Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 19.09.1996, Az.: II 553/93

Kiesvorkommen als selbständiges Wirtschaftsgut des Privatvermögens ; Einkommensteuerrechtlicher Begriff des Wirtschaftsguts; Bodenschatz als selbständig bewertbares Wirtschaftsgut

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
19.09.1996
Aktenzeichen
II 553/93
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1996, 18642
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:1996:0919.II553.93.0A

Fundstellen

  • DStRE 1997, 177-180 (Volltext mit amtl. LS)
  • EFG 1997, 204-206 (Volltext mit red. LS)
  • KÖSDI 1997, 10983 (Kurzinformation)

Verfahrensgegenstand

Einkommensteuer 1990

Amtlicher Leitsatz

Das selbständige WG "Bodenschatz" konkretisiert sich jedenfalls bereits vor Erteilung der Abbaugenehmigung, wenn mit der Genehmigung zu rechnen ist

Redaktioneller Leitsatz

  1. 1.

    Der weite einkommensteuerrechtliche Begriff des Wirtschaftsguts ist auf am Bilanzstichtag als Vermögenswert realisierbare Gegenstände im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) oder auf bloße Vermögenswerte Vorteile einschließlich tatsächlicher Zustände und konkreter Möglichkeiten bezogen, sofern sich er Kaufmann ihre Erlangung etwas kosten läßt, die Gegenstände nach der Verkehrsauffassung einer selbständigen Bewertung zugänglich sind und in der Regel eine Nutzung für mehrere Wirtschaftsjahre erbringen.

  2. 2.

    Das Vorhandensein eines Wirtschaftsguts und dessen Bilanzierung ist insbesondere davon abhängig, ob ein wirtschaftlicher Wert vorliegt, eine selbständige Bewertung möglich und ein greifbarer, längerfristiger Nutzen gegeben ist, für den ein Erwerber im Rahmen des Gesamtpreises für das Unternehmen ein ins Gewicht fallendes besonderes Entgelt ansetzen würde.

  3. 3.

    Ein unter der Erdoberfläche ruhender Bodenschatz ist grundsätzlich kein besonderes Wirtschaftsgut, sondern ein unselbständiger Bestandteil des Grund und Bodens. Die Eigenschaft eines selbständigen Wirtschaftsguts erlangt der Bodenschatz nur, wenn er zur nachhaltigen Nutzung in den Verkehr gebracht worden ist, also, wenn der Eigentümer über ihn verfügt, indem er ihn zu verwerten beginnt. Dies ist dann anzunehmen, wenn mit der Aufschließung des Bodenschatzes begonnen wird, oder aber mit ihr zu rechnen ist.

  4. 4.

    Ein als selbständig bewertbares Wirtschaftsgut Bodenschatz entsteht spätestens mit einer Abbaugenehmigung. Das Wirtschaftsgut Bodenschatz kann sich jedoch in Einzelfällen auch zu einem früheren Zeitpunkt konkretisieren. Dies jedenfalls dann, wenn Grund und Boden an ein Abbauunternehmen veräußert wird, das auch für den unter der Erdoberfläche lagernden Bodenschatz einen gesonderten Kaufpreis zahlt. Dies gilt um so mehr, wenn das veräußerte Grundstück im Bereich eines rechtskräftigen Flächennutzungsplanes gelegen ist und die Fläche als Fläche für Abgrabungen oder für die Gewinnung von Bodenschätzen ausgewiesen ist und bereits zum Zeitpunkt des Erwerbs in unmittelbarer Umgebung des veräußerten Grundstücks Kiesabbau betrieben wurde.

In dem Rechtsstreit
hat der II. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts
nach mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 19. September 1996,
an der mitgewirkt haben:
1. Vorsitzender Richter am Finanzgericht ...
2. Richter am Finanzgericht ...
3. Richter am Finanzgericht ...
4. ehrenamtlicher Richter Bäckermeister
5. ehrenamtlicher Richter Kraftfahrer
für Recht erkannt:

Tenor:

Unter Änderung des Einkommensteuerbescheides 1990 vom 03.08.1992 in Gestalt des Einspruchsbescheides vom 08.12.1993 werden die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft um 270.527 DM herabgesetzt.

