Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 03.09.1996, Az.: VI 515/93

Angemessenheit der Berufshaftpflichtversicherung; Gleichheitsverstoß wegen Mindestversicherungssumme; Widerruf der Bestellung als Steuerbevollmächtigte

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
03.09.1996
Aktenzeichen
VI 515/93
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1996, 18705
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:1996:0903.VI515.93.0A

Fundstelle

  • EFG 1997, 316-318 (Volltext mit red. LS)

Verfahrensgegenstand

Widerruf der Bestellung als Steuerbevollmächtigte

In dem Rechtsstreit
hat der VI. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts
nach mündlicher Verhandlung
in der Sitzung vom 3. September 1996,
an der mitgewirkt haben:
Richterin am Finanzgericht ... als Vorsitzende
Richter am Finanzgericht ...
Richterin am Finanzgericht ...
ehrenamtlicher Richter ... Personalleiter
ehrenamtlicher Richter ... Landwirt
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.

Tatbestand

1

Streitig ist der Widerruf der Bestellung der Klägerin als Steuerbevollmächtigte.

2

Die Klägerin wurde am 4. Februar 1977 zur Steuerbevollmächtigten bestellt. Seit dem übte sie ihre berufliche Tätigkeit (zugleich) im Angestelltenverhältnis und als selbständige Steuerbevollmächtigte aus. Die jährlichen Honorareinnahmen aus ihrer selbständigen Tätigkeit belaufen sich durchschnittlich auf ca. 5.000 DM.

3

Die Klägerin hatte eine Berufs-Haftpflichtversicherung mit einer Versicherungssumme von 100.000 DM abgeschlossen. Auf Antrage der Beigeladenen (Schreiben vom 02.01.1992, Bl. 42 der Stber. A.) teilte die Klägerin mehrfach mit, daß sie nicht bereit sei, ihre bestehende Haftpflichtversicherung an das gesetzlich seit dem 1. Juli 1990 bestehende Niveau (500.000 DM Mindestversicherungssumme und 2 Mio. DM Jahreshöchstleistung) anzupassen. Der bestehende Versicherungsschutz sei in Anbetracht ihres Mandantenkreises mehr als ausreichend. Ein darüber hinausgehendes Versicherungsrisiko sei in ihrem Fall objektiv nicht gegeben. Der Beklagte forderte die Klägerin unter Hinweis auf § 67 Steuerberatungsgesetz (StBerG) in Verbindung mit §§ 51, 52 Durchführungsverordnung zum Steuerberatungsgesetz (DVStB) in der Form vom 19. August 1991 auf, für eine den gesetzlichen Anforderungen entsprechende Haftpflichtversicherung - rückwirkend ab 1. Juli 1990 - Sorge zu tragen, da ansonsten ihre Bestellung als Steuerbevollmächtigte zwingend zu widerrufen sei. Die Klägerin blieb demgegenüber bei ihrer Auffassung.

4

Mit Bescheid vom 10. August 1992 widerrief der Beklagte die Bestellung der Klägerin als Steuerbevollmächtigte unter Berufung auf § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG. Die dagegen eingelegte Beschwerde wurde mit Beschwerdebescheid vom 31. August 1993 als unbegründet zurückgewiesen.

5

Dagegen richtet sich die Klage.

6

Zur Begründung trägt die Klägerin vor, ihre Bestellung als Steuerbevollmächtigte sei zu Unrecht widerrufen worden. § 67 StBerG verlange ausdrücklich eine angemessene Berufs-Haftpflichtversicherung. § 158 Nr. 6 StBerG sei die entsprechende Ermächtigungsnorm dazu. Aus Gesetzeswortlaut und -zusammenhang ergebe sich zwingend, daß auch die Mindestversicherungssumme angemessen sein müsse. § 52 DVStB entspreche dieser gesetzlichen Vorgabe in keiner Weise. Diese Bestimmung sei sowohl wegen des insoweit fehlenden gesetzlichen Ermächtigungsrahmens als auch aus übergeordneten rechtsstaatlichen Gründen nichtig. Die Regelung verstoße gegen Art. 3 Grundgesetz (GG), da sie im groben Maße wettbewerbsverzerrend wirke. Sie verstoße auch gegen das aus den Art. 19 und 20 GG folgende Willkür- und Übermaßverbot beim Erlaß von Rechtsnormen. Die Festlegung der Höhe der Mindestversicherungssumme sei willkürlich und insoweit übermäßig, als man zur Versicherung eines überhaupt nicht existierenden Risikos gezwungen werde.

7

Wegen der Begründung im einzelnen wird auf Bl. 53 bis 55 sowie 63, 64 der Steuerbevollmächtigten-Akte Bezug genommen.

8

Im Laufe des Klageverfahrens hat die Klägerin eine Bescheinigung der V. Versicherung AG vorgelegt, wonach ab 6. Mai 1996 eine Berufshaftpflichtversicherung über 500.000 DM bei einer Jahreshöchstleistung von 2.000.000 DM zu einer Jahresprämie von 337,50 DM o. Vers.St. besteht. Ferner hat sie eine Bestätigung des Versicherungsmaklers K. eingereicht, daß der Versicherungsschutz per 1. Januar 1995 bestehe.

9

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Widerrufsbescheid vom 10. August 1992 und den Beschwerdebescheid vom 31. August 1993 ersatzlos aufzuheben.

10

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

11

Er trägt zur Begründung vor:

12

Die Klage sei bereits wegen fehlender Beklagtenbezeichnung unzulässig. Der Klageschriftsatz lasse nämlich nicht erkennen, wer Beklagter sei: Er genüge damit nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Klage (§§ 63 Abs. 1 Nr. 1, 65 Abs. 1 FGO). Zwar habe die Klägerin aufgrund der Aufforderung des Gerichts mit Schreiben vom 26. November 1993 die OFD Hannover (zutreffend) als Beklagten bezeichnet. Die Klagefrist des § 47 Abs. 1 FGO sei in diesem Zeitpunkt jedoch bereits abgelaufen gewesen, eine Nachholung der zunächst unterlassenen Bezeichnung des Beklagten sei nach Ablauf der Klagefrist aber nicht mehr zulässig.

13

Nach § 67 StBerG in Verbindung mit §§ 51, 52 DVStB müßten selbständige Steuerbevollmächtigte mit einer Mindestversicherungssumme für den einzelnen Versicherungsfall von 500.000 DM und einer Mindestjahreshöchstleistung von 2 Mio. DM berufshaftpflicht versichert sein. Unstreitig sei dies bei der Klägerin nicht der Fall.

14

Unterhalte ein Steuerbevollmächtigter nicht die vorgeschriebene Haftpflichtversicherung gegen Haftpflichtgefahren aus seiner Berufstätigkeit, sei seine Bestellung nach § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG zwingend zu widerrufen; dies sei vorliegend geschehen. Entgegen der Auffassung der Klägerin sei auch der Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG nicht verletzt. Die in den Vorschriften der §§ 51, 52 DVStB nicht enthaltene Differenzierung, etwa nach Umsätzen, sei sachlich vertretbar. Der Gesetz- oder Verordnungsgeber sei durchaus befugt, typisierende Regelungen zu treffen. Mit einer solchen Typisierung seien zwangsläufig Benachteiligungen einzelner verbunden. Eine möglichst starke Differenzierung verhindere zudem die Wirkung des Gesetzes als Gleichheitsfaktor und würde zu einem weiteren Anstieg der heute noch bestehenden Normenflut führen. Im übrigen sei sogar trotz erkennbaren Ungerechtigkeiten in Einzelfällen eine sachgerechte Pauschalierung und Typisierung zugunsten der Transparenz und der Praktikabilität mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Die Versicherungspflicht treffe alle selbständigen Steuerberater, Steuerbevollmächtigten sowie Steuerberatungsgesellschaften in gleicher Weise. Eine derartige Regelung sei sachlich gerechtfertigt. Die von der Klägerin angestrebte Differenzierung würde zu einer komplexen Vorschrift führen, die neben einer überhöhten Überwachung auch einen unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand nach sich ziehen würden. Wegen der erforderlichen Angaben zum Jahresumsatz sei dies auch aus Gründen des Datenschutzes problematisch. Die fehlende Abstufung bei den Mindestversicherungssummen sei daher sachlich vertretbar und könne somit nicht als willkürlich bzw. verfassungswidrig bezeichnet werden. Im übrigen gewährten Versicherungsgesellschaften im Hinblick auf das geringe Versicherungsrisiko für Klein- bzw. auslaufende Praxen im allgemeinen einen Prämiennachlaß. Daraus folge insgesamt, daß der Widerruf der Bestellung der Klägerin als Steuerbevollmächtigte zu Recht erfolgt sei.

