Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 28.01.2015, Az.: L 2 R 67/13

abhängig Beschäftigter; LKW-Fahrer; unständige Beschäftigung; Versicherungpflicht

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
28.01.2015
Aktenzeichen
L 2 R 67/13
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2015, 44813
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
SG - 22.01.2013 - AZ: S 14 R 499/10

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Einer Feststellung der Krankenkasse über die Versicherungspflicht eines unständig Beschäftigten nach Maßgabe des § 186 Abs. 2 SGB V bedarf es nicht, wenn der Beschäftigte ohnehin insbesondere aufgrund der Ausübung einer versicherungspflichtigen Hauptbeschäftigung der Krankenkasse angehört.

Tenor:

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Feststellung, dass eine von ihm im Zeitraum Juni 2009 bis Mai 2010 durchgeführte an einzelnen (insgesamt 48) Tagen ausgeübte berufliche Nebentätigkeit als Auslieferungsfahrer bei der Beigeladenen eine selbständige Tätigkeit dargestellt habe.

Im streitbetroffenen Zeitraum war der Kläger im Hauptberuf in Vollzeit als abhängig beschäftigter Monteur bei der Firma J. Gastronomie Technik GmbH mit einem Monatsbruttoeinkommen in der Größenordnung von 2.000 € tätig. Dieser Arbeitgeber entrichtete mit den Sozialversicherungsbeiträgen auch Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung des bei der BKK K. versicherten Klägers nach Maßgabe des von seiner Seite entrichteten Gehalts.

Daneben arbeitete der Kläger als Auslieferungsfahrer für die einen Tierfutterhandel betreibende Beigeladene an insgesamt 48 Tagen in dem o.g. Zeitraum von Juni 2009 bis Mai 2010 (nachdem er in vorausgegangenen Zeiträumen bei dieser auch schon abhängig beschäftigt gewesen war).

Für diese Tätigkeit als Auslieferungsfahrer erhielt der Kläger von der Beigeladenen ein nach Arbeitsstunden bemessenes Entgelt in Höhe von 15,50 € je Stunde, wobei der Kläger jeweils zum Monatsende die erbrachten Fahrstunden der Beigeladenen in Rechnung stellte. Die monatlichen Rechnungsbeträge bewegten sich im Bereich zwischen 384,56 € und 1.587,51 € (vgl. wegen der Einzelheiten die Anlagen zum Schriftsatz des Klägers vom 26. März 2013).

Die entsprechenden Fahraufträge vergab die Beigeladene jeweils kurzfristig lediglich ein bis zwei Tage vor der jeweiligen Fahrt, wenn sich insbesondere anhand der Kundenbestellungen ergab, dass das Auftragsvolumen allein mit den bei ihr fest angestellten Fahrern nicht abzudecken war. Ergab sich ein entsprechender Bedarf, klärte die Beigeladene telefonisch mit dem Kläger ab, ob dieser bereit und - insbesondere auch unter Berücksichtigung der mit seiner hauptberuflichen Tätigkeit verbundenen Anforderungen - in der Lage war, den jeweiligen Fahrauftrag wahrzunehmen. Für die Fahrten setzte der Kläger jeweils im Eigentum der Beigeladenen stehende Auslieferungsfahrzeuge ein; deren Betriebskosten die Beigeladene getragen hat.

Im Juli 2009 beantragte der Kläger die Feststellung seines sozialversicherungsrechtlichen Status bezogen auf die im Auftrag der Beigeladenen ausgeübte Nebentätigkeit.

Mit Bescheiden vom 14. Dezember 2009 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 11. März 2010 und des Widerspruchsbescheides vom 26. Mai 2010 stellte die Beklagte fest, dass der Kläger seine Tätigkeit als Aushilfsfahrer für die Beigeladene seit Juni 2009 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübte, so dass er in dieser Beschäftigung der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.