Die Ausrechnung der Steuer wird dem Beklagten übertragen.

Die Revision wird zugelassen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der

Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der an die Kläger zu erstattenden Kosten abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit leisten.

Tatbestand

1

Zwischen den Parteien ist streitig, ob bei einem Verkauf landwirtschaftlichen Grundbesitzes im Wirtschaftsjahr 1990/1991 ein in dem Grund und Boden enthaltenes Kiesvorkommen als selbständiges Wirtschaftsgut des Privatvermögens anzusehen ist und somit insoweit Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft nicht vorliegen.

2

Der Kläger (Kl.) erzielte im Streitjahr Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, die er durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) ermittelte.

3

Im Dezember 1990 verkaufte der Kl. aus seinem landwirtschaftlichen Grundbesitz insgesamt 15.970 qm zu einem Gesamtkaufpreis von 558.950 DM an die Fa. L.. Von dem Quadratmeterpreis von 35 DM sollten auf den Grund und Boden-Anteil 3,50 DM/qm entfallen, auf ein in dem Grund und Boden enthaltenes Kiesvorkommen 31,50 DM/qm. Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Vertragsinhalt (not. Vertrag vom 29.11.1990, Vertragsakte).

4

Die Erwerberin, die Fa. L., betrieb ein Sand- und Kiesabbauunternehmen. Die Erwerberin beabsichtigte von Anfang an, das Grundstück ausschließlich für die Ausbeutung von Sand und Kies zu nutzen (s. Schreiben vom 12.11.1991, Bl. 2 der Beschwerdeakte).

5

Das veräußerte Grundstück war im rechtskräftigen Flächennutzungsplan der Samtgemeinde B. als "Fläche für Abgrabungen oder für die Gewinnung von Bodenschätzen" ausgewiesen (s. Schreiben vom 13.11.1991, Bl. 3 der Beschwerdeakte).

6

In der Einkommensteuererklärung 1990 erklärte der Kl. keinen Veräußerungsgewinn aus der Veräußerung des Kiesvorkommens, da dieses seiner Ansicht nach ein selbständiges Wirtschaftsgut des Privatvermögens sei.

7

Das Finanzamt (FA) hingegen sah das Kiesvorkommen als unselbständigen Bestandteil des Grund und Bodens an und zog deshalb auch den für das Kiesvorkommen gezahlten Kaufpreis in den steuerlichen Veräußerungsgewinn des Grund und Bodens ein. Es ermittelte einen Veräußerungsgewinn in Höhe von insgesamt 541.054 DM (wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Anlage zum Einkommensteuerbescheid 1990, Einkommensteuerakte 1990 Bl. 31), von dem es für das Streitjahr die Hälfte (270.527 DM) in Ansatz brachte (Anlage L. zur Einkommensteuererklärung 1990). Das FA stützte seine Rechtsauffassung auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 07.12.1989 (BStBl II 1990, 317 [BFH 07.12.1989 - IV R 1/88]). Danach entstehe ein Wirtschaftsgut "Bodenschatz" in Fällen, in denen, wie im Streitfall, eine behördliche Genehmigung zum Abbau erforderlich sei, erst, wenn die Genehmigung erteilt sei. Im Zeitpunkt der Veräußerung jedoch habe diese Abbaugenehmigung nicht vorgelegen. Die Erwerberin habe vielmehr erst am 24.06.1992 eine Abbaugenehmigung beantragt. Im Zeitpunkt des Verkaufes sei deshalb mangels fehlender Abbaugenehmigung ein selbständiges Wirtschaftsgut "Bodenschatz" noch nicht entstanden gewesen.

