Landgericht Braunschweig
Beschl. v. 21.08.2015, Az.: 8 OH 39/15

Bibliographie

Gericht
LG Braunschweig
Datum
21.08.2015
Aktenzeichen
8 OH 39/15
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2015, 44886
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

1. Die Kostenrechnung des Notars xxx aus xxx (AZ: xxx) in der Fassung vom 29.06.2015 wird aufgehoben.

2. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

3. Wert dieses Verfahrens: 1.608,88 €.

Gründe

I.

Die xxx (künftig xxx1) und die Antragstellerin, die xxx (künftig xxx2), standen in Vertragsverhandlungen. Die xxx2 beabsichtigte, von der xxx1 ein Grundstück zu erwerben. Am 08.01. / 09.01.2014 schlossen sie einen Optionsvertrag (Anlage AS1). Die Befristung, die zunächst zum 31.07.2014 lief, wurde bis zum 30.09.2014 verlängert.

Im Zuge der Vertragsverhandlungen mailte die xxx1 die xxx2 am 26.08.2014 an. Es wurde ein Kaufpreis von 535.000,00 € vereinbart und ausgeführt, dass der Kaufvertrag in der 39. KW abgestimmt und kurzfristig beurkundet werden solle. Kaufpreisfälligkeit und Besitzübergang war für den 01.11.2014 in Aussicht genommen.

Herr xxx von xxx1 mailte am Freitag, den 26.09.2014 den Notar xxx an und übersandte Einzelheiten zu dem in Aussicht genommenen Kaufvertrag. In dem Anschreiben der xxx1 heißt es unter anderem: „Wir bitten Sie, für das angestrebte Rechtsgeschäft einen Vertragsentwurf zu erstellen und uns vorab zur Durchsicht vorzulegen…Sämtliche mit dem Vertrag verbundenen Kosten, Steuern und Gebühren trägt der Erwerber.“.

Am 29.09.2014 ging bei dem Notar das Original des Schreibens per Post ein.

Mit E-Mail vom 30.09.2014, 08.43 Uhr übersandte der Notar Herrn xxx von der xxx1 einen Vertragsentwurf mit der Bitte um Durchsicht und Freigabe. Es wurden noch Daten angefordert und um Überprüfung bestimmter Punkte gebeten.

Mit E-Mail vom 30.09.2014, 12.00 Uhr bestätige die xxx1 die Übersendung des Vertragsentwurfes und nahm Bezug auf telefonisch geklärte Punkte, gab weitere Informationen und führte dann aus, dass der Entwurf an die Käuferin, z. Hd. deren Prokuristen Herrn xxx, per E-Mail übersandt werden sollte. Zudem schlug die xxx1 als Beurkundungstermin den 10.10.2014, 10.00 Uhr vor.

Mit weiterer E-Mail vom 30.09.2014 um 14.47 Uhr übersandte der Notar xxx Herrn xxx von der xxx1 und Herrn xxx von der xxx2 den Vertragsentwurf mit der Bitte um Durchsicht und führte weiter aus, dass er als Beurkundungstermin Freitag, den 10.10.2014 um 10.00 Uhr reserviert habe. Er bat um Nachricht, falls der Termin nicht passe und bat weiter darum, Herrn xxx mitzuteilen, wer für die xxx2 bei der Beurkundung erscheine.

Am 30.09.2014 um 14.56 Uhr mailte die xxx den Notar an. Diese Mail hat den folgenden Wortlaut:

„Sehr geehrter Herr xxx vielen Dank für den Entwurf. Die Beurkundung soll nach soeben erfolgter Absprache mit Herrn xxx am 30. oder 31.10.2014 stattfinden. Wegen der genauen Uhrzeit lassen Sie bitte eine Abstimmung mit unserer Geschäftsleitungssekretärin Frau xxx unter …. erfolgen.

Mit freundlichen Grüßen

xxx

-Prokurist-„.

Nach einem Gesprächsvermerk vom 01.10.2014 wurde daraufhin zwischen dem Büro des Notars und der xxx2 als Beurkundungstermin der 30.10.2014, 16.30 Uhr vereinbart und Herr xxx informiert.

Nach einem Telefonvermerk vom 14.10.2014 hinsichtlich eines Telefonats zwischen dem Notar und Herrn xxx wurde der Zahlungs- und Übergabetermin auf den 01.12.2014 verlegt.

Am 24.10.2014 rief Herr xxx beim Notar an und bestätigte die Absage des Beurkundungstermins.

Am gleichen Tag bestätigte auch Herr xxx von der xxx2 die Absage des Beurkundungstermins. Es wurde ausgeführt, dass noch Verhandlungen geführt würden.

Am 04.11.2014 telefonierte der Notar wiederum mit Herrn xxx, wobei dieser Angab, dass sich die Geschäfte zerschlagen haben könnten.

Am 10.12.2014 teilte Herr xxx dem Notar mit, dass der Vertrag nicht geschlossen würde.

Der Notar stelle für den erstellten Vertragsentwurf unter dem 13.01.2015 eine Rechnung über 1.608,88 € an die xxx2 und übersandte diese mit Schreiben vom gleichen Tag.

Die xxx2 lehnte die Bezahlung der Rechnung unter dem 16.01.2015 ab mit der Begründung, dass die Fertigung des Vertragsentwurfes nicht auf ihre Veranlassung erfolgt sei.

Es erfolgte weitergehende Korrespondenz, in der der Notar die Auffassung vertrat, da die xxx2 mit dem Beurkundungsauftrag einverstanden gewesen sei, habe auch sie den Entwurf beauftragt.

Mit Schreiben vom 05.05.2015, eingegangen beim Landgericht Braunschweig am 11.05.2015 hat die xxx2 einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 127 GNotKG gestellt, mit dem Antrag, die Kostenrechnung des Notars xxx aufzuheben.

Zur Begründung wird ausgeführt, dass die Anfertigung und die Formulierung des Kaufvertragsentwurfs allein von der xxx1 beauftragt worden sei. Auch die Änderungswünsche seien ausschließlich von der xxx1 gekommen. Die xxx2 sieht sich nicht als Kostenschuldnerin im Sinne des § 29 GNotKG. Sie habe den Notar xxx nicht beauftragt, das sei die xxx 1gewesen. Sie habe die Kosten auch nicht übernommen. Sie habe lediglich keine Einwände gegen den von der xxx1 vorgeschlagenen Notar gehabt, mit dem die xxx1 in ständiger Geschäftsbeziehung stehe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags der xxx2 wird auf die Ausführungen in den Schriftsätzen vom 05.05., 02.07. und 18.07.2015 Bezug genommen.

Der xxx ist dem Antrag entgegengetreten. Er vertritt die Auffassung, da die xxx2 den Entwurf entgegengenommen habe, den sie ebenso gewollt habe, und sie sich mit dem Beurkundungsauftrag durch ihn einverstanden erklärt habe, sei die xxx2 dadurch zur Kostenschuldnerin geworden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags des Notars wird auf die Ausführungen in den Schriftsätzen vom 02.06., 29.06. und 15.07.2015 Bezug genommen.

Der Bezirksrevisor bei dem Landgericht Braunschweig hat zunächst unter dem 16.06.2015 Stellung genommen. Auf diese Stellungnahme wird Bezug genommen.

Daraufhin hat der Notar die Kostenrechnung vom 13.01.2015 unter dem 29.06.2015 geändert. Hierzu hat der Bezirksrevisor unter dem 21.07.2015 ergänzend Stellung genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verfahrensakte sowie die vorliegende Nebenakte des Notars xxx aus Salzgitter (xxx) Bezug genommen.

II.

Der zulässige Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 127 GNotKG hatte auch in der Sache Erfolg.

Die angegriffene Kostenrechnung des Notars xxx aus xxx ist zwar gebührenrechtlich in der Fassung vom 29.06.2015 nicht mehr zu beanstanden.

Die xxx2 ist allerdings nicht Kostenschuldnerin im Sinne des § 29 GNotKG.

Nach § 29 Nr. 1 GNotKG ist Kostenschuldner, wer den Auftrag erteilt oder den Antrag gestellt hat, oder nach § 29 Nr. 2 GNotKG die Kostenschuld gegenüber dem Notar übernommen hat.

Ein Fall des § 29 Nr. 2 GNotKG liegt offensichtlich nicht vor, da eine Kostenübernahme der xxx2 gegenüber dem Notar xxx nicht erfolgt ist, sondern die xxx2 im Gegenteil gegenüber dem Notar xxx immer zum Ausdruck gebracht hat, dass sie nicht Kostenschuldnerin ist. Es liegt damit das Gegenteil vor.

