Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 17.05.2017, Az.: 11 KN 105/16

Angemessenheit; Anleinpflicht; Bestimmtheitsgebot; Erforderlichkeit; Freilauffläche; Geeignetheit; abstrakte Gefahr; Gefahrverordnung; räumlicher Geltungsbereich; Hund; Jahresfrist; Leinenpflicht; Leinenzwang; Normenkontrolle; Verhältnismäßigkeit; ordnungsrechtliche Verordnung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
17.05.2017
Aktenzeichen
11 KN 105/16
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2017, 53874
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Von unangeleint umherlaufenden Hunden kann eine Gefährdung für die menschliche Gesundheit und für andere Hunde oder Tiere ausgehen, die geeignet ist, die allgemeine Anordnung eines Leinenzwangs für Hunde in einem näher bestimmten Bereich zu rechtfertigen (Fortführung der Senatsrechtsprechung, vgl. Senatsbeschl. v. 07.02.2014 - NdsVBl. 2014, 205, juris).
2. Bei der Einschätzung einer derartigen abstrakten Gefahr und bei der Beurteilung der Maßnahmen, die der Verhütung und Bewältigung dieser Gefahr dienen sollen, steht der Gemeinde als Normgeberin ein Beurteilungsspielraum zu.
3. Zur Frage der hinreichenden inhaltlichen Bestimmtheit des räumlichen Geltungsbereiches einer Leinenpflicht (hier: bejaht).

Tenor:

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Antragsteller kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht die Antragsgegnerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Antragsteller wendet sich gegen die in § 1 Abs. 2 der Verordnung der Antragsgegnerin über das Mitführen von Hunden in der Öffentlichkeit vom 28. September 2015 - im Folgenden: Verordnung - bestimmte ganzjährige Anleinpflicht für Hunde im Eversten Holz in Oldenburg. Er ist Eigentümer und Halter eines Hundes und hat seinen Wohnsitz im Stadtgebiet der Antragsgegnerin fußläufig rund 1 km vom Eversten Holz entfernt. Er geht nach seinen Angaben dort regelmäßig spazieren und gewährte seinem Hund bisher unangeleint Auslauf.

Das Eversten Holz ist eine rund 23 ha große innerstädtische Grünanlage in Oldenburg, die im Eigentum des Landes Niedersachsen steht. Diese Grünanlage weist überwiegend einen waldartigen Charakter auf und ist als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen. Sie stellt ein innerstädtisches Naherholungsgebiet für die Bevölkerung dar. Innerhalb dieser Anlage befinden sich neben Wanderwegen unter anderem mehrere Grünanlagen, ein Teich, eine Spiel- und Liegewiese sowie eine Kindertagesstätte und ein Spielplatz.

In der Verordnung der Stadt Oldenburg über das Mitführen von Hunden in der Öffentlichkeit vom 6. Juni 1983 (Amtsbl. Reg.-Bez. Weser-Ems Nr. 24 v. 16.6.1983) sowie der gleichnamigen Verordnung vom 5. Juli 2004 (Amtsbl. Reg.-Bez. Weser-Ems Nr. 30 v. 23.7.2004) war unter anderem bestimmt, dass Hunde in der im Einzelnen näher bestimmten Innenstadt ganzjährig an der Leine zu führen sind. Von dieser Leinenpflicht war seit 2004 zudem der Schlossgarten, nicht aber das Eversten Holz betroffen.

Aufgrund diverser Eingaben und Beschwerden von Bürgern, Anträgen von Fraktionen des Rates der Antragsgegnerin und des Vereins Freunde des Everstenholzes e.V. sowie auf Anregung des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur als Vertreter des Landes Niedersachsen wurden seit 2008 Überlegungen angestellt, die ganzjährige Anleinpflicht für Hunde auch auf das Eversten Holz zu erstrecken. In seiner Sitzung vom 28. September 2015 beschloss der Rat der Antragsgegnerin daraufhin die Verordnung „in der Fassung vom 29.06.2015“, mit der eine Anleinpflicht für Hunde im - näher umschriebenen - Eversten Holz eingeführt und eine Freilauffläche ausgewiesen wird. Die in der Anlage 1 zu der Verordnung in einem Lageplan näher markierte Freilauffläche hat einen Umfang von rund 5,7 ha und grenzt an die Straße Unter den Eichen. Innerhalb dieser Freilauffläche befinden sich Wiesen-, Wald- und Unterholzflächen sowie feste Wege. § 1 Abs. 2 der Verordnung hat - soweit hier von Interesse - folgenden Wortlaut: In der Innenstadt, im Schlossgarten und im Eversten Holz sind Hunde an der Leine zu führen (Satz 1). Die Anleinpflicht im Eversten Holz gilt nicht für die in der Anlage 1 gekennzeichnete Freilauffläche, mit Ausnahme der Brut- und Setzzeit vom 01.04. - 15.07. eines Jahres entsprechend den Bestimmungen des Niedersächsischen Gesetzes über den Wald und die Landschaftsordnung - NWaldLG - (Satz 2). Das Eversten Holz ist die durch Einfriedung (Zäune, Hecken) umschlossene zwischen der Straße Unter den Eichen, Meinardusstraße, Hauptstraße und Wienstraße gelegene Fläche (Satz 6). In der Anlage 1 wird die Freilauffläche in einem Lageplan schraffiert dargestellt. Zur weiteren Kennzeichnung der Freilauffläche hat die Antragsgegnerin vor Ort insgesamt sieben Schilder aufgestellt. Im Gebiet der Antragsgegnerin gibt es sechs weitere Freilaufflächen für Hunde in einem Umfang von insgesamt rund 9,6 ha.