8

Hiergegen legten die Kl. Einspruch ein. Nach ihrer Auffassung sei bereits zum Zeitpunkt der Veräußerung ein selbständiges Wirtschaftsgut "Bodenschatz" mit der Folge entstanden, daß der hieraus erzielte Veräußerungsgewinn nicht zu einer Erhöhung der land- und forstwirtschaftlichen Einkünfte führe. Der Kl. habe mit der Veräußerung den Bodenschatz eindeutig zur gewerblichen Nutzung in den Verkehr gebracht. Die Fa. L. habe insbesondere bestätigt, daß das Grundstück gerade zum Zwecke des Abbaus des Kiesvorkommens erworben worden sei. Bei Abschluß des notariellen Vertrages sei damit zu rechnen gewesen, daß die Abbaugenehmigung erteilt werde, da die veräußerte Fläche im Flächennutzungsplan der Gemeinde B. als "Fläche für die Abgrabung oder die in Gewinnung von Bodenschätzen" ausgewiesen sei.

9

Der Einspruch blieb jedoch ohne Erfolg. Nach der Rechtsprechung des BFH sei ein unter der Erdoberfläche ruhender Bodenschatz grundsätzlich kein besonderes Wirtschaftsgut, sondern ein unselbständiger Bestandteil des Grund und Bodens. Die Eigenschaft eines selbständigen Wirtschaftsgutes erlange der Bodenschatz nach der Rechtsprechung des BFH nur, wenn er zur nachhaltigen Nutzung in den Verkehr gebracht worden sei. Von einem selbständigen Wirtschaftsgut "Bodenschatz" sei nur auszugehen, wenn ein Abbauunternehmer das den Bodenschatz führende Grundstück zur alsbaldigen Ausbeute erworben habe, der Kaufpreis nicht nur den Wert des Grund und Bodens, sondern auch den unter der Erdoberfläche lagernden Bodenschatz umfaßte und die Abbaugenehmigung in engem zeitlichen Zusammenhang mit dem Veräußerungszeitpunkt erteilt wurde. Im Streitfall sei von der Erwerberin jedoch erst am 24.06.1992 der Antrag auf Erteilung der Abbaugenehmigung gestellt worden, mithin 1 1/2 Jahre nach Abschluß des notariellen Kaufvertrages. Eine Abbaugenehmigung habe aber auch Ende Juli 1993 (Schreiben des Prozeßbevollmächtigten vom 30.07.1993, Bl. 44 der Rechtsbehelfsakte) noch nicht vorgelegen. Das Kiesvorkommen sei deshalb nicht als selbständiges Wirtschaftsgut anzusehen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Einspruchsbescheid verwiesen (Rechtsbehelfsakte, Bl. 56).

10

Hiergegen richtet sich die Klage.

11

Der Kl. hält an seiner bisherigen Rechtsauffassung fest. Das Grundstück sei in einem mehrere Hektar großen Kiesabbaugebiet gelegen, in dem schon seit Jahren - was unstreitig ist - Kiesabbau betrieben werde. Daraus lasse sich eindeutig schließen, daß neben dem Grund und Boden auch das Wirtschaftsgut "Kiesvorkommen" verkauft worden sei. Insbesondere sei in dem notariellen Kaufvertrag ein gesonderter Kaufpreis für das Kiesvorkommen ausgewiesen worden. Dieser getrennte Kaufpreisausweis reiche aus, um hier von zwei getrennten Wirtschaftsgütern auszugehen. Insbesondere erteile der Landkreis H. bereits seit 1974 Genehmigungsbescheide für den Kiesabbau in diesem Gebiet. Die Erwerberin habe deshalb zum Zeitpunkt des Erwerbs mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgehen können, daß auch für die vorliegende Fläche eine Abbaugenehmigung erteilt würde; diese sei inzwischen auch erteilt worden.

12

Die Kl. beantragen,

bei der Einkommensteuerveranlagung 1990 den Gewinn aus der Veräußerung des Bodenschatzes außer Ansatz zu lassen,

13

hilfsweise,

eine Rücklage gem. § 6 b EStG in Höhe von 540.000 DM zu bewilligen.