Mit der dagegen am 14. Juni 2010 erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, dass er mit der Beigeladenen keinen Arbeitsvertrag, sondern Werkverträge abgeschlossen habe, auch wenn er im Eigentum der Beigeladenen stehende Lastkraftwagen geführt habe. Er habe nicht den Weisungen der Beigeladenen unterlegen, sondern lediglich Aufträge erhalten, bestimmte Waren an die jeweils vorgegebenen Zielorte zu befördern. Mit einer „freien Rechtsformwahl“ wäre es nicht in Einklang zu bringen, wenn das Fehlen eines Unternehmerrisikos zu seinen Lasten berücksichtigt würde.

Mit Urteil vom 22. Januar 2013, dem Kläger zugestellt am 1. Februar 2013, hat das Sozialgericht Hannover die Klage abgewiesen. In der gebotenen Gesamtwürdigung überwögen die für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Kriterien, und zwar namentlich die Vereinbarung einer Zeitvergütung und das Fehlen eines Unternehmerrisikos.

Mit der am 18. Februar 2013 eingelegten Berufung hebt der Kläger hervor, dass es ihm bei den entsprechenden Anfragen der Beigeladenen frei gestanden habe, ob er den jeweils vorgesehenen einzelnen Fahrauftrag annehmen oder ablehnen wollte. Anders als fest angestellte Fahrer der Beigeladenen habe er auch keine Nebentätigkeiten, wie etwa das Reinigen von Fahrzeugen oder des firmeneigenen Waschplatzes, vornehmen müssen. Aufgrund seiner hauptberuflichen Tätigkeit sei er auch in wirtschaftlicher Hinsicht nicht von der Beigeladenen abhängig gewesen.

Mit weiterem Änderungsbescheid vom 27. November 2014 hat die Beklagte die angefochtenen Bescheide dahingehend geändert, dass der Kläger in der von Juni 2009 bis Mai 2010 an den in diesem Bescheid im einzelnen aufgeführten 48 Einsatztagen im Rahmen einer unständigen Beschäftigung ausgeübten Tätigkeit nicht der Versicherungspflicht nach dem Recht der Arbeitsförderung, sondern lediglich der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung unterlegen habe.

Der Kläger beantragt,

1. das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 22. Januar 2013 und die Bescheide der Beklagten vom 14. Dezember 2009 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 11. März 2010 und 27. November 2014 sowie des Widerspruchsbescheides vom 26. Mai 2010 aufzuheben

2. festzustellen, dass er die Tätigkeit eines Aushilfsfahrers für die Beigeladene im Zeitraum Juni 2009 bis Mai 2010 im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit ausgeübt habe.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beigeladene stellt keinen Antrag.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg.

Die Beklagte hat in den angetroffenen Bescheiden zutreffend dargelegt, dass der Kläger im streitbetroffenen Zeitraum für die Beigeladene im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses als Auslieferungsfahrer tätig war und in dieser Tätigkeit der Versicherungspflicht in der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung unterlegen hat. Auch unter Berücksichtigung des weiteren Vorbringens im Berufungsverfahren ist kein Raum, abweichend von den zutreffenden Feststellungen der Beklagten von einer selbständigen Tätigkeit auszugehen.

1. Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen - vorbehaltlich besonders normierter gesetzlicher Ausnahmebestimmungen - in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung (vgl § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V, § 20 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB XI, § 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI und § 25 Abs 1 Satz 1 SGB III) der Versicherungspflicht (und Beitragspflicht). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV).

Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Bei untergeordneten und einfacheren Arbeiten ist eher eine Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation anzunehmen (BSG, Urteil vom 28. September 2011 – B 12 R 17/09 R –, SGb 2011, 633.)

Eine wirtschaftliche Abhängigkeit des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber etwa in dem Sinne, dass dieser ohne den jeweils vereinbarten Arbeitslohn nicht sein Existenzminimum bestreiten könnte, wird entgegen der Rechtsauffassung des Klägers hingegen für die Feststellung einer abhängigen Beschäftigung nicht gefordert.

Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (BSG, U.v. 25. April 2012 – B 12 KR 24/10 R –, SozR 4-2400 § 7 Nr 15).

Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (BSG, U.v. 29. August 2012 - B 12 R 14/10 R -).

Die Vertragspartner waren sich im vorliegenden Fall darüber einig, dass über die jeweiligen Fahraufträge gesonderte Vereinbarungen getroffen werden sollten, wobei in der betrieblichen Praxis jeweils kurzfristig ein bis zwei Tage vor einer Fahrt ein Mitarbeiter der Beigeladenen bei dem Kläger jeweils telefonisch angefragt hat, ob er bereit und in der Lage war, den jeweiligen Fahrauftrag zu übernehmen. Erst nach Abschluss einer solchen spezifischen Einzelvereinbarung war der Kläger zur Wahrnehmung der Tätigkeit als Auslieferungsfahrer und die Beigeladenen zur Zahlung des vereinbarten Stundenhonorars verpflichtet.

Da außerhalb solcher Detailvereinbarungen über die Übernahme von einzelnen konkreten Fahraufträgen dem Kläger ohnehin keine Arbeitspflichten gegenüber der Beigeladenen oblagen, stand es ihm auch frei, wie und zu welchen Zwecken er die jeweils zwischen zwei übernommenen Fahrten liegenden Tage nutzen wollte. Namentlich konnte er frei darüber entscheiden, ob er an solchen Tagen etwa „Urlaub“ machen oder anderweitigen Verpflichtungen (insbesondere aus seinem hauptberuflichen Beschäftigungsverhältnis) nachgehen wollte.

Ausschlaggebend für die rechtliche Einordnung entsprechender Tätigkeiten sind in solchen Fallgestaltungen die Verhältnisse nach Annahme - also bei Durchführung - des einzelnen Auftrags (vgl. BSG, Urteil vom 25. April 2012 - B 12 KR 24/10 R -, SozR 4-2400 § 7 Nr 15). Auch der Tagelöhner kann Arbeitnehmer sein; er wird dies sogar vielfach sein.

Aus dem Umstand, dass jemand stets aufs Neue seine Entschließungsfreiheit betätigen kann, einen weiteren Auftrag anzunehmen und damit eine weitere Vertragsbeziehung zu begründen oder nicht, können (zwingende) Schlüsse weder in der einen - Beschäftigung - noch in der anderen Richtung - selbstständige Tätigkeit - gezogen werden (BSG, Urteil vom 20. März 2013 – B 12 R 13/10 R –, SozR 4-2400 § 7 Nr 19). Dabei ist ohnehin nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens davon auszugehen, dass für die Beigeladene für die Zwischenzeiträume zwischen zwei vom Kläger übernommene Fahrten keine entsprechende "Verfügungsbefugnis" (beispielsweise innerhalb einer ggfs. gesondert vereinbarten Bereitschafts- bzw. Dienstzeit) begründet worden war, aufgrund derer sie auch ohne vorherige Einzelabsprache über die Arbeitskraft des Beigeladenen hätte verfügen können (vgl. zu diesen Kriterien insbesondere BSG, Urteil vom 20. März 2013 – B 12 R 13/10 R –, SozR 4-2400 § 7 Nr 19).

Nach Übernahme von Fahraufträgen war der Kläger hingegen selbstverständlich verpflichtet, diese auch gewissenhaft zu erfüllen; nach den Vereinbarungen der Beteiligten und ihrer tatsächlichen Umsetzung hatte er gar keine Möglichkeit, einen einmal übernommenen Fahrauftrag mit der Begründung wieder abzusagen, er wolle nunmehr an dem vorgesehenen Fahrtag  „Urlaub“ nehmen. Urlaubszeiten im Sinne eines bezahlten Urlaubs mit Entgeltfortzahlung sahen die Vereinbarungen der Klägerin mit dem Beigeladenen ohnehin nicht vor. Gerade von Seiten der Beigeladenen ist im Erörterungstermin noch einmal deren besonderes Interesse an der zuverlässigen und termingetreuen Erledigung einmal erteilter Fahraufträge hervorgehoben worden.