Der Antragsteller hat am 27. Mai 2016 das Normenkontrollverfahren eingeleitet. Zur Begründung führt er an, die Verordnung sei nicht mit höherrangigem Recht vereinbar und daher unwirksam. Sie sei aus zwei Gründen nicht hinreichend bestimmt genug. Zum einen beschreibe § 1 Abs. 2 Satz 6 der Verordnung den Bereich, für den der Anleinzwang im Eversten Holz gelte, nicht ausreichend und vollständig. Es fehle eine textliche Beschreibung, wo das Gebiet im nordwestlichen Bereich Richtung Wichelnstraße verlaufe und ende. Die Beschreibung im Textteil der Verordnung weise daher eine Lücke von rund 450 m auf, für die es keine Regelung gebe. Zum anderen ziehe sich der in der Anlage 1 skizzierte Bereich der Freilauffläche abweichend von durch das Eversten Holz verlaufenden Wegen im südwestlichen Teil mitten durch Waldflächen bzw. das Unterholz, sodass es an einer eindeutigen und unmissverständlichen Abgrenzung der Freilauffläche fehle. Überdies werde die Freilauffläche nur mit einem dicken Strich gekennzeichnet und beinhalte teilweise gerade nicht die Wege, die eigentlich zur Freilauffläche gehören sollten. Insbesondere der südöstliche Teil der Freilauffläche sei unklar abgegrenzt, da der dort verlaufende Weg teils zur Freilauffläche zu gehören scheine, teilweise aber auch nicht. Auch die vor Ort angebrachten Hinweisschilder legten den Bereich der Freilauffläche nicht eindeutig fest, zum Teil stünden diese Schilder zudem an falscher Stelle. Ungeachtet dessen sei die Anleinpflicht im Eversten Holz unverhältnismäßig. Im Gegensatz zum Schlossgarten, bei dem es sich um eine Parkanlage mit großflächigen Grünflächen in unmittelbarer Innenstadtlage handele und in Bezug auf den es in der Vergangenheit häufiger Beschwerden über freilaufende Hunde gegeben habe, habe keine Veranlassung bestanden, die Anleinpflicht auf das Eversten Holz als fast geschlossenes Waldgebiet auszudehnen. Konkret belegte gravierende Vorfälle mit frei laufenden Hunden im Eversten Holz seien nicht zu verzeichnen, wie sich insbesondere aus dem Vermerk der Antragsgegnerin vom 28. Februar 2011 und der ihm gegenüber erteilten mündlichen Auskunft von Mitarbeitern des Kindergartens ergebe. So habe es beispielsweise im Jahr 2009 lediglich drei Verstöße gegen die Anleinpflicht während der Brut- und Setzzeit und keinen Beißvorfall gegeben. Diese Situation habe sich in den Folgejahren nicht geändert. Die Antragsgegnerin habe den Leinenzwang mithin unter Berücksichtigung einer lediglich subjektiv empfundenen Gefahrenlage vor allem vor dem Hintergrund der nachdrücklichen Initiative des Vereins der Freunde des Eversten Holzes e.V. eingeführt. Der Leinenzwang sei zudem nicht geeignet, die behaupteten Gefahrensituationen zu verhindern, sondern erhöhe im Gegenteil das Gefahrenrisiko. Einzelfällen, in denen ein Hund tatsächlich eine Gefahr darstelle, könne in ausreichendem Umfang mit individuellen Maßnahmen begegnet werden. Das Eversten Holz stelle die einzige maßgebliche Waldfläche dar, die innerhalb des Innenstadtbereichs der Antragsgegnerin bislang als Freilaufzone für Hunde zur Verfügung gestanden habe, zumal weite Teile des Stadtgebietes einem faktischen Leinenzwang unterlägen. Der Leinenzwang führe bei den Hunden zu Verhaltensproblemen. Die festgelegte Freilauffläche sei nicht ausreichend, um dem natürlichen Bewegungsdrang der Hunde zu genügen. In maximal einer Stunde sei der gesamte Weg ca. 3,5mal zu umrunden. Zudem sei diese Fläche häufig durchnässt.