14

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

15

Er hält an seiner bisherigen Rechtsauffassung fest.

16

Auf den Hilfsantrag wäre er mit der Bildung einer Rücklage gem.§ 6 b EStG einverstanden.

17

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Kl. vom 29.12.1993, 11.07.1994 sowie auf den Schriftsatz des Beklagten vom 07.03.1994.

Entscheidungsgründe

18

Die Klage ist begründet.

19

Das selbständige Wirtschaftsgut "Bodenschatz" des Privatvermögens war im Streitfall bereits bei Veräußerung des Grund und Bodens an das Kiesabbauunternehmen L. entstanden. Es ist deshalb aus der Veräußerung des Bodenschatzes kein gem. §§ 13, 4 Abs. 1 EStG steuerbarer Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft entstanden.

20

I.

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist der weite einkommensteuerrechtliche Begriff des Wirtschaftsguts auf am Bilanzstichtag als Vermögenswert realisierbare Gegenstände im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) oder auf bloße Vermögenswerte Vorteile einschl. "tatsächlicher Zustände" und "konkreter Möglichkeiten" bezogen, sofern sich er Kaufmann ihre Erlangung etwas kosten läßt, die Gegenstände nach der Verkehrsauffassung einer selbständigen Bewertung zugänglich sind und in der Regel eine Nutzung für mehrere Wirtschaftsjahre erbringen (BFH-Urteil vom 6. Dez. 1990 IV R 3/89, BStBl II 1991, 346 m.w.N.). Nach dieser Rechtsprechung sind das Vorhandensein eines Wirtschaftsguts und dessen Bilanzierung insbesondere davon abhängig, ob ein wirtschaftlicher Wert Vorliegt, eine selbständige Bewertung möglich und ein greifbarer, längerfristiger Nutzen gegeben ist, für den ein Erwerber im Rahmen des Gesamtpreises für das Unternehmen ein ins Gewicht fallendes besonderes Entgelt ansetzen würde (BFH-Urteil vom 8. April 1992 IX R 34/88, BStBl II 1992, 893 [BFH 08.04.1992 - XI R 34/88]).

21

II.

Nach der Rechtsprechung des BFH ist dabei ein unter der Erdoberfläche ruhender Bodenschatz grundsätzlich kein besonderes Wirtschaftsgut, sondern ein unselbständiger Bestandteil des Grund und Bodens (BFH-Urteile vom 7. Dez. 1989 IV R 1/88, BStBl II 1990, 317; vom 6. Dez. 1990 IV R 3/89, a.a.O.; vom 28. Mai 1979 I R 66/76, BStBl II 1979, 624; vom 8. April 1992 IX R 34/88, a.a.O.; vom 13. Sept. 1988 VIII R 236/81, BFHE 154, 258 [BFH 20.07.1988 - X R 8/80]; vom 19. Juli 1994 VIII R 75/91, BStBl II 1994, 846; vom 18. März 1980 VIII R 148/78, BStBl II 1981, 794; vom 26. Nov. 1993 III R 58/89, BStBl II 1994, 293; vom 29. Okt. 1993 III R 36/93, BFH/NV 1994, 473). Die Eigenschaft eines selbständigen Wirtschaftsguts erlangt der Bodenschatz nach übereinstimmender Rechtsprechung des BFH nur, wenn er zur nachhaltigen Nutzung in den Verkehr gebracht worden ist, also, wenn der Eigentümer über ihn verfügt, indem er ihn zu verwerten beginnt. Die Rechtsprechung nimmt dies an, wenn mit der Aufschließung des Bodenschatzes begonnen wird, oder aber mit ihr zu rechnen ist.

22

Ob es dabei ausreicht, ob bei Erwerb des Grund und Bodens durch ein Abbauunternehmen für den im Grund und Boden enthaltenen Bodenschatz ein gesonderter Preis gezahlt wird, oder aber, ob das selbständige Wirtschaftsgut "Bodenschatz" erst nach Erteilung einer erforderlichen Abbaugenehmigung entsteht, ist in der Rechtsprechung des BFH bislang nicht eindeutig entschieden. Die Rechtsprechung des BFH zum Wirtschaftsgut "Bodenschatz" ist vielmehr, wie im nachfolgenden dargestellt, uneinheitlich und sehr fallbezogen:

23

1.

