Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 26.01.2010, Az.: 4 A 2798/08
Einhaltung; Einschreiten; Einschreitensanspruch; Genehmigungsverfahren; Lärm; Lärmbetroffener; Lärmimmission; Lärmschutzregelung; Lärmüberwachung; Messabschlag; Messung; Nachbar; Nachbarschutz; Schutzanspruch; Überwachung; Überwachungsverfahren
Bibliographie
- Gericht
- VG Hannover
- Datum
- 26.01.2010
- Aktenzeichen
- 4 A 2798/08
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2010, 48047
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 52 Abs 1 BImSchG
- § 17 Abs 1 BImSchG
- Nr 6.9 TA Lärm
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Ein Lärmbetroffener kann grundsätzlich die Einhaltung von Lärmschutzregelungen beanspruchen, die zu seinen Gunsten erlassen wurden.
2. Mit diesem Anspruch korrespondiert die Verpflichtung der zuständigen Behörde, diese Regelungen auch umzusetzen.
3. Ein und dieselbe Messung ist je nach Verwendung im Genehmigungsverfahren oder Überwachungsverfahren hinsichtlich des Messabschlages nach Nr. 6.9 TA-Lärm unterschiedlich zu behandeln.
Tenor:
Soweit der Kläger die Klage zurückgenommen hat, wird das Verfahren eingestellt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die erstattungsfähig sind.
Die Entscheidung ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt vom Beklagten die Durchsetzung von Immissionsrichtwerten.
Der Kläger ist Eigentümer des seit 1938 mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks F. in Hannover-Stöcken. Das Grundstück grenzt im Norden an die stark befahrene, vierspurig ausgebaute Mecklenheidestraße und im Westen an die in einer Trogstrecke durch eine Unterführung verlaufende Zufahrt zum nördlich der Mecklenheidestraße gelegenen Werksgelände der Beigeladenen, die hier seit 1956 Nutzfahrzeuge produziert. An die Trogstrecke grenzt unmittelbar westlich eine Rampe, die die von Süden kommende Hogrefestraße an die Mecklenheidestraße anbindet und einen P&R-Parkplatz erschließt. Nördlich des Betriebsgeländes der Beigeladenen verläuft zunächst der Mittellandkanal, weiter nördlich die Bundesautobahn A 2.
Das Grundstück des Klägers liegt im Geltungsbereich des seit 1966 rechtsverbindlichen Bebauungsplanes Nr. 241 der Landeshauptstadt Hannover, der es als reines Wohngebiet ausweist. Das Betriebsgelände der Beigeladenen liegt nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes. Der Flächennutzungsplan der Landeshauptstadt Hannover weist es als Fläche für Industrieanlagen aus.
Nachdem im Jahre 1992 Lärmmessungen durchgeführt worden waren, hatte der Beklagte der Beigeladenen mit Bescheid vom 26.03.96 zunächst aufgegeben sicherzustellen, dass durch die Betriebsvorgänge des Werkes Hannover u. a. auf dem Grundstück des Klägers keine Lärmimmissionen hervorgerufen werden, die nachts (22.00 - 06.00 Uhr) 40 dB(A) überschreiten. Auf Antrag der Beigeladenen hob der Beklagte diese Anordnung mit Bescheid vom 09.02.06 auf und setzte für das Grundstück des Klägers einen einzuhaltenden Nachtwert von 45 dB(A) fest. Dabei berücksichtigte er die vorliegende Gemengelage, die Vorbelastung durch den allgemeinen Verkehrslärm sowie den Umstand, dass erhöhte Lärmimmissionswerte nur einen eng begrenzten Personenkreis belasteten und nur die kurze Zeit des Schichtwechsels (ca. 1 Std) wegen des Werksverkehrs beträfen.
Die gegen die Anordnung vom 09.02.06 gerichtete Klage des Klägers wies die Kammer mit - rechtskräftigem - Urteil vom 08.04.08 (4 A 4872/06) ab, auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird. Die Beigeladene hatte gegen die Anordnung vom 09.02.06 keinen Widerspruch erhoben.
