Oberlandesgericht Braunschweig
Beschl. v. 05.03.2021, Az.: 3 W 104/20

Feststellung der Rechtswidrigkeit einer andauernden Ingewahrsamnahme; Entscheidung über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung; Notwendigkeit einer richterlichen Entscheidung

Bibliographie

Gericht
OLG Braunschweig
Datum
05.03.2021
Aktenzeichen
3 W 104/20
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2021, 14356
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGBS:2021:0305.3W104.20.00

Verfahrensgang

vorgehend
AG Wolfsburg - 02.06.2020 - AZ: 3a XIV 291
AG Wolfsburg - 02.06.2020 - AZ: 3a XIV 290
AG Wolfsburg - 04.12.2020 - AZ: 3a XIV 293

Fundstelle

  • NVwZ-RR 2021, 573-578

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Für die gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 NPOG von den Verwaltungsbehörden oder der Polizei unverzüglich zu beantragende richterliche Entscheidung über die Zulässigkeit und Fortdauer der Freiheitsentziehung kommt es nicht darauf an, ob der Betroffene eine richterliche Entscheidung "wünscht". Die Notwendigkeit der richterlichen Entscheidung ist nicht von einer Klage, Beschwerde oder einem Antrag des Betroffenen abhängig; ein Verzicht des Betroffenen auf die richterliche Entscheidung ist nicht möglich.

  2. 2.

    Auch in Fällen, in denen eine richterliche Anhörung aus tatsächlichen Gründen nicht möglich ist, ist gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 NPOG gleichwohl unverzüglich eine richterliche Entscheidung zu beantragen; diese ergeht gegebenenfalls ohne vorherige Anhörung.

  3. 3.

    Im Falle einer Freiheitsentziehung nach § 18 NPOG kommt eine mündliche oder telefonische richterliche Entscheidung oder "Bestätigung" der Freiheitsentziehung nicht in Betracht, § 19 Abs. 3 Satz 4 NPOG.

  4. 4.

    Eine "rein polizeiliche" Ingewahrsamnahme kann es nach § 18 NPOG - außer im Falle des § 19 Abs. 1 Satz 3 NPOG, wenn eine richterliche Entscheidung zur Verlängerung der Ingewahrsamnahme und damit zu einer Vertiefung des Grundrechtseingriffs führen würde - nicht geben.

Tenor:

  1. 1.

    Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1. vom 24. Juni 2020 - 3 W 104/20 - wird der Beschluss des Amtsgerichts Wolfsburg vom 2. Juni 2020 - 3a XIV 291 - aufgehoben. Es wird festgestellt, dass die am 2. Juni 2020 von 10.36 Uhr bis 17.31 Uhr andauernde Ingewahrsamnahme der Beteiligten zu 1. durch die Beteiligte zu 4. rechtswidrig war.

  2. 2.

    Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 2. vom 24. Juni 2020 - 3 W 105/20 - wird der Beschluss des Amtsgerichts Wolfsburg vom 2. Juni 2020 - 3a XIV 290 - aufgehoben. Es wird festgestellt, dass die am 2. Juni 2020 von 10.36 Uhr bis 17.40 Uhr dauernde Ingewahrsamnahme des Beteiligten zu 2. durch die Beteiligte zu 4. rechtswidrig war.

  3. 3.

    Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 3. vom 28. Dezember 2020 - 3 W 3/21 - wird der Beschluss des Amtsgerichts Wolfsburg vom 4. Dezember 2020 - 3a XIV 293 - abgeändert und festgestellt, dass die am 2. Juni 2020 von 10.36 Uhr bis 17.48 Uhr dauernde Ingewahrsamnahme des Beteiligten zu 3. durch die Beteiligte zu 4. rechtswidrig war.

  4. 4.

    Gerichtskosten werden für die Beschwerdeverfahren nicht erhoben. Die Beteiligte zu 5. hat die jeweiligen notwendigen außergerichtlichen Kosten der Beschwerdeführer zu tragen.

5.Der Geschäftswert für die Beschwerdeverfahren wird auf jeweils 5.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Beschwerdeführer wenden sich nachträglich dagegen, dass sie in Unterbindungsgewahrsam gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 2 lit. a NPOG genommen worden sind.

