rn. 21). Der gerichtliche Sachverständige ist in der Wahl seiner Untersuchungsmethode zur Befunderhebung frei. Soweit die Beweisanordnung keine bestimmte Methode vorgibt, besteht ein Vergütungsanspruch (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 30.07.2010, Geschäfts-Nr.: L 3 RJ 154/05, zit. n. juris). Die Vergütung von testpsychologischen Untersuchungen könnte nur dann versagt werden, wenn der Sachverständige seine Aufgabe hierdurch grob fahrlässig überschritten hätte (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, a.a.O., OLG München, a.a.O.). Der Sachverständige handelt noch auftragsgemäß, wenn er die zur Beantwortung der Beweisfrage notwendigen Arbeiten ausführt, die er nach seiner Sachkunde für erforderlich halten durfte (vgl. KG in: Juristisches Büro 1970, 496; Schneider, JVEG, 2. Auflage, § 8 Rn. 60). Keine Honorierung erfolgt demgegenüber beispielsweise für Beratungsgespräche und Empfehlungen an die Eltern (vgl. OLG München, a.a.O.) oder für die Beantwortung nicht gestellter therapeutischer Fragen in einem familiengerichtlichen Sorgerechtsverfahren (vgl. Binz in: Binz/Dörndorfer/Petzold/Zimmermann, GKG u.a., § 8 JVEG, Rn. 15 [mit Hinweis auf AG Hannover, a.a.O.]).

Nach diesen Voraussetzungen liegt hier keine Gutachtenüberschreitung vor, die eine Kürzung des Gebührenanspruchs zulassen würde.

Der Sachverständige hat das ihm zur Verfügung stehende weite Ermessen hinsichtlich des notwendigen Umfangs einer Exploration nicht dadurch überschritten, dass er die Kindesmutter vollständig neu begutachtet und testpsychologische Begutachtungen durchgeführt hat. Zwar war der Beweisbeschluss vom 01.07.2011 so (knapp) formuliert, dass untersucht werden sollte, inwieweit sich die im Gutachten des XXX festgestellten Defizite auf die Erziehungsfähigkeit der Kindesmutter auswirken. Jenes Gutachten enthielt jedoch nahezu keine eigene Exploration und keine testpsychologische Untersuchung. Es bezieht sich vielmehr auf die Diagnose einer Persönlichkeitsstörung („Borderlinesyndrom“) sowie einer Angststörung mit depressiven Symptomen in der Vergangenheit. Diese Diagnosen werden weitgehend anhand der Aktenlage und aufgrund von Vorberichten auf Plausibilität überprüft. In der dem Gutachten zugrundeliegenden Exploration zeigte die Kindesmutter ausweislich des Gutachtens des XXX „problemlos ihre kompetente Seite“.

Daher erscheint die Entscheidung des Sachverständigen XXX, die Frage der Erziehungsfähigkeit auch aufgrund einer eigenen umfangreichen Exploration zu beantworten, insgesamt völlig nachvollziehbar. Jedenfalls ist die weitergehende testpsychologische Untersuchung der Kindesmutter unter diesen Umständen nicht - im Sinne der zitierten obergerichtlichen Rechtsprechung - grob fahrlässig.

Auch die testpsychologische Untersuchung der Kinder stellt keine grob fahrlässige Überschreitung des Gutachtenauftrags dar. Die Frage der Erziehungsfähigkeit der Kindesmutter betrifft unmittelbar ihre Beziehung und die Interaktion mit ihren Kindern. Für diese Beurteilung sind auch die psychische Konstitution oder etwaige psychologische und psychiatrische Auffälligkeiten der Kinder relevant. Jedenfalls überschreitet ein solches Verständnis des Begutachtungsgegenstandes nicht das weite Ermessen des Sachverständigen zum Umfang der Exploration.