Der Antragsteller beantragt,

die Verordnung der Antragsgegnerin vom 28. September 2015 zur Änderung der Verordnung über das Mitführen von Hunden in der Öffentlichkeit vom 5. Juli 2004 für unwirksam zu erklären.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung führt sie aus, die streitgegenständliche Verordnung seit mit höherrangigem Recht vereinbar. Sie verstoße nicht gegen das Bestimmtheitsgebot. Entgegen der Ansicht des Antragstellers sei der nordwestliche Bereich des Eversten Holzes eindeutig durch Einfriedungen sowie durch Hecken und Zäune begrenzt. Die Zugänge zum Eversten Holz seien durch Schilder gekennzeichnet. Auch die Fläche der ausgewiesenen Freilaufzone sei hinreichend bestimmt. Die Freilauffläche grenze nahezu vollständig an Wege oder Wasserläufe. Die beiden untergeordneten Bereiche im südlichen Abschnitt der Freilauffläche seien zwar nicht durch derartige optisch sichtbare Markierungen abgegrenzt und reichten geringfügig in das Unterholz hinein. Diese Abgrenzung solle verhindern, dass jegliches Abweichen des Hundes vom Fußgängerweg einen zu ahndenden Verstoß darstelle. Die vor Ort vorhandene Beschilderung konkretisiere für jeden Besucher und damit insbesondere auch für Auswärtige die Umgrenzung der Fläche an den Eingängen und Wegkreuzungen innerhalb des Freilaufbereichs in ausreichender und verständlicher Weise. Zusätzlich sei bei jedem Zugangsschild ein Schild mit einer Standortkarte zur näheren Orientierung angebracht. Zudem habe sie über mehrere Monate an Nutzer des Eversten Holzes Informationsmaterial ausgegeben. Die Einbeziehung des Eversten Holzes in die Anleinpflicht sei verhältnismäßig. Entgegen der Darstellung des Antragstellers habe es im Laufe der letzten Jahre wiederholt Beschwerden verschiedener Nutzergruppen des Eversten Holzes gegeben. So seien etwa von der Leine gelassene Großhunde mitten durch im Waldgebiet rastende Kindergartengruppen gelaufen, was die Kinder verschreckt und verängstigt habe. Allgemein beeinträchtigten frei laufende Hunde den ungestörten Aufenthalt von Nutzern des Eversten Holzes und stellten ein großes hygienisches Risiko vor allem für Flächen dar, die von Kindern und Erwachsenen zum Spielen oder Verweilen genutzt würden. Durch die Freilauffläche im Eversten Holz sowie die weiteren in ihrem Stadtgebiet zur Verfügung gestellten Freilaufflächen an der Großmarktstraße, am Flötenteich, bei der Weser-Ems-Halle, südlich der Sportanlagen an der Kennedystraße, beim Schulzentrum Kreyenbrück sowie im Bereich des Harreweges sei einer artgerechten Hundehaltung hinreichend Rechnung getragen. Die von dem Antragsteller angeführten Verhaltensstörungen bei Hunden wie exzessives Bellen und Herumrennen seien abhängig von der Häufigkeit des gewährten Auslaufs.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und den Verwaltungsvorgang der Antragsgegnerin verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe

Der Normenkontrollantrag ist zulässig (dazu I.), aber unbegründet (dazu II.).

I. Der Normenkontrollantrag ist zulässig.

Bei der Verordnung handelt es sich um eine im Range unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift, für deren Überprüfung das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht nach §§ 75 NJG, 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO zuständig ist.

Der Antrag wahrt die Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Hiernach muss der Normenkontrollantrag innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift gestellt werden. Die Verordnung der Antragsgegnerin datiert in ihrer ursprünglichen Form zwar bereits vom 5. Juli 2004, während der Antrag des Antragstellers erst am 27. Mai 2016 bei Gericht eingegangen ist. Der Antragsteller wendet sich aber nicht gegen den in § 1 Abs. 2 der Verordnung in dieser Fassung angeordneten Leinenzwang für Hunde, sondern gegen die von dem Rat der Antragsgegnerin unter dem 28. September 2015 beschlossene Erweiterung des Leinenzwangs für das Eversten Holz. Die Verordnung in dieser geänderten Fassung ist im Amtsblatt für die Stadt Oldenburg am 12. Februar 2016 bekannt gemacht worden. Der bereits zuvor normierte Leinenzwang in der Innenstadt und im Schlossgarten ist dagegen nicht Gegenstand des Normenkontrollantrages.

Der Antragsteller ist antragsbefugt im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Er wird als Halter und Eigentümer eines Hundes durch die zur Prüfung gestellte Norm in seinem subjektiven (Grund-)Recht der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) unmittelbar betroffen. Als Hundehalter ist er Normadressat und gehalten, der angeordneten Verhaltenspflicht im Eversten Holz nachzukommen.

II. Der Normenkontrollantrag hat in der Sache keinen Erfolg.

Der in § 1 Abs. 2 Sätze 1, 2 und 6 der Verordnung in der streitgegenständlichen Fassung für das Gebiet des Eversten Holzes angeordnete Leinenzwang für Hunde ist rechtmäßig. Ein Verstoß gegen höherrangige Vorschriften ist weder in formeller (dazu 1.) noch in materieller Hinsicht (dazu 2.) gegeben.

Die Regelung findet ihre erforderliche gesetzliche Ermächtigungsgrundlage in § 55 Abs. 1 Nr. 1 Nds. SOG. Hiernach werden die Gemeinden für ihren Bezirk oder für Teile ihres Bezirkes zum Erlass von Verordnungen zur Abwehr abstrakter Gefahren ermächtigt. Gemäß § 55 Abs. 2 Satz 1 Nds. SOG erlassen die Gemeinden die Verordnungen nach den für Satzungen geltenden Vorschriften. Diese Generalermächtigung für den Erlass einer ordnungsbehördlichen Verordnung, die am Maßstab des Grundrechtes der allgemeinen Handlungsfreiheit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG zu messen ist, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung sind im Gesetz im Sinne des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG und des Art. 43 Abs. 1 Satz 1 NV hinreichend bestimmt. Verordnungen, die - wie hier - eine Leinenpflicht für Hunde vorsehen, dienen dem präventiven Schutz von Personen und Tieren, die sich in der Öffentlichkeit aufhalten. Sie sollen als ordnungsrechtliche Verordnungen von Hunden ausgehende abstrakte Gefahren für die in § 2 Nr. 2 i. V. m. Nr. 1 a Nds. SOG genannten Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verhindern. Diese Schutzgüter sind in ihrer Bedeutung in der Rechtsprechung hinreichend geklärt (Thüringer OVG, Urt. v. 26.4.2007 - 3 N 699/05 -, ThürVBl. 2008, 34, juris, Rdnr. 43 m. w. N.). Derartige Beschränkungen verstoßen nicht gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Die Festlegung des Umfangs im Einzelnen ist Sache der Gemeinden.