Am 2. Juni 2020 fand vor dem Amtsgericht Wolfsburg die öffentliche Hauptverhandlung in der Strafsache gegen einen Umweltaktivisten statt, dem vorgeworfen wurde, im Jahr 2019 im Rahmen einer Protestaktion gegen den Steinkohleabbau eine Straftat begangen zu haben. In der Presse und in sozialen Medien war zur Unterstützung des Angeklagten aufgerufen worden. Es war eine Demonstration angemeldet worden mit Aufzug auf der Route vom Hauptbahnhof zum Amtsgericht und dortiger Abschlusskundgebung; der Demonstrationszug startete um 10.19 Uhr auf der vorgesehenen Route. Bei zwei Demonstrationsteilnehmern, die sich von dem Demonstrationszug entfernten, stellte die Polizei Kletterutensilien sicher.

Gegen 10.20 Uhr wurden von einem Angehörigen eines privaten Sicherheitsdienstes vier Personen beobachtet, die - abseits des in eine andere Richtung ziehenden Demonstrationszuges - im Begriff waren, sich von der "Stadtbrücke" in Wolfsburg - einer im Privateigentum eines Unternehmens stehenden öffentlich zugänglichen Fußgängerbrücke - über den Mittellandkanal abzuseilen. Die Beteiligten zu 2. und 3. hatten sich bereits mittels Klettergurten und Kletterseil am Brückengeländer gesichert und waren dabei, der Beteiligte zu 1. und einer vierten Person zu helfen, sich ebenfalls mittels Klettergurten und Kletterseil am Brückengeländer zu sichern. Eine der vier Personen stand schon auf der Außenseite des Brückengeländers.

Im Bereich der Stadtbrücke sind sowohl das Nord- als auch das Südufer des Mittellandkanals auf mehreren hundert Metern als Liegestellen (Lände) für Binnenschiffe ausgestaltet; unmittelbar östlich der Brücke befindet sich am Nordufer die Anlegestelle für Personenschiffe, ca. einen Kilometer weiter der Yachthafen Wolfsburg. Ca. 120 m westlich der Stadtbrücke befindet sich die Einfahrt zum Stadthafen, etwa 5 km weiter westlich die Raiffeisenlände (Hafen Fallersleben) und einen weiteren Kilometer weiter westlich das Containerterminal Fallersleben. Ausweislich der Auswertung des Videomaterials einer privaten Überwachungskamera (vgl. Vermerk der Beteiligten zu 4. vom 10. Juni 2020, Bl. 62 f. d.A. 3 W 3/21) näherte sich zum fraglichen Zeitpunkt kein Schiff der Brücke; am südlichen Ufer des Mittellandkanals lag ein Schiff in der Nähe der Brücke an einer Liegestelle.

Ein Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes der Hausrechtsinhaberin der Brücke verwies die Beschwerdeführer und die vierte Person der Brücke. Sie wurden durch Beamte der Zentralen Polizeidirektion Niedersachsen von der Brücke begleitet. Ihre Identität wurde festgestellt, sie wurden durchsucht und ihre jeweilige Kletterausrüstung, mehrere Funkgeräte sowie ein ca. 10 x 3 m großes Transparent mit der Aufschrift "Autolobby abwracken, Klima RETTEN! Keine #AbFCKprämie" und "Robin Wood" wurden sichergestellt. Sie wurden darüber belehrt, dass ihnen der Versuch eines gefährlichen Eingriffs in den Schiffsverkehr vorgeworfen werde. Die vier Personen äußerten sich gegenüber den Polizeibeamten nicht, verhielten sich aber kooperativ. Um 10.36 Uhr sprach der Einsatzleiter gegenüber den Beschwerdeführern und der vierten Person die Ingewahrsamnahme gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 2 lit. a NPOG aus.

Die vier Personen wurden um 12.30 Uhr an Beamte der örtlichen Polizeiinspektion übergeben. Von dort wurde das Amtsgericht von der Ingewahrsamnahme informiert. Der zuständige Richter fragte, ob die Personen eine richterliche Anhörung wahrnehmen wollten.

