Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 06.09.1996, Az.: IX 606/89

Beteiligung an einer GmbH (Gesellschaft mit beschränkter Haftung) als notwendiges Betriebsvermögen eines Einzelunternehmers; Abänderung eines Einkommensteuerbescheides unter Verminderung des Gewinns aus einem Gewerbebetrieb; Verwertung von Kunst und Antiquitäten durch Auktionen

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
06.09.1996
Aktenzeichen
IX 606/89
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1996, 19094
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:1996:0906.IX606.89.0A

Fundstellen

  • EFG 1997, 50-51 (Volltext mit red. LS)
  • GmbHR 1997, 187 (amtl. Leitsatz)

Verfahrensgegenstand

Einkommensteuer 1986

Amtlicher Leitsatz

GmbH-Anteile als notwendiges Betriebsvermögen

Der IX. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts hat
nach mündlicher Verhandlung in der Sitzung
vom 6. September 1996,
an der mitgewirkt haben:
Vorsitzender Richter am Finanzgericht ...
Richter am Finanzgericht ...,
Richter am Finanzgericht ...
ehrenamtlicher Richter Prokurist ...
ehrenamtlicher Richter Beamter ...
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beteiligung des Klägers an einer GmbH zum notwendigen Betriebsvermögen seines Einzelunternehmens gehörte.

2

Die Kläger sind Eheleute. Sie wurden im Streitjahr 1986 zur Einkommensteuer zusammenveranlagt. Der Kläger betreibt seit 1968 als Einzelunternehmer einen Handel mit Antiquitäten und war bis zum 1. August 1986 an der 1978 (Vertrag vom 14. November 1977) gegründeten Fa. Kunstauktionshaus Schloß A. GmbH zu 74 v.H. beteiligt. Die Klägerin hielt Anteile in Höhe von 26 v.H. des Stammkapitals von 50.000 DM. Der Kläger war alleiniger Geschäftsführer der Gesellschaft. Dafür bezog er kein Entgelt. Die Beteiligung behandelte der Kläger als Privatvermögen. Durch Vertrag vom 2. August 1986 übertrug er seine Beteiligung schenkweise auf die Klägerin.

3

Nach einer Außenprüfung im Jahr 1987 ordnete der Beklagte (das Finanzamt - FA -) die Beteiligung bis zur Übertragung auf die Klägerin dem notwendigen Betriebsvermögen des Einzelunternehmens zu und erließ für das Streitjahr 1986 einen geänderten Einkommensteuerbescheid, in dem ein aus der Anteilsübertragung resultierender Entnahmegewinn von 310.800 DM berücksichtigt worden war.

4

Der Einspruch blieb erfolglos. Dagegen richtet sich die Klage.

5

Der Kläger trägt vor, es treffe zu, daß sein Einzelunternehmen über 50 v.H. seines Umsatzes mit der GmbH getätigt habe. Das seien aber lediglich 18 v.H. des Gesamtumsatzes der GmbH. Daraus könne nicht geschlossen werden, daß er - der Kläger - seinen Willen als Einzelunternehmer im Rahmen seiner Geschäftstätigkeit in der GmbH durchsetzen könne.

6

Sein Wareneinkauf für das Einzelunternehmen sei nicht auf die Geschäftstätigkeit der GmbH abgestellt gewesen. Er lasse vielmehr seine Ware auch bei anderen Auktionshäusern versteigern; wie auch die GmbH Auktionsware von anderen Kunsthändlern versteigere. Die Gründung der GmbH sei u.a. dadurch bedingt gewesen, daß in der Branche manche unseriöse Auktionshäuser tätig seien, die den Versteigerungserlös - wenn überhaupt - nur sehr zögerlich auskehrten. Diesem Mißstand begegne er bei der Schloß A. GmbH nicht.

