Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 05.05.2017, Az.: 7 ME 31/17
Anlass; Anlassveranstaltung; Ladenöffnung; Sonntag; Sonntagsöffnung; Sonntagsschutz; verfassungskonforme Auslegung
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 05.05.2017
- Aktenzeichen
- 7 ME 31/17
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2017, 54087
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG - 26.04.2017 - AZ: 1 B 23/17
Rechtsgrundlagen
- § 5 Abs 1 S 1 LÖVerkZG ND
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Die Ermächtigungsgrundlage für die Freigabe von bis zu vier verkaufsoffenen Sonntagen in § 5 Abs. 1 Satz 1 NLöffVZG entspricht - gerade noch - den verfassungsrechtlichen Vorgaben, insbesondere den
sich aus Art. 140 GG i. V. m. Art. 139 WRV folgenden Mindestanforderungen an den Sonn- und Feiertagsschutz, wie sie grundlegend
in dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 01. Dezember 2009 (Az. 1 BvR 2857/07, 1 BvR 2858/07) dargelegt worden sind. Die Vorschrift kann verfassungskonform ausgelegt
werden.
2. Voraussetzung für die Öffnung von Verkaufsstellen an Sonn- und Feiertagen ist, dass der Verkauf nicht im Vordergrund steht, sondern die Ladenöffnung im Zusammenhang mit einer Veranstaltung erfolgt, die ihrerseits prägende Wirkung für den öffentlichen Charakter des Tages entfaltet.
Tenor:
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Osnabrück - 1. Kammer - vom 26. April 2017 mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung geändert.
Die sofortige Vollziehung des Bescheides der Antragsgegnerin vom 07. März 2017 hinsichtlich der Öffnung von Verkaufsstellen in der Oeseder City am Sonntag, dem 07. Mai 2017, für die Zeit zwischen 13:00 Uhr und 18:00 Uhr wird angeordnet.
Die Antragsgegnerin und die Beigeladene tragen die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen je zur Hälfte. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,00 € festgesetzt.
Gründe
Die zulässige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Osnabrück vom 26. April 2017 hat in der Sache Erfolg. Mit dem genannten Beschluss hat das Verwaltungsgericht den Antrag des Antragstellers auf Anordnung der sofortigen Vollziehung des Bescheides der Antragsgegnerin vom 07. März 2017 hinsichtlich des „Cityfestes“ für Sonntag, den 07. Mai 2017, Verkaufsstellen: Oeseder City, in der Zeit von 13:00 Uhr bis 18:00 Uhr, abgelehnt. Die Antragsgegnerin hat mit dem Bescheid vom 07. März 2017 die Öffnung von Verkaufsstellen in einem näher bezeichneten Bereich im Stadtteil Oesede u. a. für Sonntag, den 07. Mai 2017, für die Zeit zwischen 13:00 Uhr und 18:00 Uhr zugelassen, jedoch die sofortige Vollziehung des Bescheides nicht angeordnet. Die Beigeladene hat am 28. März 2017 Klage gegen den Bescheid vom 07. März 2017 erhoben, der aufschiebende Wirkung zukommt (§ 80 Abs. 1 VwGO).
Die Beschwerdebegründung, auf deren Prüfung das Beschwerdegericht nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, gebietet eine Änderung des erstinstanzlichen Beschlusses. Der Antragsteller hat einen Anspruch auf Anordnung der sofortigen Vollziehung des Bescheides vom 07. März 2017 in dem im Tenor genannten Umfang.