1. Im Gewahrsamsbuch bezüglich der Beteiligten zu 1. (Bl. 41 und 58 d.A. 3 W 104/20) ist in der Spalte "Belehrungen/Benachrichtigungen/Aushändigungen" vermerkt:

richterliche Entscheidung wird beantragt

13:10 Uhr

verweigert [Handzeichen]

[...]

Im weiteren Verlauf bat die Beteiligte zu 1. um eine richterliche Anhörung; um 13.42 Uhr teilte die Polizeiinspektion unter "Eilt! Bitte sofort vorlegen!" dem Amtsgericht per Telefax unter anderem das Folgende mit:

[Die Beteiligte zu 1.] wurde ... nach Straftat (versuchter gefährlicher Eingriff in den Schiffsverkehr) zur Verhinderung weiterer Straftaten in Gewahrsam genommen. Der Polizeiführer, PHK ..., ordnete an, dass die Ingewahrsamnahme bis 18.00 Uhr aufrechterhalten soll.

Gegen diese Dauer der Maßnahme legte [die Beteiligte zu 1.] Widerspruch ein und bat um richterliche Anhörung.

Daraufhin wurde die Beteiligte zu 1. durch den zuständigen Richter des Amtsgerichts angehört; ausweislich des Anhörungsprotokolls vom 2. Juni 2020 (Bl. 10 d.A. 3 W 104/20) gab sie an:

Ich möchte mich zum Sachverhalt nicht äußern. Allerdings wurde mein Kletter-Equipment beschlagnahmt, sodass ich doch keine Gefahr mehr darstelle, mithin auch sofort entlassen werden könnte.

Um 14.30 Uhr gab der Richter der Beteiligten zu 1. durch Verlesen der Beschlussformel den angegriffenen Beschluss vom selben Tage - 3a XIV 291 - bekannt (auf dem Beschluss-Formular bezeichnet als - 3a XIV 290 -). Mit diesem Beschluss hat das Amtsgericht die Ingewahrsamnahme der Beteiligten zu 1. durch die Polizei vom 2. Juni 2020 für zulässig erklärt und beschlossen, dass sie höchstens bis 18.00 Uhr desselben Tages fortdauert. Die Ingewahrsamnahme sei zur Verhinderung einer Straftat bzw. Ordnungswidrigkeit von erheblicher Gefahr für die Allgemeinheit nach § 18 Abs. 1 Nr. 2 NPOG erforderlich. Zwar sei es zutreffend, dass das Kletter-Equipment der Beteiligten zu 1. beschlagnahmt worden sei. Aufgrund der allgemeinen Organisation sei indes davon auszugehen, dass der Betroffenen ein Ersatz-Equipment zur Verfügung stehe, mit dem das zunächst vereitelte Abseilen von der Stadtbrücke erneut versucht oder gar erfolgreich durchgeführt werden könnte. Im Falle der Freilassung bestehe weiterhin die Gefahr, dass die Beteiligte zu 1. eine weitere Straftat bzw. Ordnungswidrigkeit von erheblicher Bedeutung begehen werde. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Beschluss vom 2. Juni 2020 (Bl. 11-12 R. d.A. 3 W 104/20) Bezug genommen.

Die Beteiligte zu 1. wurde am selben Tage um 17.31 Uhr aus dem Gewahrsam entlassen; eine Beschlussausfertigung ist ihr am 10. Juni 2020 zugestellt worden.

Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 24. Juni 2020 - eingegangen am Folgetag - hat die Beteiligte zu 1. Beschwerde gegen den Beschluss eingelegt und diesen mit Schriftsatz vom 13. Juli 2020 unter anderem wie folgt begründet: Es sei rechtsfehlerhaft, dass die Polizei die richterliche Anhörung erst aufgrund des Widerspruchs der Beteiligten zu 1. und nicht von selbst in die Wege geleitet habe. Im Ergebnis seien auch nur zwei der vier in Gewahrsam genommenen Personen von einem Richter angehört worden. Der objektive Tatbestand eines gefährlichen Eingriffs in den Schiffsverkehr erfordere eine konkrete Gefährdung von Sachen oder Personen; eine solche ergebe sich aus den Akten nicht, insbesondere weise nichts auf tatsächlichen Schiffsverkehr hin. Damit habe auch nicht die Gefahr einer Straftat vorgelegen. Im Übrigen sei der Beschluss ermessensfehlerhaft, da die Beteiligte zu 1. über kein Kletterwerkzeug mehr verfügt habe und keine Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass die nicht vor Ort wohnende Beteiligte zu 1. sich ein solches - teures und schweres - Kletterwerkzeug im Falle ihrer Freilassung habe besorgen können. Auch sei nicht ersichtlich, dass mildere Mittel - etwa ein Platzverweis - geprüft worden seien.