Dementsprechend ist im vorliegenden Fall nichts dafür ersichtlich, dass der Beigeladene nach Annahme eines Fahrauftrages in einer für Arbeitnehmer eher untypischen Weise Einsatz ohne Begründung und ohne Folgen für spätere Einsatzoptionen abbrechen konnte (vgl. zu diesem Kriterium BSG, Urteil vom 25. April 2012, B 2 KR 24/10 R, juris).

Es bestand zwischen dem Kläger und der Beigeladenen auch keine Vereinbarung, wonach der Kläger von ihm angenommene Fahraufträge durch die Heranziehung anderer Fahrer hätte erledigen können; auch eine darauf abzielende tatsächliche Praxis hat es nicht gegeben. Vielmehr hat der Kläger die von ihm übernommenen Aufträge entsprechend den von beiden Beteiligten in diesem Sinne verstandenen mündlichen Vereinbarungen jeweils persönlich erledigt.

Für die maßgebliche Dauer der jeweils übernommenen Fahraufträge war der Kläger auch in den Betrieb der Beigeladenen eingegliedert; er unterlag einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers. Selbstverständlich hatte der Kläger bei jedem Fahrauftrag hinsichtlich des Start- und des Zielpunktes sowie insbesondere auch hinsichtlich der einzuhaltenden Termine genaue Vorgaben; es wurde sowohl von Seiten des Klägers als auch insbesondere von Seiten der Beigeladenen als selbstverständlich angesehen, dass sich der Kläger nachhaltig um eine sorgfältige und termingetreue Auftragserledigung bemühte.

Ohnehin kommt es nach den erläuterten rechtlichen Vorgaben ohnehin nur auf das Bestehen einer rechtlichen Weisungsbefugnis und nicht auf deren vollumfängliche Ausübung an. Weder die Beigeladene noch der Kläger hätten daran gezweifelt, dass im Einzelfall von Seiten der Beigeladenen (beispielsweise per Handy) erteilte Einzelanweisungen etwa hinsichtlich der genauen Auswahl der Fahrtroute vom Kläger verlässlich umzusetzen waren.

Dementsprechend ist nur ergänzend darauf hinzuweisen, dass die Weisungsgebundenheit nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ohnehin zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" abgeschwächt sein kann.

Auch im Übrigen sind im vorliegenden Zusammenhang keine Anhaltspunkte für besondere, einer Selbstständigkeit das Gepräge gebenden Freiräume bei der Fahrtätigkeit ersichtlich, die der Kläger im Auftrag der Beigeladenen durchgeführt hat.

Aus dem (allgemeinen) Risiko, außerhalb der Erledigung der einzelnen Aufträge zeitweise die eigene Arbeitskraft ggfs. nicht verwerten zu können, lässt sich schon im Ausgangspunkt kein Unternehmerrisiko wegen der einzelnen Einsätze ableiten, welches der Annahme einer abhängigen Beschäftigung entgegenstehen könnte (BSG, U. v. 28. September 2011 – B 12 R 17/09 R –, juris).

Das insoweit vielmehr maßgebende Kriterium für ein relevantes Unternehmerrisiko, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist, war im vorliegenden Zusammenhang nicht gegeben. Eigene sächliche Mittel in nennenswertem Umfang hat der Kläger nicht eingesetzt; bezüglich des Einsatzes der persönlichen Mittel, d.h. seiner Arbeitskraft, war ihm nach Erteilung entsprechender Fahraufträge die vereinbarte nach Arbeitsstunden bemessene Entlohnung gewiss. Ohnehin ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf eine selbständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen (BSG, Urteil vom 25. April 2012 – B 12 KR 24/10 R –, juris). Für die im Auftrag der Beigeladenen durchgeführten Fahrten hatte der Kläger jedoch einen Anspruch auf die vereinbarte nach Arbeitsstunden bemessene Vergütung, ohne diesbezüglich über besondere unternehmerische Gestaltungsspielräume verfügen zu können.