Rechtsgrundlage für die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist § 80a Abs. 3 Satz 1 i. V. m. § 80a Abs. 1 Nr. 1 VwGO. Danach kann das Gericht auf Antrag des Begünstigten nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung anordnen, wenn ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt einlegt. Für den Antrag nach § 80a Abs. 3 Satz 1 VwGO bedarf es keines vorherigen Antrags bei der Verwaltungsbehörde (vgl. Bayerischer VGH, Beschluss vom 04.02.2014 - 8 CS 13.1848 -, juris, m. w. N.). Einen eigenständigen materiell-rechtlichen Maßstab für die Entscheidung des Gerichts im Verfahren auf Anordnung der sofortigen Vollziehung enthält § 80a Abs. 3 Satz 1, Abs. 1 Nr. 1 VwGO nicht. Die Entscheidungskriterien ergeben sich - soweit ein besonderes öffentliches Interesse am Sofortvollzug nicht erkennbar ist - aus § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Alt. 2 VwGO, auf den § 80a Abs. 1 Nr. 1 VwGO Bezug nimmt, sowie aus § 80 Abs. 5 VwGO. Danach ist auch im Rahmen des § 80a Abs. 3 Satz 1 VwGO eine Interessenabwägung erforderlich. In der auch hier vorliegenden Fallkonstellation des begünstigenden Verwaltungsakts mit drittbelastender Wirkung kann die sofortige Vollziehung angeordnet werden, wenn das Interesse des Begünstigten an der sofortigen Vollziehung das Interesse des Belasteten an der aufschiebenden Wirkung überwiegt. In diesem Zusammenhang kommt es in erster Linie darauf an, ob der die aufschiebende Wirkung auslösende Rechtsbehelf - hier die Klage der Beigeladenen gegen den Bescheid vom 07. März 2017 - bei der angezeigten summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage voraussichtlich Erfolg haben wird. Ein überwiegendes Interesse des durch den Verwaltungsakt Begünstigten an der sofortigen Vollziehung kann bejaht werden, wenn der von dem belasteten Beteiligten eingelegte Rechtsbehelf mit erheblicher Wahrscheinlichkeit erfolglos bleiben wird und eine Fortdauer der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs dem Begünstigten gegenüber unbillig wäre (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 24.08.2016 - 2 M 43/16 -, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 05.09.2008 - 13 B 1013/08 -, juris). Überwiegt das Interesse des Begünstigten an der sofortigen Vollziehung, dann ist allenfalls theoretisch Raum für eine negative Ermessensentscheidung; jedenfalls muss, selbst wenn man strukturell von Ermessen ausgehen wollte, im Regelfall eine Ermessensreduzierung angenommen werden (vgl. Funke-Kaiser in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, VwGO, 6. Auflage, § 80a Rn. 12).
Gemessen daran ist dem Antrag des Antragstellers auf Anordnung der sofortigen Vollziehung des Bescheides vom 07. März 2017 in dem im Tenor genannten Umfang stattzugeben, da die von der Beigeladenen erhobene Klage gegen diesen Bescheid voraussichtlich erfolglos bleiben wird und eine Fortdauer der grundsätzlichen aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs dem begünstigten Antragsteller gegenüber unbillig wäre. Der Senat geht anders als das Verwaltungsgericht nicht davon aus, dass es bereits an einer verfassungsmäßigen Rechtsgrundlage mangelt. § 5 Abs. 1 Satz 1 NLöffVZG ist nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nur möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage einer verfassungskonformen Auslegung zugänglich (dazu unter 1.). Der in dem Bescheid vom 07. März 2017 zugelassenen Sonntagsöffnung der Verkaufsstellen in der Oeseder City am Sonntag, dem 07. Mai 2017, in der Zeit zwischen 13:00 Uhr und 18:00 Uhr liegt auch ein - nach verfassungskonformer Auslegung des § 5 Abs. 1 Satz 1 NLöffVZG erforderlicher - hinreichender Sachgrund zugrunde (dazu unter 2.). Auch im Übrigen bestehen keine durchgreifenden Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Anordnung vom 07. März 2017 (3.).
1. Die Ermächtigungsnorm des § 5 Abs. 1 Satz 1 NLöffVZG entspricht - gerade noch - den verfassungsrechtlichen Vorgaben, insbesondere den sich aus Art. 140 GG i. V. m. Art. 139 WRV folgenden Mindestanforderungen an den Sonn- und Feiertagsschutz, wie sie grundlegend in dem - auch vom Verwaltungsgericht in Bezug genommenen - Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 01. Dezember 2009 (Az. 1 BvR 2857/07, 1 BvR 2858/07, juris) dargelegt sind.
Danach verletzt der Gesetzgeber die sich aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG ergebende Schutzpflicht, die auch auf andere Grundrechtsträger wie hier die Beigeladene ausstrahlen kann, wenn er die aus Art. 140 GG i. V. m. Art. 139 WRV folgenden Mindestanforderungen an den Sonn- und Feiertagsschutz unterschreitet. Art. 139 WRV enthält einen Schutzauftrag an den Gesetzgeber, der für die Arbeit an Sonn- und Feiertagen unter anderem ein Regel-Ausnahme-Verhältnis statuiert. Grundsätzlich hat die typische „werktägliche Geschäftigkeit" an Sonn- und Feiertagen zu ruhen. Der verfassungsrechtlich garantierte Sonn- und Feiertagsschutz ist nur begrenzt einschränkbar. Ausnahmen von der Sonn- und Feiertagsruhe sind zur Wahrung höher- oder gleichwertiger Rechtsgüter möglich; in jedem Falle muss der ausgestaltende Gesetzgeber aber ein hinreichendes Niveau des Sonn- und Feiertagsschutzes wahren (vgl. BVerfG, Urteil vom 01.12.2009, a. a. O.).