1. Mängel im Rechtsetzungsverfahren sind vom Antragsteller weder vorgetragen noch ersichtlich.

Der Rat der Antragsgegnerin ist als Gemeindevertretung gemäß § 55 Abs. 2 Satz 1 Nds. SOG i. V. m. § 58 Abs. 1 Nr. 5 NKomVG für den Erlass der Änderungsverordnung zuständig. Die Formvorschriften des § 58 Nds. SOG sind eingehalten, insbesondere hat der Oberbürgermeister die Änderungsverordnung unterzeichnet und das Datum der Ausfertigung (6.10.2015) vermerkt (vgl. § 58 Nr. 6 Nds. SOG). Die Änderungsverordnung ist ordnungsgemäß in dem nach § 10 Abs. 1 der Hauptsatzung der Antragsgegnerin vorgesehenen Verkündungsorgan „Amtsblatt für die Stadt Oldenburg“ veröffentlicht worden und am Tag nach der Veröffentlichung in Kraft getreten (vgl. § 60 Satz 1 Nds. SOG). Der fehlerhafte Hinweis in der Überschrift der Verordnung auf das Datum des „29.06.2015“ ist unschädlich. Die ursprüngliche Fassung der streitgegenständlichen Verordnung datiert vom 5. Juli 2004. Bei der „Fassung vom 29.06.2015“ handelt es sich lediglich um den Entwurf der Änderungsverordnung für die Ratssitzung an diesem Tag. Wegen weiteren Gesprächsbedarfs wurde der diesen Gegenstand betreffende Tagesordnungspunkt auf die Ratssitzung zunächst am 20. Juli 2015 und letztlich auf die Ratssitzung am 28. September 2015 vertagt und erst in dem letztgenannten Termin wurde die Verordnung in ihrer neuen Fassung beschlossen.

Dass die Verordnung entgegen § 61 Satz 1 Nds. SOG keine Beschränkung ihrer Geltungsdauer regelt, ist unschädlich. Bei der genannten Bestimmung handelt es sich lediglich um eine Sollvorschrift mit der Folge, dass nach § 61 Satz 2 Nds. SOG die Verordnung spätestens 20 Jahre nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft tritt.

2. Die Verordnung in der Fassung der streitgegenständlichen Änderungsfassung vom 28. September 2015 begegnet auch in materiell-rechtlicher Hinsicht keinen durchgreifenden Bedenken.

Der Rückgriff auf die als Rechtsgrundlage bezeichneten §§ 1, 55 Nds. SOG ist nicht durch vorrangige Bestimmungen ausgeschlossen. Weder gibt es in Niedersachsen eine spezialgesetzliche Rechtsgrundlage zum Erlass eines kommunalen Leinenzwangs für Hunde, noch lässt sich etwa den Vorschriften des Niedersächsischen Hundegesetzes - NHundG - entnehmen, dass ein allgemeiner Leinenzwang nur nach Maßgabe dieses Gesetzes erlassen werden kann. Der in § 14 Abs. 3 Satz 1 NHundG angeordnete Leinenzwang betrifft lediglich gefährliche Hunde im Sinne des § 7 NHundG.

Angesichts des räumlichen Umfangs der streitigen Regelung, ihres - wenn auch gesetzlich befristeten - zeitlichen Geltungsbereiches von bis zu 20 Jahren sowie der Vielzahl der Betroffenen ist es nicht zu beanstanden, dass der Leinenzwang als Verordnung, d.h. als abstrakt-generelle Regelung, und nicht als Allgemeinverfügung im Sinne der §§ 35 Satz 2 VwVfG, 1 Abs. 1 NVwVfG erlassen worden ist. Ein spezieller Gesetzesvorbehalt besteht ebenfalls nicht.

Der in § 1 Abs. 2 der Verordnung in der streitgegenständlichen Fassung für das Gebiet des Eversten Holzes angeordnete Leinenzwang für Hunde entspricht den gesetzlichen Vorgaben der §§ 1, 2, 4, 55 und 57 Abs. 1 Nds. SOG.