Gegen eine (grob fahrlässige) Gutachtenüberschreitung des Sachverständigen spricht auch, dass der Sachverständige später in zahlreichen weiteren Fällen durch das Amtsgericht Goslar mit vergleichbaren Gutachten beauftragt wurde, ohne dass der Gutachtenauftrag bzw. der Explorationsumfang beschränkt wurde. Der Sachverständige hat in dem von ihm erstellten Gutachten eine umfassende Exploration inklusive testpsychologischer Zusatzuntersuchungen durchgeführt. Gleichwohl wurde er in der Folgezeit immer wieder beauftragt, ohne dass eine Einschränkung des Gutachtenauftrags oder des Explorationsumfangs durch das Gericht vorgenommen wurde. Dies lässt nur den Schluss zu, dass der Sachverständige nach dem Verständnis des Gerichts innerhalb des Gutachtenauftrags geblieben ist.

Darüber hinaus ist eine Kürzung der Sachverständigenvergütung wegen einer Überschreitung des Gutachtenauftrags auch nur dann gerechtfertigt, wenn der Beweisbeschluss den Umfang des Auftrags und dessen Grenzen eindeutig erkennen lässt (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 42. Auflage, § 8 JVEG Rn. 39; LG Bochum in: Rechtspfleger 1976, 32). Der Gutachtenauftrag war hier (allgemein) darauf gerichtet zu begutachten, „inwiefern sich die im Gutachten des XXX vom 08.03.2010 festgestellten Defizite auf die Erziehungsfähigkeit der Kindesmutter auswirken“. Dieser Auftrag enthält nicht - jedenfalls nicht in der gebotenen Klarheit - die Aufforderung an den Sachverständigen, keine eigenen Explorationen mehr vorzunehmen.

Hinzu kommt, dass der Sachverständige mit Schreiben vom 24.02.2011 (Bl. 161, Band I d. A.) das Gericht darüber in Kenntnis setzte, eigene Explorationen durchzuführen. Sofern das vom Gutachtenauftrag nicht mehr umfasst sein sollte, wäre zu erwarten gewesen, dass die Amtsrichterin den Sachverständigen entsprechend angewiesen hätte. Da das nicht der Fall war, durfte der Sachverständige darauf vertrauen, dass seine Vorgehensweise vom Gericht gebilligt wird.

3. Die Gebührenrechnung des Sachverständigen ist jedoch wegen einer erheblichen Überschreitung der Erfahrungswerte des erforderlichen Zeitaufwands zu kürzen. Gemäß § 24 JVEG ist die Vergütung hier nach bisherigem Recht - also nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz in der Fassung bis zum 31.07.2013 - zu berechnen (zum Zeitpunkt der Auftragserteilung vgl.: Binz in: Binz/Dörndorfer/Petzold/Zimmermann, GKG u.a., § 24 JVEG, Rn. 2).

Die erforderliche Zeit (§§ 9 Abs. 1 Satz 1, 8 Abs. 2 JVEG) richtet sich nach dem erforderlichen Zeitaufwand eines Sachverständigen mit durchschnittlicher Befähigung und Erfahrung bei sachgemäßer Auftragserledigung mit durchschnittlicher Arbeitsintensität (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Dezember 2003, Geschäfts-Nr.: X ZR 206/98, zit. n. juris). Dabei kann regelmäßig davon ausgegangen werden, dass die (aufgeschlüsselten) Angaben des Sachverständigen über die tatsächlich benötigte Bearbeitungszeit richtig sind (vgl. OLG München, a.a.O.). Anlass zur Nachprüfung besteht aber dann, wenn der angesetzte Zeitaufwand im Verhältnis zur erbrachten Leistung ungewöhnlich hoch erscheint (vgl. OLG München, a.a.O.; OLG Hamm, Beschluss vom 18.12.2012, Geschäfts-Nr.: 6 WF 43/12, zit. n. juris).

In der Sozialgerichtsbarkeit haben sich detaillierte Erfahrungswerte für die Zeiten für Aktenstudium, Diktat von Anamnese und Befunden, Beurteilung und Beantwortung der Beweisfrage einschließlich Diktat und Korrektur sowie für die abschließende Durchsicht für medizinische Sachverständigengutachten herausgebildet. Werden diese Erfahrungswerte um mehr als 15 Prozent überschritten, ist in einem zweiten Schritt zu überprüfen, ob sich Hinweise ergeben, die eine Abweichung vom Ergebnis der Plausibilitätsprüfung rechtfertigen. Ist dies nicht der Fall, ist nur das Honorar in Höhe der Plausibilitätsprüfung zu vergüten (vgl. Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 13.08.2013, Geschäfts-Nr.:  L 6 SF 266/13, zit. n. juris).

