Landgericht Braunschweig
Urt. v. 31.07.2015, Az.: 1 O 27/15
Bibliographie
- Gericht
- LG Braunschweig
- Datum
- 31.07.2015
- Aktenzeichen
- 1 O 27/15
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2015, 44883
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- nachfolgend
- OLG - 30.06.2016 - AZ: 8 U 97/15
Tenor:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
und beschlossen:
Der Streitwert wird auf 16.184,00 € festgesetzt.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt Werklohn für die statische Überprüfung von Brücken für Schwerlasttransporte.
In XXX war die übliche Schwerlasttransportroute gesperrt und der Schwerlastverkehr musste umgeleitet werden über eine Strecke mit vier Brücken. Hinsichtlich der statischen Tauglichkeit der Brücken erfolgte eine Anfrage der Straßenverkehrsbehörde an das Tiefbauamt. In diesem ist der Freund des Klägers, der XXX als Sachbearbeiter beschäftigt.
Dieser leitete die Anfrage der Straßenverkehrsbehörde an den Kläger mit Email vom 25.09.2013 weiter in der es heißt: „Hallo XXX, bitte um Überprüfung der Überfahrbarkeit und Angebot. Die Kosten wird der Antragsteller tragen.“ Der Kläger nahm anschließend die statischen Berechnungen vor und teilte dem Herrn XXX mit, dass eine Freigabe erteilt werden kann. Dieser leitete das Ergebnis an die Straßenverkehrsbehörde weiter, welche daraufhin die Schwerlasttransportgenehmigung erteilte.
Nach weiterer Anfrage durch das Straßenverkehrsamt an Herrn XXX betreffend weitere Schwerlasttransporte leitete der Herr XXX wiederum per Email am 10.10.2013 die Anfrage an den Kläger weiter mit folgendem Text: „Hallo hier neue Schwerlasttransporte für die Tour wie vorher. Die Rechnung bitte an den Antragsteller über Tiefbauabteilung. XXX“. Der Kläger führte auch die diesbezüglichen Berechnungen durch und nach Weiterleitung durch Herrn XXX erfolgte die Schwerlastgenehmigung durch die Straßenverkehrsbehörde.
Anschließend rechnete der Kläger am 14.10.2013 über die erbrachten Leistungen gegenüber der Beklagten, Abteilung Tiefbauamt, in Höhe der Klageforderung ab. Die Beklagte verweigerte die Bezahlung. Im Rahmen einer gütlichen Einigung wäre sie bereit gewesen 50 % der Klageforderung zu bezahlen.
Wegen Unregelmäßigkeiten in der Vergangenheit und des besonderen Näheverhältnisses des Herrn XXX zum Kläger erhielt Herr XXX im Jahr 2008 eine schriftliche Anweisung, dass er keine Aufträge an den Kläger (mehr) erteilen darf. Bis zum hiesigen Vorgang ist dies auch nicht wieder erfolgt. Auch im Übrigen ist der Herr XXX nicht mit der Auftragsvergabe bevollmächtigt, dies obliegt einzig dem Abteilungsleiter.
Dem Kläger ist bekannt, dass auf der Sachbearbeiterebene bei Auftragsvergaben durch öffentliche Auftraggeber lediglich die Einholung von Angeboten von deren Handlungsbefugnis gedeckt ist und die Vergabe von Aufträgen der Leitungsebene vorbehalten ist.
Der Kläger ist der Ansicht, es sei ein Vertrag mit der Beklagten über die erbrachten Leistungen zustande gekommen und seine Leistungen seien daher von dieser zu vergüten. Die Beklagte habe die Auftragserteilung anerkannt, was sich aus der Email vom 10.10.2013 ergebe. Jedenfalls verhalte sich die Beklagte treuwidrig, wenn sie sich auf das Schriftformerfordernis berufe. Die Parteien hätten jahrelang problemlos wie im Streitfall miteinander gearbeitet. Auch habe die Beklagte die wirksame Beauftragung durch das Angebot der Zahlung von 50 % anerkannt.
Der Kläger beantragt,
die beklagte Partei zu verurteilen, an die Klagepartei € 16.184,00 nebst Zinsen in Höhe von 8 %-Punkten über Basiszins ab 15.11.2013 zu zahlen, sowie € 1.064,00 netto vorgerichtliche Kosten nebst Zinsen in Höhe von 8 %-Punkten über Basiszins ab 13.09.2014.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Ansicht, dass kein Vertrag mit ihr zustande gekommen sei, da es an der Schriftform gemäß § 86 Abs. 2 NKomVG fehlt.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Werklohn in Höhe von 16.184,00 € aus § 631 BGB oder aus andere Rechtsgrund.