a) Bedenken gegen die nach § 57 Abs. 1 Nds. SOG erforderliche inhaltliche Bestimmtheit der Verordnung bestehen entgegen der Ansicht des Antragstellers hinsichtlich der räumlichen Ausdehnung des Gebietes, für das die Leinenpflicht im Eversten Holz gilt, und der Freilauffläche nicht. Nach dem sich aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleiteten Grundsatz der hinreichenden Bestimmtheit muss der Normgeber seine Regelungen so genau fassen, wie es nach der Eigenart der zu ordnenden Lebenssachverhalte und unter Berücksichtigung des Normzwecks möglich ist. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass die von der Rechtsnorm Betroffenen die Rechtslage und damit den Inhalt und die Grenzen von Gebots- und Verbotsnormen in zumutbarer Weise erkennen und ihr Verhalten entsprechend ausrichten können. Weiter soll das Vorgehen der Verwaltung durch abstrakt steuernde und begrenzende Handlungsmaßstäbe im Einzelfall gebunden werden. Schließlich sollen die Gerichte in die Lage versetzt werden, ihre Rechtskontrolle anhand hinreichend verlässlicher normativer Vorgaben auszuüben (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.11.2007 - 1 S 2720/06 -, VBlBW 2008, 134 [VGH Baden-Württemberg 15.11.2007 - 1 S 2720/06], juris, Rdnr. 30 m. w. N.). Der örtliche Geltungsbereich einer Rechtsnorm ist deshalb möglichst genau mit beschreibenden Merkmalen zu bezeichnen, wobei zur näheren Eingrenzung auch ein Lageplan oder eine Skizze zum Norminhalt gemacht werden kann. Diesen Anforderungen genügt die Festlegung der Grenzen des Eversten Holzes und der Freilauffläche.

In § 1 Abs. 2 Satz 6 der Verordnung wird das Eversten Holz als die durch Einfriedung in Gestalt von Zäunen und Hecken umschlossene zwischen der Straße Unter den Eichen, Meinardusstraße, Hauptstraße und Wienstraße gelegene Fläche gekennzeichnet. Diese sprachliche Umschreibung genügt dem Bestimmtheitsgebot. Zwar wird in dem nordwestlichen Bereich Richtung Wichelnstraße die Grenze des von der Anleinpflicht betroffenen Gebietes nicht durch die Benennung einer Straße markiert. Der Verzicht darauf ist jedoch sachlich begründet, weil das Eversten Holz im nordwestlichen Bereich - anders als in den übrigen Bereichen - nicht direkt an einer Straße anliegt. Zwischen dem Eversten Holz und der Wichelnstraße befindet sich vielmehr eine Wohnbebauung, die von dem Eversten Holz durch Hecken und Zäune abgegrenzt ist. Deshalb reicht es aus, dass die Antragsgegnerin in ihrer normativen Beschreibung die Einfriedung als Begrenzungsmerkmal erwähnt. Den Normadressaten wird dadurch auch an dieser Stelle die Ausdehnung des von der Verordnung betroffenen Gebietes in ausreichendem Maße verdeutlicht. Hecken und Zäune grenzen in diesem Bereich das Eversten Holz sichtbar von der umliegenden Wohnbebauung und einer Grünfläche ab.

Die Bezeichnung der Freilauffläche genügt ebenfalls dem Bestimmtheitsgebot. In § 1 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung wird auf die in der Anlage 1 gekennzeichnete Fläche verwiesen. Eine derartige Verweisung auf einen Lageplan, der ebenfalls Norminhalt ist, ist nach dem oben Gesagten zulässig. Zu Unrecht meint die Antragsgegnerin zwar, dass die Beschilderung vor Ort zur Klärung der räumlichen Ausdehnung der Freilauffläche beitrage. Nach § 57 Abs. 1 Nds. SOG muss der Inhalt der Verordnungen hinreichend bestimmt sein. Dies gilt auch für eine Anlage wie hier den Lageplan. Auf die Beschilderung vor Ort wird weder im Verordnungstext noch im Lageplan Bezug genommen. Eine Ausnahme nach § 57 Abs. 2 Nds. SOG liegt nicht vor.

Entgegen der Ansicht des Antragstellers genügt der Lageplan aber dem Bestimmtheitsgebot. Dies gilt zum einen hinsichtlich der Frage, ob die Wege im Einzelnen in die Freilauffläche einbezogen worden sind. Eindeutig bejaht werden kann diese Frage bei den Wegen, die innerhalb der Freilauffläche liegen. Demgegenüber ist eine Wegstrecke im südöstlichen Teil des Verordnungsgebietes von einem im Lageplan hinreichend zu ermittelnden Punkt, an dem die die Grenze der Freilauffläche kennzeichnende Linie östlich der Lagebezeichnung „Eversten Holz“ etwas in Richtung Nordosten abknickt, bis zu dem Punkt, an dem der Weg zunächst eine leichte Rechtskurve und dann eine leichte Linkskurve nimmt und danach nach Norden in Richtung Proppingstraße verläuft, nach dem durch den Linienverlauf noch hinreichend erkennbaren Willen der Antragsgegnerin als Normgeberin nicht von der Freilauffläche erfasst. Zum anderen begegnet der Umstand, dass die Freilauffläche im südwestlichen Teil nicht durch Wege begrenzt wird, sondern sich der Grenzverlauf in diesem Bereich mitten durch Waldflächen und Unterholz zieht, unter dem Gesichtspunkt der Bestimmtheit ebenfalls keinen Bedenken. Das von der Freilauffläche umschlossene Areal im Unterholz und im Waldgebiet ist durch eine Linie in dem Lageplan für die Normadressaten hinreichend deutlich abgegrenzt. Sollte es im Einzelfall Zweifel über den genauen Grenzverlauf geben, kann einer solchen Unsicherheit angemessen dadurch Rechnung getragen werden, dass von der Verhängung eines Bußgeldes wegen einer Ordnungswidrigkeit bei Zuwiderhandlung gegen die Verordnung abgesehen wird (BVerwG, Urt. v. 16.6.1994 - BVerwG 4 C 2.94 -, BVerwGE 96, 110, juris, Rdnr. 21; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 15.11.2007 - 1 S 2720/06 -, VBlBW 2008, 134, juris, Rdnr. 32). Die Antragsgegnerin hat die Grenzziehung in diesem Bereich damit begründet, dass nicht jedes Ausweichen freilaufender Hunde von den Fußwegen in den südlichen Bereich einen bußgeldbewehrten Verstoß gegen die Anleinpflicht darstellen soll.

b) Die nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 Nds. SOG tatbestandlich erforderliche abstrakte Gefahr ist gegeben.