15

Die Beigeladene tritt den Ausführungen des Beklagten bei und beantragt,

16

die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe

17

I.

Die zulässige Klage ist unbegründet.

18

Die Bestellung der Klägerin als Steuerbevollmächtigte ist zu Recht widerrufen worden. Nach § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG in der Fassung vom 19. August 1991 (BGBl I S. 1797) ist die Bestellung als Steuerbevollmächtigte zu widerrufen, wenn die Steuerbevollmächtigte nicht die nach §§ 67 Satz 1, 158 Nr. 6 StBerG in Verbindung mit §§ 51 und 52 Verordnung zur Durchführung der Vorschriften über Steuerberater, Steuerbevollmächtigte und Steuerberatungsgesellschaften (DVStB) vorgeschriebene Haftpflichtversicherung gegen die Haftpflichtgefahren aus ihrer Berufstätigkeit unterhält. Die in § 67 Satz 1 StBerG vorgeschriebene angemesse Versicherung wird durch die §§ 51, 52 DVStB in Verbindung mit § 158 Nr. 6 StBerG dahingehend konkretisiert, daß eine Versicherung jedenfalls nur dann als angemessen angesehen werden kann, wenn eine Mindesversicherungssumme von 500.000 DM für den einzelnen Versicherungsfall mit einer Jahreshöchstleistung von 2.000.000 DM abgeschlossen wird. Vor Inkrafttreten der in §§ 51, 52 DVStB enthielt § 2 der Verordnung über die Berufshaftpflichtversicherung vom 27. April 1990 (BGBl I S. 847) eine identische Regelung, die am 1. Juli 1990 in Kraft trat (§ 10 Verordnung über die Berufshaftpflichtversicherung).

19

Eine Haftpflichtversicherung gegen die Haftpflichtgefahren aus ihrer Berufstätigkeit in Höhe der seit dem 1. Juli 1990 geltenden erhöhten Mindestversicherungssumme hat die Klägerin für die Zeit vom 1. Juli 1990 bis 31. Dezember 1994 nicht abgeschlossen, so daß ihre Bestellung zu widerrufen war.

20

II.

Die Einwendungen der Klägerin gegen die gesetzliche Regelung greifen nicht durch.

21

1.

a)

§ 158 Nr. 6 StBerG stellt eine hinreichend bestimmte Verordnungsermächtigung für die §§ 51, 52 DVStB und § 2 der Verordnung über die Berufshaftpflicht dar. Nach Art. 80 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz (GG) kann die Bundesregierung durch Gesetz ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen. Die gesetzliche Ermächtigungsnorm muß dabei den Inhalt, den Zweck und als Ausmaß der erteilten Ermächtigung hinreichend bestimmt erkennen lassen (Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG). Der Gesetzgeber hat also selbst die Entscheidung zu treffen, daß bestimmte Fragen geregelt werden sollen. Er muß die Grenzen einer solchen Regelung festsetzen und angeben, welchem Ziel sie dienen soll. Zur Klärung von Zweck, Inhalt und Ausmaß der Ermächtigung können der Sinnzusammenhang der Norm mit anderen Vorschriften und das Ziel, das die gesetzliche Regelung insgesamt verfolgt, berücksichtigt werden. Es genügt, wenn sich Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung aus dem ganzen Gesetz ermitteln lassen (Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluß des Zweiten Senats vom 11. Januar 1966, 2 BvR 424/63, BVerfGE 19, 354, 362).