Rechtsprechung des I. Senats

24

a) Mit Urteil vom 28. Mai 1979 I R 66/76 (BStBl II 1979, 624) hat der I. Senat entschieden, daß der Bodenschatz auch dann als Wirtschaftsgut greifbar wird, wenn ein Abbauunternehmer ein den Bodenschatz enthaltendes Grundstück erwirbt und einen entsprechenden Preis nicht nur für das Grundstück, sondern auch für den unter der Erdoberfläche lagernden Bodenschatz zahlt.

25

2.

Rechtsprechung des III. Senats

26

a)

In seiner Entscheidung vom 26. Nov. 1993 (III R 58/89, a.a.O.) hat der III. Senat entschieden, daß das Wirtschaftsgut "Kiesvorkommen" zum Zeitpunkt des Grundstückserwerbs bei noch ausstehender Abbaugenehmigung noch nicht entstanden sei. Als Wirtschaftsgut greifbar und damit zum Wirtschaftsgut im einkommensteuerrechtlichen Sinne werde der Bodenschatz erst dann, wenn der Eigentümer über ihn verfüge, indem er ihn zu verwerten beginne. Dies sei im gewerblichen wie im privaten Bereich der Fall, wenn der Bodenschatz zum nachhaltigen gewerblichen Nutzen in den Verkehr gebracht werde, wenn z.B. mit seiner Aufschließung begonnen werde oder mit ihr zu rechnen sei. Erst dadurch konkretisiere sich der Bodenschatz als selbständig bewertbares Wirtschaftsgut. Die Entdeckung oder allein die Tatsache des Bekanntseins eines Bodenschatzes reiche für die Annahme eines Wirtschaftsgutes noch nicht aus. Die Konkretisierung eines Kiesvorkommens als selbständig bewertbares Wirtschaftsgut sei spätestens mit der Erteilung der Abbaugenehmigung eingetreten. Ab diesem Zeitpunkt sei mit der Aufschließung des Bodenschatzes durch den Erwerber zu rechnen gewesen.

27

b)

In der Entscheidung vom 29. Okt. 1993 (III R 36/93, a.a.O.) hat der III. Senat eine weitere Entscheidung zu einem Kiesvorkommen getroffen. Danach trete eine Verselbständigung des Bodenschatzes z.B. dann ein, wenn ein Abbauunternehmen das den Bodenschatz enthaltende Grundstück erwirbt und einen Kaufpreis nicht nur für das Grundstück, sondern auch für den unter der Erdoberfläche lagernden Bodenschatz zahlt. Voraussetzung für eine Verselbständigung ist hiernach, daß mit dem Verkauf des Grundstücks das Ziel des Abbaus verfolgt wird. Eine Konkretisierung des Kies- oder Sand Vorkommens als selbständiges Wirtschaftsgut wird dagegen verneint, wenn eine behördliche Genehmigung, wie z.B. nach § 3 Abs. 1 des Abgrabungsgesetzes, zum Abbau erforderlich ist und diese Genehmigung nicht erteilt wird. Ebensowenig kann nach der Rechtsprechung des 3. Senats daher eine Konkretisierung dann eintreten, wenn beim Verkauf bereits feststeht, daß ein Abbau wegen der in einem Flächennutzungs- bzw. Bebauungsplan festgelegten Verwendung der fraglichen Grundstücke rechtlich nicht möglich und vom Erwerber auch nicht beabsichtigt ist. Dabei ist nach Ansicht des III. Senats auch der Umstand, daß der Wert des Sandvorkommens als Faktor bei der Berechnung des Kaufpreises eine wesentliche Rolle gespielt hat, unerheblich.

28

3.