Das Amtsgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 24. Juli 2020 nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. Das Abseilen von der Brücke über dem Mittellandkanal stelle eine Gefährdung des Schiffsverkehrs und insbesondere der Betroffenen selbst dar. Auch wenn eine konkrete Gefährdung nicht vorgelegen habe, wäre eine solche eingetreten, sobald ein Schiff passiert hätte; auf dem Mittellandkanal herrsche reger Frachtverkehr. Es sei auch davon auszugehen, dass der Beteiligten zu 1. ein Ersatz-Kletter-Equipment zur Verfügung gestanden hätte - sie es etwa vorher versteckt hätte -, um die geplante Aktion durchführen zu können. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Nichtabhilfebeschluss vom 24. Juli 2020 (Bl. 23-26 d.A. 3 W 104/20) Bezug genommen.

Die Beteiligte zu 1. hat ihre Beschwerdebegründung mit Schriftsatz vom 31. Juli 2020 (Bl. 30 f. d.A. 3 W 104/20) - auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird - vertieft.

Die Beteiligte zu 5. hat den angegriffenen Beschluss in ihren Stellungnahmen vom 29. September 2020 und 23. November 2020 (Bl. 39 f. und Bl. 44-57 d.A. 3 W 104/20) - auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird - verteidigt. Insbesondere hätten ein Platzverweis und eine Beschlagnahme der Kletterausrüstung nicht ausgereicht, da die Beschwerdeführer und die vierte Person in einem Bahnhofsschließfach oder in einem PKW weitere Kletterutensilien hätten lagern können.

2. Im Gewahrsamsbuch bezüglich des Beteiligten zu 2. (Bl. 39 und 56 d.A. 3 W 105/20) ist in der Spalte "Belehrungen/Benachrichtigungen/Aushändigungen" vermerkt:

auf richterl. Entscheidung wird verzichtet

13:00 Uhr verweigert [Handzeichen]

richterl. Anordnung doch angefordert

15:20 [Handzeichen]

Im Vermerk der Beteiligten zu 4. vom 2. Juni 2020 (Bl. 7 und 63 d.A. 3 W 105/20) - auf den wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird - ist unter anderem festgehalten:

Zunächst wollte [der Beteiligte zu 2.] keine richterliche Anhörung.

Um 15.25 Uhr bat er doch um richterliche Anhörung.

Der Beteiligte zu 2. wurde daraufhin durch den Richter des Amtsgerichts angehört; ausweislich des Anhörungsprotokolls vom 2. Juni 2020 (Bl. 8 d.A. 3 W 105/20) gab er unter anderem an:

Wir sind von "Robin Wood" und wegen der Abwrackprämie, nicht wegen der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Wolfsburg nach Wolfsburg gereist.

Um 16.00 Uhr gab der Richter dem Beteiligten zu 2. durch Verlesen der Beschlussformel den angegriffenen Beschluss vom selben Tage - 3a XIV 290 - bekannt (auf dem Beschluss-Formular bezeichnet als - 3a XIV 291 -). Danach hat das Amtsgericht die Ingewahrsamnahme des Beteiligten zu 2. durch die Polizei vom 2. Juni 2020 für zulässig erklärt und beschlossen, dass sie höchstens bis 18.00 Uhr desselben Tages fortdauert. Die Ingewahrsamnahme sei zur Verhinderung einer Straftat bzw. Ordnungswidrigkeit von erheblicher Gefahr für die Allgemeinheit nach § 18 Abs. 1 Nr. 2 NPOG erforderlich. Ein zufälliges Zusammentreffen der Protestaktion mit der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht sei nicht wahrscheinlich; diese werde um 18.00 Uhr beendet sein. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Beschluss vom 2. Juni 2020 (Bl. 9-10 R. d.A. 3 W 105/20) Bezug genommen.