Der Kläger konnte nicht darlegen, dass er mit der Beklagten einen Werkvertrag geschlossen hat. Es ist bereits zweifelhaft, ob nach dem Empfängerhorizont, §§ 133, 157 BGB, aus den Emails vom 25.09.2013 und 10.10.2013 ein Angebot auf den Abschluss eines Werkvertrages gesehen werden kann, denn in der Email vom 25.09.2013 ist bereits nach dem Wortlaut ein Angebot angefordert worden und aus der Email vom 10.10.2013 geht lediglich hervor, dass eine Rechnung an die Antragssteller beigefügt werden soll.
Aber selbst wenn man in diesen Emails ein Angebot auf den Abschluss eines Werkvertrages erblicken wollen würde, welches der Kläger angenommen hat oder in der Übersendung der Berechnungen durch den Kläger ein Angebot und in der Entgegennahme durch den Herrn XXX eine Annahme wäre mit der Beklagten kein Werkvertrag zustande gekommen.
Zwar ist der Werkvertrag nicht wegen des Schriftformerfordernisses aus § 86 NKomVG nach § 125 BGB nichtig, denn dem Landesgesetzgeber steht insoweit keine Befugnis zur Statuierung eines Schriftformerfordernisses zu, denn ein solches unterfällt dem Bereich des bürgerlichen Rechtes, welches nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG zur konkurrierende Gesetzgebung gehört, die der Bund durch Erlass des BGB an sich gezogen hat.
Aber der Werkvertrag ist gleichwohl unwirksam, denn die Regelung des § 86 NKomVG ist teleologisch dahingehend zu reduzieren, dass es sich um eine Vertretungsregelung handelt, also der Vertrag nach § 177 Abs. 1 BGB solange schwebend unwirksam ist, bis er durch die Vertretene genehmigt wurde bzw. endgültig unwirksam wird, wenn eine solche Genehmigung verweigert wird. So liegt der Fall hier, denn die Beklagte hat durch die Ablehnung der Bezahlung der Klageforderung zum Ausdruck gebracht, dass sie den Vertrag nicht gegen sich gelten lassen möchte. Auch eine anderweitige vorhergehende Genehmigung ist nicht erfolgt, denn der Herr XXX war nicht ermächtigt zu einer Genehmigung und eine Verwendung der erbrachten Leistungen durch die Beklagte mit dem Willen der vertretungsbefugten Abteilungsleiter ist nicht vorgetragen.
Das Angebot einer hälftigen Zahlung im Wege einer gütlichen Einigung stellt zudem kein Anerkenntnis dar, da auch gerade dabei eine Verpflichtung verneint wird, lediglich zur Ausräumung einer etwaigen Unsicherheit bzw. Abwendung weiterer Aufwendung für die streitige Auseinandersetzung eine Zahlung erfolgen soll.
Auch ist es der Beklagten nicht nach § 242 BGB versagt, sich auf die Unwirksamkeit zu berufen, denn es ist gerade nicht so, dass jahrelang entsprechend zwischen den Parteien verfahren wurde, sondern die ursprüngliche Praxis ist im Jahre 2008 gestoppt worden und seither ist auch ein entsprechendes Vorgehen von der Beklagten nicht mehr geduldet worden.
Auch ein Anspruch aus §§ 687, 689, 670 BGB besteht nicht, denn der Kläger hat nicht in dem Willen gehandelt ein Geschäft der Beklagten zu führen, sondern mit dem Willen der eigenen Vertragserfüllung.
Ein Anspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB scheidet aus, da der Kläger zwar seine „Berechnungen“ herausverlangen könnte, dies aber nicht beantragt hat, und zudem nicht dargelegt hat, dass die Beklagte Aufwendungen in Höhe des geltend gemachten Werklohnes erspart hätte.
Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf Verzugszinsen bzw. aus Verzugsgesichtspunkten hergeleitete Erstattung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren zu, denn mangels Hauptanspruches konnte die Beklagte auch nicht mit der Erfüllung eines solchen in Verzug geraten sein.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit war nach 709 S. 1 und 2 ZPO anzuordnen.
Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 48 GKG, § 3 ZPO.