Im Einzelnen gilt insoweit: Der Schutz der Sonn- und Feiertage wird in Art. 139 WRV als gesetzlicher Schutz beschrieben. Dies bedeutet, dass die Institution des Sonn- und Feiertags unmittelbar durch die Verfassung garantiert ist, die Art und das Ausmaß des Schutzes aber einer gesetzlichen Ausgestaltung bedürfen. Der Gesetzgeber darf in seinen Regelungen auch andere Belange als den Schutz der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung zur Geltung bringen. Ihm ist deshalb ein Ausgleich zwischen Art. 140 GG i. V. m. Art. 139 WRV einerseits und Art. 12 Abs. 1 GG, aber auch Art. 2 Abs. 1 GG andererseits aufgegeben. Der Schutz des Art. 140 GG i. V. m. Art. 139 WRV ist nicht auf einen religiösen oder weltanschaulichen Sinngehalt der Sonn- und Feiertage beschränkt. Umfasst ist zwar die Möglichkeit der Religionsausübung an Sonn- und Feiertagen. Die Regelung zielt in der säkularisierten Gesellschafts- und Staatsordnung aber auch auf die Verfolgung profaner Ziele wie die der persönlichen Ruhe, Besinnung, Erholung und Zerstreuung. An den Sonn- und Feiertagen soll grundsätzlich die Geschäftstätigkeit in Form der Erwerbsarbeit, insbesondere der Verrichtung abhängiger Arbeit, ruhen, damit der Einzelne diese Tage allein oder in Gemeinschaft mit anderen ungehindert von werktäglichen Verpflichtungen und Beanspruchungen nutzen kann. Geschützt ist damit der allgemein wahrnehmbare Charakter des Tages, dass es sich grundsätzlich um einen für alle verbindlichen Tag der Arbeitsruhe handelt. Die gemeinsame Gestaltung der Zeit der Arbeitsruhe und seelischen Erhebung, die in der sozialen Wirklichkeit seit jeher insbesondere auch im Freundeskreis, einem aktiven Vereinsleben und in der Familie stattfindet, ist insoweit nur dann planbar und möglich, wenn ein zeitlicher Gleichklang und Rhythmus, also eine Synchronität, sichergestellt ist. Auch insoweit kommt gerade dem Sonntag im Sieben-Tage-Rhythmus und auch dem jedenfalls regelhaft landesweiten Feiertagsgleichklang besondere Bedeutung zu. Diese gründet darin, dass die Bürger sich an Sonn- und Feiertagen von der beruflichen Tätigkeit erholen und das tun können, was sie individuell für die Verwirklichung ihrer persönlichen Ziele und als Ausgleich für den Alltag als wichtig ansehen. Die von Art. 139 WRV ebenfalls erfasste Möglichkeit seelischer Erhebung soll allen Menschen unbeschadet einer religiösen Bindung zuteil werden (vgl. BVerfG, Urteil vom 01.12.2009, a. a. O.).
Der Gesetzgeber kann bei dem Ausgleich gegenläufiger Schutzgüter im Rahmen seines Gestaltungsspielraums auf eine geänderte soziale Wirklichkeit, insbesondere auf Änderungen im Freizeitverhalten, Rücksicht nehmen. Allerdings führt der Schutz der Verwirklichung von Freizeitwünschen der Bürger insoweit zu einem Konflikt, als diese auf die Bereitstellung von Leistungen angewiesen sind, die den Arbeitseinsatz der Anbieter solcher Leistungen erfordern. Einfachrechtlich werden schon seit jeher an Sonn- und Feiertagen Arbeiten gestattet, die aus gesellschaftlichen oder technischen Gründen notwendig sind. Diese Arbeiten „trotz des Sonn- und Feiertags" sind in Grenzen durchaus zulässig. Stets aber muss ein hinreichendes Niveau des Sonn- und Feiertagsschutzes gewahrt bleiben. Das gilt auch im Blick auf die Berufsausübungsfreiheit (vgl. BVerfG, Urteil vom 01.12.2009, a. a. O.).
Auf dieser Grundlage ergibt sich, dass gesetzliche Schutzkonzepte für die Gewährleistung der Sonn- und Feiertagsruhe erkennbar diese Tage als solche der Arbeitsruhe zur Regel erheben müssen. Hinsichtlich der hier in Rede stehenden Ladenöffnung bedeutet dies, dass die Ausnahme eines dem Sonntagsschutz gerecht werdenden Sachgrundes bedarf. Ein bloß wirtschaftliches Umsatzinteresse der Verkaufsstelleninhaber und ein alltägliches Erwerbsinteresse ("Shopping-Interesse") potenzieller Käufer genügen grundsätzlich nicht, um Ausnahmen von dem verfassungsunmittelbar verankerten Schutz der Arbeitsruhe und der Möglichkeit zu seelischer Erhebung an Sonn- und Feiertagen zu rechtfertigen. Darüber hinaus müssen Ausnahmen als solche für die Öffentlichkeit erkennbar bleiben und dürfen nicht auf eine weitgehende Gleichstellung der sonn- und feiertäglichen Verhältnisse mit den Werktagen und ihrer Betriebsamkeit hinauslaufen. Dem Regel-Ausnahme-Gebot kommt generell umso mehr Bedeutung zu, je geringer das Gewicht derjenigen Gründe ist, zu denen der Sonn- und Feiertagsschutz ins Verhältnis gesetzt wird und je weitergreifender die Freigabe der Verkaufsstellenöffnung in Bezug auf das betroffene Gebiet sowie die einbezogenen Handelssparten und Warengruppen ausgestaltet ist. Deshalb müssen bei einer flächendeckenden und den gesamten Einzelhandel erfassenden Freigabe der Ladenöffnung rechtfertigende Gründe von besonderem Gewicht vorliegen, wenn etwa mehrere Sonn- und Feiertage in Folge über jeweils viele Stunden hin freigegeben werden sollen (vgl. BVerfG, Urteil vom 01.12.2009, a. a. O.).