Die Überbürdung des Risikos, bei krankheits- oder urlaubsbedingten Ausfällen kein Honorar zu erhalten, spricht nach der Rechtsprechung des BSG nur dann für Selbständigkeit, wenn dem auch eine größere Unabhängigkeit oder höhere Verdienstchancen gegenüberstehen. Allein die Belastung eines Erwerbstätigen, der im Übrigen nach der tatsächlichen Gestaltung des gegenseitigen Verhältnisses als abhängig Beschäftigter anzusehen ist, mit zusätzlichen Risiken rechtfertigt hingegen nicht die Annahme von Selbständigkeit (vgl. – bezogen auf eine verwaltungsberatende Tätigkeit – BSG, Urteil vom 25. Januar 2001 - B 12 KR 17/00 R -, SozVers 2001, 329). Entsprechend höhere Verdienstchancen hat die Beigeladene dem Kläger bezogen auf die ihm erteilten Fahraufträge gerade nicht eröffnet.

2.  Der Beitragspflicht stand auch nicht entgegen, dass der Kläger die Tätigkeit als Auslieferungsfahrer im streitbetroffenen Zeitraum nur geringfügig im Sinne von § 8 Abs. 1 SGB IV ausgeübt haben könnte (wobei im Übrigen unter einer solchen Annahme ohnehin §§ 172 Abs. 3 SGB VI, 249b SGB V zu berücksichtigen wären). Ob das Arbeitsentgelt regelmäßig im Monat 400 € (§ 8 Abs 1 Nr 1 SGB IV aF) übersteigt, ist danach zu beurteilen, welche Zahlungen der Beschäftigte bei vorausschauender, den Zeitraum eines Jahres umfassender Betrachtung zu erwarten hat (BSG, Urteil vom 28. Februar 1984 – 12 RK 21/83 –, SozR 2100 § 8 Nr 4). Im Rahmen der danach erforderlichen Prognose hatte der Kläger im streitbetroffenen Zeitraum Zahlungen von mehr als 400 € zu erwarten, mag diese Schwelle auch vereinzelt in wenigen Monaten unterschritten (dafür in anderen Monaten auch deutlich überschritten) worden sein.

3. Die von dem Kläger im Auftrag der Beigeladenen wahrgenommenen Fahrtätigkeiten stellten sich zwar als unständige (abhängige) Beschäftigung dar, den sich daraus ergebenden Einschränkungen für die sozialrechtlichen Beitragspflichten hat die Beklagte aber bereits Rechnung getragen.

Beschäftigungen sind unständig, wenn sie nach der Natur der Sache auf weniger als eine Woche beschränkt/befristet zu sein pflegen bzw. im Voraus durch Arbeitsvertrag beschränkt/befristet sind (vgl § 27 Abs 3 Nr 1 SGB III, § 163 Abs 1 Satz 2 SGB VI). In dieser Definition nicht ausdrücklich genannt, aber in der Rechtsprechung des BSG im Hinblick auf entstehungsgeschichtliche Zusammenhänge seit jeher als konstitutiv angesehen ist das Merkmal der Berufsmäßigkeit dieser Beschäftigungen ( vgl allerdings zur "Berufsmäßigkeit" als einer hinzutretenden Tatbestandsvoraussetzung § 27 Abs 3 Nr 1 SGB III ). Danach sind Personen unständig Beschäftigte, deren Hauptberuf die Lohnarbeit bildet, die aber ohne festes Arbeitsverhältnis bald hier, bald dort, heute mit dieser, morgen mit jener Arbeit beschäftigt sind. Berufsmäßigkeit in diesem Sinne liegt vor, wenn die Beschäftigungen zeitlich oder wirtschaftlich den Schwerpunkt der Erwerbstätigkeit bilden (BSG, Urteil vom 28. Mai 2008 – B 12 KR 13/07 R –, juris mwN).

