Oberlandesgericht Braunschweig
Beschl. v. 01.06.2023, Az.: 3 W 900/22

Gefahr; gegenwärtige Gefahr; Gefahrenbegriff; qualifizierter Gefahrenbegriff; Schadenseintritt; zeitliche Nähe; Wahrscheinlichkeit; Gefahrenabwehr; Gefahrenabwehrrecht; öffentliches Sicherheitsrecht; allgemeines Gefahrenabwehrrecht; Niedersachsen; niedersächsisches Gefahrenabwehrrecht; spezielles Gefahrenabwehrrecht; speziell geregeltes öffentliches Sicherheitsrecht; Eingriffsnorm; Befugnisnorm; Ermächtigungsnorm; Ermächtigungsgrundlage; Spezialermächtigung; Regelungslücke; Tierschutz; Vogelschutz; Naturschutz; Vögel; Wildvögel; Singvögel; Amsel; Mönchsgrasmücke; besonders geschützte Arten; Aufnahme; Pflege; Pflegestelle; artgerechte Haltung; Auswilderung; Auswilderungsfähigkeit; Jagdrecht; Naturschutzrecht; Bundesnaturschutzrecht; Untere Naturschutzbehörde; naturschutzrechtliche Herausgabepflicht; Durchsetzung; zwangsweise Durchsetzung; Vollstreckung; Verwaltungsvollstreckung; Vollstreckungsverfahren; Vollstreckungsmaßnahme; polizeiliche Standartmaßnahme; Herausgabe; Sicherstellung; Sicherstellungsmaßnahme; Zwangsmittel; Ersatzvornahme; Zwangsgeld; unmittelbarer Zwang; Durchsuchung; Wohnungsdurchsuchung; Durchsuchungsermächtigung; Durchsuchungsanordnung; Durchsuchungsbeschluss; Durchsuchungsprotokoll; Erledigung; Feststellung; Feststellungsbegehren; Fortsetzungsfeststellung; Fortsetzungsfeststellungsantrag; Fortsetzungsfeststellungsinteresse; Feststellungsinteresse; berechtigtes Interesse; Grundrechtseingriff; schwerwiegender Grundrechtseingriff

Bibliographie

Gericht
OLG Braunschweig
Datum
01.06.2023
Aktenzeichen
3 W 900/22
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2023, 26929
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGBS:2023:0601.3W900.22.00

Verfahrensgang

vorgehend
AG Clausthal-Zellerfeld - 23.08.2022 - AZ: 3 Gs 12/22

Fundstelle

  • DVBl 2024, 446-451

Amtlicher Leitsatz

Eine Durchsuchungsanordnung nach § 24 NPOG ist zur Durchsetzung einer naturschutzrechtlichen Herausgabepflicht nur ausnahmsweise möglich.

  1. 1.

    Hat das Amtsgericht im Rahmen einer Durchsuchungsanordnung nach § 25 Abs. 1 NPOG eine gesetzlich nicht vorgesehene Beschlagnahmeanordnung getroffen, kommt eine Berichtigung des Beschlusses wegen offensichtlicher Unrichtigkeit nach § 42 FamFG nicht in Betracht.

  2. 2.

    Eine Herausgabeverfügung im Sinne des § 45 Abs. 5 Satz 5 BNatSchG wird gemäß § 70 Abs. 1 NVwVG regelmäßig nach dem Sechsten Teil des Niedersächsischen Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes (§§ 64-79 NPOG) durchgesetzt.

  3. 3.

    Nur im Falle einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die über die in den Ermächtigungsgrundlagen des Bundesnaturschutzgesetzes geregelten Fälle hinausgeht, liegt in dieser spezialgesetzlichen Ermächtigungsgrundlage eine Regelungslücke vor, die einen Rückgriff auf das allgemeine Gefahrenabwehrrecht rechtfertigt, so dass ausnahmsweise eine Durchsuchungsanordnung gemäß §§ 24, 26 NSOG zulässig sein kann.

In der Beschwerdesache
1. A. ...
2. B. ...
Beschwerdeführer zu 1. und 2.,
Verfahrensbevollmächtigter zu 2:
Rechtsanwalt C. ...
gegen
Landkreis D. als Untere Naturschutzbehörde, ...,
Beschwerdegegner,
hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Braunschweig durch den Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts Dr. Jäde, den Richter am Oberlandesgericht Dr. Otto und den Richter am Landgericht Dr. Bohusch am 1. Juni 2023 beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    Auf die Beschwerde vom 29. August 2022 wird festgestellt, dass der Beschluss des Amtsgerichts Clausthal-Zellerfeld vom 23. August 2022 - 3 Gs 12/22 -, mit welchem die Durchsuchung der Wohnung der Beschwerdeführer und die Sicherstellung von Gegenständen angeordnet wurde, die Beschwerdeführer in ihren Rechten verletzt hat.

  2. 2.

    Gerichtskosten werden für das Beschwerdeverfahren nicht erhoben. Der Beschwerdegegner hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Beschwerdeführer zu tragen.

  3. 3.

    Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,- € festgesetzt.

[Gründe]

I.

Die Beschwerdeführer wenden sich nach erfolgter Durchsuchung und Sicherstellung von Wildtieren gegen einen Durchsuchungsbeschluss zur Durchsetzung einer naturschutzrechtlichen Herausgabepflicht.

Die Beschwerdeführer betätigen sich ehrenamtlich in der Wildvogelhilfe. In diesem Rahmen nehmen sie auch verletzte, hilflose oder kranke Wildvögel auf, um diese gesund zu pflegen. Am 19. August 2022 stellte der Landkreis ... als Untere Naturschutzbehörde (im Folgenden: Landkreis) fest, dass sich in der Wohnung der Beschwerdeführer eine Amsel sowie eine Mönchsgrasmücke befanden, welche nach Angaben der Beschwerdeführer aufgrund einer Lahmheit beziehungsweise eines Anflugtraumas nicht auswilderungsfähig waren. Da die beiden Wildvögel im Freiflug in der Wohnung der Beschwerdeführer waren, stimmten diese gegenüber den Mitarbeitern des Landkreises zu, die beiden Wildvögel in den Käfig zu locken und am 22. August 2022 in ihrer Wohnung an Mitarbeiter des Landkreises zu übergeben. An diesem Tag wurden zwei vereinbarte Abholtermine durch die Beschwerdeführer nicht eingehalten. Daraufhin beantragte der Landkreis unter dem 23. August 2022 bei dem Amtsgericht Clausthal-Zellerfeld einen Beschluss zur Durchsuchung und Beschlagnahmung wegen Gefahr in Verzug, da die Gefahr bestehe, dass die Amsel und die Mönchsgrasmücke von den Beschwerdeführern dem Zugriff durch die Untere Naturschutzbehörde entzogen würden. Zur Begründung verwies der Landkreis auf die Regelungen der §§ 44 Abs. 2 und 45 Abs. 5 BNatSchG (Bl. 2 f. d. A.).

Mit Beschluss vom 23. August 2022 ordnete das Amtsgericht Clausthal-Zellerfeld, gestützt auf die §§ 19 Abs. 4, 25 NPOG und § 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG, zur Gewährleistung der gesetzlich vorgesehenen Herausgabe der Amsel und der Mönchsgrasmücke die Durchsuchung der Wohnung der Beschwerdeführer an. Daneben wurde die "Beschlagnahme" der vorgenannten Wildvögel angeordnet. Die Vögel seien durch die Untere Naturschutzbehörde einer artgerechten Unterbringung zuzuführen. Gemäß § 45 Abs. 5 BNatSchG habe auch bei der Aufnahme und Pflege verletzter oder hilfloser Wildtiere die Auswilderung stets Priorität. Die Durchsuchung und Sicherstellung sei eilbedürftig, da nach den Mitteilungen der Beschwerdeführer davon ausgegangen werden müsse, dass sie die beiden Wildvögel dem Zugriff der Unteren Naturschutzbehörde entziehen wollten, welcher nicht auswilderungsfähige Wildtiere jedoch zuzuführen seien. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den genannten Beschluss (Bl. 6 f. d. A.) Bezug genommen.

Am 24. August 2022 wurde die Wohnung der Beschwerdeführer in deren Abwesenheit nach Öffnung der Türe im Beisein der Polizei durchsucht und es wurden unter anderem die Amsel und die Mönchsgrasmücke sichergestellt.

Mit Beschluss vom 25. August 2022 sprach das Amtsgericht Clausthal-Zellerfeld die Berichtigung seines Beschlusses vom 23. August 2022 wegen offensichtlicher Unrichtigkeit dahingehend aus, dass im Urteilstenor die Anordnung der Beschlagnahme der Wildvögel und in den Urteilsgründen die Bezugnahme der Eilbedürftigkeit auch auf die Sicherstellung der Wildvögel entfallen solle. Zur Begründung führte das Amtsgericht aus, dass es sich hierbei um einen offensichtlichen Schreibfehler handele. Wegen der Einzelheiten wird auf den Beschluss vom 25. August 2022 verwiesen (Bl. 15 f. d. A.).

Mit handschriftlichem Schreiben vom 29. August 2022 - eingegangen bei dem Amtsgericht Clausthal-Zellerfeld am selben Tag - legten die Beschwerdeführer gegen den vorgenannten Beschluss vom 23. August 2022 Beschwerde ein und kündigten deren Begründung durch einen Rechtsanwalt an (Bl. 20 d. A.).

Das Amtsgericht hat der Beschwerde - nachdem die angekündigte anwaltliche Begründung bis zu diesem Zeitpunkt nicht eingegangen war - mit Beschluss vom 6. Oktober 2022 aus den Gründen des angefochtenen Beschlusses nicht abgeholfen. Das Landgericht Braunschweig, welchem die Beschwerde zunächst vorgelegt worden war, leitete diese dem Oberlandesgericht Braunschweig zur Entscheidung zu (Bl. 21 ff. d. A.).