Nach Auffassung der Kammer sind die dort entwickelten Erfahrungswerte grundsätzlich auch auf familienpsychologische Gutachten übertragbar, wobei im Einzelfall zu prüfen ist, ob eine festgestellte Abweichung ihre Ursache in den Besonderheiten gerade einer familienpsychologischen Begutachtung hat.

Im Einzelnen folgt die Kammer im vorliegenden Fall im Grundsatz den durch das Thüringer Landessozialgericht aufgestellten Erfahrungswerten (vgl. Thüringer Landessozialgericht, a.a.O.). Danach wird die Sachverständigenleistung wie folgt in 5 Bereiche aufgeteilt:

a) Aktenstudium und vorbereitende Arbeiten (pro 80 Blatt ca. 1 Stunde)

b) Erhebung der Vorgeschichte

c) Notwendige Untersuchungen

d) Abfassung der Beurteilung

e) Diktat sowie Durchsicht des Gutachtens (1 Stunde pro 5 - 6 Blätter des Gutachtens).

Soweit die Bezirksrevisorin den Entscheidungen des Thüringer Landessozialgerichts allgemeingültige Erfahrungswerte auch für die Erhebung der Vorgeschichte bzw. für die notwendigen Untersuchungen entnehmen möchte, folgt dem die Kammer nicht. Die von der Bezirksrevisorin angesetzten Werte von ca. 2 Stunden für die Erhebung der Vorgeschichte bzw. 4 - 9 Stunden für die notwendigen Untersuchungen lassen sich anderen Entscheidungen des Landessozialgerichts Thüringen nicht entnehmen. Die Werte beruhen somit offenbar auf den jeweiligen Einzelfällen. Bei den Leistungsbereichen „Aktenstudium“ und „vorbereitende Arbeiten“ sowie „Diktat und Durchsicht des Gutachtens“ lassen sich die oben genannten Erfahrungswerte hingegen zahlreichen Entscheidungen des Landessozialgerichts entnehmen.

Im Hinblick auf die wissenschaftliche Ausarbeitung des Textes bzw. der Abfassung der Beurteilung ist die Kammer der Ansicht, dass der Erstellungsaufwand des Gutachtens von dessen Schwierigkeit und Umgang abhängig ist (vgl. LSG Sachsen Anhalt, Beschluss vom 30.07.2010, Geschäfts-Nr.: L 3 RJ 154/05, zit. n. juris). Die Seitenanzahl kann dabei nur (aber immerhin) ein Indiz sein (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, a.a.O.).

Soweit es um die reine Beurteilung und Beantwortung von Beweisfragen geht, ist ein Aufwand von einer Stunde für eine Seitenzahl für angemessen erachtet worden, die sich zwischen einer Seite und drei Seiten bewegt (vgl. statt vieler: LSG Sachsen-Anhalt, a.a.O.; Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 03.08.2009, Geschäfts-Nr.: L 6 SF 44/08, zit. n. juris, jeweils mit weiteren Nachweisen). Das Thüringer Landessozialgericht ist in jüngeren Entscheidungen von einem Aufwand von einer Stunde je 1,5 Seiten ausgegangen (vgl. Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 13.08.2013, Geschäfts-Nr.: L 6 SF 266/13, zit. n. juris).

Dabei handelt es sich jedoch nur um einen Anhaltspunkt für die (regelmäßig) angemessene Stundenzahl (vgl. Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 15.03.2012, Geschäfts-Nr.: L 6 SF 224/12 B, zit. n. juris; Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 16.11.2011, Geschäfts-Nr.: L 5 P 55/10, zit. n. juris). Hierdurch soll dem Kostenbeamten im Einzelfall eine sinnvolle und zügige Bearbeitung  ermöglicht werden (vgl. Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 13.08.2013, a.a.O.). Maßgebend ist im Zweifel der im Einzelfall erkennbare Arbeitsaufwand des Sachverständigen, der im Gutachten zum Ausdruck kommt. Insofern ist in begründeten Sonderfällen durchaus eine Abweichung (positiv wie negativ) bei dem genannten Ansatz erforderlich (Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 13.08.2013, a.a.O.). Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass der Sachverständige, dessen gutachterliche Beurteilung umständliche und ausschweifende Ausführungen enthält, nicht gegenüber demjenigen „bevorzugt“ werden darf, dem es gelingt, die wesentlichen Punkte gedrängt zusammenzufassen (vgl. Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 16.11.2011, a.a.O.).