Unständige Beschäftigungen werden typischerweise bei ständig wechselnden Arbeitgebern ausgeübt (BSG, U.v. 28. Mai 2008, aaO); es kommt aber auch durchaus eine unständige Beschäftigung bei demselben Arbeitgeber  in  Betracht (BSG, Urteil vom 20. März 2013 – B 12 R 13/10 R –, SozR  4-2400 § 7 Nr 19).

In der Rechtsprechung wird die Auffassung vertreten, dass Personen unständig Beschäftigte sind, deren Hauptberuf die Lohnarbeit bildet, die aber ohne festes Arbeitsverhältnis bald hier, bald dort, heute mit dieser, morgen mit jener Arbeit beschäftigt sind. Berufsmäßigkeit in diesem Sinne liegt vor, wenn die Beschäftigungen zeitlich oder wirtschaftlich den Schwerpunkt der Erwerbstätigkeit bilden (BSG, Urteil vom 28. Mai 2008 – B 12 KR 13/07 R –, juris). Diese Definition könnte dafür sprechen, dass neben einer (ständigen) hauptberuflichen Tätigkeit kein Raum für die Ausübung einer unständigen Nebenbeschäftigung verbleibt. Damit würde allerdings dem Grundsatz widersprochen, dass bei einer Beschäftigung mehrerer Arbeitnehmer mit den gleichen Arbeiten möglichst auch eine gleichmäßige sozialversicherungsrechtliche Einordnung vorzunehmen ist (vgl. BSG, Urteil vom 13. Februar 1962 – 3 RK 2/58 –, BSGE 16, 158). Soweit nebeneinander verschiedene rentenversicherungsrechtlich bedeutsame Sachverhalte vorliegen, hat im Ausgangspunkt das Bestehen von Versicherungspflicht (oder Versicherungsfreiheit bzw. Versicherungsbefreiung) hinsichtlich des einen Sachverhalts grundsätzlich keine Wirkung für den anderen Sachverhalt, vielmehr ist jeder Sachverhalt, wenn gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, selbstständig zu beurteilen (BSG, Urt. v. 04. November 2009, – B 12 R 7/08 R –, SozR 4-2600 § 2 Nr. 13). Hiervon ausgehend erachtet es der erkennende Senat mangels einer darauf abzielenden klaren gesetzlichen Grundlage nicht für angezeigt, für neben einer hauptberuflichen Tätigkeit wahrgenommene Nebenbeschäftigungen von vornherein die Möglichkeit ihrer unständigen Ausübung auszuschließen.

Dabei ist im vorliegenden Zusammenhang auch nicht der arbeitsrechtlichen Frage nachzugehen, inwieweit und unter welchen Voraussetzungen - angesichts der begrenzten Zulässigkeit befristeter Arbeitsverträge (vgl § 14 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes  - TzBfG -) unständige Beschäftigungen bei demselben Arbeitgeber anfänglich rechtswirksam begründet werden können (offen gelassen auch vom BSG, U.v. 28. Mai 2008 – B 12 KR 13/07 R –, juris). Will der Arbeitnehmer geltend machen, dass die Befristung eines Arbeitsvertrages den Vorgaben des TzBFG widerspricht und damit rechtsunwirksam ist, so muss er nach § 17 TzBfG innerhalb von drei Wochen nach dem vereinbarten Ende des befristeten Arbeitsvertrages Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis auf Grund der Befristung nicht beendet ist. Macht er von diesem Rechtsbehelf keinen Gebrauch, verbleibt es arbeitsrechtlich - und damit auch sozialrechtlich - bei der Befristung.