Rechtsprechung des IV. Senats

29

Der IV. Senat hat mit Urteil vom 7. Dez. 1989 IV R 1/88, a.a.O., entschieden, daß ein selbständiges Wirtschaftsgut "Bodenschatz" nicht bereits mit Abschluß eines Kaufvertrages über das kiesführende Grundstück entsteht, sondern, sofern eine Abbaugenehmigung erforderlich ist, erst mit Erteilung der Genehmigung. Als Wirtschaftsgut greifbar werde der Bodenschatz, wenn ein Abbauunternehmen das den Bodenschatz enthaltende Grundstück erwirbt und einen Kaufpreis nicht nur für das Grundstück, sondern auch für den unter der Erdoberfläche lagernden Bodenschatz bezahlt. In diesem Rechtsstreit war allerdings der Kiesabbau nur nach Erteilung einer Abgrabungsgenehmigung (§ 3 Abs. 1 Abgrabungsgesetz) durch den Regierungspräsidenten möglich. Ohne diese Genehmigung durfte mit dem Abbau nicht begonnen werden. Der IV. Senat vertrat deshalb die Ansicht, daß der Bodenschatz auch nicht durch auf künftigen Abbau durch Dritte gerichtete Verträge in wirtschaftlichen Verkehr gebracht werden konnte. Auch das Bestehen eines Rechtsanspruchs auf Erteilung der Genehmigung ändere nichts daran, daß vor Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen durch die Verwaltungsbehörde und Erlaß eines entsprechenden Verwaltungsakts mit der Abgrabung nicht begonnen werden dürfe und folglich bis dahin die wirtschaftliche Auswertung des Bodenschatzes nicht möglich sei. Der vom BFH entschiedene Sachverhalt bietet allerdings die Sonderheit, daß sich der Erwerber für den Fall der Nichterteilung der Abbaugenehmigung einen Rücktritt vom Vertrag vorbehalten hatte. Für den Fall der Erteilung der Abbaugenehmigung war dagegen eine Erhöhung des Kaufpreises vorgesehen.

30

4.

Rechtsprechung des VIII. Senats

31

a)

In seiner Entscheidung vom 18. März 1980 (VIII R 148/78, BStBl II 1981, 794) hat der VIII. Senat entschieden, daß ein Bodenschatz zum Wirtschaftsgut im einkommensteuerlichen Sinn wird, wenn begründete Vorstellungen über den Umfang und die Abbauwürdigkeit des Bodenschatzes bestehen und mit einem Abbau des Vorkommens zu rechnen ist.

32

b)

Mit Urteil vom 19. Juli 1994 (VIII R 75/91, BStBl II 1994, 846) hat er entschieden, daß der Bodenschatz als Wirtschaftsgut nicht schon mit seinem bloßen Vorhandensein oder seiner Entdeckung entsteht. Er entsteht als Wirtschaftsgut erst, wenn sein Abbau genehmigt ist und wenn er zur nachhaltigen gewerblichen Nutzung in den Verkehr gebracht wird, d.h. wenn ihn entweder der Eigentümer selbst nutzt oder wenn ihn dieser durch einen Dritten nutzen läßt.

33

5.

Rechtsprechung des IX. Senats

34

Der IX. Senat hat in seinem Urteil vom 8. April 1992 (IX R 34/88) entschieden, daß ein zum Grund und Boden gehörender Bodenschatz so lange nicht selbständig bewertet werden kann, solange ihn der Eigentümer nicht selbst nutzt oder durch einen anderen nutzen läßt. Als Wirtschaftsgut greifbar und damit zum Wirtschaftsgut auch im einkommensteuerrechtlichen Sinne werde der Bodenschatz erst dann, wenn der Eigentümer über ihn verfügt. Dies ist nach Ansicht des IX. Senats dann der Fall, wenn der Bodenschatz in den Verkehr gebracht wird, d.h. wenn mit seiner Aufschließung begonnen wird oder mit ihr zu rechnen ist, oder wenn er mit zusammen mit dem Grundstück unter gesonderter Preisberechnung veräußert wird.