Das Bundesverwaltungsgericht hat diese verfassungsrechtlichen Maßstäbe dahingehend konkretisiert, dass es eines dem Sonntagsschutz gerecht werdenden Sachgrundes - eines Anlasses - bedarf. Danach ist die Sonntagsöffnung von Verkaufsstellen mit uneingeschränktem Warenangebot „aus Anlass" eines Marktes nur zulässig, wenn die prägende Wirkung des Marktes für den öffentlichen Charakter des Tages gegenüber der typisch werktäglichen Geschäftigkeit der Ladenöffnung überwiegt, weil sich letztere lediglich als Annex zum Markt darstellt. Die öffentliche Wirkung der traditionell auch an Sonn- und Feiertagen stattfindenden Märkte, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen muss gegenüber der typisch werktäglichen Geschäftigkeit der Ladenöffnung im Vordergrund stehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.11.2015 - 8 CN 2.14 -, juris, zu § 14 Abs. 1 LadSchlG.) Ob diese strengen Maßstäbe aufgrund der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts in jeder Hinsicht zwingend erscheinen (insoweit zweifelnd VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 13.03.2017 - 6 S 309/17 -, juris), kann hier dahinstehen. Denn auch diesen Maßstäben, die der Senat seiner Entscheidung zugrunde legen kann, genügt § 5 Abs. 1 Satz 1 NLöffVZG bei verfassungskonformer Auslegung noch, so dass es auch keiner weiteren Vertiefung bedarf, ob sich der Senat bei Annahme einer Verfassungswidrigkeit der Vorschrift im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes über das dem Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 GG zustehende Verwerfungsmonopol in Bezug auf formelle Gesetze hinwegsetzen dürfte (vgl. zum Meinungsstand Müller-Terpitz in Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hennecke, GG, 13. Aufl., Art. 100 Rn. 20; Sieckmann in von Mangoldt/Klein/Starck, GG, 5. Aufl., Art. 100 Rn. 9 ff). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 24.06.1992 - 1 BvR 1028/91 -, BVerfGE 86, 382, 389) sind die Fachgerichte durch Art. 100 GG nicht gehindert, schon vor der im Hauptsacheverfahren einzuholenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts auf der Grundlage ihrer Rechtsauffassung vorläufigen Rechtsschutz zu gewähren, wenn dies nach den Umständen des Falles im Interesse eines effektiven Rechtsschutzes geboten erscheint und die Hauptsache dadurch nicht vorweggenommen wird. Letzteres erschiene hier durchaus zweifelhaft.
Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 NLöffVZG soll die zuständige Behörde auf Antrag der überwiegenden Anzahl der Verkaufsstellen eines Ortsbereichs oder einer den örtlichen Einzelhandel vertretenden Personenvereinigung zulassen, dass Verkaufsstellen unabhängig von der Regelung des § 4 an Sonn- und Feiertagen öffnen dürfen; die Öffnung darf im Jahr an insgesamt höchstens vier Sonn- und Feiertagen und höchstens für die Dauer von fünf Stunden täglich zugelassen werden. Zwar enthält § 5 Abs. 1 Satz 1 NLöffVZG im Gegensatz zu den entsprechenden Regelungen einer Reihe anderer Bundesländer nach seinem Wortlaut keine Anlassbezogenheit als Ausnahme eines dem Sonntagsschutz gerecht werdenden Sachgrundes. Der niedersächsische Gesetzgeber durfte es aber der Rechtsanwendung und Rechtsprechung überlassen, die tatbestandlichen Voraussetzungen der Ausnahmeregelung nach den allgemein gültigen Auslegungsmethoden zu ermitteln, ohne dadurch gegen das in Art. 20 Abs. 3 GG verankerte Gebot der Normenbestimmtheit zu verstoßen. Nach Auffassung des Senats ist die Norm auch einer verfassungskonformen Auslegung zugänglich, soweit es das Erfordernis einer Anlassveranstaltung betrifft.
