Landgericht Braunschweig
Urt. v. 28.04.2015, Az.: 7 O 1419/14
Bibliographie
- Gericht
- LG Braunschweig
- Datum
- 28.04.2015
- Aktenzeichen
- 7 O 1419/14
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2015, 44823
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Tenor:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger, § 91 ZPO.
3. Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung von 110% vorläufig vollstreckbar, § 709 ZPO. Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des zu vollstreckenden Betrags leistet, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Zugleich wird beschlossen:
Der Wert wird auf die Stufe bis 7.000,00 Euro festgesetzt.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt Geldersatz für ein nicht erfülltes Garantieversprechen zu einem Volkswagen T5.
Er erwarb über den Vertragshändler XX in XX den von der Beklagten am 25.03.2010 produzierten T5 California Beach zum Preis in Höhe von EUR 38.500,00 (Fahrzeugident-Nr. XX, am 26.05.2010 bzw. 1.6.2010 übergeben, Rechnung vom 25.05.2010 Anlage K 1). Die Beklagte gab dem (End-)Kunden Garantien, Garantiebedingungen Anlage K 2.
Der Kläger trägt vor:
Im Spätsommer bzw. Frühherbst des Jahres 2011 stellten er und seine Ehefrau Unregelmäßigkeiten beim Lack fest. Dem örtlichen Volkswagen-Händler in XX Autohaus XX wurden die Beanstandungen am Lack gezeigt, insbesondere Roststellen am Dach. Der Vertragshändler erstellte eine Fotodokumentation und teilte mit, dass man sich kümmern werde. Nachdem nichts geschah, Lackprobleme sich (aber) auch an anderen Stellen zeigten - z.B. am Türgriff der Schiebetür oder am Kofferraum - wurde die Ehefrau des Klägers beim Autohaus vorstellig, letztendlich in regelmäßigen Abständen von 4 -5 Monaten und erkundigte sich, wann mit der Beseitigung der Lackmängel gerechnet werden könne. Ihr wurde vorschlagen, es sei wohl sinnvoll, mit der Beseitigung der Lackmängel zuzuwarten und Mängel auf einmal zu beseitigen. Hiermit war die Ehefrau des Klägers - für den Kläger - einverstanden.
Ein Mitarbeiter der Fa. XX verwies den Kläger im August 2013 an einen Reparaturbetrieb in XX. Nachdem sich der Reparaturbetrieb nicht mit dem Kläger in Verbindung setzte, ließ er über seine Ehefrau beim Vertragshändler nachfragen, bis wann nun die Garantieleistungen erbracht werden. Es wurde über einen Mitarbeiter mitgeteilt, dass der Reparaturbetrieb in XX Leistungen abgelehnt habe, er sei nicht zuständig. Auch wurde der Kläger informiert, dass die Arbeiten wohl erst im April oder Mai 2014 ausgeführt werden können.
Die Beklagte entfaltete keine Tätigkeiten. Der Kläger beauftragte unter dem 25.09.2013 seine nunmehrigen Prozessbevollmächtigten mit der Geltendmachung der Garantieansprüche. Mit Schreiben der Klägervertreter vom 26.09.2013 (Anlage K3) wurde die Beklagte unter Fristsetzung bis 10.10.2013 aufgefordert, einen zeitnahen Termin zu benennen, damit die Arbeiten in einem autorisierten Volkswagen Nutzfahrzeuge Service-Betrieb erbracht werden. Mit Schreiben vom 02.10.2013 teilte die Kundenbetreuung der Beklagten mit, dass man sich der Angelegenheit annehmen werde. Bis zur abschließenden Entscheidung bitte man um Geduld. Es folgte ein Schreiben vom 09.10.2013, Anlage K 4 mit Hinweis, Reparaturbetrieb werde das Autohaus XXX sein, das die Abwicklung vornehmen werde.
Das Autohaus XX teilte mit, dass ein Termin für die Instandsetzung der Lackschäden in der Zeit vom 03. bis 08.03.2014 in Betracht käme.
Mit Schreiben der Klägervertreter vom 11.11.2013 wurde der Beklagten mitgeteilt, dass die Durchführung der Arbeiten erst rund in einem halben Jahr nicht akzeptiert wird. Die Beklagte wurde unter Fristsetzung bis 09.12.2013 aufgefordert, die im Rahmen der bestehenden Lack- und Karosserie-Garantien geschuldeten Arbeiten zur Beseitigung der Lackschäden bis 09.12.2013 zu erbringen, Anlage K 5.
Nach fruchtlosem Fristablauf gab der Kläger eine Beweissicherung bei der TÜV XX in Auftrag. Die TÜV XX stellte fest, dass die am klägerischen Fahrzeug vorgefundenen Schäden aus Korrosion unter unterschiedlichen U2-Konzentrationen unter Vorhandensein eines Elektrolyts resultieren. mit Ursache in fehlerhaften Abdichtungen. Darüber hinaus könne es bei montagebedingten Lackbeschädigungen zu Unterrostungen an Blechausschnitten kommen, Passungsfehler von Anbauteilen könn(t)en durch Relativbewegungen die Lackschicht zerstören und zu Korrosion führen, Stellungnahme Nr. XX Anlage K 6.