7

Die Kapitalbeteiligung sei weder bestimmt, dem Einzelunternehmen zu dienen, noch sei die GmbH als selbständige Abteilung des Einzelunternehmens anzusehen. Die Vermittlung günstiger Geschäfte im Rahmen der Geschäftstätigkeit der GmbH reiche für eine Zuordnung zum notwendigen Betriebsvermögen nicht aus. Es treffe nicht zu, daß er - der Kläger - den Katalog der GmbH erstelle. Vielmehr sei er damit nicht befaßt, da die Fotografien von einem selbständigen Fotografen, die Texte durch einen bei der GmbH angestellten Kunsthistoriker vorbereitet würden.

8

Unter Hinweis auf die Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 12. März 1964 IV 376/62 U (BStBl III 1964, 424) tragen die Kläger vor, daß die Vermittlung günstiger Geschäfte durch eine GmbH nicht ausreiche, die Beteiligung als notwendiges Betriebsvermögen anzusehen.

9

Die Kläger beantragen,

den Einkommensteuerbescheid 1986 vom 15. Juni 1988 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22. Juni 1989 zu ändern und die Einkommensteuer unter Verminderung des Gewinns aus Gewerbebetrieb um 310.800 DM abzüglich der anteiligen Gewerbesteuerrückstellung niedriger festzusetzen.

10

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

11

Die Beteiligung des Klägers sei notwendiges Betriebsvermögen des Einzelunternehmens, denn die Anschaffung der GmbH-Anteile sei betrieblich veranlaßt gewesen. Sie habe der Stärkung des Einzelunternehmens gedient, das den überwiegenden Teil seiner Auktionsumsätze durch die GmbH habe ausführen lassen. Mit Gründung der Kapitalgesellschaft sei zeitgleich der Anstellungvertrag mit dem Kläger geschlossen worden. Dieser habe als vereidigter Auktionator alle Auktionen der GmbH geleitet und so seinen Willen als Einzelunternehmer in der GmbH zur Geltung bringen können. Dadurch werde maßgebend die Geschäftstätigkeit des Einzelunternehmens geprägt. Nach dem Anstellungsvertrag sei es dem Kläger nur insoweit gestattet, das Kunsthandelsgeschäft auszuüben, als dadurch die Interessen der GmbH nicht beeinträchtigt werden.

12

Unerheblich sei, daß der Kläger für seine Auktionen auch andere Unternehmen beauftragen könne. Er habe dies jedenfalls nicht getan. Bis 1977 habe der Kläger Auktionen in seinem Einzelunternehmen durchgeführt. Seit Gründung der GmbH besorge dies ausschließlich die Kapitalgesellschaft. Bei einer Außenprüfung für die Jahre 1977 bis 1980 sei festgestellt worden, daß die GmbH aus "betriebsinternen Gründen" ins Leben gerufen worden sei. Dieser Sachverhalt zeige, daß der Kläger bewußt einen wesentlichen Teil seiner Geschäftstätigkeit aus dem Einzelunternehmen auf die GmbH verlagert habe.

13

Die unentgeltliche Geschäftsführertätigkeit zeige, daß der GmbH eine wesentliche Funktion im Rahmen der Geschäftstätigkeit des Einzelunternehmens zugekommen und die Anschaffung der Anteile notwendigerweise betrieblich veranlaßt gewesen sei.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist unbegründet.

15

Der angefochtene Steuerbescheid ist rechtmäßig. Die Kläger werden durch ihn nicht in ihren Rechten verletzt, denn das FA ist zutreffend davon ausgegangen, daß die Beteiligung an der GmbH zum notwendigen Betriebsvermögen des Klägers gehört hat und die Schenkung an die Klägerin deshalb als Entnahme (§ 4 Abs. 1 Satz 2, § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG) gewinnerhöhend zu berücksichtigen war.