Im Fall des § 29 Nr. 1 GNotKG ist Kostenschuldner derjenige, der den Entwurfsauftrag erteilt hat.

Die Notarkosten schuldet damit jener, der durch seinen Auftrag oder Antrag das notarielle Verfahren eingeleitet oder die kostenpflichtige Tätigkeit des Notars veranlasst hat. Das war vorliegend ausschließlich die xxx1.

Die xxx2 hat vorliegend lediglich am 30.09.2014 den per E-Mail übersandten Kaufvertragsentwurf entgegengenommen und einen Beurkundungstermin bestätigt. Dadurch wurde sie nicht zur Kostenschuldnerin.

Es besteht grundsätzlich Einigkeit darüber, dass ein kostenpflichtiges Erfordern nach § 29 GNotKG in dem Sinne, dass jemand zum Kostenschuldner wird, nicht gegeben ist -ebenso wie es nach altem Recht gem. 145 KostO - wenn lediglich der von dem anderen Vertragsteil beauftragte Entwurf entgegengenommen wird und das Einverständnis damit mitgeteilt wird. Insbesondere stellt das bloße Entgegennehmen des Kaufvertragsentwurfs keine Beauftragung des Notars dar, die dazu führt, dass derjenige, der den Entwurf entgegennimmt, zum Kostenschuldner wird. Kostenschuldner vermag zwar nicht nur derjenige zu sein, der den Auftrag zur Beurkundung erteilt hat, sondern auch ein anderer Beteiligter, wenn er den Entwurf erfordert hat, und sich so zum Auftraggeber des Notars macht. Diese ausnahmsweise weitere Annahme einer Kostenschuldnerschaft ist aber eng auszulegen. Da regelmäßig der Beteiligte, der mangels Auftrag an den Notar bisher noch keine Gebühr schuldet, in aller Regel nicht selbst zum Auftraggeber werden will, und so den ursprünglichen Auftraggeber von der bereits angefallenen Gebühr entlasten will. Daher ist die widerspruchslose Entgegennahme eines Urkundsentwurfs ohne weitere Äußerung nicht dahingehend auszulegen, dass derjenige, der den Urkundenentwurf entgegennimmt, Kostenschuldner wird (vgl. dazu z. Bsp. Beschluss des BayrischenObLG vom 06.04.1979 (AZ: BReg 3 Z 100/78), Beschlüsse des Hanseatischen OLG Bremen vom 29.09.2011 (AZ: 1 W 56/11) und vom 13.06.2012 (AZ: 1 W 15/12), OLG Nürnberg, Beschluss vom 21.05.2013 (AZ: 8 W 1982/12; Streifzug durch das GNotKG, Rn. 569).

Die Kammer folgt dieser Rechtsprechung.

Die weitergehende Entscheidung des Landgerichts Köln vom 27.06.2008 zum Aktenzeichen 11 T 102/07, wonach es ausreichen soll, dass der andere Vertragsteil auf den Vorschlag des Verkäufers eingeht, den beabsichtigten Kaufvertrag von dem entsprechenden Notar beurkunden zu lassen, und der Käufer damit mit der Auftragserteilung an den Notar mit dessen Kaufvertragsentwurf einverstanden war, so zum Kostenschuldner wird, weil dann der Entwurf auch von ihm erfordert wurde, geht zu weit.

Wenn es richtig wäre, dass das bloße Entgegennehmen eines Kaufvertrags ohne Änderungswünsche und damit mit Billigung des Vertrages und des beurkundenden Notars zur Kostenschuldnerschaft führen würde, dann würde der andere Vertragsteil praktisch immer zum Kostenschuldner werden, denn wenn der Käufer nicht mit dem vorgeschlagenen Kaufvertragsentwurf und / oder dem vorgeschlagenen Notar einverstanden wäre, würde es ja überhaupt nicht zur Beurkundung kommen können, d. h. der Käufer muss immer mit dem vorgeschlagenen Kaufvertragsentwurf und dem Notar einverstanden sein, damit es überhaupt zur Beurkundung kommen kann. Das allein kann aber nicht ausreichen, um ihn schon zum Kostenschuldner zu machen, da sonst immer Käufer und Verkäufer Kostenschuldner im Sinne des § 29 Nr. 1 GNotKG wären.