Nach dieser Maßgabe geht die Kammer davon aus, dass der angemessene Zeitaufwand des Sachverständigen im vorliegenden Fall auf eine Dauer von drei Seiten pro Stunde zu begrenzen ist. Die Ausführungen des Sachverständigen XXXX sind äußerst ausführlich und zu einem nicht unerheblichen Anteil redundant. Im Hinblick auf den überdurchschnittlichen Umfang des Gutachtens ist auch zu berücksichtigen, dass der Arbeitsaufwand je Seite umso höher einzuschätzen ist, je kürzer ein Gutachten ist. Dies ergibt sich schon daraus, dass gewisse Vorarbeiten sowie Grundüberlegungen unabhängig vom Umfang des schriftlichen Gutachtens anfallen.

Nach diesen Maßgaben ist von folgendem Zeitaufwand auszugehen:

a) Aktenstudium: 2,5 Stunden (Gerichtsakte: 197 Seiten; 80 Seiten je 1 Stunde)

b) Erhebung der Vorgeschichte: 2 Stunden

c) Notwendige Untersuchung (nebst Fahrzeiten): 35,25 Stunden

d) Abfassung der Beurteilung: 27 Stunden

e) Diktat, Durchsicht und Korrektur: 6,5 Stunden

In der Abrechnung des Sachverständigen entspricht die Position Aktenstudium, Exploration und Fahrzeit den oben genannten Positionen a) bis c). Insgesamt ergibt sich deshalb aus der oben enthaltenen Abrechnung eine Kürzung nur in Höhe von einer Stunde. Diese Abweichung resultiert aus der unterschiedlichen Bewertung der Dauer des Aktenstudiums. Soweit der Sachverständige in seiner Rechnung pauschal „diverse Telefongespräche mit Prozessbeteiligten“ mit einer Dauer von zwei Stunden ansetzt, geht diese Position in der Position oben zu b) „Erhebung Vorgeschichte: 2 Stunden“ auf. Insgesamt errechnet sich für die Positionen a) bis c) deshalb ein Zeitaufwand von 39,75 Stunden.

Bei der Position „Abfassung der Beurteilung“ ist bei einer teilweisen Wiedergabe des Akteninhalts, den Ergebnissen der Anamnese sowie der neurologischen und psychiatrischen Befunde als Beurteilung die „eigentliche Beurteilung“ herauszufiltern (vgl. Bayrisches Landessozialgericht, Beschluss vom 17.05.2010, Geschäfts-Nr.: L 15 SF 396/09, zit. n. juris). Abweichend von der Bewertung der Bezirksrevisorin geht die Kammer jedoch davon aus, dass nicht lediglich die Ausführungen zu Nr. 6. „Stellungnahme zur Frage des Familiengerichts“ auf den Seiten 81 bis 88 des Gutachtens zur Beurteilung im engeren Sinn zu zählen sind. Die Kammer geht vielmehr davon aus, dass zur Beurteilung der Beweisfrage im Sinne der landessozialgerichtlichen Rechtsprechung bereits der Gutachtenteil ab Nr. 5. „Beurteilung“, also die Seiten 52 - 88 des Gutachtens zu zählen sind. Der Bezirksrevisorin ist hierbei jedoch insoweit zuzustimmen, als dass dieser Gutachtenteil in erheblichem Umfang auch Wiederholungen der Anamnese enthält. Dem wird im vorliegenden Fall nach Auffassung der Kammer jedoch dadurch hinreichend Rechnung getragen, dass für diesen Gutachtenteil von einem Zeitaufwand von einer Stunde pro 3 Seiten und damit von einem vergleichsweise geringen Zeitaufwand ausgegangen wird. Hieraus ergibt sich für die vorliegende Begutachtung ein Begutachtungsanteil von 36 Seiten (Seiten 52 - 88 des Gutachtens) und somit ein Zeitaufwand von 12 Stunden.