Bereits am 10.05.05 hat der Kläger Untätigkeitsklage erhoben, zunächst mit dem Ziel, den Beklagten zur Durchsetzung der Lärmschutzanordnung vom 26.03.96 zu verpflichten. Für die Dauer des Klageverfahrens 4 A 4872/06 ist das Verfahren auf übereinstimmenden Antrag der Beteiligten ruhend gestellt worden.
Am 29.05.08 hat der Kläger das Verfahren wieder aufgenommen, nunmehr mit dem Ziel, die Anordnung vom 09.02.06 durchzusetzen. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor: Er könne seine Untätigkeitsklage ohne erneutes Vorverfahren fortführen, weil er im Kern ein "weniger" vom Beklagten verlange als bislang. Nach dem Schallplan des TÜV Rheinland vom 18.05.05 ergebe sich für sein Grundstück ein nächtlicher Lärmpegel von 48 dB(A). Da dieses Gutachten fälschlicherweise die direkt entlang seinem Grundstück verlaufende Trogstrecke nicht berücksichtige, sei tatsächlich von einer noch höheren Lärmbelastung auszugehen. Außerdem habe der Gutachter den auf der Mecklenheidestraße verlaufenden Werksverkehr zu Unrecht leiser gerechnet. Da die Beigeladene nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts keinen Messabschlag mehr zu ihren Gunsten vornehmen könne, stehe fest, dass die festgesetzten Immissionsrichtwerte bei jeder Nachtschicht überschritten würden.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten zu verpflichten, die Einhaltung des mit Bescheid vom 09.02.06 für sein Grundstück festgesetzten Nachtrichtwertes mit Zwangsmittel durchzusetzen,
hilfsweise,
den Beklagten zu verpflichten, die Einhaltung des Bescheides vom 09.02.06 durch eine nachträgliche Anordnung nach § 17 BImSchG durchzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält die Fortführung des Verfahrens wegen des fehlenden Vorverfahrens für unzulässig. Eine neue, bereits in Auftrag gegebene Lärmbegutachtung könne nicht durchgeführt werden, weil im Werk der Beigeladenen wegen der schwierigen wirtschaftlichen Lage seit Anfang 2009 keine Nachtschicht mehr gefahren werde.
Die Beigeladene beantragt ebenfalls,
die Klage abzuweisen.
Auch sie hält die Fortführung des Verfahrens für unzulässig und weist darauf hin, dass der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zum Messabschlag eine nicht vergleichbare Fallkonstellation zugrunde liege. Zu Recht rechneten die vorliegenden Lärmgutachten den überwiegenden Teil der Trogstrecke und den P & R - Parkplatz dem öffentlichen Verkehr zu; auch der Werksverkehr auf der Mecklenheidestraße sei nicht leiser gerechnet worden. Nach der Verkehrslärmkarte LNight aus dem Lärmkataster der Landeshauptstadt Hannover sei das Grundstück des Klägers allgemeinen Verkehrslärmimmissionen von mindestens 50 bis 60 dB(A) ausgesetzt. Demgegenüber fielen die ihrem Werk zuzurechnenden Immissionen nicht ins Gewicht.
Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist als Verpflichtungsklage in Form der Untätigkeitsklage nach § 42 Abs. 1, § 75 VwGO zulässig. Der Kläger hatte vorprozessual spätestens seit November 2004 von der Beklagten die Durchsetzung des mit Lärmschutzanordnung vom 26.03.96 für sein Grundstück festgesetzten Nachtrichtwerts von 40 dB(A) gefordert. Über diesen Antrag hatte der Beklagte nicht innerhalb der Drei-Monats-Frist entschieden, so dass seine am 10.05.05 zum Aktenzeichen 4 A 2682/05 erhobene Klage ohne vorherige Durchführung eines Vorverfahrens zulässig war.