Der Kläger macht geltend, für eine den Herstellervorgaben entsprechende Instandsetzung der Lackschäden würden Kosten von EUR 7.310,03 brutto, netto EUR 6.142,88 anfallen. Die Stellungnahme der TÜV XX kostete EUR 351,88 brutto, Rechnung Nr. XX vom 16.12.2013 Anlage K 7.
Mit Schreiben der Klägervertreter vom 27.03.2014 wurde die Beklagte aufgefordert, den zur Durchführung der technisch erforderlichen Garantiearbeiten erforderlichen Geldbetrag über EUR 6.142,88 nebst den Kosten für die gutachterliche Stellungnahme in Höhe von EUR 351,88 brutto bis zum 03.04.2014 zur Verfügung zu stellen. Ebenso wurde die Beklagte aufgefordert, entstandene Rechtsverfolgungskosten zum Ausgleich zu bringen.
Der Kläger veräußerte das Fahrzeug – unrepariert und ohne Abtretung von Ansprüchen hinsichtlich von Garantiearbeiten wegen Lackmängel.
Der Kläger führt aus, nachdem der Anspruch in seiner Person entstanden sei, könne dieser nicht auf den Käufer übergegangen sein. Der Kläger sieht einen Anspruch auf Schadenersatz statt der Leistung gem. § 281 BGB bei den Fristsetzungen mit Schreiben vom 26.09.2013 bis 10.10.2013, ferner mit Schreiben vom 11.11.2013 mit Frist bis 09.12.2013.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger EUR 6.142,88 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 02.04.2014 und EUR 351,88 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 02.04.2014 sowie vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten über EUR 650,33 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie bestreitet Lackmängel. Sie bestreitet die behauptete Schadenshöhe.
Aus prozessökonomischen Gründen und Kundenfreundlichkeit sei sie bereit gewesen, Lackschäden zu beseitigen. Bedauerlicherweise habe das örtliche Volkswagen Autohaus die Reparatur nicht schnell genug umgesetzt.
Ihr sei nicht bekannt, wann, zu welchen Konditionen und in welchem Zustand das streitgegenständliche Fahrzeug veräußert wurde. Es sei daher davon auszugehen, dass ein realer wirtschaftlicher Schaden beim Kläger nicht entstanden bzw. nicht verblieben sei.
Sie sei angesichts des Verkaufs des Fahrzeugs durch den Kläger bereit gewesen, sich an einem tatsächlichen Mindererlös zu beteiligen. Der Kläger habe aber keinen Nachweis vorgelegt - weder zu einer Reparatur noch zu einer Teilreparatur noch zu einem (tatsächlichen) Minderwert.
Wenn Grundsätze zur fiktiven Reparatur Anwendung finden würden, seien diese hier dahin einzuschränken, dass das streitgegenständliche Fahrzeug noch eine gewisse Zeit lang vom Geschädigten selbst benutzt werden müsse, woran es fehle.
Es gebe die Besorgnis, dass der Kläger Zahlung erfahre, obwohl er keinen wirtschaftlichen Nachteil hat, und darüber hinaus der Beklagten die doppelte Inanspruchnahme drohe, wenn der neue Fahrzeugbesitzer Ansprüche aus der Garantie geltend mache.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze, die in der mündlichen Verhandlung in Bezug genommen sind, und die weitere Darstellung in den Entscheidungsgründen verwiesen. Auf das Protokoll zur mündlichen Verhandlung wird verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage bleibt nach dem eigenen Vortrag der Klagepartei erfolglos.
Aus welchen Gründen für die Beklagte im Termin der Klagepartei ein Vergleichsangebot unterbreitet worden ist, kann als nicht entscheidungserheblich auf sich beruhen.
Entgegen der Ansicht der Klagepartei ist der Anspruch auf Herstellergarantieleistung(en) mit dem Verkauf des betroffenen Fahrzeugs nicht angesichts fruchtloser Fristsetzung in einen sekundären fiktiven Schadenersatzanspruch übergegangen.
Die Garantie ist - nach dem klägerischen Vortrag - als Realleistung umzusetzen, durch Ausführung der versprochenen Maßnahmen, hier die Beseitigung der Korrosion/Oxidation an den Schadensbereichen unter Einsatz der vom Hersteller freigegebenen Materialien und Werkzeuge unter Einhaltung der vorgeschriebenen Methoden und Verfahren, zudem ist ein Lackaufbau nach Herstellervorschriften durchzuführen gewesen, ggf. sind zusätzlich Passungsfehlern von Anbauteilen zu beseitigen, die untere rechte Ecke der Heckklappe nachzuarbeiten gewesen.