Der Kläger, dem von Seiten der Beigeladenen jeweils nur kurzfristig ein bis zwei Tage vor der Auslieferung Einzelaufträge für jeden Einsatztag gesondert erteilt worden sind, hat nie eine Klage nach § 17 TzBfG erhoben. Im Übrigen hat der Gesetzgeber mit der vorstehend erläuterten Vorschrift des § 163 Abs. 1 SGB VI zum Ausdruck gebracht, dass er an der Rechtsfigur einer unständigen Beschäftigung festhalten will.

Der Kläger hat seine Tätigkeit für die Beigeladene auch berufsmäßig ausgeübt. Die Bereitschaft, eine abhängige Erwerbstätigkeit aufzunehmen, bildet ein Indiz für die Berufsmäßigkeit der Aushilfsbeschäftigung. Diesem Indiz käme jedoch dann keine Bedeutung mehr zu, wenn es tatsächlich nur zu einem einmaligen Arbeitseinsatz gekommen wäre (BSG, U.v. 11. Mai 1993 - 12 RK 23/91 - BB 1993, 2094). Weiter ist zu berücksichtigen, ob der unregelmäßige Arbeitseinsatz nach dem allgemeinen Berufsbild der ausgeübten Tätigkeit als typisch angesehen werden konnte (BSG, aaO), was in Bezug auf Aushilfsfahrer zu bejahen ist. Ausschlaggebend ist letztlich eine Gesamtabwägung aller Einzelumstände, die der tatrichterlichen Würdigung vorbehalten bleiben muss (BSG, aaO). Diese Gesamtabwägung spricht im vorliegenden Zusammenhang für die Annahme einer berufsmäßigen Ausübung der Aushilfsfahrertätigkeit. Der erhebliche zeitliche Einsatz des Klägers macht deutlich, dass er mit dieser Tätigkeit einen wesentlichen Beitrag zur Bestreitung seines Lebensunterhalts erzielen wollte, mag auch sein Existenzminimum bereits durch den im Hauptarbeitsverhältnis abgesicherten Lohn gesichert gewesen sein.

Die damit festzustellende Unständigkeit der Beschäftigung berührt allerdings ohnehin nicht die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung dem Grunde nach, sie kann sich allenfalls - ohne dass dies im vorliegenden Fall relevant würde - nach Maßgabe des § 163 SGB VI auf die Berechnung der Beitragshöhe  auswirken  (vgl. BSG, Urteil vom 04. Juni 1998 – B 12 KR 5/97 R –, SozR 3-2400 § 7 Nr 13).

Da nur eine unständige Beschäftigung ausgeübt worden wäre, kommt keine Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung in Betracht (vgl. § 27 Abs. 3 Nr. 1 SGB III; vgl. auch BSG, Urteil vom 20. März 2013 – B 12 R 13/10 R –, SozR 4-2400 § 7 Nr 19); dies hat auch die Beklagte im Änderungsbescheid vom 27. November 2014 anerkannt.

Eine unständige Beschäftigung begründet nicht als solche eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V und in der sozialen Pflegeversicherung nach § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB XI. Vielmehr würde eine aufgrund der Ausübung einer entsprechenden unständigen Beschäftigung begründete Mitgliedschaft in einer gesetzlichen Krankenkasse erst mit einer entsprechenden Feststellung der Krankenkasse nach § 186 Abs. 2 SGB V entstehen.

Die Versicherung der unständig Beschäftigten erfordert einen Verwaltungsakt der zuständigen Krankenkasse (vgl. BSG, Urteil vom 04. Juni 1998 – B 12 KR 5/97 R –, aaO); einen solchen Verwaltungsakt hat die Taunus BKK nicht erlassen. Den Beginn der Mitgliedschaft hat der Gesetzgeber vor dem Hintergrund (auch) von der Feststellung der Versicherungspflicht abhängig gemacht, weil die Erfassung der unständig Beschäftigten schwierig ist und diese sonst möglicherweise nur und erst im Leistungsfall als Versicherte auftreten würden (vgl. Peters in Kasseler Kommentar, § 186 SGB V, Rn. 14).

