Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Beschl. v. 12.01.2015, Az.: L 11 AS 1310/14 B ER
Grundsicherung für Arbeitsuchende; Hilfebedürftigkeit des Arbeitsuchenden; Mitwirkungsobliegenheit im sozialgerichtlichen Verfahren
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 12.01.2015
- Aktenzeichen
- L 11 AS 1310/14 B ER
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2015, 11580
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2015:0112.L11AS1310.14B.ER.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Hildesheim - 07.11.2014 - AZ: S 38 AS 4073/14 ER
Rechtsgrundlagen
- § 44 SGB X
- § 7 Abs. 1 Nr. 3 SGB II
- § 9 SGB II
- § 103 Abs. 1 S. 1 SGG
Fundstellen
- FStBW 2015, 474-475
- FStHe 2015, 411-412
- FStNds 2015, 500-501
- FuBW 2015, 474-475
- FuHe 2015, 411-412
- FuNds 2015, 500-501
- GV/RP 2015, 245-246
- KomVerw/B 2015, 227-228
- KomVerw/LSA 2015, 230-231
- KomVerw/MV 2015, 231-232
- KomVerw/S 2015, 230-231
- KomVerw/T 2015, 227-228
- NZS 2015, 313
- ZfSH/SGB 2015, 239-240 (Pressemitteilung)
- info also 2015, 132-135
Redaktioneller Leitsatz
1. Kommt ein Betroffener seiner Mitwirkungsobliegenheit auch im sozialgerichtlichen Verfahren nicht nach, sind die Gerichte trotz des Amtsermittlungsprinzips nur eingeschränkt verpflichtet, weiter zu ermitteln.
2. Können sich der Leistungsträger bzw. das Gericht wegen unzureichender Angaben des Betroffenen kein hinreichend klares Bild über die Einkommens- und Vermögenssituation verschaffen, kann eine Hilfebedürftigkeit nicht festgestellt werden und dementsprechend eine einstweilige Anordnung nicht ergehen.
3. Soweit ein SGB II-Leistungsbezieher geltend macht, dass ihm ein einmal zugeflossener Vermögenswert nicht mehr zur Verfügung steht, trägt er hierfür die Vortrags- und Beweislast.
Tenor:
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Hildesheim vom 7. November 2014 wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe
I. Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes, den Antragsgegner zur Gewährung von vorläufigen Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) zu verpflichten. Der 1957 geborene Antragsteller beantragte erstmals im August 2013 SGB II-Leistungen. Er war damals Eigentümer des - nach wie vor von ihm bewohnten - Einfamilienhauses in der F. Straße 5 in G. (Baujahr 1960/61, 120 qm Wohnfläche zuzüglich 70 qm Keller; 1.006 qm Grundstücksfläche; Wert laut Auskunft aus der Kaufpreissammlung: 103.000,00 Euro). Der Antragsgegner verneinte u.a. wegen dieses als Vermögen anzurechnenden Einfamilienhauses eine Hilfebedürftigkeit des Antragstellers und lehnte den Erstantrag bestandskräftig ab (Bescheid vom 15. Oktober 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. November 2013). In der Folgezeit verkaufte der Antragsteller sein Haus für 45.500,00 Euro an Dr. H. I., der dem Antragsteller in der Zeit vom 19. Dezember 2013 bis 14. Februar 2014 drei Kaufpreisraten in Höhe von 5.500,00, 2.000,00 und 28.520,20 Euro überwies. In § 5 des notariellen Kaufvertrags wurde dem Antragsteller ein lebenslängliches Wohnungsrecht an der in der ersten Etage gelegenen Zweizimmerwohnung eingeräumt. Hierfür wurde ein Mietzins in Höhe des "jeweils für J. nach Hartz IV festgesetzten Betrags sowohl für Miete als auch für Nebenkosten" vereinbart.