22

b)

Diesen Anforderungen entspricht § 158 Nr. 6 StBerG. Danach wird die Bundesregierung ermächtigt, Bestimmungen über den Abschluß und die Aufrechterhaltung der Haftpflichtversicherung sowie über die Mindesthöhe der Deckungssummen zu erlassen. Bereits aus dem Wortlaut der Ermächtigung läßt sich deren Inhalt hinreichend genau bestimmen. Der Gesetzgeber hat die aus § 67 StBerG für Steuerberater und Steuerbevollmächtigte sich ergebende Pflicht, sich gegen die aus ihrer Berufstätigkeit ergebenden Haftpflichtgefahren angemessen zu versichern, aufgegriffen und den Verordnungsgeber ermächtigt, die technische Abwicklung, den Umfang und Inhalt des Versicherungsvertrags sowie deren Mindestversicherungssumme näher zu regeln. Denn der Abschluß und die Aufrechterhaltung eines Versicherungsvertrages betrifft zum einen das Zustandekommen einer vertraglichen Regelung, zum anderen aber auch deren Inhalt, der durch den Vertragsschluß fixiert wird. Ferner ist aus § 158 Nr. 6 StBerG zu entnehmen, daß nach dem Willen des Gesetzgebers eine angemessene Versicherung nur dann vorliegen kann, wenn eine Mindestabsicherung der Haftpflichtgefahren erfolgt. Damit begrenzt § 158 Nr. 6 StBerG als gesetzliche Norm selbst den unbestimmten Rechtsbegriff aus § 67 StBerG.

23

c)

Demgegenüber begegnet es keinen durchgreifenden Bedenken, daß die Mindesthöhe der Deckungssummen nicht näher bestimmt wurde. Denn aus dem unbestimmten Rechtsbegriff der Angemessenheit läßt sich entnehmen, daß nur die Abdeckung der häufigsten Haftpflichtgefahren im Interesse des Schutzes der Mandanten ausreichend ist, so daß bereits durch Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffes eine der Verordnungsregelung entsprechende Mindestdeckungshöhe entnommen werden kann. Dies wird durch entsprechende Regelungen in den Standesordnungen der Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte (§ 54 Abs. 1 Wirtschaftsprüferordnung in Verbindung mit § 323 Abs. 2 Satz 1 Handelsgesetzbuch - HGB -, § 51 Abs. 4 Bundesrechtsanwaltsordnung) bestätigt.

24

2.

Die Regelung der §§ 67, 158 Nr. 6 StBerG in Verbindung mit §§ 51, 52 DVStBG verstößt nicht gegen Art. 3, 19, 20 GG.

25

a)

Zwar ist der Klägerin zuzugeben, daß nicht nur in der Gleichbehandlung vergleichbarer Fälle, sondern auch in der Gleichbehandlung sachlich unterschiedlicher Sachverhaltsgruppen ein Gleichheitsverstoß im Sinne des Art. 3 GG liegen kann. Gleiches ist nicht nur gleich, sondern Ungleiches ist auch ungleich zu behandeln.

26

Bei der gesetzlichen Regelung von Lebenssachverhalten hat der Gesetzgeber jedoch eine weitgehende Gestaltungsfreiheit. Die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers endet erst dort, wo die gleiche oder ungleiche Behandlung der geregelten Sachverhalte nicht mehr mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise vereinbar ist, wo also kein einleuchtender Grund mehr für die Gleichbehandlung oder Ungleichbehandlung besteht. Nur die Einhaltung dieser äußersten Grenze der gesetzgeberischen Freiheit (Willkürverbot) ist der verfassungsrechtlichen Prüfung zugänglich. Der Gesetzgeber ist auch nicht gehindert, aus Gründen der Praktikabilität pauschale Maßstäbe zu wählen und sich mit einer Typengerechtigkeit zu begnügen (vgl. BVerfG, Beschluß des Zweiten Senats vom 6. Dezember 1983, 2 BvR 1275/79, BVerfGE 65, 325, 354).

27

Hieraus folgt zwangsläufig, daß Härten im Einzelfall unvermeidlich und hinzunehmen sind (BVerfG, Beschluß des Ersten Senats vom 26. Juni 1961, 1 BvL 17/60, BVerfGE 13, 21, 29). Eine hinzunehmende Typisierung setzt allerdings voraus, daß die durch sie eintretenden Härten oder Ungerechtigkeiten nur eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen treffen und daß der Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht sehr intensiv ist (BVerfG, Beschluß des Ersten Senats vom 2. Juli 1969, 1 BvR 669/64, BVerfGE 26, 265, 276).