Die Seiten 1 - 52 des Gutachtens enthalten neben einer umfangreichen Gliederung ebenfalls umfangreiche und äußerst detaillierte Zusammenfassungen der Gesprächs- und Testinhalte. Die bloße Wiedergabe der Gesprächs- und Testinhalte enthält keine Begutachtungsanteile. Der Zeitaufwand für diesen Gutachtenteil ist deshalb entsprechend der Rechtsprechung des Landessozialgerichts Thüringen mit dem Punkt e) „Diktat, Durchsicht und Korrektur“ ausreichend abgegolten. Auszugehen ist deshalb hier von einem Aufwand von einer Stunde pro 5 - 6 Blatt. Die Kammer legt hier einen Mittelwert von 5,5 Blatt pro Stunde zugrunde, so dass sich ein Zeitaufwand hierfür von 9,5 Stunden ergibt.

Soweit die Seiten 1 - 52 des Gutachtens auch Auswertungen und Interpretationen der psychologischen Tests enthalten, hat der Sachverständige diese gesondert mit 11 Stunden abgerechnet. Der hier zugrunde gelegte Zeitaufwand von einer Stunde für die Auswertung je Test erscheint dabei deutlich übersetzt. Nach der Rechtsprechung des Bayrischen Landessozialgerichts (Beschluss vom 10.03.2010, a.a.O.) ist eine testpsychologische Untersuchung in der Regel mit 0,5 Stunden je Test zu vergüten. Daneben erscheint der Ansatz von einer Stunde allein für die Auswertung eines Tests überhöht. Die Kammer hält einen Zeitaufwand für 30 Minuten für die Auswertung je Test für angemessen. Hieraus ergibt sich ein weiterer Zeitaufwand von 5,5 Stunden.

Hinzu kommt noch der Zeitaufwand gemäß Position e) „Diktat, Durchsicht und Korrektur“. Für die Seiten 1 - 52 des Gutachtens wurde dieser Zeitanteil bereits oben berücksichtigt. Es verbleibt somit noch der Zeitaufwand für Diktat, Durchsicht und Korrektur für die Beurteilung „im engeren Sinn“ auf den Seiten 52 - 88 des Gutachtens, insgesamt also 36 Seiten. Ausgehend von einem Zeitaufwand von einer Stunde pro 5,5 Blatt ergeben sich hieraus weitere weitere 6,5 Stunden.

Die Abrechnung des Sachverständigen für die wissenschaftliche Auswertung und Ausarbeitung des Gutachtens ist somit um 15,5 Stunden von 49 auf 33,5 Stunden zu kürzen. Hinzu kommt die oben dargestellte Kürzung um eine weitere Stunde für das Aktenstudium. Der Nettobetrag der Rechnung vom 04.05.2012 in Höhe von 8.259,57 € ist somit um 1.402,50 € (16,5 x 85,00 €) zu kürzen. Hieraus folgt ein Rechnungsbetrag in Höhe von 6.857,07 €, mithin 8.159,91 € (brutto).

Die Kosten für Schreibgebühr, Kopiergebühr, Fremdleistungen, Fahrtkosten, Telefonaufwand und Portoaufwand legt die Kammer mit der Einzelabrechnung des Sachverständigen in Höhe von 630,82 € zugrunde.

Der abgerechnete Zeitaufwand für die ergänzende Stellungnahme vom 25.05.2012 in Höhe von insgesamt 4,5 Stunden erscheint - gerade noch - hinnehmbar. Zwar enthält die Stellungnahme nur 7 1/4 Seiten; diese enthalten auch überwiegend keine neuen Begutachtungsgesichtspunkte. Nach Maßgabe der oben dargestellten Plausibilitätsprüfung (3 Seiten pro Stunde für die Beurteilung; 5,5 Seiten pro Stunde für Diktat, Durchsicht und Korrektur) stellt sich die Abrechnung des Sachverständigen jedoch als - gerade noch - plausibel dar.

Die Kammer hat auch entsprechend der Abrechnung des Sachverständigen die Honorargruppe M 3 zugrunde gelegt.