Da die nach der Garantie-Vereinbarung geschuldeten Leistungen von der Beklagten als Hersteller nicht unmittelbar oder mittelbar durch einen ihrer Vertragshändler erbracht worden sind, hat der Kläger angesichts der fruchtlosen Fristsetzungen gem. § 281 BGB Schadenersatz statt der Leistung verlangen können, d.h. aber lediglich, dass er die nicht erbrachte (primär Erfüllungs-) Leistung nun auf Kosten der Beklagten durch eine geeignete Firma hat durchführen lassen können und den dafür erforderlichen Geldaufwand an die Beklagte zur Erstattung hat weiter geben dürfen.
Der Kläger hat auch einen entgangenen realen Gewinn - wegen einer Beeinträchtigung des Fahrzeugwertes durch die ausgebliebenen Garantieleistungen mit dem verschlechterten Zustand im Vergleich zum marktüblichen Zustand eines Fahrzeugs der fraglichen Art - von der Beklagten ersetzt verlangen dürfen. Dies geschieht jedoch nicht - trotz Hinweises.
Vielmehr verlangt der Kläger schlicht einen fiktiven geschätzten Reparaturkostenansatz ohne reale Herstellung des Zustands, der dem Zustand bei Durchführung der Garantieleistungen entsprechen würde oder könnte. Dies vermag er nicht auf § 281 BGB iVm §§ 249, 251 BGB zu stützen. Voraussetzung wäre ein entsprechender Vermögensschaden. Ausgebliebene Garantieleistungen sind ein solcher indessen nicht und zwar anders als bei der Lieferung einer wegen eines (kaufrechtlichen) Mangels minderwertig ausgelieferten Sache.
Ein die Beklagte im Sinne des Klagebegehrens bindendes Anerkenntnis gibt es weder tatsächlich noch rechtlich.
Ob der Kläger einen Garantieanspruch hat abtreten können, bleibt irrelevant.
Dass nach dem Wortlaut der Bedingungen die Garantie nur dem Erstkäufer zugutekommt, kann hier ebenfalls auf sich beruhen, wenngleich nicht nachzuvollziehen ist, warum die Beklagte zumindest inhaltlich herausstellen lässt, der Zweiterwerber könne Garantieleistungen verlangen.
Wenn es im tatsächlichen Kern eigentlich gar nicht um eine (über die Gewährleistung bei Kauf hinausgehende) Garantie gegangen ist, sondern um Fragen eines Mangels oder mehrerer Mängel und Nachbesserung bzw. Nacherfüllung, gelten vorstehende Erwägungen nicht. Denn zu Mängeln und einer ausbleibenden Mängelbeseitigung ist in der Rechtsprechung auch ein fiktiver Geldersatz bzw. - ausgleich anerkannt. Für die kaufrechtliche Gewährleistung sind vom Gesetz gelöste Garantieversprechen ohne Relevanz, sie ersetzen solche nicht und schließen diese im Neuwagengeschäft auch nicht ein oder gar aus.
Die kaufrechtliche Gewährleistung trifft aber nur den Verkäufer bzw. das veräußernde Autohaus (Anlage K 1), dieses im internen Verhältnis zur Beklagten als Vertragshändler, nicht direkt den Hersteller.
Mit Fragen zur Restitution bei Beschädigung einer fremden Fahrzeugsubstanz hat all dies nichts zu tun und nichts gemeinsam.
Gutachterkosten setzt der Kläger ebenfalls nicht durch, weil diese im Kontext eines Schadensersatzanspruches statt der Leistung nur ersatzfähig sind, wenn sie nach dem Fristablauf eingetreten sind und zur Feststellung des Schadensumfangs erforderlich sind. Dies ist hier aus dem angeführten Grund nicht der Fall. Nur reale Reparaturkosten wären ersatzfähig oder ein entsprechender merkantiler Minderwert (als entgangener Gewinn), aber nicht ein fiktiver Vermögenswert einer nicht erbrachten Garantieleistung.
Außergerichtliche Anwaltskosten bleiben mangels Hauptanspruchs ebenfalls gegen die Beklagte ersatzlos.
Ob eine Beratung im Autohaus wegen Vermischung von Sachmangel- und Garantieleistungen pflichtwidrig gewesen ist oder sein könnte und u.U. mit welchen Rechtsfolgen (auch zum Ersatz im Rechtssinn fiktiver Nachteilswerte), kann hier auf sich beruhen. Die Beklagte wird/würde dadurch nicht belastet und gegenüber dem Kläger nicht einstandspflichtig. Der Händler kann mit Rechtserfolg grundsätzlich nicht zu einer Sachmangelhaftung den Vorrang einer Herstellergarantie einwenden.
Dass die Beratung der Klagepartei im September 2013 zweckmäßigerweise noch eine kaufrechtliche Gewährleistung erfassen konnte, ist eher zweifelhaft, denn die 2-Jahres-Frist des § 438 BGB nach Übergabe war abgelaufen. Warum der Kläger so lange zugewartet hat, bleibt seine Sache.