28

b)

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist weder ein relevanter Gleichheitsverstoß noch ein Verstoß gegen das Willkür- oder Übermaßverbot gegeben.

29

Die gesetzliche Regelung geht davon aus, daß der Steuerberater oder der Steuerbevollmächtigte sich angemessen zu versichern hat. Der unbestimmte Rechtsbegriff läßt eine weitgehende Differenzierung über die Höhe der notwendigen Versicherungssummen zu. Eine Begrenzung findet die Bestimmung der Angemessenheit lediglich am unteren Rahmen, in dem der Versicherungsgeber typisierend davon ausgeht, daß eine Versicherungssumme von 500.000 DM die Mehrzahl der Haftpflichtfälle hinreichend abdeckt.

30

Diese Einschätzung ist im Interesse des Steuerpflichtigen, der die Leistungen des Steuerberaters in Anspruch nimmt und auf die richtige und sachgemäß Erfüllung der ihm übertragenen Aufgaben vertraut, sachgerecht und deckt sich mit den Erfahrungen des Senats. Zum anderen ist bei immer umfangreicher und komplizierter werdenden Gesetzen bei Steuerberatungsgeschäften ein Haftpflichtfall mit einem Schadensbetrag von 500.000 DM nichts außergewöhnliches. Das Haftpflichtrisiko erstreckt sich nicht nur auf die originären Tätigkeitsbereiche der steuerlichen Beratung, Vertretung und Bearbeitung von Steuerangelegenheiten im Sinne des § 33 StBerG, sondern auch auf die weiteren mit der steuerlichen Beratung vereinbaren Tätigkeiten im Sinne des § 57 Abs. 3 StBerG, wie etwa die Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen. Die Verwirklichung eines steuerlichen Sachverhaltes mit Dauerwirkung beinhaltet zudem das Risiko der Vervielfachung eines in bezug auf den einzelnen Veranlagungszeitraum gering erscheinenden Fehlers.

31

Die durch die angegriffene Regelung für die Klägerin auftretende Härte ist zudem gering und könnte nur unter erheblichen Schwierigkeiten vermieden werden.

32

Die Angemessenheit der Haftpflichtversicherungssumme ist anhand einer Vielzahl von Kriterien zu bemessen, die ihrerseits nicht klar umrissene Vorgaben sondern in Wechselbeziehung zu gewichtende Größen im Rahmen einer Gesamtabwägung darstellen. So wird die Angemessenheit durch Art, Umfang und Anzahl der Mandate, die Gegenstandswerte der Geschäfte, die Struktur der Praxis nach Beratungs-, Durchführungs-, Prüfungs- und Treuhandtätigkeiten sowie die Anzahl und Qualifikation etwaiger Mitarbeiter bestimmt. Daneben hat die Berufserfahrung, die eigene Qualifikation und die sachliche Ausstattung der Praxis einen erheblichen Einfluß auf das Haftpflichtrisiko, mithin Faktoren, deren zuverlässige Einschätzung im Einzelfall nur unter unverhältnismäßig großem Aufwand möglich ist.

33

Demgegenüber ist die Beeinträchtigung der Klägerin durch eine mit der Erhöhung der Mindestversicherungssumme von 100.000 DM auf 500.000 DM verbundene Prämienerhöhung äußerst gering. Die einzelnen Versicherungsunternehmen bieten unter Berücksichtigung des Praxisumfanges bei gleichem Versicherungsschutz Preisnachlässe bis zu 75 v.H. auf den Normaltarif und einen bereits nach Jahresumsätzen gestaffelten Versicherungsbeitrag (vgl. NJW 1996, Heft 37, XVII) an. Der jährliche Versicherungsbeitrag der Klägerin beträgt nach der letzten Versicherungspolice 388,60 DM gegenüber 264,60 DM für eine Versicherung von 100.000 DM. Die zusätzliche jährliche Belastung von 124 DM hat die Klägerin auch unter Berücksichtigung eines durchschnittlichen Jahresumsatzes von 5.000 DM hinzunehmen.

34

3.

Da die Klägerin die erforderliche Berufshaftpflichtversicherung in der vorgeschriebenen Mindesthöhe nicht für den gesamten Zeitraum ab 1. Juli 1990 abgeschlossen hat, mußte der Beklagte die Bestellung widerrufen.

35

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.