Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 29.01.1998, Az.: 1 U 153/97

Aufhebung einer einstweiligen Verfügung bei zwischenzeitlicher Verjährung des Verfügungsanspruchs; Auswirkungen der Aufhebung einer einstweiligen Verfügung wegen Verjährung des Verfügungsanspruchs auf die bereits ergangenen Kostenentscheidungen

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
29.01.1998
Aktenzeichen
1 U 153/97
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1998, 28919
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:1998:0129.1U153.97.0A

Amtlicher Leitsatz

Der nachträgliche Eintritt der Verjährung begründet nicht die Aufhebung der Kostenentscheidung des vorangegangenen Verfahrens über den Erlass einer einstweiligen Verfügung.

Gründe

1

Es trifft allerdings zu, dass in Rechtsprechung und Lehre die Auffassung vertreten wird, eine Aufhebung der einstweiligen Verfügung nach § 927 ZPO komme auch in Betracht, wenn der Verfügungsanspruch zwischenzeitlich verjährt ist (vgl. Stein-Jonas/Grunsky, ZPO, 21. Aufl., § 927 Rn. 7; OLG Hamm, Betriebsberater 1978, 574). Die nachträgliche Aufhebung der einstweiligen Verfügung nach § 927 ZPO bedeutet jedoch nicht zugleich, dass auch die Kostenentscheidungen die in dem vorangegangenen einstweiligen Verfügungsverfahren ergangen sind, gleichzeitig mit aufgehoben werden. Vielmehr bleiben im Grundsatz jedenfalls durch die Entscheidung nach § 927 ZPO die Kostenentscheidungen des vorausgegangenen einstweiligen Verfügungsverfahrens völlig unberührt (vgl. Stein-Jonas/Grunsky, a.a.O., Rn. 16 mit weiteren Nachweisen). Nur dann, wenn im Aufhebungsverfahren auch Gründe geltend gemacht werden können, die die ursprüngliche Unbegründetheit des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ergeben, hat der Verfügungskläger auch die Kosten der Anordnung der einstweiligen Verfügung zu tragen. Einer der Fälle, in denen allgemein angenommen wird, dass der Erlass der einstweiligen Verfügung von Anfang an unbegründet war, ist der Fall der Aufhebung der einstweiligen Verfügung wegen Ablaufs der Vollziehungsfrist, weil angenommen wird, dass der Verfügungskläger, der die Vollziehungsfrist nicht wahrnimmt, durch sein Verhalten nachträglich die Vermutung der Eilbedürftigkeit des einstweiligen Verfügung widerlegt. Ob diese Ansicht überhaupt in dieser Allgemeinheit zutrifft, kann hier dahingestellt bleiben, denn der Fall ist nicht gleichzusetzen mit dem Fall, dass nachträglich die Verjährung eintritt und geltend gemacht wird. Durch die Geltendmachung der Einrede der Verjährung entfällt lediglich nachträglich die Möglichkeit, den Verfügungsanspruch weiter gerichtlich durchzusetzen, bis zu diesem Zeitpunkt war die einstweilige Verfügung jedoch begründet. Anders als bei der Nichtvollziehung der einstweiligen Verfügung kann deshalb daraus, dass der Verfügungskläger nicht den Eintritt der Verjährung verhindert hat, nicht der Schluss gezogen werden, die Sache sei ihm von Anfang an nicht eilbedürftig gewesen. Denn Eilbedürftigkeit setzt lediglich das Interesse des Verfügungsklägers an einer schnellen Entscheidung voraus, nicht aber notwendigerweise das Interesse daran, dass die mit der Entscheidung getroffene Regelung einen Dauerzustand herbeiführt. Dies gilt insbesondere für Wettbewerbsverfahren, in denen das beanstandete Verhalten sich vielfach ohnehin nur auf einen begrenzten Zeitraum bezieht wie etwa Schlussverkäufe oder Messen und Märkte. Wenn die Ansicht der Verfügungsbeklagten im vorliegenden Fall zutreffen würde, wäre auch in diesen Fällen ein Verfügungskläger gehalten, Klage zur Hauptsache zu erheben, nur um Kostennachteile im einstweiligen Verfügungsverfahren auszuschließen. Soweit sich die Verfügungsbeklagte auf Teplitzki, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 7. Aufl., Kapitel 56 Rn. 37 bezieht, greift ihr Vorbringen nicht durch. Bei den im Zitat genannten Kosten handelt es sich nicht um die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens sondern um die Kosten des Aufhebungsverfahrens nach § 927 ZPO. Soweit sich die Verfügungsbeklagte auf die Entscheidung OLG Hamm vom 15. März 1990 stützt, greift ihr Vorbringen nicht durch, weil abgesehen davon, dass die dort vertretene Auffassung, auch bei einer im Hauptsacheverfahren erhobenen und durchgreifenden Verjährungseinrede müsse der Unterliegende die Kosten des Verfahrens der einstweiligen Verfügung tragen, nicht zu den tragenden Gründen der Entscheidung zählt, der Senat dieser Auffassung aus den oben bereits erörterten Gründen nicht folgt.