Im vorliegenden stand die „Mitgliedschaft“ des Klägers bei der Taunus BKK als solche im streitbetroffenen Zeitraum aber gar nicht in Frage; bereits aufgrund des Hauptarbeitsverhältnisses war und blieb er - auch unabhängig von der Ausübung einer Nebentätigkeit - Mitglied dieser Krankenkasse. Damit stellte sich im vorliegenden Zusammenhang gar nicht die Frage, ob die Ausübung der unständigen (Neben )Beschäftigung eine Mitgliedschaft des Klägers in der gesetzlichen Krankenversicherung begründen konnte, zu prüfen war vielmehr lediglich, ob der Lohn aus der (unständigen, aber mehr als nur geringfügigen) Nebenbeschäftigung im gleichen Sinne der Beitragspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung unterlag wie der Verdienst aus der in demselben Zeitraum ausgeübten abhängigen Hauptbeschäftigung als Monteur.

Diesbezüglich verbleibt es bei den allgemeinen Vorgaben der §§ 5 Abs. 1 Nr. 1, 226 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, wonach das Arbeitsentgelt aus versicherungspflichtigen Beschäftigungen der Bemessung der Höhe Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung zugrunde zu legen ist. Entsprechend seinem Wortlaut und dem mit dieser Norm verfolgten gesetzgeberischen Ziel beschränkt sich die Ausnahmeregelung des § 186 Abs. 2 SGB V auf Fallgestaltungen, in denen erst durch die Ausübung der unständigen Beschäftigung eine „Mitgliedschaft“ in der gesetzlichen Krankenversicherung begründet werden könnte. Ist der betroffene Beschäftigte hingegen ohnehin bereits - wie hier aufgrund Ausübung einer ihrerseits versicherungspflichtigen Hauptbeschäftigung - Mitglied der Krankenkasse, verbleibt letztlich kein Raum für eine gesonderte konstitutive Entscheidung der Krankenkasse über den Beginn eben dieser (ohnehin bestehenden) „Mitgliedschaft“.

Mit der Sonderregelung des § 186 Abs. 2 SGB V soll vermieden werden, dass die Betroffenen möglicherweise nur und erst im Leistungsfall als Versicherte auftreten. Sind die Betroffenen ohnehin bereits Mitglied der Krankenkasse, können sie (insbesondere auch unabhängig von der Erfüllung der Meldepflicht nach § 199 SGB V oder einer anderweitigen Offenbarung der Nebentätigkeit) alle sich aus der Mitgliedschaft ergebenden Leistungsansprüche geltend machen. Es stellt sich damit bezogen auf den Regelfall gar nicht die Problematik, dass eine Mitgliedschaft als solche erstmalig im Leistungsfall und namentlich bei der Inanspruchnahme medizinischer Leistungen geltend gemacht werden könnte (mit Ausnahme ggfs. von Fallgestaltungen, in denen im Hinblick auf die versicherungspflichtige Nebentätigkeit höheres Krankengeld gefordert wird; vgl. dazu auch BSG, Urteil vom 21. März 1974 – 8 RU 81/73 –, BSGE 37, 189).

Damit bestünde bei einer von der Auffassung des Senates abweichenden Interpretation des § 186 Abs. 2 SGB V in dem Sinne, dass auch bei ohnehin bestehender Mitgliedschaft in einer gesetzlichen Krankenkasse die Ausübung einer unständigen abhängigen (Neben-)Beschäftigung nur im Falle einer entsprechenden konstitutiven Entscheidung der Krankenkasse zu beitragspflichtigen Einkünften im Sinne des § 226 Abs. 1 Nr. 1 SGB V führen würde, die naheliegende Gefahr, dass damit ein Anreiz zur möglichst dauerhaften Verschweigung einer solchen unständigen Beschäftigung gegenüber der Krankenkasse geschaffen würde.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), sind nicht gegeben.