a) Der Wortlaut der Norm lässt eine verfassungskonforme Auslegung zu. Zwar wird in § 5 Abs. 1 Satz 1 NLöffVZG eine Anlassbezogenheit oder ein sonstiges öffentliches Interesse nicht erwähnt. Eine entsprechende Auslegung der Norm wird nach ihrem Wortlaut aber auch nicht ausgeschlossen, da er insoweit weder eindeutig noch abschließend ist. So spricht die Überschrift des § 5 NLöffVZG von „Ausnahmen“; auch in den weiteren Sätzen des § 5 NLöffVZG ist von der „ausnahmsweise“ möglichen Erteilung einer Genehmigung sowie von „weiteren Ausnahmen“ die Rede (vgl. auch § 3 Absatz 2 NLöffVZG: „…nur in den Ausnahmefällen der §§ 4 und 5…“). Einer Ausnahme ist eine einzelfallbezogene und durchaus restriktive Betrachtung des konkreten Sachverhalts immanent, welche Raum auch für das Erfordernis eines Sachgrundes bzw. eines Anlasses bietet. § 5 Abs. 1 Satz 1 NLöffVZG selbst eröffnet der zur Entscheidung berufenen Behörde ein - wenn auch intendiertes - Ermessen. Die Formulierung „soll“ lässt eine verfassungskonforme Auslegung zu, denn die behördliche Entscheidung ermöglicht eine Interessenabwägung im Einzelfall und bietet damit auch die Möglichkeit, die verfassungsrechtlichen Anforderungen zu berücksichtigen.
b) Einer verfassungskonformen Auslegung der Norm steht auch kein klar erkennbarer, entgegenstehender Wille des Gesetzgebers entgegen.
Zwar ergibt sich aus der Gesetzesbegründung, dass der Gesetzgeber auf die in der Vergangenheit geforderte Anlassbezogenheit im Wortlaut des Gesetzes bewusst verzichtet hat. Die Praxis habe gezeigt, dass die Pflege traditioneller Anlässe, aber auch die Einführung neuer Anlässe nicht unumstritten war. Die erforderliche Diskussion im Vorfeld der Verordnungsgebung habe sich daher schwierig und zeitaufwendig gestaltet. Zudem seien eine Bewertung und ein Auswahlverfahren bei Vorliegen von mehr als vier Anlässen durch die zuständige Stelle erforderlich gewesen. Insoweit sei der Verzicht auf einen Anlass bei einer unveränderten Anzahl von Tagen ein deregulierendes Moment (vgl. LT-Drs. 15/3276, S. 11). Damit hat der Gesetzgeber die Anknüpfung der Sonntagsöffnung an eine erforderliche Anlassveranstaltung jedenfalls bei Anwendung der Norm nicht grundsätzlich ausschließen wollen. So enthält die Gesetzesbegründung auch Passagen, die das Erfordernis einer umfassenden Abwägung hervorheben. Der Sonn- und Feiertagsschutz gebiete es, die Ausnahmen für die Öffnungen an Sonn- und Feiertagen auf das notwendige Maß zu beschränken. An der Sonn- und Feiertagsruhe werde aus religiösen, kultur- und familienpolitischen Gründen sowie zur Gewährleistung des arbeitsfreien Sonn- und Feiertages für die Beschäftigten festgehalten. Abweichungen sollten von diesem Grundsatz nur in Ausnahmefällen und unter Abwägung der vorhandenen und allgemein anerkannten Freizeitbedürfnisse in der Bevölkerung mit den Schutzinteressen der Beschäftigen möglich bleiben (vgl. LT-Drs. 15/3276, S. 5). Es sei unter Abwägung aller Interessen ein hinreichendes Niveau des Sonn- und Feiertagsschutzes zu wahren (vgl. LT-Drs. 15/3276, S. 7). Dies zeigt, dass der Gesetzgeber eine Abwägung der gegenläufigen Interessen im Blick hatte, die bei verfassungskonformer Auslegung der Norm auch die Berücksichtigung des Erfordernisses eines hinreichenden Sachgrundes ermöglicht. Im Übrigen hat er die Ausnahmeregelung geschaffen, um so dem öffentlichen Interesse gerecht zu werden (LT-Drs. 15/3588, S. 4). Eine Anknüpfung an das öffentlichen Interesse hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 01. Dezember 2009 (a. a. O.) für tragfähig erachtet, um die in dem Verfassungsbeschwerdeverfahren (auch) streitgegenständliche Regelung in § 6 Abs. 1 des seinerzeit geltenden Berliner Ladenöffnungsgesetzes verfassungskonform auslegen zu können. Der Begriff des öffentlichen Interesses findet sich in § 5 NLöffVZG zwar nicht. Die Gesetzesbegründung zeigt aber, dass durch die Ausnahmeregelung dem öffentlichen Interesse Rechnung getragen werden soll.
Der Bericht der Niedersächsischen Landesregierung an den Niedersächsischen Landtag über die Auswirkungen des NLöffVZG vom April 2010 macht besonders deutlich, dass eine verfassungskonforme Auslegung der Norm dem Willen des Gesetzgebers nicht entgegensteht. Es heißt dort, dass die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 01. Dezember 2009 bekannt sei. Das NLöffVZG habe von Beginn an den Vorgaben, die das Bundesverfassungsgericht in dieser Entscheidung entwickelt habe, entsprochen (vgl. S. 6 des Berichts). Die Regelungen in § 5 Abs. 1 Satz 1 NLöffVZG sähen deutlich weitere Einschränkungen als die Berliner Regelungen vor (Antrag der überwiegenden Anzahl der Verkaufsstellen eine Ortsbereichs oder einer den örtlichen Einzelhandel vertretenden Personenvereinigung, Soll-Regelung, behördliche Entscheidung). Die behördliche Entscheidung sei für das Bundesverfassungsgericht besonders wichtig, weil sie eine konkrete Interessenabwägung ermögliche. Dabei müsste eine mit einem solchen Antrag konfrontierte Behörde auch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts berücksichtigen (vgl. S. 17 f. des Berichts). Der Bericht der Niedersächsischen Landesregierung zeigt damit klar, dass die verfassungsrechtlichen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts im Rahmen der durch § 5 Abs. 1 Satz 1 NLöffVZG eröffneten behördlichen Entscheidung im Rahmen der Interessenabwägung berücksichtigt werden sollten. Eine Neuregelung der Norm wurde - dies zeigt der Bericht deutlich - für entbehrlich gehalten, da § 5 Abs. 1 Satz 1 NLöffVZG auch in seiner bestehenden Fassung ausreichend Möglichkeiten bietet, die verfassungsrechtlichen Vorgaben umzusetzen. Der Niedersächsische Landtag hat den Bericht nicht zum Anlass genommen, § 5 NLöffVZG in einer hier relevanten Weise zu ändern und das Erfordernis eines Sachgrundes für die Sonn- und Feiertagsöffnung in den Wortlaut der Bestimmung aufzunehmen. Der vom Antragsteller in Bezug genommene Gesetzentwurf der Landesregierung zur Änderung des NLöffVZG (LT-Drs. 17/7921) führt zu keiner abweichenden Erkenntnis. Danach soll eine Öffnung von Verkaufsstellen an Sonntagen - Feiertage werden ohnehin ausgenommen - nur zulässig sein, wenn ein im Verhältnis zum beabsichtigten Öffnungsumfang angemessener Anlass vorliegt (§ 5 Abs. 1 Satz 5 des Entwurfs). Durch die Nennung des Begriffs des angemessenen Anlasses soll im Hinblick auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 01. Dezember 2009 (a. a. O.) bei allen Betroffenen die Rechtssicherheit erhöht werden. Diese Absicht lässt aber nicht darauf schließen, die bisherige Gesetzeslage lasse eine verfassungskonforme Auslegung nicht zu.
Es ist im Nachgang zu dem Bericht der Niedersächsischen Landesregierung deshalb lediglich ein ministerieller Runderlass zur Durchführung des NLöffVZG vom 26. April 2011 (Nds. MBl. 2011 Nr. 17, S. 307) ergangen. Nach Ziffer 1.2 c) dieses Erlasses ist bei der Entscheidung über eine Ausnahmegenehmigung das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 01. Dezember 2009 (a. a. O.) zu beachten. Die Verwaltungspraxis sollte damit dahingehend gesteuert werden, § 5 Abs. 1 Satz 1 NLöffVZG verfassungskonform anzuwenden.
c) Andere zu dieser Thematik ergangene obergerichtliche Entscheidungen, die im Einzelfall zu abweichenden Ergebnissen führen, sind auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar, weil sie sich auf das jeweilige Landesrecht beziehen. Dies trifft insbesondere auf den von dem Verwaltungsgericht zitierten Beschluss des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 01. November 2010 (3 B 291/10, juris) zu. Die dort im Streit stehende Landesnorm ermächtigt zum Erlass einer Verordnung. Daher prüft das Sächsische Oberverwaltungsgericht, ob die Norm den Anforderungen an Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG genügt. Vorliegend ermächtigt § 5 Abs. 1 Satz 1 NLöffVZG jedoch nicht zum Erlass einer Verordnung, sondern zum Erlass eines Verwaltungsakts. Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG spielt daher keine Rolle. Es ist jedoch ein Unterschied, ob mit der Landesnorm zum Erlass einer Verordnung oder eines Verwaltungsakts ermächtigt wird; denn der Verwaltungsakt ermöglicht eine behördliche Entscheidung im konkreten Einzelfall und gibt somit die Möglichkeit einer umfassenden, die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts berücksichtigenden Interessenabwägung.
2. Der in dem Bescheid vom 07. März 2017 zugelassenen Sonntagsöffnung der Verkaufsstellen in der Oeseder City am Sonntag, dem 07. Mai 2017, für die Zeit zwischen 13:00 Uhr und 18:00 Uhr liegt auch ein - nach verfassungskonformer Auslegung des § 5 Abs. 1 Satz 1 NLöffVZG erforderlicher - hinreichender Sachgrund zugrunde.
Nach dem bereits zitierten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. November 2015 (a. a. O.) ist die Sonntagsöffnung von Verkaufsstellen mit uneingeschränktem Warenangebot „aus Anlass" eines Marktes nur zulässig, wenn die prägende Wirkung des Marktes für den öffentlichen Charakter des Tages gegenüber der typisch werktäglichen Geschäftigkeit der Ladenöffnung überwiegt, weil sich letztere lediglich als Annex zum Markt darstellt. Das setzt regelmäßig voraus, dass die Ladenöffnung in engem räumlichen Bezug zum konkreten Marktgeschehen steht und prognostiziert werden kann, dass der Markt für sich genommen einen beträchtlichen Besucherstrom anzieht, der die bei einer alleinigen Öffnung der Verkaufsstellen zu erwartende Zahl der Ladenbesucher übersteigt (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.11.2015 - 8 CN 2.14 -, juris).
Der Antragsteller hat mit seiner Beschwerdebegründung - ergänzend zu seinem erstinstanzlichen Antrag - dargelegt, dass diese Voraussetzungen vorliegend erfüllt sind. Die Ladenöffnung wird aus Anlass des Cityfestes zugelassen, welches seit mehreren Jahren in der Stadt Georgsmarienhütte etabliert ist und den Charakter eines Straßenfestes mit entsprechend besucherorientierten Veranstaltungen, Kleinkunstdarbietungen und musikalischen Aufführungen hat. Wegen der Einzelheiten wird insoweit auf den Bescheid vom 07. März 2017 und die Beschwerdebegründung vom 27. April 2017 Bezug genommen. In der Beschwerdebegründung wird nachvollziehbar dargelegt, dass die Ladenöffnung am 07. Mai 2017 ein Annex zu dem Cityfest ist. So ist im Vorfeld der Veranstaltung anhand der Besucherzahlen des Cityfestes in der Vergangenheit und der am 01./02. April 2017 durchgeführten Veranstaltung „Streetfood Circus/Hütte“ prognostiziert worden, dass etwa 12.000 bis 15.000 Besucher das Cityfest am 07. Mai 2017 aufsuchen werden. Auf der Grundlage unter anderem von Kundenerhebungen anlässlich des Cityfestes 2016 und einer Fortschreibung des Einzelhandels- und Zentrenkonzepts der Antragsgegnerin aus 2012 ist die Anzahl der Besucher, die allein die Verkaufsstellenöffnung erwarten lässt, demgegenüber mit nur ca. 5.200 prognostiziert worden. Vergleichsbetrachtungen anhand der Bevölkerungszahlen der Stadt Georgsmarienhütte und einer während des gerichtlichen Verfahrens durchgeführten überschlägigen Befragung von Unternehmen, die im räumlichen Geltungsbereich des Bescheids für das Cityfest liegen, haben zu keinen abweichenden Erkenntnissen in Bezug auf die Schwerpunktlegung bei den zu erwartenden Besuchern geführt. Hier ergab sich sogar, dass nur etwa 11 % der Befragten im Jahr 2016 die entsprechenden Verkaufsstellen wegen der Sonntagsöffnung aufgesucht haben sollen und 89 % aus Anlass des Cityfestes als solches. Diese - auf 82 Personen beschränkte - Befragung mag zwar in ihrer Validität zweifelhaft sein; sie unterstützt aber tendenziell die vor dem Erlass des Bescheids vom 07. März 2017 gewonnenen Erkenntnisse und stellt sie nicht infrage. Danach ist davon auszugehen, dass der öffentliche Charakter des Geschehens maßgeblich durch das Cityfest bestimmt wird und nicht durch die Öffnung von Verkaufsstellen.
Die dagegen vorgebrachten Bedenken der Beigeladenen überzeugen nicht. Die Beigeladene geht im Ausgangspunkt selbst davon aus, dass das Cityfest ein Sachgrund für die Sonntagsöffnung in einem begrenzten Umfang darzustellen vermag. Die sodann geäußerten Zweifel an dem räumlichen Bezug zwischen Anlassveranstaltung und Sonntagsöffnung teilt der Senat nicht. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 11.11.2015, a. a. O.) kann eine lediglich geringe prägende Wirkung der Ladenöffnung in der Regel nur angenommen werden, wenn die Ladenöffnung auf das Umfeld der Anlassveranstaltung begrenzt ist, weil nur insoweit ein Bezug zu dem Veranstaltungsgeschehen erkennbar bleibt. Was unter dem Umfeld der Veranstaltung zu verstehen ist, ist aber primär durch das Gestaltungsermessen der Genehmigungsbehörde festzulegen und unterliegt wie die gemeindliche Prognose insgesamt insoweit nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Durchgreifende Bedenken sind vorliegend nicht ersichtlich. Soweit vereinzelte Verkaufsstellen westlich der B 51 - nach Angaben des Antragstellers in einer Entfernung von maximal 735 m zu den für das Cityfest gesperrten Teilen der Oeseder Straße - geöffnet werden dürfen, lässt sich dies aller Voraussicht nach mit den dort gegebenen Parkmöglichkeiten für Besucher des Cityfestes rechtfertigen, die die Ladenöffnung insoweit nicht als von der Veranstaltung abgekoppelt erscheinen lassen. Gegen eine Einbeziehung von Verkaufsstellen an der Glückaufstraße bestehen gleichfalls keine Bedenken. Die Glückaufstraße mündet von Osten kommend unmittelbar in die Oeseder Straße und ihr von der Verkaufsöffnung erfasster Straßenabschnitt stellt - wie der Antragsteller klargestellt hat - kein Gewerbegebiet dar, sondern ein Kerngebiet mit zentraler Versorgungsfunktion. Dass hier nicht mehr das Cityfest, sondern die Ladenöffnung die öffentliche Prägung ausmachen wird, wird von der Beigeladenen nur unsubstantiiert in den Raum gestellt. Dafür gibt auch die von ihr in Bezug genommene Größe der Verkaufsfläche im Vergleich zur Größe der Veranstaltungsfläche nichts her. Zu der von der Beigeladenen der Verkaufsfläche von insgesamt 35.000 m² gegenübergestellten Veranstaltungsfläche des Cityfestes von 7.500 m² hat der Antragsteller plausibel ausgeführt, dass für die räumliche Bemessung des Cityfestes nicht nur der gesperrte Teil der Oeseder Straße, sondern auch Nebenbereiche berücksichtigt werden müssen, die zum Teil von dem eigentlichen Veranstaltungsgeschehen, zum Teil für die Vorbereitung und/oder Versorgung in Anspruch genommen werden. Die Veranstaltungsfläche soll danach etwa 13.000 m² groß sein. Sie bleibt damit zwar auch nach der Berechnung des Antragstellers hinter der Größe der Verkaufsfläche zurück. Indes verbietet sich hier eine schematische Betrachtungsweise. Der Antragsteller weist zu Recht darauf hin, dass bereits eine einzelne Verkaufsstelle mit einer großen Verkaufsfläche, aber relativ überschaubarem Besucherandrang („großräumiges Küchenstudio“) einen allein flächenbezogenen Vergleich unplausibel machen kann.
3. Ohne Erfolg macht die Beigeladene ein Ermessensdefizit geltend, welches sie darin sieht, dass die Antragsgegnerin keine eigene Prognose erstellt, sondern die diesbezüglichen Angaben des Antragstellers übernommen habe. Auch insoweit ist ihr Vortrag nur unsubstantiiert. Wie dargelegt, sind der Prognose zu den zu erwartenden Besucherzahlen unterschiedliche Erhebungen zu Grunde gelegt worden, wozu auch das Einzelhandels- und Zentrenkonzept der Antragsgegnerin gehört. Dass die Antragsgegnerin Angaben des Antragstellers nicht ungeprüft übernommen, sondern eine eigene Bewertung vorgenommen hat, ergibt sich ohne weiteres aus der Begründung des Bescheids vom 07. März 2017. Der Senat hat bei der hier nur möglichen summarischen Prüfung auch keinen Anlass, die tatsächlichen schriftsätzlichen Angaben des Antragstellers im gerichtlichen Eilverfahren in Zweifel zu ziehen, soweit sie die Prognose der Antragsgegnerin stützen.
Nach alledem überwiegt das Interesse des Antragstellers daran, von der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 07. März 2017 verschont zu bleiben, das Suspensivinteresse der Beigeladenen. Auf der Grundlage des Vortrags der Beigeladenen im gerichtlichen Eilverfahren ist auch nicht zu erkennen, dass ihr durch die Vollziehung des angefochtenen Bescheids schwerwiegende, im Hinblick auf eine Grundrechtsverwirklichung unzumutbare Nachteile drohen. Hierzu trägt sie nichts vor.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 und 3, 159 Satz 1 VwGO. Hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen beruht die Entscheidung auf § 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig, weil sie mit ihrem Antrag nicht durchgedrungen ist.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG in Verbindung mit Ziffer 1.5 Satz 2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NordÖR 2014, 11).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).