Wenn der Kläger mit Wiederaufnahme des Verfahrens als Reaktion auf die rechtskräftige Entscheidung der Kammer vom 08.04.08 nur noch die Einhaltung eines Nachtrichtwerts von 45 dB(A) fordert, stellt dies eine Reduzierung seines Klagebegehrens dar, betrifft aber denselben Streitgegenstand. Der Kläger fordert von der Beklagten immer noch, den zu seinen Gunsten festgesetzten Nachtrichtwert gegenüber der Beigeladenen durchzusetzen; der um 5 dB(A) reduzierte Antrag war im Ursprungsantrag bereits enthalten. In dieser Reduzierung seiner Forderung nach effektivem Lärmschutz liegt konkludent eine teilweise Klagerücknahme, so dass das Verfahren insoweit nach § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen ist.
Die weitergehende Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Der Kläger kann - zumindest zurzeit - nicht nachweisen, dass der Nachtbetrieb der Beigeladenen zu Lärmimmissionen führt, die den für sein Grundstück festgesetzten Nachtrichtwert nicht einhalten, und Durchsetzungsmaßnahmen erforderlich wären.
Die Kammer geht ebenso wie der VGH München in seiner den Flughafen München betreffenden Nachtflugentscheidung vom 18.04.00 (- 20 A 99.40019, 20 A 99.40020 und 20 A 99.40021 -, juris) grundsätzlich davon aus, dass ein Lärmbetroffener die Einhaltung von Regelungen beanspruchen kann, die zu seinen Gunsten erlassen wurden, und dass mit diesem Anspruch die Verpflichtung der zuständigen Behörde korrespondiert, diese Regelungen auch umzusetzen.
Bei der Anordnung vom 09.02.06, nach der die vom Werk der Beigeladenen ausgehenden Lärmemissionen nachts einen Immissionsrichtwert von 45 dB(A) auf dem Grundstück des Klägers nicht überschreiten dürfen, handelt es sich um eine solche Lärmschutzregelung. Dass sie gerade zum Schutz des Klägers getroffen worden ist, erscheint der Kammer offensichtlich und wird von den Beteiligten auch nicht in Zweifel gezogen. Die Anordnung vom 09.02.06 ist mit der Rechtskraft der Entscheidung der Kammer vom 08.04.08 sowohl gegenüber dem Kläger als auch gegenüber der Beigeladenen bestandskräftig geworden. Anhaltspunkte dafür, dass sie wegen Nichtigkeit nach § 1 Abs. 1 NVwVfG, § 44 Abs. 1 VwVfG unbeachtlich sein könnte, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Solange die Lärmschutzanordnung vom 09.02.06 Wirkung entfaltet, d.h. weder geändert noch durch einen neuen Bescheid ersetzt worden ist, hat der Beklagte daher auch auf den Vollzug dieser Anordnung zu achten.
Als Rechtsgrundlage für das vom Kläger begehrte aufsichtliche Einschreiten kommen § 52 Abs. 1 BImSchG (so Hansmann in Landmann/Rohmer, BImSchG, § 52 Rn 20), § 17 Abs. 1 BImSchG oder die polizeirechtliche Generalklausel (so Jarass, BImSchG, 7. Auflage 2007, § 52 Rn 6) in Betracht; sämtlich Vorschriften, die dem Beklagten einen Ermessensspielraum einräumen. Ob dem Beklagten hinsichtlich des "Ob" des Einschreitens noch ein Ermessensspielraum zusteht, weil - wie die Beigeladene vorträgt - der Kläger selbst bei Überschreitung des Richtwerts wegen der alles übertönenden Verkehrsgeräusche auf der Mecklenheidestraße nicht spürbar betroffen wäre, oder ob nicht schon allgemeine rechtsstaatliche Erwägungen verlangen, dass ein rechtswirksamer, bestandskräftiger Bescheid bis zu einer etwaigen Änderung auch vollzogen bzw. nicht auf unabsehbare Zeit einfach generell außer Vollzug gesetzt wird (so VGH München, a. a. O.), muss die Kammer nicht entscheiden.