Unter dem 13. Februar 2023 legitimierte sich unter Vollmachtvorlage für den Beschwerdeführer zu 2. ein Rechtsanwalt, beantragte und erhielt Akteneinsicht (Bl. 28 ff. d. A.) und begründete die Beschwerde nach mehrmaliger antragsgemäßer Fristverlängerung unter dem 12. Mai 2023 im Wesentlichen damit, dass die Durchsuchung rechtswidrig gewesen sei: Diese sei unverhältnismäßig gewesen, denn die Amsel und die Mönchsgrasmücke seien nicht mehr auswilderungsfähig gewesen und nur deshalb hätten sich die Beschwerdeführer entschlossen, die beiden Vögel in Pflege zu nehmen. Die beiden Wildvögel seien von den Beschwerdeführern regelmäßig einer Tierärztin vorgestellt worden. Die Beschwerdeführer hätten die Mitarbeiter des Landkreises auch ohne Durchsuchungsbeschluss in ihre Wohnung gelassen und die beiden Wildvögel herausgegeben. Die Anordnung der Beschlagnahme der beiden Wildvögel durch das Amtsgericht liege außerhalb seiner Befugnisse und eine Berichtigung des Beschlusses vom 23. August 2022 sei durch den Beschluss vom 25. August 2022 nicht möglich gewesen, da es sich nicht um einen Schreibfehler gehandelt habe. Eine Eilbedürftigkeit habe nicht vorgelegen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Beschwerdebegründung verwiesen (Bl. 44 ff. d. A.).

II.

Die Beschwerde ist zulässig und - als Fortsetzungsfeststellungsantrag - auch begründet.

1. Der Rechtsweg zum Oberlandesgericht ist eröffnet, § 119 Abs. 1 Nr. 1 lit. b GVG, §§ 25 Abs. 1 Satz 3, 19 Abs. 4 NPOG, § 58 Abs. 1 FamFG.

Die Beschwerde ist statthaft und auch ansonsten zulässig. Dem steht nicht entgegen, dass die Beschwerde erst nach Durchführung der Durchsuchung und Sicherstellung eingelegt worden ist. Hat sich die angefochtene Entscheidung in der Hauptsache erledigt, spricht das Beschwerdegericht gemäß § 62 Abs. 1 FamFG auf Antrag aus, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat, wenn der Beschwerdeführer ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat. Dies setzt insbesondere nicht voraus, dass die Beschwerde schon eingelegt war, bevor das erledigende Ereignis eingetreten ist. Ein Feststellungsbegehren ist im Interesse eines effektiven Rechtsschutzes auch dann zulässig, wenn sich die angegriffene Maßnahme - wie hier - bei Einlegung der Beschwerde bereits erledigt hatte. Daher ist die Beschwerde vom 29. August 2022 als statthafter Fortsetzungsfeststellungsantrag im Sinne des § 62 FamFG auszulegen (vgl. OLG Braunschweig, Beschluss vom 8. März 2021 - 3 W 104/20 -, juris, Rn. 44 m.w.N.; Neuhäuser, in: BeckOK PolR Nds, 26. Edition, Stand 1. Februar 2023, § 24 NPOG, Rn. 68 m.w.N.).

Im Falle einer Wohnungsdurchsuchung ergibt sich das erforderliche berechtigte Interesse nach Erledigung der Maßnahme gemäß § 62 Abs. 2 Nr. 1 FamFG aus dem mit einer Wohnungsdurchsuchung verbundenen schwerwiegenden Grundrechtseingriff (OLG Braunschweig, Beschluss vom 11. April 2020 - 3 W 30/20 -, juris, Rn. 17 m.w.N.; Neuhäuser, a.a.O.).

2. Gegenstand der Beschwerde sowie der Überprüfung durch das Beschwerdegericht war der Beschluss des Amtsgerichts Clausthal-Zellerfeld vom 23. August 2022. Dieser konnte nicht durch den Beschluss vom 25. August 2022 mit der darin enthaltenen Begründung und Zielrichtung berichtigt werden: Nach der anzuwendenden Regelung des § 42 Abs. 1 FamFG ist eine Berichtigung von Amts wegen möglich bei Schreibfehlern, Rechenfehlern und ähnlichen offenbaren Unrichtigkeiten, mithin in den Fallgruppen des § 319 Abs. 1 ZPO. Eine Berichtigung von Entscheidungen nach diesen Vorschriften ist nur in eng begrenzten Ausnahmen möglich, wenn der in der gerichtlichen Entscheidung enthaltene Ausspruch des Gerichts nicht mit dem vom Gericht Gewollten übereinstimmt. Die Berichtigungsmöglichkeit ist begrenzt auf offensichtliche und sofort erkannte Versehen, Verfälschungen des Rechtsspruches durch technische Fehlleistungen und banale Irrtümer, letztlich durch im Justizalltag unvermeidliche Fehler (BVerfG, Kammerbeschluss vom 15. Januar 1992 - 1 BvR 1140/86 -, NJW 1992, 1496, Rn. 17, juris). Stets muss der Irrtum "offenbar" sein, d.h. er muss sich aus dem Zusammenhang der gerichtlichen Entscheidung selbst oder mindestens aus den Vorgängen bei ihrem Erlass oder ihrer Verkündung nach außen deutlich ergeben und damit auch für Dritte ohne weiteres erkennbar sein (BGH, Beschluss vom 9. Februar 1989 - V ZB 25/88 -, BGHZ 106, 370-374, Rn. 13, juris). Diese Berichtigungsnorm erlaubt jedoch nicht, das vom Gericht bei seiner Entscheidung Gewollte zu ändern. Eine falsche Willensbildung des Gerichts kann auf diesem Wege nicht korrigiert werden, und nicht möglich ist daher eine Berichtigung im Falle einer fehlerhaften Willensbildung des Gerichts wie bei einer falschen Gesetzesanwendung durch falsche Gesetzesauslegung oder durch Übersehen gesetzlicher Bestimmungen. Nach diesem Maßstab kam vorliegend eine Berichtigung des Beschlusses vom 23. August 2022 durch den Beschluss vom 25. August 2022 nicht in Betracht, denn der Beschluss vom 23. August 2022 hatte in seinem verfügenden Teil sowohl die Durchsuchung der Wohnräume der Beschwerdeführer als auch die "Beschlagnahme" der Wildvögel angeordnet und beide Maßnahmen anschließend unter anderem mit ihrer Eilbedürftigkeit begründet. Es handelt sich bei der Anordnung der "Beschlagnahme" der Wildvögel nicht um eine offenbare Unrichtigkeit im Sinne eines evidenten Auseinanderfallens zwischen dem Gewollten und dem Entschiedenen, sondern aus dem Beschluss vom 23. August 2022 geht vielmehr hervor, dass das Gericht, gestützt auf Normen des NPOG und des BNatSchG aus Gründen der Eilbedürftigkeit sowohl die Durchsuchung als auch die "Beschlagnahme" anordnen wollte. Dies hat es auch getan, sodass mithin eine Berichtigung nach § 42 Abs. 1 FamFG nicht in Betracht kam. Es handelt sich bei der gerichtlichen Anordnung der "Beschlagnahme" der Wildvögel nicht um einen offensichtlichen Schreibfehler, sodass der Berichtigungsbeschluss vom 25. August 2022 keine Wirkung entfalten konnte (BGH, Beschluss vom 11. Mai 2004 - VI ZB 19/04 -, NJW 2004, S. 2389 = juris, Rn. 5 f.).

3. Die Beschwerde ist als Fortsetzungsfeststellungsantrag begründet. Die Beschwerdeführer waren zwar verpflichtet, die beiden Wildvögel an den Landkreis herauszugeben (a). Zur Durchsetzung der naturschutzrechtlichen Herausgabepflicht konnte hier jedoch weder die Durchsuchung der Wohnung der Beschwerdeführer noch die Sicherstellung der beiden Wildvögel auf §§ 24, 26 NPOG gestützt werden, denn eine Verfügung im Sinne des § 45 Abs. 5 Satz 5 BNatSchG wird gemäß § 70 Abs. 1 NVwVG regelmäßig nach dem Sechsten Teil des Niedersächsischen Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes (§§ 64-79 NPOG) durchgesetzt (b) und aufgrund der im BNatSchG enthaltenen spezielleren Ermächtigungsgrundlagen ist ein Rückgriff auf die §§ 24, 26 NPOG nur ausnahmsweise möglich (c). Es liegen aber weder die Voraussetzungen einer solchen Ausnahme vor (d), noch diejenigen einer anderen Ermächtigungsgrundlage für die Durchsuchung (e).

a) Sowohl bei der Amsel als auch bei der Mönchsgrasmücke handelt es sich gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 13 BNatSchG um besonders geschützte Arten, so dass den Beschwerdeführern deren Besitz gemäß § 44 Abs. 2 Nr. 1 BNatSchG verboten war. Es steht weiter fest, dass sich die Beschwerdeführer - und zwar bereits unter Zugrundelegung ihres eigenen Sachvortrages - am 19. August 2022 für den Besitz dieser beiden Singvögel nicht mehr auf die Ausnahmeregelung des § 45 Abs. 5 BNatSchG berufen konnten: Nach dieser Vorschrift war den Beschwerdeführern die Aufnahme der beiden Singvögel lediglich erlaubt, um sie gesund zu pflegen, so dass sie nach dem von ihnen vorgetragenen Sachverhalt im Moment der Aufnahme der beiden Wildvögel rechtmäßig handelten, da weder die Amsel noch die Mönchsgrasmücke dem Jagdrecht unterliegen (§ 45 Abs. 5 Satz 1 BNatSchG i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 BJagdG i.V.m. § 5 NJagdG). Sobald jedoch für die Beschwerdeführer erkennbar war, dass die beiden Singvögel nicht mehr auswilderungsfähig sein würden, hätten sie dies der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde (also gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG i.V.m. §§ 2 Abs. 1, 31 Abs. 1 NNatSchG dem Landkreis ... als der zuständigen Unteren Naturschutzbehörde) anzeigen müssen. Ist eine selbstständige Erhaltung in der Natur dauerhaft nicht mehr gegeben, so verlangt § 45 Abs. 5 Satz 3 BNatSchG die Abgabe an die entsprechende von der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde bestimmte Stelle. Nach § 45 Abs. 5 Satz 5 BNatSchG kann die Herausgabepflicht des Satzes 3 von der zuständigen Behörde - notfalls durch Verwaltungszwang - eingefordert werden (vgl. Lau, in: Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 3. Aufl. 2021, § 45 BNatSchG, Rn. 11, juris). Gestützt auf diese Befugnisnorm durfte der Landkreis ... am 19. August 2022 die Herausgabe der Amsel und der Mönchsgrasmücke verlangen, um diese in eine artgerechte Haltung zu überführen, und hat diese Herausgabepflicht im Rahmen seines Ermessens auf den 22. August 2022 festgesetzt, wobei die mündliche Mitteilung gegenüber den Beschwerdeführern als Verpflichteten gemäß § 1 Abs. 1 NVwVfG i.V.m. §§ 35, 37 Abs. 2, 41 Abs. 1, 43 Abs. 1 VwVfG ausreichend war. Damit war die Pflicht zur Herausgabe der beiden Wildvögel am 22. August 2022 den Beschwerdeführern als Verpflichteten gegenüber wirksam geworden.

b) Eine naturschutzrechtliche Herausgabepflicht nach § 45 Abs. 5 Satz 5 BNatSchG wird gemäß § 70 Abs. 1 NVwVG regelmäßig nach dem Sechsten Teil des Niedersächsischen Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes durchgesetzt, also nach §§ 64-79 NPOG.

Mit der Bekanntgabe des Herausgabeverlangens gegenüber den Beschwerdeführern am 19. August 2022 hat sich der Beschwerdegegner auf die Befugnisnorm des § 45 Abs. 5 Satz 5 BNatSchG gestützt.

Vor diesem Hintergrund überrascht es, dass der Beschwerdegegner am 23. August 2022 in seinem an das Amtsgericht Clausthal-Zellerfeld gerichteten Antrag auf eine "Durchsuchung und Beschlagnahmung wegen Gefahr in Verzug" auf ein Vorgehen nach §§ 24, 26 NPOG abzielte, denn für die zwangsweise Durchsetzung dieser Maßnahme hätte dem Beschwerdegegner ein Vorgehen nach §§ 64-79 NPOG zu Gebote gestanden.

In Niedersachsen werden Verwaltungsakte, die auf die Herausgabe einer Sache oder auf eine sonstige Handlung oder eine Duldung oder Unterlassung gerichtet sind, gemäß § 70 Abs. 1 NVwVG nach dem Sechsten Teil des Niedersächsischen Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes durchgesetzt, auch wenn sie nicht der Gefahrenabwehr dienen, also nach §§ 64-79 NPOG. Danach stehen der Verwaltungsbehörde zur Durchsetzung einer naturschutzrechtlichen Herausgabepflicht nach § 45 Abs. 5 Satz 5 BNatSchG die Zwangsmittel der Ersatzvornahme (§ 66 NPOG), des Zwangsgelds (§ 67 NPOG) und des unmittelbaren Zwangs (§ 69 NPOG) zur Verfügung (vgl. zur gleichen Problematik bei der Vollstreckung von waffenrechtlichen Verfügungen nach § 46 Abs. 2 WaffG: OLG Braunschweig, Beschluss vom 16. März 2023 - 3 W 532/22 -, juris, Rn. 19 ff.).

Da die §§ 24-26 NPOG nicht im Sechsten Teil des Niedersächsischen Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes stehen, kann eine Durchsuchung zur Sicherstellung nach diesen Vorschriften allenfalls dann angeordnet werden, wenn auch die Tatbestandsvoraussetzungen der §§ 24, 26 NPOG vorliegen; auf die §§ 24-26 NPOG bezieht sich die Verweisung des § 70 Abs. 1 NVwVG gerade nicht (ebenso z.B. in Sachsen-Anhalt, wo § 71 Abs. 1 VwVG LSA lediglich auf die §§ 53-68a SOG LSA verweist, nicht aber auf die §§ 43, 45 SOG LSA).

c) Ein Rückgriff auf die §§ 24, 26 NPOG ist jedoch nur ausnahmsweise möglich, denn das Ignorieren einer naturschutzrechtlichen Herausgabepflicht nach § 45 Abs. 5 Satz 5 BNatSchG erfüllt regelmäßig die Tatbestandsvoraussetzungen einer richterlichen Durchsuchungsanordnung gemäß §§ 24, 26 NPOG (aa), was - außer in Ausnahmefällen - zu einer Umgehung der gesetzgeberischen Entscheidung führen würde, zur Durchsetzung dieser naturschutzrechtlichen Herausgabepflicht nach § 45 Abs. 5 Satz 5 BNatSchG gerade keine Einschränkung des Grundrechts der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 des Grundgesetzes) normiert zu haben, wie der Gesetzgeber dies etwa in § 52 Abs. 4 BNatSchG getan hat (bb).

aa) Gemäß § 24 Abs. 2 Nr. 2 NPOG können die Verwaltungsbehörden und die Polizei eine Wohnung ohne Einwilligung der Inhaberin oder des Inhabers betreten und durchsuchen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich in ihr eine Sache befindet, die nach § 26 Nr. 1 NPOG sichergestellt werden darf. Es müssen mithin auch die Voraussetzungen einer Sicherstellung gemäß § 26 Nr. 1 NPOG vorliegen (Neuhäuser, in: BeckOK PolR Nds, 26. Edition, Stand: 1. Februar 2023, § 24 NPOG, Rn. 36 m.w.N.).

Gemäß § 26 Nr. 1 NPOG können die Verwaltungsbehörden und die Polizei eine Sache sicherstellen, um eine gegenwärtige Gefahr abzuwehren. Eine gegenwärtige Gefahr ist nach der gesetzlichen Definition des § 2 Nr. 2 i.V.m. Nr. 1 NPOG eine Sachlage, bei der im einzelnen Fall die Wahrscheinlichkeit besteht, dass ein Schaden für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung eintreten wird, wobei die Einwirkung des schädigenden Ereignisses bereits begonnen hat oder unmittelbar oder in allernächster Zeit mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit bevorsteht. Der qualifizierte Gefahrenbegriff der gegenwärtigen Gefahr stellt besondere Anforderungen an die zeitliche Nähe des Schadenseintritts und dessen Wahrscheinlichkeit; der Eintritt des Schadens muss "sofort und fast mit Gewissheit" zu erwarten sein (OLG Braunschweig, Beschluss vom 5. März 2021 - 3 W 104/20 -, NVwZ-RR 2021, 573 [574 Rn. 47] m.w.N.; OVG Lüneburg Beschluss vom 15. April 2021 - 11 ME 48/21 -, juris, Rn. 13 m.w.N.; Ullrich, in: BeckOK PolR Nds, 26. Edition, Stand 1. Februar 2023, § 2 NPOG, Rn.75 f.)

Die öffentliche Sicherheit umfasst insbesondere die Unverletzlichkeit der Rechtsordnung. In erster Linie geht es hierbei um die Rechtsnormen des öffentlichen Rechts einschließlich des Straf- und Ordnungswidrigkeitenrechts (OLG Braunschweig, Beschluss vom 14. April 2020 - 3 W 30/20 -, juris, Rn. 27 f.; Ullrich, in: BeckOK PolR Nds, 26. Edition, Stand 1. Februar 2023, § 2 NPOG, Rn. 9, 13).

Danach stellt das Ignorieren einer naturschutzrechtlichen Herausgabepflicht nach § 45 Abs. 5 Satz 5 BNatSchG - wie Sie den Beschwerdeführern am 19. August 2022 für den 22. August 2022 auferlegt wurde - durch Nichtbeachtung grundsätzlich eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit im obigen Sinne dar. Diese ist - da sie jedenfalls mit Verstreichen des für den Nachmittag des 22. August 2022 festgesetzten Ersatztermins begonnen hat - auch gegenwärtig im obigen Sinne. Nach dieser Maßgabe wäre es allerdings in jedem Falle des Verstreichenlassens eines gesetzten Herausgabetermins nach § 45 Abs. 5 Satz 5 BNatSchG zulässig, gemäß §§ 24, 26 NPOG eine Durchsuchung zur Sicherstellung richterlich anzuordnen.

bb) Es widerspricht aber der Systematik des Verhältnisses zwischen BNatSchG und allgemeinem Ordnungsrecht, zur Durchsetzung einer naturschutzrechtlichen Herausgabepflicht nach § 45 Abs. 5 Satz 5 BNatSchG ohne weiteres eine Durchsuchung zur Sicherstellung gemäß §§ 24, 26 NPOG zuzulassen:

Hier kommt zum Tragen, dass das BNatSchG speziell geregeltes öffentliches Sicherheitsrecht ist, welches durch das allgemeine Gefahrenabwehrrecht lediglich ergänzt wird. Danach ergeben sich die behördlichen Eingriffs- und Befugnisnormen in erster Linie aus den gesetzlichen Spezialermächtigungen des BNatSchG; diese Sonderregelungen gehen dem allgemeinen Gefahrenabwehrrecht grundsätzlich vor und der Rückgriff auf die Bestimmungen des allgemeinen Gefahrenabwehrrechts setzt deshalb stets voraus, dass das BNatSchG insoweit eine planwidrige Regelungslücke aufweist (bejahend für eine u. a. auf § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG gestützte Untersagungsverfügung: OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 6. November 2014 - 8 A 10469/14 -, Rn. 27, juris).

Dies ist hier nicht der Fall, denn § 45 Abs. 5 Satz 5 BNatSchG stellt eine Befugnisnorm für das Herausgabeverlangen gegenüber den Beschwerdeführern dar. Es ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber die Durchsuchungsermächtigung für die Durchsetzung der Herausgabeverpflichtung im Sinne einer planwidrigen Regelungslücke vergessen hätte - § 52 BNatSchG enthält derartige Befugnisnormen bis hin zur Einschränkung des Grundrechtes der Unverletzlichkeit der Wohnung in § 52 Abs. 4 BNatSchG, wobei auch hier Wohnräume ausdrücklich ausgenommen werden.

Ein Vorgehen nach §§ 24, 26 NPOG ist vor diesem Hintergrund nicht schon dann zulässig, wenn eine naturschutzrechtliche Herausgabepflicht nach § 45 Abs. 5 Satz 5 BNatSchG durchgesetzt werden soll. Für diesen Fall - in dem die gegenwärtige Gefahr allein im Ignorieren der Herausgabepflicht besteht - hat der Gesetzgeber gerade keine (spezialgesetzliche) Durchsuchungsermächtigung geschaffen. Griffe man hier auf die Durchsuchungsermächtigung des allgemeinen Gefahrenabwehrrechts zurück, umginge man diese Entscheidung des Gesetzgebers und setzte die Eingriffsschwelle deutlich niedriger an, als vom Gesetzgeber gewollt (für den Fall des Waffenrechts vgl. OLG Braunschweig, Beschluss vom 16. März 2022 - 3 W 532/22 -, juris, Rn. 27 ff.; OLG München, Beschluss vom 26. September 2019 - 34 Wx 284/19 -, juris, Rn. 34, 37). Im Falle einer reinen naturschutzrechtlichen Herausgabepflicht nach § 45 Abs. 5 Satz 5 BNatSchG kann eine Sicherstellung folglich nur nach § 70 NVwVG, §§ 64-79 NPOG durchgesetzt werden.

Nur im Falle einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, für deren Begegnung das BNatSchG keine spezialgesetzliche Ermächtigungsgrundlage für den Erlass ordnungsbehördlicher Verfügungen zur Unterbindung von Verstößen gegen Ge- und Verbotstatbestände bereithält, kommt ein Rückgriff auf das allgemeine Polizei- und Ordnungsrecht in Betracht (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 6. November 2014 - 8 A 10469/14 -, Rn. 27, juris).

d) Ein solcher Ausnahmefall liegt hier aber nicht vor. Dem angegriffenen Beschluss des Amtsgerichts Clausthal-Zellerfeld vom 23. August 2022 ist schon nicht zu entnehmen, ob das Amtsgericht die Tatbestandsvoraussetzungen der §§ 24, 26 NPOG geprüft hat; eine die Entscheidung tragende Begründung fehlt insoweit (aa). Es ist auch nicht ersichtlich, dass die vor dem Hintergrund des Vorliegens einer spezialgesetzlichen Ermächtigungsgrundlage in § 45 Abs. 5 Satz 5 BNatSchG erhöhten Voraussetzungen einer solchen Durchsuchung vorgelegen hätten (bb).

aa) Ein Durchsuchungsbeschluss im Sinne des § 24 NPOG ist gemäß §§ 25 Abs. 1 Satz 3, 19 Abs. 4 Satz 1 NPOG i.V.m. § 38 Abs. 3 FamFG zu begründen (vgl. Waechter, in: BeckOK PolR Nds, 17. Edition, Stand 1. November 2020, § 19 NPOG, Rn. 35), damit die Beteiligten über diejenigen tatsächlichen Feststellungen und rechtlichen Erwägungen unterrichtet werden, die dem in der Beschlussformel aufgeführten Rechtsfolgenausspruch zugrunde liegen. Mithin muss nach dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) nicht nur angegeben werden, auf welche Rechtsnormen die Entscheidung gestützt wird, sondern auch, aufgrund welcher Tatsachenfeststellungen das Gericht deren Tatbestandsmerkmale als erfüllt ansieht (Jokisch, in: Sternal, FamFG, 21. Auflage 2023, § 38, Rn. 64 f. m.w.N.). Insbesondere bei erheblichen Eingriffen in die Grundrechte des Betroffenen - wie hier bei einer Wohnungsdurchsuchung - reicht die bloße Bezugnahme auf die Ausführungen im behördlichen Antrag nicht aus. Die Tatsachen, aus denen sich die Befugnis zum Grundrechtseingriff ergibt, müssen vielmehr im Beschluss selbst festgestellt werden (Jokisch, a.a.O., Rn. 66 m.w.N.; OLG Braunschweig, Beschluss vom 16. März 2023 - 3 W 532/22 -, juris, Rn. 34).

Dem wird der angegriffene Beschluss nur ansatzweise gerecht, denn darin werden zwar die zugrunde gelegten Tatsachen und das Ziel der Durchsuchung unter Hinweis auf die Vorschrift des § 45 Abs. 5 Satz 1 und 2 BNatSchG genannt, die eigentliche Eingriffsnorm § 24 NPOG findet indes keine Erwähnung und auf dessen Tatbestandsmerkmale - und insbesondere diejenigen des inzident zu prüfenden § 26 NPOG - wird auch nicht für das Beschwerdegericht nachvollziehbar eingegangen. Dieser Mangel ist auch im Abhilfeverfahren nicht behoben worden.

bb) Es ist auch nicht ersichtlich, dass die vor dem Hintergrund des Vorliegens einer spezialgesetzlichen Ermächtigungsgrundlage in § 45 Abs. 5 Satz 5 BNatSchG erhöhten Voraussetzungen einer Durchsuchung nach §§ 24, 25 NPOG vorgelegen hätten.