Wenn diese Auffassung richtig wäre, hätte das zudem zur Folge, dass der Notar es in der Hand hätte, durch seine einseitige Handlung, nämlich das Übersenden des Kaufvertragsentwurfes an den Käufer, diesen auch zum Kostenschuldner zu machen.

Damit würde aber die Intension des Gesetzgebers genau umkehren, wonach derjenige Kostenschuldner des Notars ist, der den Notar beauftragt, und nicht derjenige den der Notar durch seine Handlung zum Kostenschuldner macht.

Diese weitgehende Auffassung ist zudem auch deshalb problematisch, weil es Regelungen wie § 17 Abs. 2a BeUrkG gibt, wonach der Notar zwingend von Gesetztes wegen verpflichtet ist, selbst die Entwürfe an die Verbraucher herauszuschicken, so dass in diesen Fällen der Käufer immer automatisch aufgrund der Übersendung des Kaufvertragsentwurfs zum Kostenschuldner werden würde, wenn er denn mit dem übersandten Entwurf und dem Notar als beurkundenden Notar einverstanden ist.

Unter Anwendung der oben zitierten Rechtsprechung der Oberlandesgerichte ist die xxx2 nicht als Kostenschuldnerin anzusehen. Sie hat vorliegend lediglich den Entwurf kommentarlos entgegengenommen und einen Beurkundungstermin bestätigt. Eine über das bloße Entgegennehmen hinausgehende Billigung in irgendeiner Weise kann schon aufgrund des Zeitablaufs nicht erfolgt sein. Der Notar xxx übersandte den Vertragsentwurf am 30.09.2014 um 14.47 Uhr. Bereits 9 Minuten später, am 30.09.2014 um 14.56 Uhr, bestätigte die xxx2 den Eingang des Entwurfs und den Beurkundungstermin. Das umfassende Vertragswerk - der Entwurf des Notars xxx umfasst 14 Seiten - konnte in 9 Minuten von der xxx2 keinesfalls gelesen, geschweige denn geprüft und überprüft werden. Die xxx2 hat mithin schlicht den Entwurf entgegengenommen, ohne ihn geprüft zu haben und einen Termin bestätigt. Durch dieses Verhalten ist sie nicht zur Kostenschuldnerin geworden.

Die xxx2 ist auch nicht durch die Regelung im Kaufvertragsentwurf zur Kostenschuldnerin geworden. In § 7 des Entwurfs ist zwar vorgesehen, dass die xxx2 die Kosten der Beurkundung des Vertrages einschließlich der Durchführungskosten und der Grunderwerbssteuer trägt. Da es aber nicht zur Beurkundung gekommen ist, bedeutet diese Regelung nicht, dass die xxx2 auch die Kosten des Entwurfs zu tragen hat.

Die xxx1 ist zudem auch nicht als Vertreterin der xxx2 aufgetreten, als sie den Notar xxx beauftragte, wie sich aus dem Schreiben vom 26.09.2014 ergibt, in dem Wortlaut „Wir bitten Sie“, wobei dieses Schreiben ausschließlich den Briefkopf der xxx1 trägt, und von Herrn xxx sowie dem Prokuristen Herrn xxx unterschrieben ist.

Dementsprechend haftet dem Notar auf die geänderte Rechnung vom 29.06.2014 ausschließlich die xxx1 und nicht die xxx2.

Daher war die an die xxx2 gerichtete Kostenrechnung aufzuheben, da diese nicht Kostenschuldnerin im Sinne des § 29 GNotKG ist.

Hinsichtlich der Kosten gilt Folgendes:

Das Verfahren vor dem Landgericht ist kostenfrei. Zwar fehlt im GNotKG eine dem bisherigen Paragraphen 156 Abs. 6 S. 1 KostO entsprechenden Regelung, die Kostenfreiheit ergibt sich allerdings daraus, dass das GNotKG im Bereich der Gerichtskosten keinen einschlägigen Gebührentatbestand vorsieht (vgl. Streifzug durch das GNotKG, Rn. 1903).

Der Wert des Verfahrens war nach dem Interesse mit der Höhe der Kostenrechnung des Notars xxx vom 29.06.2015 mit 1.608,88 € zu bemessen.