Denn die Kammer kann zurzeit nicht feststellen, dass die vom Nachtbetrieb der Beigeladenen verursachten Lärmemissionen nachts den für sein Grundstück festgesetzten Immissionsrichtwert von 45 dB(A) überschreiten. Eine Überwachungsmessung hat noch nicht stattgefunden. Die vom Beklagten Ende 2008 in Auftrag gegebene Messung konnte nicht durchgeführt werden, denn seit Februar 2009 wird im Werk der Beigeladenen keine Nachtschicht mehr gefahren, weil aufgrund der Wirtschaftskrise der Markt für Transporter eingebrochen ist. Dieser Zustand wird nach den Bekundungen der Beigeladenen auch noch auf unabsehbare Zeit andauern.
Entgegen der Auffassung des Klägers weisen die 2005 im Zuge des im Werk der Beigeladenen durchgeführten Lärmsanierungsverfahrens eingeholten Schallgutachten die Überschreitung des Richtwertes nicht ohne weiteres nach. Der insoweit maßgebliche Schallplan des TÜV Rheinland vom 18.04.05 nimmt nach Durchführung der 4. Sanierungsstufe für das Grundstück des Klägers eine Lärmbelastung von 48 dB(A) an (S. 17 des Gutachtens). Dieser Immissionswert musste wegen der von der Mecklenheidestraße ausgehenden starken Verkehrslärmbelastung mit Hilfe einer Kombination aus Messung und Rechnung ermittelt werden (S. 16). Dazu wurden zunächst die Anlagengeräusche direkt am Emissionsort gemessen (S. 10). Ausgehend von diesen Emissionswerten wurden dann die an den Immissionsorten verursachten Geräuschimmissionen mittels Schallausbreitungsberechnungen (s. 13) unter Einbeziehung der nach den Vorgaben der Parkplatzlärmstudie errechneten Geräusche des Mitarbeiterparkplatzes (S. 10) berechnet. Dieses Verfahren entspricht den Vorgaben des Anhangs zur TA-Lärm A. 3. 4. und würde - mangels Alternative - auch bei einer Überwachungsmessung nach Wiederaufnahme des Nachtschichtbetriebes so angewendet werden müssen. Die Kammer geht daher zugunsten des Klägers davon aus, dass eine Messung nach Wiederaufnahme des Nachtschichtbetriebes ebenfalls zumindest zu dem vom TÜV Rheinland ermittelten Nachtwert von 48 dB(A) führen würde.
Mit der vom TÜV Rheinland durchgeführten Schallmessung ist eine Überschreitung des festgesetzten Immissionsrichtwerts von 45 dB(A) nachts jedoch noch nicht nachgewiesen. Denn der Kläger verlangt vom Beklagten die Einhaltung des festgesetzten Richtwerts zu überwachen und damit letztlich Durchsetzungsmaßnahmen, die den Fortbestand der Nachtschicht im seit langem errichteten und genehmigten Betrieb der Beigeladenen gefährden; er will den Schallplan des TÜV Rheinland als Grundlage in einem Überwachungsverfahren nutzen. Wenn aber bei der Überwachung der Einhaltung der maßgeblichen Immissionsrichtwerte der Beurteilungspegel durch Messung nach den Nr. A.1.6 oder A.3 des Anhangs ermittelt wird, ist zum Vergleich mit den Immissionsrichtwerten nach Nr. 6 ein um 3 dB(A) verminderter Beurteilungspegel heranzuziehen, Nr. 6.9 TA-Lärm. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Schallplan des TÜV Rheinland vom 18.04.05 in einem Verfahren angefertigt wurde, das zur Genehmigung eines veränderten Betriebszustand im Werk der Beigeladenen nach Abschluss der Lärmsanierung sowie Inbetriebnahme der neuen Gießerei und der neuen Lackiererei nach §§ 16, 6, 5 Abs. 1 BImSchG geführt hat (vgl. Urt. d. Kammer vom 08.04.08). In diesem Genehmigungsverfahren war die Regelung über den Messabschlag nicht anzuwenden und sie wurde auch nicht angewendet(S. 16/17 des Gutachtens).