§ 2 Nr. 2 Nds. SOG definiert die abstrakte Gefahr als eine nach allgemeiner Lebenserfahrung oder den Erkenntnissen fachkundiger Stellen mögliche Sachlage, die im Falle ihres Eintritts eine Gefahr nach Nr. 1 darstellt, d.h. als eine Sachlage, bei der im einzelnen Fall die hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass in absehbarer Zeit ein Schaden für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung eintreten wird. Die abstrakte ordnungsrechtliche Gefahr ist dadurch gekennzeichnet, dass aus gewissen gegenwärtigen Zuständen nach dem Gesetz der Kausalität gewisse andere Schaden bringende Zustände und Ereignisse erwachsen werden. Maßgebliches Kriterium zur Feststellung einer Gefahr ist die hinreichende Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts. Das trifft nicht nur für die konkrete Gefahr zu, die zu Abwehrmaßnahmen im Einzelfall berechtigt, sondern auch für die sicherheitsrechtlichen Verordnungen zugrunde liegende abstrakte Gefahr. Diese unterscheidet sich von der konkreten Gefahr nicht durch den Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts, sondern durch den Bezugspunkt der Gefahrenprognose oder, anders ausgedrückt, durch die Betrachtungsweise: Eine konkrete Gefahr liegt vor, wenn in dem zu beurteilenden konkreten Einzelfall in überschaubarer Zukunft mit dem Schadenseintritt hinreichend wahrscheinlich gerechnet werden kann. Eine abstrakte Gefahr ist gegeben, wenn eine generell-abstrakte Betrachtung für bestimmte Arten von Verhaltensweisen oder Zuständen zu dem Ergebnis führt, dass mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden im Einzelfall einzutreten pflegt und daher Anlass besteht, diese Gefahr mit generell-abstrakten Mitteln, also einem Rechtssatz zu bekämpfen. Das hat zur Folge, dass lediglich auf den Nachweis der Gefahr eines Schadenseintritts im Einzelfall verzichtet werden kann. Auch die Feststellung einer abstrakten Gefahr verlangt mithin eine in tatsächlicher Hinsicht genügend abgesicherte Prognose. Es müssen - bei abstrakt-genereller Betrachtung - hinreichende Anhaltspunkte vorhanden sein, die den Schluss auf den drohenden Eintritt von Schäden rechtfertigen. Der erforderliche Wahrscheinlichkeitsgrad des Schadenseintritts hängt dabei von der Bedeutung der gefährdeten Rechtsgüter sowie dem Ausmaß des möglichen Schadens ab. Die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts muss umso größer sein, je geringer der möglicherweise eintretende Schaden ist, und sie darf umso geringer sein, je schwerer der etwa eintretende Schaden wiegt (BVerwG, Urt. v. 3.7.2002 - BVerwG 6 CN 8.01 - NVwZ 2003, 95; Senatsbeschl. v. 7.2.2014 - 11 KN 218/13 -, NdsVBl. 2014, 205, juris, Rdnr. 15; Senatsurt. v. 30.11.2012 - 11 KN 187/12 -, NdsVBl. 2013, 64, juris, Rdnr. 64 ff., jeweils m.w.N.). Die demnach zur Feststellung einer abstrakten Gefahr erforderlichen Erkenntnisse über die Einzelheiten der zu regelnden Sachverhalte und/oder über die maßgeblichen Kausalverläufe können sich nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Senatsbeschl. v. 7.2.2014 - 11 KN 218/13 -, a.a.O., juris, Rdnr. 15; Senatsurt. v. 30.11.2012 - 11 KN 187/12 -, a.a.O., juris, Rdnr. 66) neben wissenschaftlichen Erkenntnissen oder denen fachkundiger Stellen insbesondere auch aus der allgemeinen Lebenserfahrung ergeben, wie dies § 2 Nr. 2 Nds. SOG ausdrücklich klarstellt und auch in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Beschl. v. 2.3.2011 - BVerwG 6 BN 2.10 -, juris, Rdnr. 6; Beschl. v. 24.1.2008 - BVerwG 6 BN 2.07 -, juris, Rdnr. 17, jeweils m.w.N.) und anderer Obergerichte (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 27.5.2010 - OVG 5 A 1.08 -, juris, Rdnr. 28; Thüringer OVG, Urt. v. 26.4.2007 - 3 N 699/05 -, a.a.O., 34, juris, Rdnr. 54; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 15.11.2007 - 1 S 2720/06 -, a.a.O., juris, Rdnr. 26; OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 21.9.2006 - 7 C 10539/06 -, juris, Rdnr. 15, jeweils m.w.N.; wohl auch OVG Bremen, Urt. v. 15.11.2016 - 1 D 57/15 -, NordÖR 2017, 194, juris, Rdnr. 49 ff.) zum jeweiligen Landesrecht anerkannt ist.