Der Beteiligte zu 2. wurde am selben Tage um 17.40 Uhr aus dem Gewahrsam entlassen; eine Beschlussausfertigung ist ihm am 4. Juni 2020 zugestellt worden.

Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 24. Juni 2020 - eingegangen am Folgetag - hat der Beteiligte zu 2. Beschwerde gegen den Beschluss eingelegt und diesen mit Schriftsatz vom 13. Juli 2020 wie die Beteiligte zu 1. begründet und ferner darauf abgestellt, dass es zwischen 10.36 Uhr und 15.25 Uhr nicht zu einer richterlichen Anhörung gekommen sei, die ohne seine Intervention auch gänzlich unterblieben wäre.

Das Amtsgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 24. Juli 2020 nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. Die Begründung stimmt weitestgehend mit der bezüglich der Beteiligten zu 1. überein. Ob die Protestaktion der Beschwerdeführer in einem Zusammenhang mit der gleichzeitig stattfindenden Gerichtsverhandlung stehe, sei ohne Belang. Die Anhörung des Beteiligten zu 2. habe nur deshalb später stattgefunden, weil der Beteiligte zu 2. eine Anhörung zunächst verweigert habe. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Nichtabhilfebeschluss vom 24. Juli 2020 (Bl. 21-24 d.A. 3 W 105/20) Bezug genommen.

Der Beteiligte zu 2. hat seine Beschwerdebegründung mit Schriftsatz vom 3. August 2020 (Bl. 28 f. d.A. 3 W 105/20) - auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird - vertieft. Die Freiheitsentziehung setze grundsätzlich eine richterliche Entscheidung voraus, auch wenn der Betroffene keine richterliche Anhörung wünsche. Ein Verzicht auf den Richtervorbehalt sei nicht möglich.

Die Beteiligte zu 5. hat den angegriffenen Beschluss in ihren Stellungnahmen vom 29. September 2020 und 23. November 2020 (Bl. 37 f. und Bl. 42-55 d.A. 3 W 105/20) - auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird - verteidigt.

3. Im Gewahrsamsbuch bezüglich des Beteiligten zu 3. (Bl. 61 d.A. 3 W 3/21) ist in der Spalte "Belehrungen/Benachrichtigungen/Aushändigungen" vermerkt:

auf richterliche Anhörung verzichtet

12:55 h verweigert [Handzeichen]

Eine richterliche Anhörung des Beteiligten zu 3. hat nicht stattgefunden. Eine richterliche Entscheidung vom 2. Juni 2020 über die Ingewahrsamnahme des Beteiligten zu 3. ist in der Akte 3 W 3/21 nicht enthalten; die Existenz einer solchen Entscheidung ist auch nicht im Gewahrsamsbuch vermerkt. Der Beteiligte zu 3. wurde um 17.48 Uhr aus dem Gewahrsam entlassen.

Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 24. Juni 2020 - eingegangen am Folgetag - hat der Beteiligte zu 3. bei dem Amtsgericht beantragt, festzustellen, dass die durch Beamte der Beteiligten zu 4. durchgeführte Freiheitsentziehung am 2. Juni 2020 dem Grunde nach sowie in der durchgeführten Art und Weise während des Vollzuges rechtswidrig war.

Die Beteiligte zu 5. hat dazu in ihrer Stellungnahme vom 24. Juli 2020 (Bl. 5-13 d.A. 3 W 3/21) - auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird - ähnlich wie zu den Beteiligten zu 1. und 2. ausgeführt. Auf Bitte des Richters des Amtsgerichts sei der Beteiligte zu 3. "zur Wahrnehmung einer richterlichen Anhörung befragt" worden. Er habe auf eine richterliche Anhörung verzichtet, was im Gewahrsamsbuch vermerkt worden sei. Der Richter habe die Ingewahrsamnahme bis 18.00 Uhr bzw. bis zum Ende der Verhandlung bestätigt. Das aufgrund des Abseilversuchs eingeleitete Strafverfahren gegen den Beteiligten sei zwischenzeitlich eingestellt worden, weil es zu keiner konkreten Gefährdung des Schiffsverkehrs gekommen sei.