35

Nach der aufgezeigten Rechtsprechung hat der BFH bislang nicht eindeutig entschieden, ob ein selbständig bewertbares Wirtschaftsgut "Bodenschatz" bereits dann entsteht, wenn ein Grundstück unter gesonderter Preisberechnung veräußert wird, oder aber, ob dieses erst entsteht, wenn eine erforderliche Abbaugenehmigung erteilt ist.

36

Dieses ist auch in der Literatur umstritten. In der Kommentierung zu § 5 EStG vertritt Weber-Grellet (Schmidt, Kommentar zum EStG) unter Rdn. 140 die Ansicht, daß ein Bodenschatz zum selbständigen Wirtschaftsgut werde, wenn mit der Aufschließung begonnen wird oder mit ihr zu rechnen ist, oder zusammen mit dem Grundstück unter gesonderter Preisberechnung veräußert wird, vorausgesetzt, daß die Bodenschätze überhaupt abgebaut werden sollen und eine ggf. erforderliche Abbaugenehmigung erteilt ist. Er bezieht sich dabei zur Begründung auf das BFH-Urteil vom 7. Dez. 1989 (IV R 1/88, a.a.O.). In der Kommentierung zu § 13 EStG vertritt Seeger (Schmidt, Kommentar zum EStG) unter Rdn. 108 die Ansicht, daß ein selbständiges Wirtschaftsgut Bodenschatz nicht erst mit der Abbaugenehmigung entsteht. Littmann (Kommentar zum EStG) vertritt hingegen zu § 7 EStG unter Anm. 256 die Auffassung, daß selbst dann, wenn ein entsprechender Preis nicht nur für das Grundstück, sondern auch für den unter der Erdoberfläche lagernden Bodenschatz gezahlt wird, zusätzlich erforderlich sei, daß die erforderlichen besonderen Erlaubnisse, Genehmigungen und Bewilligungen erteilt sind. Demzufolge reiche der Kaufvertrag über das Grundstück und den Bodenschatz nicht aus, wenn die Abbaugenehmigung noch ausstehe. Auch er bezieht sich insoweit auf das BFH-Urteil vom 7. Dez. 1989 (IV R 1/88, a.a.O.).

37

Hingegen vertritt Felsmann (Besteuerung der Land- und Forstwirtschaft, A Anm. 172 b) die Ansicht, daß das selbständige Wirtschaftsgut Bodenschatz jedenfalls dann greifbar werde, wenn ein Abbauunternehmen das den Bodenschatz enthaltende Grundstück erwirbt und einen Kaufpreis nicht nur für das Grundstück, sondern auch für den unter der Erdoberfläche liegenden Bodenschatz bezahlt. Es spreche einiges dafür, daß der BFH bei Veräußerungen an Abbauunternehmen grundsätzlich von einem selbständigen Wirtschaftsgut hinsichtlich des Bodenschatzes ausgehen wollte, was im Hinblick darauf, daß in diesen Fällen die alsbaldige Ausbeutung des Bodenschatzes generell unterstellt werden könnte, auch sachgerecht erscheine. Auch nach dem Urteil des BFH vom 26. Nov. 1993 (BStBl II 1994, 293 [BFH 26.11.1993 - III R 58/89]) gehe der BFH davon aus, daß sich der Bodenschatz spätestens mit Erteilung der Abbaugenehmigung als Wirtschaftsgut konkretisiert habe. Danach müsse dann allerdings eine Konkretisierung auch zu einem früheren Zeitpunkt möglich sein.

38

III.