Am 25. März 2014 beantragte der Antragsteller erneut die Gewährung von SGB II-Leistungen. Er gab an, weiterhin in seinem Unternehmen K. (Verkauf von Tennisartikeln und Besaiten von Tennisschlägern) selbständig tätig zu sein, allerdings keinen Gewinn zu erzielen. Derzeit (9. April 2014) besitze er "nur noch knapp 9.000,00 Euro". Aus dem Erlös des Hausverkaufs habe er sich ein Auto gekauft (7.050,00 Euro), sein Girokonto bei der Volksbank L. ausgeglichen (1.600,00 Euro), Schulden an vier auch auf Rückfrage des Antragsgegners namentlich nicht benannte Personen zurückgezahlt (5.000,00 Euro), Kosten eines Urlaubsaufenthalts auf den Philippinen bestritten (6 Wochen - 8.000,00 Euro), eine Steuernachzahlung für 2012 geleistet (592,00 Euro) sowie seine Mobilfunkrechnungen (900,00 Euro) und die Krankenversicherung seiner auf den Philippinen lebenden damaligen Freundin und jetzigen Ehefrau, Frau M., bezahlt (179,00 Euro). Außerdem habe er als Sicherheit für die geplante Einreise von Frau M. ein Sparbuch mit ca. 3.000,00 Euro bei der Ausländerbehörde hinterlegt.
Der Antragsgegner lehnte auch diesen erneuten Leistungsantrag mit der Begründung ab, dass der Antragsteller nicht hilfebedürftig sei. Er verfüge über ein Vermögen von insgesamt 29.608,63 Euro. Dieser Betrag ergebe sich zunächst aus den Salden seiner Konten und Geldanlagen. Zusätzlich werde ein Betrag von 8.000,00 Euro berücksichtigt, weil dessen Verwendung für Urlaubszwecke nicht nachgewiesen worden sei. Ein weiterer Vermögenswert von 5.000,00 Euro sei zu berücksichtigen, weil die behauptete Rückzahlung von Schulden an vier namentlich nicht genannte Personen nicht nachgewiesen sei. Darüber hinaus stelle das nach wie vor nicht zugelassene und dementsprechend gar nicht genutzte Kraftfahrzeug verwertbares Vermögen dar. Das vorhandene Vermögen überschreite den Freibetrag von 9.150,00 Euro bei weitem (Bescheid vom 24. Juli 2014).
Gegen diesen Bescheid legten die damaligen Bevollmächtigten des Antragstellers Widerspruch ein, welcher vom Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 29. September 2014 zurückgewiesen wurde.
Mit Schriftsatz vom 9. September 2014 beantragte die derzeitige Prozessbevollmächtigte des Antragstellers die Überprüfung des Ablehnungsbescheides vom 24. Juli 2014 nach Maßgabe des § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Gleichzeitig beantragte sie vorsorglich erneut die Gewährung von SGB II-Leistungen mit Wirkung ab 1. September 2014. Diese Anträge lehnte der Antragsgegner mit Bescheiden vom 23. September 2014 und 29. Oktober 2014 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 29. Oktober 2014 und 5. November 2014 ab. Hiergegen führt der Antragsteller vor dem Sozialgericht (SG) Hildesheim die Klageverfahren S 36 AS 1719/14 und S 36 AS 1729/14, über die bislang noch nicht entschieden worden ist.
Am 24. September 2014 hat der Antragsteller den streitbefangenen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Er hat ergänzend vorgetragen, dass der Käufer den Kaufpreis für das Haus mittlerweile vollständig gezahlt habe, u.a. durch eine zeitlich vor den drei Überweisungen erfolgte Barzahlung von 8.000,00 Euro. Eine entsprechende Quittung werde nachgereicht. Er (der Antragsteller) habe sich vom 6. Januar bis 9. Februar 2014 sowie vom 1. bis 28. Juni 2014 in Asien aufgehalten. Am 18. Juni 2014 habe er auf den Philippinen geheiratet. Er habe die Hochzeit und die anschließende Hochzeitsreise finanziert. Nunmehr verfüge er über keine finanziellen Mittel mehr (Schriftsatz vom 15. Oktober 2014 sowie eidesstattliche Versicherung vom 21. August 2014). Sein Kraftfahrzeug habe er am 6. Oktober 2014 für 5.700,00 Euro verkauft. Den Verkaufserlös benötige er für die Wiedererlangung seiner Fahrerlaubnis, die er nach einer Trunkenheitsfahrt verloren habe. Das zunächst für die Einreise seiner Ehefrau bei der Ausländerbehörde hinterlegte Sparbuch habe er zurückerhalten, nachdem das beantragte Einreisevisum versagt worden sei. Das Guthaben habe er am 5. und 19. Mai 2014 vollständig abgehoben und "im laufenden Geldverkehr verbraucht". Seine Verbindlichkeiten bei Dritten (u.a. Bausparkasse, diverse Banken und die Krankenkasse) hätten mittlerweile einen Stand von ca. 12.000,00 Euro erreicht. Zusätzlich habe er 5.000,00 Euro Schulden bei Privatleuten und stehe mit drei Monatsmieten im Rückstand. Zwischenzeitlich habe er von einem guten Freund, Herrn N., 3.000,00 Euro erhalten, die er für die Begleichung seines Kreditkartenkontos bei der O. Bank verwendet habe (Schreiben des Antragstellers vom 22. Oktober 2014). Ergänzend hat sich der Antragsteller auf von ihm zur Gerichtsakte gereichte umfangreiche Unterlagen bezogen (u.a. Betriebsunterlagen und Kontoauszüge).
Das SG hat den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit der Begründung abgelehnt, dass der Antragsteller keinen Anordnungsgrund (im Sinne einer Eilbedürftigkeit) glaubhaft gemacht habe. Nach dem Verkauf des Autos verfüge er derzeit über mindestens 5.700,00 Euro. Zusätzlich habe er weitere Barmittel bzw. Zahlungsansprüche aus dem Hausverkauf. Schließlich habe der Käufer von dem vereinbarten Kaufpreis bislang lediglich 36.020,20 Euro mittels Banküberweisungen getilgt. Über die Zahlung weiterer 8.000,00 Euro in bar sei kein entsprechender Nachweis vorgelegt worden. Dementsprechend bestehe noch ein erheblicher Restzahlungsanspruch. Selbst wenn ein weiterer Teilbetrag von 8.000,00 Euro in bar gezahlt worden sein sollte, wäre noch ein Restbetrag in Höhe von 1.479,80 Euro offen. Diesen Zahlungsanspruch könne der Antragsteller gegenüber dem Käufer geltend machen (Beschluss vom 7. November 2014).
Gegen den dem Antragsteller am 7. November 2014 zugestellten Beschluss richtet sich seine am 1. Dezember 2014 eingelegte Beschwerde. Der Antragsteller trägt vor, dass ihm der Erlös aus dem Autoverkauf nicht mehr zur Verfügung stehe. Er habe hiervon bereits 5.043,08 Euro ausgegeben (vgl. im Einzelnen: Aufstellung des Antragstellers auf Bl. 250 der Gerichtsakte). Offen sei zudem noch ein "Betrag bei der Staatsanwaltschaft P." in Höhe von 831,20 Euro. Gegenüber dem Hauskäufer Dr. I. bestehe kein Zahlungsanspruch mehr, nachdem dieser dem Antragsteller schon im Sommer 2.000,00 Euro "zur Bestreitung seiner Lebenshaltungskosten" geliehen habe. Ein Beleg könne "von Herrn I. erbracht werden". Derzeit sei der Antragsteller mit fünf Monatsmieten im Rückstand. Ergänzend hat der Antragsteller in einer eidesstattlichen Versicherung vom 8. Dezember 2014 unter Auflistung der aktuellen Salden seiner Bankkonten versichert, kein Vermögen mehr zu besitzen.
Ob es am 1. Dezember 2014 zu der vom Antragsteller beabsichtigten Aufnahme eines Beschäftigungsverhältnisses gekommen ist, ist zwischen den Beteiligten streitig (vgl. hierzu Schriftsätze der Beteiligten vom 18. Dezember 2014 und 5. Januar 2015).
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig, jedoch unbegründet. Das SG hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Recht abgelehnt.
Nach § 86b Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Der Erlass einer solchen Regelungsanordnung setzt voraus, dass nach materiellem Recht ein Anspruch auf die begehrte Leistung besteht (Anordnungsanspruch) und die Regelungsanordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig ist, insbesondere auch ein Eilbedürfnis vorliegt (Anordnungsgrund). Sowohl der Anordnungsanspruch als auch der Anordnungsgrund sind glaubhaft zu machen (§ 920 Abs 2 Zivilprozessordnung - ZPO - i.V.m. § 86b Abs 2 Satz 4 SGG).
Weder anhand der Angaben des Antragstellers noch anhand der von ihm vorgelegten Unterlagen kann sich der Senat einen realistischen und hinreichend konkreten Eindruck von seiner wirtschaftlichen Situation verschaffen. Der Antragsteller hat im Jahr 2014 über erhebliche wirtschaftliche Mittel verfügt, deren Verbleib bzw. Verbrauch er nicht plausibel dargelegt hat. Damit fehlt es an der Glaubhaftmachung der für einen Anspruch auf SGB II-Leistungen erforderlichen Hilfebedürftigkeit (§ 7 Abs 1 Satz 1 Nr 3 i.V.m. § 9 SGB II).
Eine Prüfung der Hilfebedürftigkeit setzt voraus, dass die tatsächliche Einkommens- und Vermögenssituation des Betroffenen bekannt ist. Insoweit obliegt es zunächst dem Betroffenen, sämtliche hierfür erforderlichen Tatsachen anzugeben, entsprechende Beweismittel zu bezeichnen sowie sämtliche Beweisurkunden vorzulegen bzw. ihrer Vorlage zuzustimmen (§ 60 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - SGB I). Kommt der Betroffene seiner Mitwirkungsobliegenheit auch im sozialgerichtlichen Verfahren (vgl. hierzu: § 103 Abs 1 S 1 2. Halbsatz SGG) nicht nach, sind die Gerichte trotz des Amtsermittlungsprinzips (§ 103 S 1 SGG) nur eingeschränkt verpflichtet, weiter zu ermitteln (vgl. BSG, Urteil vom 3. Juni 2004 - B 11 AL 75/03 R -, SozR 4-1500 § 144 Nr 1; Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 103 Rn 16 mit umfangreichen weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung). Dies gilt insbesondere für Umstände, die - wie vorliegend die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Antragstellers - in der Sphäre des Anspruchstellers liegen. Soweit ein SGB II-Leistungsbezieher geltend macht, dass ihm ein einmal zugeflossener Vermögenswert nicht mehr zur Verfügung steht, trägt er hierfür die Vortrags- und Beweislast (vgl. hierzu etwa: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschlüsse vom 15. Dezember 2009 und 29. Januar 10 - L 15 AS 1031/09 B ER und L 15 AS 1086/09 B ER -; ebenso zur Arbeitslosenhilfe: Urteile des erkennenden Senats vom 16. Oktober 2012 und 11. Dezember 2012 - L 11/12 AL 108/08 und L 11 AL 17/09 -). Können sich der Leistungsträger bzw. das Gericht wegen unzureichender Angaben des Betroffenen kein hinreichend klares Bild über seine Einkommens- und Vermögenssituation verschaffen, kann eine Hilfebedürftigkeit nicht festgestellt werden und dementsprechend eine einstweilige Anordnung nicht ergehen.
Der Antragsteller hat bereits zu dem Verkauf seines Eigenheims irreführende bzw. widersprüchliche Angaben gemacht. So hat er den mehr als 50 % unter dem Wert aus der Kaufpreissammlung liegenden Verkaufspreis für das Haus zunächst damit erklärt, dass er das Haus "auf die Schnelle" habe verkaufen müssen (vgl. Verhandlungsniederschrift vom 9. April 2014). Tatsächlich beruhte der niedrige Kaufpreis jedoch auf dem dem Antragsteller im notariellen Kaufvertrag eingeräumten lebenslangen Wohnrecht. Irreführend waren auch seine Erstangaben zu den ihm weiterhin zustehenden Nutzungsrechten: Zunächst hat der Antragsteller lediglich die Nutzung der im Obergeschoss gelegenen Räumlichkeiten angegeben. Erst später hat er eingeräumt, dass er darüber hinaus auch einen Raum im Erdgeschoss nutzt (persönliche Erklärung vom 16. April 2014). Weshalb dies - anders als die Raumnutzung im Obergeschoss - nicht schriftlich geregelt ist und zudem mietfrei sein soll, hat der Antragsteller nicht plausibel gemacht.
Die Angaben des Antragstellers zum Erhalt und zum Verbrauch des Kaufpreises von 45.000,- Euro sind ebenfalls unvollständig und widersprüchlich. So hat der Antragsteller eine weitere von Dr. I. gezahlte Kaufpreisrate (8.000,- Euro in bar) erstmals in seiner Stellungnahme vom 22. Oktober 2014 behauptet, d.h. erst nachdem der Antragsgegner ihn darauf hingewiesen hatte, dass noch ein die Hilfebedürftigkeit ausschließender Restzahlungsanspruch bestehe. Den ausdrücklich angekündigten schriftlichen Nachweis hat der Antragsteller nach wie vor nicht vorgelegt. Gegen diesen verspäteten Vortrag des Antragstellers sprechen auch die in den Überweisungen vom 19. Dezember 2013, 20. Januar 2014 und 14. Februar 2014 angegebenen Verwendungszwecke (1., 2. bzw. 3. Rate Hauskauf). Schließlich müsste es sich hierbei um die 2. bis 4. Rate gehandelt haben, wenn bereits vor der ersten Banküberweisung eine erste Rate in bar gezahlt worden wäre. Der widersprüchliche und damit nicht glaubwürdige Vortrag des Antragstellers setzt sich fort hinsichtlich eines auch im Fall einer erfolgten Barzahlung von 8.000,00 Euro noch bestehenden weiteren Restzahlungsanspruchs. Sein Vortrag, wonach ihm Dr. I. bereits im Sommer 2014 2.000,- Euro "zur Bestreitung meiner Lebenskosten geliehen" haben soll, vermag nicht zu überzeugen. Zunächst ist auffällig, dass dieser Vortrag erstmals im November 2014 erfolgt ist (E-Mail vom 13. November 2014), d.h. erst nach Erlass des Beschlusses des SG, in dem ausdrücklich auf einen solchen Restzahlungsanspruch hingewiesen worden ist. Ebenso wenig ist plausibel, weshalb Dr. I., obwohl er noch ca. 1.500,00 Euro als Restkaufpreis an den Antragsteller zu zahlen hatte, diesem lediglich ein Darlehen gewährt haben soll. Zudem fehlen entsprechende Belege für den Vortrag wie z.B. ein schriftlicher Darlehensvertrag, Kontoauszüge oder Quittungen.
Ebenfalls unzureichend sind die Angaben des Antragstellers zum angeblichen Verbrauch des Kaufpreises. So hat der Antragsgegner zutreffend darauf hingewiesen, dass die Zahlung von 5.000,- Euro zur Schuldentilgung ohne Vorlage der Darlehensverträge bzw. ohne namentliche Benennung der Gläubiger nicht als hinreichend glaubhaft gemacht angesehen werden kann. Dies gilt auch für die behaupteten Kosten von 8.000,- Euro für die im Januar/Februar 2014 durchgeführte Asienreise. Dieser Betrag ist vom Antragsteller lediglich pauschal genannt worden. Belege sind dagegen nicht vorgelegt worden. Ein Verbrauch dieses Betrags lässt sich auch nicht aus den vorgelegten Kontoauszügen nachvollziehen. Allein die pauschale Behauptung, die 8.000,- Euro vollständig ausgegeben zu haben, reicht zur Glaubhaftmachung eines Verbrauchs dieses Vermögens nicht aus. Ebenso wenig belegt eine Umbuchung von Beträgen auf andere, ebenfalls auf den Namen des Antragstellers lautende Konten oder die Abhebung von Teilbeträgen in bar den Verbrauch dieser Geldbeträge. Sinngemäß gilt dies auch für die Kosten der zweiten Asienreise (einschließlich Hochzeit sowie Hochzeitsreise). Auch wenn ohne Weiteres nachvollziehbar ist, dass sowohl für die Reise als auch für die Hochzeit finanzielle Mittel aufzuwenden waren, fehlt es an einem konkreten Vortrag sowie an Nachweisen über die tatsächlich vom Antragsteller bestrittenen Kosten. Nachgewiesen bzw. glaubhaft gemacht wurde auch nicht der Verbleib des Guthabens aus dem ursprünglich bei der Ausländerbehörde hinterlegten Sparbuch. Der Antragsteller hat lediglich nachgewiesen, dass er sich das Sparguthaben am 5. und 19. Mai 2014 in Teilbeträgen hat auszahlen lassen. Der Verbleib des Guthabens ist dagegen weder dargelegt noch glaubhaft gemacht worden.
Das Verhalten des Antragstellers im Herbst 2014 widerspricht ebenfalls der von ihm behaupteten völligen Mittellosigkeit. Schließlich hatte der Antragsteller eidesstattlich versichert, über "keinerlei finanzielle Mittel" mehr zu verfügen und nicht einmal mehr in der Lage zu sein, "Lebensmittel für meinen Lebensunterhalt zu erwerben" (eidesstattliche Versicherung vom 21. August 2014). Trotz dieser angeblichen existentiellen Notlage hat der Antragsteller das - offensichtlich von ihm nie zugelassene und dementsprechend überhaupt nicht genutzte - Kraftfahrzeug erst im Oktober 2014 verkauft. Obwohl er damals über keinerlei Geldmittel für Lebensmittel verfügt haben will, hat er nach seinen eigenen Angaben von dem Verkaufserlös i.H.v. 5.700,00 Euro lediglich 300,00 Euro für "Allgemeine Lebenskosten, Essen, Trinken, Strom, Fahrtkosten" aufgewandt. Im Übrigen ist der Verkaufserlös dagegen u.a. für die Reparatur eines Aufsitz-Rasenmähers (150,- Euro) und eines E-Rollers (240,- Euro), für Handy-Rechnungen (156,- Euro), für die Wiedererlangung der Fahrerlaubnis und zum Ausgleich diverser Altschulden ausgegeben worden. Dieses Verhalten lässt den sicheren Rückschluss zu, dass dem Antragsteller in dieser Zeit weitere, bislang nicht offengelegte finanzielle Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts zur Verfügung gestanden haben. Schließlich hat er den - angeblich - von seinem Freund Q. R. geliehenen Geldbetrag von 3.000,00 Euro ebenfalls nicht zur allgemeinen Lebenshaltung verwendet, sondern zum Ausgleich seiner Altschulden auf dem Kreditkartenkonto bei der O. Bank (vgl. Schreiben des Antragstellers an seine Prozessbevollmächtigte vom 22. Oktober 2014).
Nach alledem hat der Antragsteller seine wirtschaftlichen Verhältnisse nicht hinreichend offengelegt und damit eine Hilfebedürftigkeit für den im vorliegenden Verfahren maßgeblichen Zeitraum (24. September 2014 - Tag der Einleitung des Eilverfahrens - bis zur Entscheidung des Senats) nicht plausibel bzw. glaubhaft gemacht. Die von ihm begehrte einstweilige Anordnung kann daher nicht ergehen.
Der Senat weist darauf hin, dass es dem Antragsteller unbenommen bleibt, im Hauptsacheverfahren seine wirtschaftliche Situation in dem dort streitbefangenen Zeitraum darzulegen und nachzuweisen. Sollte der Antragsteller tatsächlich noch nicht wieder über ausreichendes Erwerbseinkommen verfügen (vgl. zum Streit der Beteiligten darüber, ob es zu einer Arbeitsaufnahme ab 1. Dezember 2014 gekommen ist: Schriftsätze der Beteiligten vom 18. Dezember 2014 und 5. Januar 2015), könnten SGB II-Leistungsansprüche in Betracht kommen. Über einen entsprechenden - noch zu stellenden - Leistungsantrag hätte jedoch zunächst der Antragsgegner zu entscheiden. Eine für den Antragsteller positive Entscheidung würde jedoch nur bei hinreichender Mitwirkung des Antragstellers in Betracht kommen (lückenlose Offenlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse, vgl. zu den Mitwirkungspflichten: §§ 60 ff. SGB I). Sollte sich in diesem Verwaltungsverfahren eine Hilfebedürftigkeit des Antragstellers ergeben, hätte der Antragsgegner auch zu prüfen, ob der Antragsteller diese Hilfebedürftigkeit durch sozialwidriges Verhalten herbeigeführt hat und deshalb zum Ersatz der zu gewährenden Leistungen verpflichtet ist (§ 34 SGB II).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).