Wenn in der hier vorliegenden atypischen Situation, in der die zum Nachweis der Überschreitung des Richtwerts erforderliche Überwachungsmessung aus Gründen unmöglich ist, die keiner der Beteiligten zu vertreten hat, auf Messungen zurück gegriffen wird, die in einem Genehmigungsverfahren angefertigt wurden, ist der Messabschlag nach Nr. 6.9 TA-Lärm zu berücksichtigen. Denn nach der Rechtssprechung des BVerwG, der die Kammer folgt, ist es für die Frage, ob ein Messabschlag in Abzug gebracht werden kann, entscheidend, in welcher Art Verfahren die Messung Verwendung finden soll. Messungen im Genehmigungsverfahren und Messungen im Rahmen der Überwachung sind unterschiedlich zu behandeln. Für den Anlagenbetreiber stellt es nämlich eine höhere Belastung dar, wenn er Umbauten vornehmen oder Einschränkungen des Betriebs hinnehmen muss, nachdem er die Investitionen auf der Grundlage einer bestandskräftigen Genehmigung getätigt hat, als wenn ihm im Genehmigungsstadium Auflagen erteilt werden (BVerwG, Urt. v. 29.08.07 - 4 C 2/07 -, juris). Deshalb dient der Messabschlag nach Nr. 6.9 TA-Lärm dazu, bei Überwachungsmessungen jegliches Risiko eines rechtswidrigen Eingriffs zu vermeiden (BVerwG, Urt. v. 16.05.01, - 7 C 16.00 -, juris).
Nach Auffassung der Kammer ist es daher nur konsequent, den Messabschlag nach Nr. 6.9 TA-Lärm in Situationen, in der ein und dieselbe Messung als Grundlage sowohl im Genehmigungsverfahren nach § 16 BImSchG als auch im Überwachungsverfahren herangezogen werden soll, je nach Verfahrenssituation unterschiedlich zu berücksichtigen.
Im Überwachungsverfahren ist der Messabschlag anzuwenden, so dass die vom Schallplan des TÜV Rheinland vom 18.04.05 für das Grundstück des Klägers ermittelte Lärmbelastung von 48 dB(A) um 3 dB(A) zu reduzieren ist. Danach muss die Kammer zurzeit davon ausgehen, dass der Nachtbetrieb im Werk der Beigeladenen den mit Anordnung vom 09.02.06 für das Grundstück des Klägers festgesetzten Richtwert von 45 dB(A) einhält. Mit der von der Beigeladenen aufgeworfene Frage, ob das Verfahren, das zur Anordnung vom 09.02.06 geführt hat, als typisches Genehmigungsverfahren bezeichnet werden kann, muss sich die Kammer nicht auseinander setzen.
Die von der Kammer in ihrer Entscheidung vom 08.04.08 (S. 14 des Entscheidungsabdrucks) geäußerten Bedenken hinsichtlich der Aussagekraft der vom Schallplan des TÜV Rheinland vom 18.04.05 für das Grundstück des Klägers ermittelten Lärmbelastung führen ebenfalls nicht zum Erfolg der Klage. Ob eine Neubewertung der unter der Mecklenheidestraße hindurchführenden Trogstrecke tatsächlich zu einer Erhöhung des Gesamtimmissionspegels für das Werk der Beigeladenen führt, lässt sich nur durch eine erneute Messung nachweisen. Das Ergebnis einer solchen, vom Beklagten bereits in Auftrag gegebenen Messung wollte der insoweit beweispflichtige Kläger nicht abwarten.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO. Nach § 124 a Abs. 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO war die Berufung zuzulassen. Der Frage, ob ein und dieselbe Messung je nach Verwendung im Genehmigungsverfahren oder Überwachungsverfahren hinsichtlich des Messabschlages nach Nr. 6.9 TA-Lärm unterschiedlich behandelt werden kann, kommt grundsätzliche Bedeutung zu.