Verfahren zur Regelung von Sorge und Umgangsrechten sind als Regelbeispiel für die Honorargruppe M „Gutachten mit hohem Schwierigkeitsgrad (Begutachtungen spezieller Kausalzusammenhänge und/ oder differenzialdiagnostischer Probleme und/ oder Beurteilung der Prognose und/oder Beurteilung strittiger Kausalitätsfragen)“ in der Anlage 1 zu § 9 Abs. 1 JVEG aufgeführt. Fällt ein Gutachten in eines der bei den Gruppen M 1 bis M 3 aufgeführten Regelbeispiele, ist die Anwendung der entsprechenden Honorargruppe nicht zwingend geboten, sondern lediglich ein Indiz für den im Obersatz der jeweiligen Gruppe genannten Schwierigkeitsgrad (vgl. OLG Nürnberg, Beschluss vom 16.11.2010, Geschäfts-Nr.: 6 W 1936/10, zit. n. juris). Die Zuordnung einer Leistung in Abweichung von den in den Honorargruppen M 1 bis M 3 genannten Regelbeispielen erfordert aber erhebliche Abweichungen von einem in dem jeweiligen Gebiet im Durchschnitt zu erstellenden Gutachten (vgl. Sozialgericht Koblenz, Beschluss vom 02.01.2006, Geschäfts-Nr.: S 8 SB 460/05, zit. n. juris).

Dieser Auffassung folgt die Kammer. Die in der Anlage enthaltenen Regelbeispiele dienen dem Ziel, bestimmte Gutachtengegenstände einer bestimmten Honorargruppe zuzuordnen. Hierdurch soll gerade bei immer wiederkehrenden Begutachtungsgegenständen eine typisierte Betrachtung ermöglicht werden. Es soll gerade vermieden werden, dass in jedem Einzelfall die im Grenzbereich problematische Zuordnung zu der jeweiligen Honorargruppe geklärt werden muss. Lediglich in atypischen Fällen ist bei den Regelbeispielen eine Abgrenzung der Honorargruppen im Einzelfall erforderlich.

Im vorliegenden Fall hat der Sachverständige sein schriftliches Gutachten vom 04.05.2012 zutreffend nach der Honorargruppe M 3 abgerechnet. Diese Honorargruppe ist auch für die ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen vom 25.05.2012 zugrunde zu legen. Auch die ergänzende Stellungnahme betrifft ein Verfahren zur Regelung von Sorge- oder Umgangsrechten. Die schriftliche Stellungnahme folgt insoweit dem Beweisthema des schriftlichen Gutachtens. Es erscheint der Kammer nicht gerechtfertigt, von einem niedrigeren Schwierigkeitsgrad auszugehen, weil der Sachverständige (nur) sein eigenes Gutachten erläutert habe. In einem solchen Fall ist vielmehr auch für die ergänzende Stellungnahme dieselbe Honorargruppe anzunehmen.

Die Rechnung des Sachverständigen vom 16.06.2012 wegen der Teilnahme des Sachverständigen am Verhandlungstermin vom 11.06.2012 billigt die Kammer. Der angesetzte Zeitaufwand des Sachverständigen wird auch von der Bezirksrevisorin nicht angegriffen. Die Kammer legt auch hier aus den genannten Gründen die Honorargruppe M 3 zugrunde.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 4 Abs. 8 JVEG.

5. Die weitere Beschwerde ist gemäß § 4 Abs. 5 JVEG wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zuzulassen. Das Verfahren betrifft die - soweit ersichtlich in der ordentlichen Gerichtsbarkeit noch nicht geklärte - Frage, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang die Abrechnung eines Sachverständigen aufgrund einer Plausibilitätsprüfung des angesetzten Zeitaufwands gekürzt werden kann. In der Landessozialgerichtsbarkeit hat sich für die Prüfung medizinischer Sachverständigengutachten eine differenzierte Kasuistik entwickelt. Die Frage, ob bzw. inwieweit diese Kasuistik auf Sachverständigengutachten in der ordentlichen Gerichtsbarkeit übertragbar ist, ist grundsätzlich im Sinne des § 4 Abs. 5 JVEG.