16

Zum notwendigen Betriebsvermögen (§ 4 Abs. 1, § 5 EStG) gehören Wirtschaftsgüter, die ausschließlich und unmittelbar für eigenbetriebliche Zwecke des Steuerpflichtigen genutzt werden (vgl. Urteile des BFH vom 13. September 1988 VIII R 236/81, BFHE 154, 358, BStBl II 1989, 37; vom 19. Januar 1977 I R 10/74, BFHE 121, 199, BStBl II 1977, 287). Das kann - unabhängig von ihrer Höhe (vgl. Schmid/Heinicke, Einkommensteuergesetz, 15. Aufl., § 4 Anm. 44 c) - auch auf die Beteiligung an einer GmbH zutreffen (z.B. BFH-Urteile vom 22. Januar 1981 IV R 107/77, BFHE 133, 168, BStBl II 1981, 564, betreffend Betriebsvermögen eines freiberuflich Tätigen; vom 23. Januar 1992 XI R 36/88, BFHE 167, 491, BStBl II 1992, 721, betreffend Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers). Nicht ausreichend ist nach der Rechtsprechung des BFH zwar grundsätzlich die Unterhaltung von Geschäftsbeziehungen, wie sie üblicherweise auch mit anderen Unternehmen bestehen (vgl. BFH-Urteil vom 31. Januar 1991 IV R 2/90, BFHE 164, 309, BStBl II 1991, 786; Urteil in BFHE 167, 491, BStBl II 1992, 721). Unmittelbar für eigenbetriebliche Zwecke wird eine solche Beteiligung aber dann genutzt, wenn sie dazu bestimmt ist, die gewerbliche (branchengleiche) Betätigung des Steuerpflichtigen entscheidend zu fördern oder wenn sie dazu dienen soll, den Absatz von Produkten des Steuerpflichtigen zu gewährleisten (BFH-Urteile vom 9. September 1986 VIII R 159/85, BFHE 148, 246, BStBl II 1987, 257; vom 3. Oktober 1989 VIII R 328/84, BFH/NV 1990, 361). Der BFH (Urteil vom 11. März 1976 IV R 185/71, BFHE 118, 353, BStBl II 1976, 380) hat dies beispielsweise bejaht bei der Beteiligung eines Freiberuflers an einer Kapitalgesellschaft, wenn deren Betrieb der freiberuflichen Tätigkeit nicht wesensfremd ist. Dabei ging es um die Beteiligung eines beratenden Ingenieurs für Baustatik an einer Planungs- und Bau-GmbH. Erwähnt wurde dort auch der Fall einer Beteiligung von Wirtschaftsprüfern an einer Treuhandgesellschaft. Ähnlich ist für einen freiberuflich tätigen Baustatiker bzw. einen freiberuflichen Architekten entschieden worden, die an einer Wohnungsbau-AG bzw. einer Bauträger-AG beteiligt waren (BFH-Urteile vom 23. November 1978 IV R 146/75, BFHE 126, 298, BStBl II 1979, 109; vom 14. Januar 1982 IV R 168/78, BFHE 135, 188, BStBl II 1982, 345), ferner für einen Landwirt, der sich an einer Genossenschaft beteiligte, die die Verwertung und den Absatz landwirtschaftlicher Produkte zum Gegenstand hatte (BFH-Urteil vom 20. März 1980 IV R 22/77, BFHE 130, 312, BStBl II 1980, 439) sowie für eine - wenn auch nur geringfügige - Beteiligung eines Malermeisters an einer Wohnungsbau-GmbH (BFH-Urteil vom 8. Dezember 1993 XI R 18/93, BFHE 173, 137, BStBl II 1994, 296). Notwendiges Betriebsvermögen verneint hat der BFH hingegen bei der Beteiligung eines Steuerberaters an einer Autowaschstraßen-GmbH (BFH-Urteil vom 23. Mai 1985 IV R 198/83, BFHE 144, 53, BStBl II 1985, 517). Kennzeichnend für diese Gestaltungen ist immer eine besonders enge wirtschaftliche Verflechtung dem Einzelunternehmen und der Kapitalgesellschaft derart, daß die Kapitalgesellschaft eine wesentliche wirtschaftliche Funktion der anderen Gesellschaft oder des Einzelunternehmens erfüllt. Der Senat folgt dieser Rechtsprechung.