Der Beteiligte zu 3. hat dazu mit Schriftsatz vom 26. Oktober 2020 ausgeführt, die richterliche Entscheidung sei hier nur telefonisch ergangen; eine vorherige Anhörung sei aber - gemäß § 420 FamFG - nicht disponibel. Es habe auch offensichtlich kein strafbares Verhalten vorgelegen, da es zu einer konkreten Gefährdung des Schiffsverkehrs nicht gekommen sei; Ziel der Aktion sei es gewesen, das Transparent gut sichtbar dicht unter der Brücke anzubringen und nicht etwa einen Unfall zu verursachen. Es habe auch kein Zusammenhang zwischen der Aktion an der Stadtbrücke und dem Gerichtstermin bestanden.

Das Amtsgericht hat mit angefochtenem Beschluss vom 4. Dezember 2020 - 3a XIV 293 - die Rechtmäßigkeit der Ingewahrsamnahme des Betroffenen zu 3. festgestellt. Der Beteiligte zu 3. sei um 10.36 Uhr in polizeilichen Gewahrsam genommen und laut Gewahrsamsblatt der Polizeibehörde um 17.48 Uhr entlassen worden. Eine richterliche Anhörung des Beteiligten zu 3. sei aufgrund seines Verzichts nicht durchgeführt worden. Die Ingewahrsamnahme sei rechtmäßig gewesen; es genüge, dass unmittelbar vor dem Zugriff aus objektiver Sicht Tatsachen auf eine drohende Gefahr hingedeutet hätten, ohne dass sofort eindeutig Klarheit hätte geschaffen werden können. Ein Platzverweis und die Beschlagnahme des Klettergeschirrs hätten nicht ausgereicht, um einer erneuten Abseilaktion der Betroffenen wirksam zu begegnen; wegen des planvollen Vorgehens der Aktivisten habe damit gerechnet werden müssen, dass diese Ersatz-Geschirre an unbekannten Orten vorgehalten hätten, um ihren Plan bei einem Platzverweis und einer Beschlagnahme in die Tat umsetzen zu können. Zwar sei ein Betroffener grundsätzlich persönlich anzuhören, eine mündliche Anhörung und damit auch eine richterliche Entscheidung könne aber - wie hier - unterbleiben, wenn der Betroffene nicht anhörungsfähig oder anhörungswillig sei. Eine bloße gerichtliche "Inaugenscheinnahme" eines anhörungsunwilligen Betroffenen sei eine Förmelei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Beschluss vom 4. Dezember 2020 (Bl. 72-75 d.A. 3 W 3/21) Bezug genommen. Eine richterliche Bestätigung der Ingewahrsamnahme - etwa per Telefon - wird in dem Beschluss nicht erwähnt.

Gegen diesen - dem Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 3. am 11. Dezember 2020 zugestellten - Beschluss hat der Beteiligte zu 3. mit Schriftsatz vom 28. Dezember 2020 - eingegangen am selben Tage - sofortige Beschwerde eingelegt. Das Gericht habe sich nicht mit den Argumenten des Beteiligten zu 3. auseinandergesetzt. Die Anhörung solle dem Betroffenen nicht nur Gelegenheit geben, sein Anliegen dem Gericht zu schildern, sondern dem Gericht auch einen eigenen Eindruck von dem Betroffenen verschaffen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 28. Dezember 2020 (Bl. 78 f. d.A. 3 W 3/21) Bezug genommen.

Das Amtsgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 4. Januar 2021 (Bl. 81-83 d.A. 3 W 3/21) - auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird - nicht abgeholfen und dargelegt, dass es sich mit den Argumenten des Betroffenen sehr wohl auseinandergesetzt habe.

II.

Die Beschwerden sind zulässig und begründet.