Der Senat schließt sich der Rechtsprechung des III. Senats des Bundesfinanzhofs (Urteil vom 26. Nov. 1993 III R 58/89, BStBl II 1994, 293) an, wonach ein als selbständig bewertbares Wirtschaftsgut "Bodenschatz" spätestens mit einer Abbaugenehmigung entsteht. Das Wirtschaftsgut "Bodenschatz" kann sich jedoch in Einzelfällen auch zu einem früheren Zeitpunkt konkretisieren. Dies jedenfalls dann, wenn, wie im Streitfall, Grund und Boden an ein Abbauunternehmen veräußert wird, das auch für den unter der Erdoberfläche lagernden Bodenschatz einen gesonderten Kaufpreis zahlt. Dies gilt um so mehr, wenn, wie im Streitfall, das veräußerte Grundstück im Bereich eines rechtskräftigen Flächennutzungsplanes gelegen ist und die Fläche als "Fläche für Abgrabungen oder für die Gewinnung von Bodenschätzen" ausgewiesen ist und bereits zum Zeitpunkt des Erwerbs in unmittelbarer Umgebung des veräußerten Grundstücks Kiesabbau betrieben wurde. Die erforderliche Abbaugenehmigung nach § 17 des Niedersächsischen Naturschutzgesetzes stellt sich dann als rein formeller weiterer behördlicher Akt dar. Zum Zeitpunkt des Verkaufs allerdings durften Veräußerer und Erwerber davon ausgehen, daß mit einer alsbaldigen Genehmigung des Abbaus zu rechnen sei.

39

Im Streitfall hat deshalb ein Erwerber einen gesonderten Preis für den in dem Grund und Boden lagernden Bodenschatz gezahlt, dieser war also einer selbständigen Bewertung zugänglich. Ausgehend von dem nach der Rechtsprechung des BFH weiten einkommensteuerrechtlichen Begriff des Wirtschaftsgutes ist deshalb nach der Definition des BFH vom Vorliegen eines selbständigen Wirtschaftsgutes bereits zum Zeitpunkt des Verkaufs auszugehen. Anders als in der Entscheidung des BFH vom 7. Dez. 1989 (IV R 1/88, BStBl II 1990, 317) wurde dem Erwerber auch kein Rücktrittsrecht zugebilligt. Es wurde bereits bei Veräußerung des Grund und Bodens ein gesonderter Preis für das im Boden enthaltene Kiesvorkommen ausgewiesen. Die Parteien haben deshalb den Kaufpreis für das Kiesvorkommen nicht von einer späteren Abbaumöglichkeit abhängig gemacht. Beide Parteien waren sich vielmehr darüber einig gewesen, daß die Erwerberin das Gelände als Vorratsgelände erwirbt, um sich für die Zukunft die Möglichkeit des Kiesabbaus zu sichern. Der Kläger durfte insbesondere auch bei Verkauf des Grundstücks bereits davon ausgehen, daß zu einem späteren Zeitpunkt eine Abbaugenehmigung erteilt würde, da das Gelände im Bereich eines rechtskräftigen Flächennutzungsplanes belegen ist. Stellt sich demnach die zu erteilende Genehmigung als rein zusätzlicher, förmlicher behördlicher Akt dar, so hat sich bei Veräußerung eines Bodenschatzes an ein Abbauunternehmen unter Ausweis eines gesonderten Kaufpreises das Wirtschaftsgut "Bodenschatz" bereits im Zeitpunkt des Verkaufs konkretisiert. Da der Bodenschatz selbständiges Wirtschaftsgut des Privatvermögens ist, ist der Veräußerungserlös nicht bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft zu erfassen. Die Klage ist daher begründet.

40

IV.

Die Revision wird zugelassen, weil die Sache grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 1 Nr. 1 Finanzgerichtsordnung - FGO -) hat, weil bisher höchstrichterlich nicht entschieden ist, ob ein selbständiges Wirtschaftsgut "Bodenschatz" in jedem Falle erst nach Erteilung einer Abbaugenehmigung entstehen kann, oder aber, ob es in Ausnahme fällen, wie im Streitfall, bereits im Zeitpunkt des Verkaufs des Grund und Bodens entsteht.

41

V.

Die Ausrechnung der Steuer wird dem FA gem. § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO übertragen.

42

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 FGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 151 Abs. 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozeßordnung.

43

Gegen dieses Urteil ist die Revision zugelassen worden.