Aus dem Beschluss und dem sonstigen Akteninhalt ergibt sich lediglich, dass die Beschwerdeführer die ihnen gegenüber festgesetzte Pflicht zur Herausgabe der beiden Wildvögel ignoriert haben. Dies stellt zwar grundsätzlich eine gegenwärtige Gefahr für die öffentliche Sicherheit im obigen Sinne dar; diese reicht aber für ein Vorgehen nach §§ 24, 26 NPOG vor dem Hintergrund des Bestehens einer spezialgesetzlichen Regelung nicht aus (siehe oben, Abschnitt c.bb).

Anhaltspunkte dafür, dass eine gegenwärtige Gefahr bestanden hätte, die über das reine Ignorieren der Herausgabepflicht hinausgegangen wäre, ergeben sich weder aus dem angegriffenen Beschluss noch aus den sonstigen Akten. Insofern als der Beschluss eine Eilbedürftigkeit daraus herleitet, dass nach Angaben der Beschwerdeführer eine nach ihrer Bewertung geeignete - nicht aber von der Unteren Naturschutzbehörde bestimmte - Pflegestelle für die Tiere gefunden sei, sodass die Gefahr bestehe, dass die beiden Wildvögel dem Zugriff der Unteren Naturschutzbehörde entzogen würden, führt dies vor dem Hintergrund der gesetzgeberischen Entscheidung, in § 45 Abs. 5 Satz 5 BNatSchG keine Einschränkung des Grundrechts der Unverletzlichkeit der Wohnung vorzusehen sowie der Regelung des § 64 Abs. 4 NPOG, der die aufschiebende Wirkung von Rechtsbehelfen gegen Verwaltungszwangsmittel ausschließt, zu keiner abweichenden Bewertung, denn dem Landkreis wäre es unbenommen gewesen, die ihr nach dem Willen des Gesetzgebers eröffneten Verwaltungszwangsmittel anzudrohen und anzuwenden.

e) Gegenstand der Prüfung durch das Beschwerdegericht sind nicht nur die von dem Beschwerdegegner und dem Amtsgericht herangezogenen Rechtsgrundlagen (für das Waffenrecht: OLG Braunschweig, Beschluss vom 16. März 2023 - 3 W 532/22 -, juris, Rn. 40 OLG München, Beschluss vom 26. September 2019 - 34 Wx 284/19 -, juris, Rn. 32 m.w.N.). Die Durchsuchungsanordnung ist gleichwohl auch unter Berücksichtigung eines solchen erweiterten Prüfungsmaßstabs nicht rechtmäßig:

Auch die Voraussetzungen anderer denkbarer Ermächtigungsgrundlagen für die Durchsuchung liegen nicht vor, insbesondere war gegenüber den Beschwerdeführern kein Ordnungswidrigkeitenverfahren vor dem Hintergrund der Regelung des § 69 Abs. 2 Nr. 5 BNatSchG eingeleitet worden, in dessen Rahmen - bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen - eine Durchsuchung gestützt auf die Regelungen der §§ 46 Abs. 1 OWiG, 102 ff. StPO - zulässig gewesen wäre.

Daher hätte das Amtsgericht den Antrag des Beschwerdegegners auf Erlass eines Beschlusses "zur Durchsuchung und Beschlagnahmung wegen Gefahr in Verzug" insgesamt zurückweisen müssen und der Beschwerdegegner hätte die Anordnung zur Herausgabe der beiden Wildvögel vom 19. August 2022 gemäß § 70 Abs. 1 NVwVG nach §§ 64-79 NPOG durchsetzen müssen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 81 FamFG i.V.m. § 19 Abs. 4 Satz 1 NPOG. Bei der gegebenen Sachlage entspricht es der Billigkeit, dem Beschwerdegegner die den Beschwerdeführern entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten aufzuerlegen.

Die Festsetzung des Beschwerdewerts beruht auf den §§ 36 Abs. 3, 61 GNotKG i.V.m. § 19 Abs. 4 Satz 5 NPOG.

Die Rechtsbeschwerde ist gegen diese Entscheidung nicht statthaft, § 19 Abs. 4 Satz 4 NPOG (vgl. OLG Braunschweig, Beschluss vom 12. Juni 2020 - 3 W 88/20 -, juris, Rn. 34; Waechter, in: BeckOK PolR Nds, 26. Edition, Stand 1. Februar 2023, § 19 NPOG, Rn. 66; Beckermann, in: Saipa u.a., NPOG, 29. EL, Stand: November 2021, § 19, Rn. 11).

Dr. Jäde
Dr. Otto
Dr. Bohusch