Hiervon ausgehend ist die Antragsgegnerin zu Recht vom Vorliegen einer durch unangeleint umherlaufende Hunde (und zwar ohne Differenzierung nach Hunderassen und nach Jahres- oder Tages/-Nachtzeiten) ausgehenden abstrakten Gefahr ausgegangen, der sie mit dem streitgegenständlich angeordneten Leinenzwang im Eversten Holz zu begegnen sucht. Dem Leinenzwang liegen aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung ersichtlich Erwägungen zu Gefährdungen oder Belästigungen von Menschen, anderen Hunden oder Tieren durch das unberechenbare Verhalten frei umherlaufender Hunde zugrunde. Zum natürlichen Verhaltensrepertoire von Hunden gehören das Beißen, Hetzen, Reißen, Anspringen, Schnappen, Nachrennen und Beschnüffeln, das sich bei freilaufenden Hunden spontan und unberechenbar äußert und zu einer Gefährdung unbeteiligter Dritter führen kann, welche die Schwelle der bloßen Belästigung überschreitet (BVerwG, Beschl. v. 2.3.2011 - BVerwG 6 BN 2.10 -, juris, Rdnr. 6, und dieser Entscheidung vorgehend OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 27.5.2010 - OVG 5 A 1.08 -, juris, Rdnr. 27; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.11.2007 - 1 S 2720/06 -, a.a.O., juris, Rdnr. 26; OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 21.9.2006 - 7 C 10539/06 -, juris, Rdnr. 16). Daraus ergibt sich eine abstrakte Gefahrenlage unter dem Gesichtspunkt der Beeinträchtigung unterschiedlicher Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit. Das gilt vornehmlich für die Individualrechtsgüter wie Leben, Gesundheit und Eigentum (insbesondere an anderen Tieren), soweit diese durch das genannte unberechenbare tierische Verhalten von Hunden beeinträchtigt werden können. Nach dem oben Gesagten bedarf es dazu nicht zusätzlich belastbaren statistischen Materials zu konkreten Beißvorfällen im Verordnungsgebiet (anders noch: Senatsurt. v. 27.1.2005 - 11 KN 38/04 -, NdsVBl. 2005, 130, juris, Rdnr. 41).

Der Annahme einer von nicht angeleinten Hunden ausgehenden abstrakten Gefahr kann nicht entgegengehalten werden, dass sie auf einem lediglich undefinierbaren subjektiven Unsicherheitsgefühl der Bürger, das der tatsächlichen Gefährdung nicht entspricht, beruht. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass gerade das ängstliche Verhalten von Menschen bei ansonsten unauffälligen Hunden wegen der Unberechenbarkeit des tierischen Verhaltens weitere Reaktionen und auf diese Weise einen gefahrerhöhenden Kreislauf in Gang setzen kann (Thüringer OVG, Urt. v. 26.4.2007 - 3 N 699/05 -, a. a. O., juris, Rdnr. 60 f.; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 15.11.2007 - 1 S 2720/06 -, a.a.O., juris, Rdnr. 26).

Der Antragsteller selbst stellt nicht in Abrede, dass es durch freilaufende Hunde zu Gefährdungen von Menschen oder Tieren kommen kann. Soweit er darauf abstellt, dass das Schutzbedürfnis gegen derartige Gefährdungen im gesamten Gebiet der Antragsgegnerin und nicht nur in den von § 1 Abs. 2 der Verordnung erfassten Bereichen besteht, greift er in die der Antragsgegnerin als Normgeberin zustehende Einschätzungsprärogative über die Frage des zu gewichtenden Gefahrenpotentials und mithin über die Ausdehnung des Schutzgebietes ein. Sollte die Gefährdungslage außerhalb des festgelegten Gebietes tatsächlich in gleicher Weise bestehen, bleibt es der Antragsgegnerin unbenommen, den räumlichen Geltungsbereich der Verordnung zu erweitern.

c) Der für das Eversten Holz angeordnete Leinenzwang für Hunde ist verhältnismäßig (§ 4 Nds. SOG).

Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz belässt dem Normgeber bei der Festlegung der von ihm ins Auge gefassten Regelungsziele wie bei der Beurteilung dessen, was er zur Verwirklichung dieser Ziele für geeignet und erforderlich halten darf, einen weiten Einschätzungs- und Prognosespielraum, der je nach der Eigenart des in Rede stehenden Sachbereichs, den Möglichkeiten, sich ein hinreichend sicheres Urteil zu bilden, und den auf dem Spiel stehenden Rechtsgütern nur in begrenztem Umfang überprüft werden kann. Insbesondere bei der gerichtlichen Kontrolle der Zwecktauglichkeit einer Rechtsvorschrift ist Zurückhaltung geboten. Bei der Einschätzung von Gefahren, die der Allgemeinheit drohen, und bei der Beurteilung der Maßnahmen, die der Verhütung und Bewältigung dieser Gefahren dienen sollen, ist der Beurteilungsspielraum des Normgebers erst überschritten, wenn die Erwägungen so fehlerhaft sind, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage für derartige Maßnahmen abgeben können (BVerfG, Urt. v. 16.3.2004 - 1 BvR 1778/01 -, juris, Rdnr. 66; Senatsbeschl. v. 7.2.2014 - 11 KN 218/13 -, a.a.O., juris, Rdnr. 20; OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 27.5.2010 - OVG 5 A 1.08 -, juris, Rdnr. 34).