17

Ausgehend von diesen Grundsätzen muß im Streitfall deshalb ausgegangen werden, daß die Beteiligung des Klägers an der GmbH zum notwendigen Betriebsvermögen gehörte. Die Beteiligung ging über übliche Geschäftsbeziehungen hinaus. Sie hatte vielmehr - wie das FA zu Recht hervorhebt - eine wesentliche Funktion im Rahmen des Einzelunternehmens. Dessen wesentlicher Geschäftsinhalt ist die Verwertung von Kunst und Antiquitäten durch Auktionen. Diese wurden unstreitig - wenn auch nicht ausschließlich - bis zur Gründung der GmbH durch das Einzelunternehmen selbst durchgeführt. Diese Art der Verwertung stellte der Kläger ab 1978 ein und lieferte seine Kunstgegenstände und Antiquitäten zu mehr als 50 v.H. an die GmbH, um sie dort im Rahmen von Auktionen versteigern zu lassen. Als Geschäftsführer der GmbH leitete er die Auktionen und setzte somit seine Tätigkeit als Einzelunternehmer im Rahmen der GmbH fort. Damit diente letztlich die Beteiligung und die Geschäftsführertätigkeit dazu, die aufgegebenen Auktionen im Einzelhandelsunternehmen für die GmbH fortzuführen.

18

Unbeachtlich ist, daß die GmbH selbständig auch Ware anderer Händler zur Versteigerung annahm und dafür entsprechend Werbung betrieb. Es kommt vielmehr entscheidend darauf an, welche Funktion die Beteiligung im Betrieb des Einzelunternehmens ausfüllte. Da die Verwertung über Auktionen ein wesentlicher Bestandteil des klägerischen Unternehmens war, muß die Geschäftstätigkeit der GmbH als notwendiger Geschäftsteil des Einzelunternehmens angesehen werden. Daß der Kläger - wie vorgetragen - seine Versteigerungsware statt bei der GmbH auch bei anderen Auktionshäusern hätte einliefern können, führt nicht zu einem anderen Ergebnis, da es für die Entscheidung nicht darauf ankommt, was der Kläger hätte machen können. Von Bedeutung ist ausschließlich, was er tatsächlich aus der Beteiligung gemacht hat. Neben dem großen Umsatzanteil mit der GmbH muß berücksichtigt werden, daß er mit der von ihm beherrschten und von ihm geleiteten Gesellschaft ein seriöses Auktionshaus zur Verfügung hatte, bei dem die Auszahlung des Versteigerungserlöses nicht wie bei verschiedenen anderen Häusern verzögert oder gar ganz unterlassen wurde.

19

Der Hinweis der Kläger auf das BFH-Urteil aus dem Jahr 1964 führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Nach dem dort entschiedenen Fall stellte die Geschäftstätigkeit der GmbH lediglich eine untergeordnete Ergänzung zum eigentlichen Geschäft der Kläger dar. Die GmbH vermittelte als Großhändler gelegentlich Geschäfte mit Einzelhändlern über Restposten, die die Kläger bei anderen Großhändlern nicht mehr absetzen konnten. Dieser Sachverhalt ist auf den Streitfall nicht übertragbar, da hier ein ganz wesentlicher Geschäftszweig des Einzelunternehmens, nämlich die Auktionsverwertung, durch die GmbH übernommen wurde.

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Das FA hat somit die Beteiligung zutreffend eingeordnet und im Streitjahr aus der Schenkung der Anteile an die Klägerin die richtigen Steuerrechtlichen Folgerungen gezogen. Über die Höhe des daraus resultierenden Gewinns besteht zwischen den Beteiligten kein Streit. Bedenken gegen die Gewinnerhöhung um 310.800 DM sind aus den Akten nicht ersichtlich.

21

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung.