Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Beschl. v. 06.01.2015, Az.: L 2 R 419/14

Neuberechnung einer Erwerbsminderungsrente; Berücksichtigung im Beitrittsgebiet zurückgelegter Beitragszeiten; Verfassungsmäßigkeit der Berücksichtigung des aktuellen Rentenwertes Ost bei der Ermittlung der persönlichen Entgeltpunkte aus Zeiten einer Beschäftigung in den neuen Bundesländern nach der Wiedervereinigung und der Nichtberücksichtigung von Schul- und Hochschulzeiten

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
06.01.2015
Aktenzeichen
L 2 R 419/14
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2015, 10144
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LSGNIHB:2015:0106.L2R419.14.0A

Verfahrensgang

vorgehend
Sozialgericht Osnabrück - AZ: S 28 R 724/11

Redaktioneller Leitsatz

1. Die Zurücklegung der Arbeits- und Beitragszeiten seit November 1991 in den neuen Bundesländern hatte nach den gesetzlichen Vorgaben des § 256a SGB VI i.V.m. der Anlage 10 zum SGB VI mithin zunächst eine Privilegierung zur Folge: Obwohl Beiträge nur nach Maßgabe des tatsächlichen bezogen Gehalts entrichtet worden sind, sind rentenrechtliche Entgeltpunkte nicht (wie bei Beitragszeiten in den alten Bundesländern) lediglich nach Maßgabe des tatsächlich bezogenen Entgelts berücksichtigt worden, vielmehr ist dieses Entgelt zunächst mit dem sich aus der Anlage 10 zum SGBVI ergebenden Faktor multipliziert worden.

2. Der Rentenberechnung liegen - von gesetzlich gesondert geregelten Ausnahmen insbesondere bezogen auf die Berücksichtigung von beitragsfreien und beitragsgeminderten Zeiten abgesehen - die tatsächlich entrichteten Beitragszahlungen und keine fiktiven Möglichkeiten einer Beitragsentrichtung zugrunde.

3. Gerade im Bereich des Sozialrechts hat der Gesetzgeber grundsätzlich einen weiten Gestaltungsspielraum, und zwar insbesondere bezüglich der erforderlichen Abgrenzung des begünstigten Personenkreises.

Tenor:

Die Berufung wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der am 23. April 1954 geborene Kläger begehrt eine Neuberechnung der ihm seit Januar 2011 zuerkannten Erwerbsminderungsrente.

Der zuvor in Niedersachsen beruflich tätige Kläger nahm zum 1. November 1991 eine abhängige Beschäftigung bei der Stadtsparkasse F. auf, wobei sich das vereinbarte - die in den neuen Bundesländern maßgebliche Beitragsbemessungsgrenze überschreitende - Einkommen an den Vorgaben der in den alten Bundesländern geltenden Tarifverträge orientierte.

Der Hauptwohnsitz der Familie des Klägers verblieb in Niedersachsen.

Die Stadtsparkasse F. entrichtete fortlaufend Beiträge insbesondere zur Rentenversicherung nach Maßgabe der gesetzlichen Vorgaben.

Mit Bescheid vom 15. März 2011 sprach die Beklagte ab Jahresanfang 2011 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung in Höhe eines anfänglichen monatlichen Zahlbetrages von 1.418,64 EUR zu. Dabei hatte die Beklagte 18,9207 Entgeltpunkte West (für die bis Oktober 1991 in den alten Bundesländern zurückgelegten Beitragszeiten einschließlich anteiliger Berücksichtigung der zusätzlichen Entgeltpunkte für beitragsfreie und beitragsgeminderte Zeiten) und 37,4639 Entgeltpunkte Ost (für die ab November 1991 in Magdeburg zurückgelegten Beitragszeiten, und zwar ebenfalls einschließlich anteiliger Berücksichtigung der zusätzlichen Entgeltpunkte für beitragsfreie und beitragsgeminderte Zeiten) ermittelt und diese mit den seinerzeit maßgeblichen Rentenwerten von 27,20 EUR (Rentenwert West) bzw. 24,13 EUR (Rentenwert Ost) multipliziert.

Dieser solcher Art ermittelte Bruttobetrag von 1.418,64 EUR minderte sich dann noch um die Beiträge bzw. Beitragsanteile zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von anfänglich 116,33 und 27,66 EUR (vgl. wegen der Einzelheiten die Bescheide vom 2., 9. und 20. Mai 2011).

Den gegen den Bescheid vom 15. März 2011 eingelegten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Bescheid vom 21. Oktober 2011 zurück.

Mit der am 22. November 2011 erhobenen Klage hat der Kläger insbesondere geltend gemacht, dass für alle Entgeltpunkte der jeweilige aktuelle Rentenwert West in Ansatz zu bringen sei. Er müsse einem westdeutschen Arbeitnehmer in vergleichbarer Position gleichgestellt werden, zumal er angesichts der Beibehaltung des Familienwohnsitzes in Niedersachsen von den niedrigeren Lebenshaltungskosten in den neuen Bundesländern gar nicht habe profitieren können.

Mit Urteil vom 8. Juli 2014, dem Kläger zugestellt am 21. Juli 2014, hat das Sozialgericht Osnabrück die Klage abgewiesen. Die Rentenberechnung setze die gesetzlichen Vorgaben insbesondere des § 254b SGB VI zutreffend um.

Mit der am 19. August 2014 eingelegten Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er hebt hervor, dass er auch während seiner langjährigen beruflichen Tätigkeit als "Aufbauhelfer" in F. seinen Wohnsitz im niedersächsischen G. beibehalten habe. Mit seinem Arbeitgeber habe er eine Bezahlung in Anlehnung an die in Westdeutschland maßgeblichen Tarifverträge vereinbart; eine Heranziehung des für die alten Bundesländer maßgeblichen Sozialrechts habe er angestrebt.

Auch wenn nach Maßgabe der einfachgesetzlichen Vorgaben die Heranziehung von Entgeltpunkten Ost nicht zu beanstanden sei, verstoße die Rentenberechnung im Ergebnis gegen verfassungsrechtliche Vorgaben.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Osnabrück vom 8. Juli 2014 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 15. März 2011 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 9. Mai 2011 und 20. Mai 2011 und des Widerspruchsbescheides vom 10. August 2011 zu ändern und die Beklagte zur Neuberechnung der gewährten Erwerbsminderungsrente zu verpflichten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.

II.

Die vorliegende zulässige Berufung weist der Senat nach vorheriger Anhörung der Beteiligten durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung gemäß § 153 Abs. 4 SGG zurück, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung für nicht erforderlich erachtet.

Die angefochtenen Bescheide, auf deren zutreffende Begründung der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen verweist, tragen den gesetzlichen Vorgaben über die Berechnung der Rentenhöhe vollumfänglich Rechnung. Auch der Kläger räumt inzwischen im Ergebnis, wie insbesondere auch der vor dem Senatsvorsitzenden durchgeführte Erörterungstermin verdeutlicht hat, durchaus ein, dass die Rentenberechnung den einfachgesetzlichen Vorgaben entspricht.

Soweit er nur sehr wenig substantiierte verfassungsrechtliche Bedenken gegen die gesetzlichen Vorgaben aufzuzeigen versucht, vermag ihm der Senat nicht zu folgen.

Soweit im Beitrittsgebiet zurückgelegte Beitragszeiten in Anwendung des § 254b SGB VI mit persönlichen Entgeltpunkten (Ost) (bezogen auf die davon im vorliegenden Fall ausschließlich betroffenen Beitragszeiten nach dem 18. Mai 1990, vgl. § 254d Abs. 2 SGB VI) mit der Folge zu bewerten sind, dass diese Entgeltpunkte auch nur mit dem (geringeren) aktuellen Rentenwert (Ost) zu multiplizieren sind, korrespondiert der sich daraus ergebende Nachteil mit dem Vorteil, dass bei gleicher Beitragshöhe die im Beitrittsgebiet zurückgelegten Beitragszeiten in Anwendung des § 256a SGB VI i.V.m. der Anlage 10 zum SGB VI (bis zur Beitragsbemessungsgrenze) besser zu bewerten, d.h. mit einer höheren Entgeltpunktzahl zu bemessen waren (vgl. zu dem sich daraus ergebenden Ausgleich, bei dem der zu berücksichtigende Verdienst eines Kalenderjahres zunächst mit den Werten der Anlage 10 zum SGB VI zu vervielfältigen ist, etwa von Koch in Kreikebohm, SGB VI, 4. Auflage 2013, § 256a, Rn. 4; Gürtner in Kasseler Kommentar, § 256a SGB VI, Rn. 5).

Die Zurücklegung der Arbeits- und Beitragszeiten seit November 1991 in den neuen Bundesländern hatte nach den gesetzlichen Vorgaben des § 256a SGB VI i.V.m. der Anlage 10 zum SGB VI mithin zunächst eine Privilegierung insbesondere auch des Klägers des vorliegenden Verfahrens zur Folge: Obwohl Beiträge nur nach Maßgabe des tatsächlichen bezogen Gehalts entrichtet worden sind, sind rentenrechtliche Entgeltpunkte nicht (wie bei Beitragszeiten in den alten Bundesländern) lediglich nach Maßgabe des tatsächlich bezogenen Entgelts berücksichtigt worden, vielmehr ist dieses Entgelt zunächst mit dem sich aus der Anlage 10 zum SGB VI ergebenden Faktor multipliziert worden.

Entgeltpunkte sind dann nach Maßgabe dieses fingierten (höheren) Einkommens ermittelt worden.

Damit korrespondiert natürlich als Nachteil, dass für die entsprechenden Beitragszeiten die Entgeltpunkte auch nur nach Maßgabe des sog. Rentenwertes (Ost) in die Rentenberechnung einfließen. Da jedoch entsprechend der Angleichung der wirtschaftlichen Entwicklung der nach Maßgabe des jeweiligen Beitragsjahres zu bestimmende Faktor gemäß der Anlage 10 für nachfolgende Beitragszeiträume tendenziell (von 1,7235 im Jahr 1991 auf beispielsweise 1,2030 im Jahr 2000 und 1,1827 im Jahr 2005, für die folgenden Jahre sind bislang nur leichte Schwankungen, aber keine richtungsweisenden Veränderungen festzustellen, vgl. wegen den Einzelheiten die Anlage 10 zum SGB VI) allmählich absinkt und zugleich sich entsprechend auch die Differenz zwischen dem Rentenwert (West) und dem Rentenwert (Ost) tendenziell reduziert, verbleibt dem Kläger dauerhaft der Vorteil, dass bei der Umrechnung der Beiträge in Entgeltpunkte in früheren Jahren seit Ende 1991 ein höherer Umrechnungsfaktor zu seinen Gunsten berücksichtigt worden ist als nunmehr im Rentenbezugszeitraum der Rentenwert (Ost) hinter dem Rentenwert (West) zurückbleibt.

Dieses Ergebnis hat auch die Probeberechnung der Beklagten verdeutlicht.

Da der Kläger ausschließlich im Zeitraum nach der Wiedervereinigung Beitragszeiten in den neuen Bundesländern zurückgelegt hat und dabei von der vorstehend erläuterten Privilegierung durch eine bessere Bewertung der tatsächlich entrichteten Beitragszahlungen im Vergleich zu westdeutschen Beitragszahlungen profitiert, deren wirtschaftliches Ausmaß den dargelegten Nachteil durch die Heranziehung des Rentenwertes Ost übersteigt, verbleibt im Ergebnis schon kein Nachteil zu seinen Lasten, der einer verfassungsrechtlichen Legitimation bedürfen könnte.

Um auch nur ein Rente in Höhe des ihm nunmehr von der Beklagten zuerkannten Betrages erhalten zu können, hätte der Kläger bei einer Fortsetzung seines beruflichen Werdeganges in den alten Bundesländern höhere Beiträge zur Rentenversicherung entrichten müssen als er tatsächlich in den neuen Bundesländern unter Heranziehung der erläuterten dort maßgeblichen gesetzlichen Sonderregelungen entrichtet hat. Nur ergänzend sei angemerkt, dass es natürlich die freie Entscheidung des Klägers war, ob er die auf diesem Wege erzielte Ersparnis bei den Beitragsaufwendungen (bezogen auf den Arbeitnehmeranteil) für den Aufbau einer zusätzlichen privaten Altersvorsorge einsetzen wollte.

Soweit der Kläger offenbar fiktive - von ihm nicht entrichtete - weitere Beitragszahlungen insbesondere vor dem Hintergrund rentensteigernd berücksichtigt sehen will, dass in dem (theoretischen) Fall einer Erzielung desselben Einkommens in den alten Bundesländern höhere Beiträge zur Rentenversicherung ausgehend insbesondere auch bis zu der dort maßgeblichen (im Vergleich zu den neuen Bundesländern höheren) Beitragsbemessungsgrenze zu entrichten gewesen wären, welche im Ergebnis zu (relativ geringfügigen, da der Kläger unter einer solchen Annahme von der erläuterten gesetzlichen Privilegierung der Ostbeiträge nicht hätte profitieren können) höheren Rentenleistung geführt hätten, kann er schon im Ausgangpunkt mit einem solchen Ansatz nicht im Rentenfestsetzungsverfahren gehört werden. Der Rentenberechnung liegen - von gesetzlich gesondert geregelten Ausnahmen insbesondere bezogen auf die Berücksichtigung von beitragsfreien und beitragsgeminderten Zeiten abgesehen - die tatsächlich entrichteten Beitragszahlungen und keine fiktiven Möglichkeiten einer Beitragsentrichtung zugrunde. Ein Versicherter, der meint, dass namentlich Bestimmungen über die Höhe der Beitragsbemessungsgrenze ihn in verfassungswidriger Weise an der Entrichtung weiterer Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung und damit an einem weiteren Aufbau von Rentenanwartschaften hindern würden, muss einen Anspruch auf Zulassung von weiteren Beitragszahlungen geltend machen. Erst wenn er mit diesem Begehren durchzudringen vermag (und tatsächlich entsprechende weitere Beitragszahlungen erfolgt sind), kann er eine Berücksichtigung solcher weiteren Beiträge bei der Rentenberechnung beanspruchen.

Dementsprechend muss der Senat nicht näher darauf eingehen, dass er auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken über die gesetzlichen Vorgaben hinsichtlich der Beitragsbemessungsgrenzen zu erkennen vermag. Dafür ist umso weniger Raum, als auch mit der Heranziehung der Beitragsbemessungsgrenze Ost natürlich Einsparungen bei den (sonst bei gleichem Verdienst in den alten Bundesländern zu entrichtenden) Rentenversicherungsbeiträgen verbunden waren, bezüglich derer der Kläger jedenfalls berechtigt war, diese Mittel zum Aufbau einer zusätzlichen privaten Altersvorsorge einzusetzen. Soweit dieser in diesem Zusammenhang darauf hinweist, dass die Einsparungen bei den Beitragszahlungen in Höhe des Arbeitgeberanteils seinem Arbeitgeber zugutegekommen seien, hätte er mit seinem Arbeitgeber im Zuge der Gehaltsverhandlungen einen entsprechenden Ausgleich vereinbaren können, sofern sich die Beteiligten des Arbeitsverhältnisses vor dem Hintergrund der bereits seinerzeit maßgeblichen gesetzlichen Vorgaben über die unterschiedliche rentenrechtliche Relevanz von Lohneinkünften in den alten und in den neuen Bundesländern über die Angemessenheit eines solchen Ausgleichs einig gewesen wären.

Sollte die wirtschaftliche Verhandlungsposition des Klägers seinerzeit allerdings nicht stark genug gewesen sein, um einen solchen Ausgleich durchzusetzen, ist es jedenfalls nicht Aufgabe der Rentenversicherung, dafür im Nachhinein eine irgendwie geartete Kompensation zu bieten.

Schon im Ausgangspunkt dürfte mithin eine verfassungswidrige Benachteiligung des Klägers im Rahmen der angegriffenen Rentenberechnung gar nicht erkennbar sein. Er profitiert vielmehr im Ergebnis von Bestimmungen, bei deren Erlass der Gesetzgeber die typischerweise geringeren Verdienstmöglichkeiten in den neuen Bundesländern vor Augen hatte (wobei der Gesetzgeber im Rahmen seiner typisierenden Regelung davon Abstand genommen hat, einen Ausschluss der Begünstigungen für Arbeitnehmer vorzusehen, die zwar in den neuen Bundesländern arbeiten, dort aber nach West-Tarifverträgen bezahlt werden). Es war ohnehin die freie Entscheidung des Klägers, (unter Abwägung der damit verbundenen Risiken, offenbar aber auch durchaus erheblichen Chancen) seine berufliche Tätigkeit im Bereich der neuen Bundesländer auszuüben.

Darüber hinaus kann eine Verfassungswidrigkeit einer allgemeinen (für Millionen von Versicherten maßgeblichen) gesetzlichen Regelung selbstverständlich nicht daraus abgeleitet werden, dass ein Betroffener einen "individuellen beruflichen Werdegang" zurückgelegt hat, vor dessen Hintergrund er die Regelung als unbillig empfindet. Noch weniger kann es auf die Kosten der individuellen (ohnehin subjektiv bestimmten) Lebensführung während der Beitragsentrichtungszeiträume ankommen, wobei die Wahl des Wohnortes ohnehin dem persönlichen Lebensbereich des Versicherten zuzurechnen ist.

Jede gesetzliche Regelung muss verallgemeinern. Der Gesetzgeber darf sich grundsätzlich am Regelfall orientieren und ist nicht gehalten, allen Besonderheiten jeweils durch Sonderregelungen Rechnung zu tragen (vgl. BVerfGE 82, 159 (185 f.); 84, 348 (359 f.); 96, 1 (6)). Dabei ist der Gesetzgeber berechtigt, von einem Gesamtbild auszugehen, das nach den ihm vorliegenden Erfahrungen die regelungsbedürftigen Sachverhalte zutreffend wiedergibt (vgl. BVerfGE 112, 268 (280) [BVerfG 16.03.2005 - 2 BvL 7/00]). Ein atypischer oder gar realitätsferner Fall darf nicht als Leitbild gewählt werden (vgl. BVerfGE 66, 214 (223) [BVerfG 22.02.1984 - 1 BvL 10/80]; 112, 268 (280 f.); 117, 1 (31)). Auf dieser Grundlage darf der Gesetzgeber generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen verwenden, ohne allein schon wegen der damit verbundenen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen (BVerfG, Beschluss vom 12. Oktober 2010 - 1 BvL 12/07 -, BVerfGE 127, 224, Rz 82).

Gerade im Bereich des Sozialrechts hat der Gesetzgeber grundsätzlich einen weiten Gestaltungsspielraum, und zwar insbesondere bezüglich der erforderlichen Abgrenzung des begünstigten Personenkreises (BSG, U.v. 19. Februar 2009 - B 10 KG 2/07 R - SozR 4-5870 § 1 Nr 2 mit weiteren Nachweisen insbesondere auch zur verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung). Im vorliegenden Zusammenhang ist nichts dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber mit den vorstehend erläuterten Bestimmungen die Grenzen dieses weiten Gestaltungsspielraums überschritten hat. Erst recht ist nicht von einer Missachtung verfassungsrechtlich geschützter Rechte des Klägers auszugehen.

Gerade vor dem Hintergrund, dass die Wirtschaftskraft und die finanzielle Leistungsfähigkeit aller neuen Länder über viele Jahre hinweg und auch weiterhin deutlich hinter der der alten Bundesländer zurückgeblieben ist (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 12. Februar 2003 - 2 BvL 3/00 -, BVerfGE 107, 218), durfte und darf sich der Gesetzgeber zu der erläuterten - mit der dargelegten Privilegierung der Beitragszahlungen einhergehenden - maßvollen Differenzierung bei der Berechnung der Rentenhöhe durch die Heranziehung des sog. Rentenwertes Ost von Verfassungs wegen für berechtigt erachten.

Auch die wiederum nur wenig substantiierten Hinweise des Klägers zu einer Verfassungswidrigkeit der - auch insoweit von der Beklagten zutreffend herangezogenen - einfachgesetzlichen rentenrechtlichen Vorgaben der §§ 74, 263 Abs. 3 SGB VI über eine Nichtberücksichtigung der vom Kläger zurückgelegten Schul- und Hochschulzeiten im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung vermögen nicht zu überzeugen.

Die konkrete Reichweite des Eigentumsschutzes ergibt sich erst aus der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG durch den Gesetzgeber (BVerfG, Beschluss vom 27. Februar 2007 - 1 BvL 10/00 -, BVerfGE 117, 272-302). Dabei verengt sich die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers in dem Maße, in dem Rentenanwartschaften durch den personalen Anteil eigener Leistungen der Versicherten geprägt sind (BVerfG, aaO); d.h. umgekehrt, sie ist besonders groß, wenn Anwartschaften - wie bei der nach früherem Recht vorgesehenen Berücksichtigung beitragsfreier Studienzeiten - nicht durch eigene Beitragsleistungen geprägt sind. Art und Umfang der Ausbildung bleiben grundsätzlich im Bereich der Eigenverantwortung des Einzelnen, der selbst entscheidet, ob er durch eine qualifizierte Ausbildung seine Erwerbschancen auf dem Arbeitsmarkt (und auch auf einen höheren Verdienst) unter Verzicht auf mit (entsprechenden) Beiträgen belegte Zeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung verbessern will (BSG, Urteil vom 16. Dezember 1997 - 4 RA 67/97 -, SozR 3-2600 § 58 Nr 13 mwN).

Die Schulausbildung wie die Hochschulausbildung als solche begründet allein noch keinen personalen Bezug zur Rentenversicherung. Sie stellt für sich genommen unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten keine Eigenleistung des Versicherten dar, die der Rentenversicherung zugutekommt, sondern dient der eigenen Qualifizierung und liegt in seinem Verantwortungsbereich. Soweit der Gesetzgeber vor diesem Hintergrund von einer rentensteigernden Berücksichtigung entsprechender Schul- und Hochschulzeiten, während derer gerade keine Beiträge zur Rentenversicherung entrichtet worden sind, absieht, ist dies von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden (BSG, Urteil vom 13. November 2008 - B 13 R 77/07 R -, ; die Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil wurde nicht zur Entscheidung angenommen, vgl. BVerfG 1. Senat 3. Kammer vom 7.4.2010 - 1 BvR 718/09; vor diesem Hintergrund sieht der Senat auch keinen Anlass zu der vom Kläger angeregten Aussetzung des vorliegenden Verfahrens).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), sind nicht gegeben.