Hiervon ausgehend ist der generelle Leinenzwang geeignet, die in der Öffentlichkeit von Hunden im Allgemeinen ausgehenden abstrakten Gefahren vor allem für die Gesundheit und das Leben von Menschen zu verringern. Gerade durch Anspringen oder Bisse verursachte Verletzungen können so weitgehend verhindert werden. Mit der Überlegung, dass das Anleinen von Hunden deren Aggressionen letztlich steigern könne, kann die Geeignetheit des generellen Leinenzwangs nicht infrage gestellt werden. Eine derartige Argumentation missachtet den dem Verordnungsgeber zuzugestehenden Einschätzungs- und Prognosespielraum, was er zur Verwirklichung der Regelungsziele für geeignet halten darf (BVerwG, Beschl. v. 24.1.2008 - BVerwG 6 BN 2.07 -, juris, Rdnr. 10; Senatsbeschl. v. 7.2.2014 - 11 KN 218/13 -, a.a.O., juris, Rdnr. 21).

Der undifferenzierte Leinenzwang ist zudem erforderlich, weil mildere, gleich geeignete Mittel zur Gefahrenabwehr nicht zur Verfügung stehen. Insbesondere ist die Antragsgegnerin nicht verpflichtet, nach Art, Größe oder Gefährlichkeit des einzelnen Hundes zu differenzieren. Bei der Hundehaltung handelt es sich um eine Massenerscheinung, bei der der Verordnungsgeber insbesondere zur Abwehr erheblicher Gefahren für höchste Rechtsgüter zu typisierenden Regelungen ermächtigt ist (so auch OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 27.5.2010 - OVG 5 A 1.08 -, juris, Rdnr. 36; Thüringer OVG, Urt. v. 26.4.2007 - 3 N 699/05 -, a.a.O., juris, Rdnr. 88, jeweils m.w.N.). Bloße unverbindliche Belehrungen und Appelle an die Hundehalter erzielen nicht in gleicher Weise den gewünschten Erfolg.

Der generelle Leinenzwang ist schließlich angemessen, d.h. verhältnismäßig im engeren Sinne in Bezug auf den von der Antragsgegnerin als Verordnungsgeberin verfolgten Regelungszweck. Im Hinblick auf den hohen Rang, der insbesondere den betroffenen Individualrechtsgütern Leben, Gesundheit, Eigentum und Freiheit von Menschen zukommt, ist die Anordnung eines Leinenzwangs grundsätzlich als eine angemessene, den betroffenen Hundehaltern zumutbare Belastung anzusehen. Trägt der Leinenzwang der Konfliktträchtigkeit bestimmter Situationen, in denen sich Hunde, andere Tiere und Menschen begegnen, Rechnung, ist er rechtlich nicht zu beanstanden, weil damit nur relativ geringfügige, jedenfalls aber im überwiegenden Allgemeininteresse hinzunehmende Einschränkungen für den Tierhalter verbunden sind. Das Grundrecht der Hundehalter auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1 GG), also das Grundrecht, von die Hundehaltung belastenden Vorschriften verschont zu bleiben, muss hinter die Grundrechte der anderen in der Gemeinde lebenden oder sich aufhaltenden Menschen aus Art. 2 Abs. 2 GG (Leben und Gesundheit) sowie aus Art. 14 Abs. 1 GG (Eigentum an Sachen und auch anderen Hunden) und aus Art. 2 Abs. 1 GG (freie Entfaltung ihrer Persönlichkeit in Gestalt der Freiheit, von Hundeattacken, auch wenn sie nicht zu Verletzungen an Leib, Leben oder Eigentum führen, verschont zu bleiben) zurücktreten (ebenso OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 27.5.2010 - OVG 5 A 1.08 -, juris, Rdnr. 38; Thüringer OVG, Urt. v. 26.4.2007 - 3 N 699/05 -, a.a.O., juris, Rdnr. 70; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 15.11.2007 - 1 S 2720/06 -, a.a.O., juris, Rdnr. 38 f., jeweils m.w.N.).

Den Belangen der Hundehalter und ihrer Hunde wird in ausreichendem Umfang durch die Einrichtung der Freilaufzone im Eversten Holz genügt. Der Einwand des Antragstellers, durch den Leinenzwang werde die Möglichkeit einer artgerechten Hundehaltung beeinträchtigt, greift nicht durch. Für die artgerechte Haltung eines Hundes, zu der insbesondere ein ausreichender Auslauf gehört (vgl. § 2 Nr. 2 TierSchG), ist in erster Linie der Hundehalter verantwortlich. Dass die Ausdehnung des Gebietes, in dem Hunde anzuleinen sind, insgesamt dazu führt, dass den Hunden nicht genügend Auslauffläche verbleibt und artgemäße Bewegungsmöglichkeiten nicht mehr gewährleistet sind, ist nicht ersichtlich. Neben der Freilaufzone im Eversten Holz, die eine Fläche von rund 5,7 ha aufweist, bestehen im Gebiet der Antragsgegnerin noch sechs weitere Freilaufflächen für Hunde mit einem Gesamtumfang von insgesamt rund 9,6 ha.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.