1. Die drei Beschwerden sind statthaft und auch ansonsten zulässig.

a) Die Beschwerden der Beteiligten zu 1. und 2. sind gemäß § 19 Abs. 1, Abs. 4 Satz 1 NPOG i.V.m. § 58 FamFG statthaft. Dem steht nicht entgegen, dass beide Beschwerden erst nach Beendigung der Freiheitsentziehung eingelegt worden sind. Hat sich die angefochtene Entscheidung in der Hauptsache erledigt, spricht das Beschwerdegericht gemäß § 62 Abs. 1 FamFG auf Antrag aus, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat, wenn der Beschwerdeführer ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat (BGH, Beschluss vom 5. Dezember 2012 - I ZB 48/12 -, NJW-RR 2013, S. 751 [753 Rn. 12]). Der Antrag auf Fortsetzung eines erstinstanzlich abgeschlossenen Verfahrens in der Beschwerdeinstanz zur Feststellung der Rechtswidrigkeit der in der Hauptsache erledigten erstinstanzlichen Entscheidung setzt insbesondere nicht voraus, dass die Beschwerde schon eingelegt war, bevor das erledigende Ereignis eingetreten ist. Ein Feststellungsbegehren ist im Interesse eines effektiven Rechtsschutzes auch dann zulässig, wenn sich die angegriffene Maßnahme - wie hier - bei Einlegung der Beschwerde bereits erledigt hatte (OLG Stuttgart, Beschluss vom 27. Juni 2013 - 17 UF 121/13 -, juris, Rn. 13 m.w.N.). Vor diesem Hintergrund ist die Beschwerde als statthafter Fortsetzungsfeststellungsantrag im Sinne des § 62 FamFG auszulegen (vgl. Fischer, in: MüKo FamFG, 3. Auflage 2018, § 62, Rn. 3).

Die Beschwerden der Beteiligten zu 1. und 2. sind auch ansonsten zulässig. Ein berechtigtes Interesse im Sinne des § 62 FamFG liegt hier vor: In Freiheitsentziehungssachen besteht auch nach einer Erledigung der Hauptsache grundsätzlich ein Rehabilitierungsinteresse und damit ein Rechtsschutzbedürfnis des Betroffenen für einen Antrag, mit dem die Rechtswidrigkeit der Freiheitsentziehung festgestellt werden soll, § 62 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 FamFG (BVerfG, Beschluss vom 5. Dezember 2001 - 2 BvR 527/99 -, BVerfGE 104, 220-238, juris, Rn. 36; BGH, Beschluss vom 30. August 2012 - V ZB 255/11 -, juris, Rn. 5). Ein solches Interesse besteht auch im Falle eines erledigten polizeilichen Unterbindungsgewahrsams (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 26. Juni 1997 - 2 BvR 126/91 -, juris, Rn. 14).

Die einmonatige Beschwerdefrist gemäß § 19 Abs. 4 Satz 1 NPOG i.V.m. § 63 Abs. 1 FamFG ist jeweils gewahrt.

b) Die Beschwerde des Beteiligten zu 3. gegen die Entscheidung über seinen Antrag nach § 19 Abs. 2 NPOG ist gemäß § 19 Abs. 4 Satz 1 NPOG i.V.m. § 58 FamFG statthaft und auch ansonsten zulässig.

2. Die Beschwerden haben auch in der Sache Erfolg. Auf die Beschwerden der Beteiligten zu 1. und 2. - 3 W 104 und 105/20 - sind die beiden Anordnungsbeschlüsse des Amtsgerichts vom 2. Juni 2020 - 3a XIV 291 und 290 - aufzuheben und es ist gemäß § 62 Abs. 1 FamFG die Rechtswidrigkeit der Ingewahrsamnahmen festzustellen. Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 3. - 3 W 3/21 - ist der Feststellungsbeschluss des Amtsgerichts vom 4. Dezember 2020 - 3a XIV 293 - abzuändern und ebenfalls die Rechtswidrigkeit der Ingewahrsamnahmen festzustellen.

Der Anwendungsbereich des Niedersächsischen Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes ist jeweils eröffnet (a). Ein Schutzgewahrsam gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1 NPOG kommt hier nicht in Betracht (b), aber die Begehung bzw. Fortsetzung einer Straftat durch die Beschwerdeführer stand zum Zeitpunkt des polizeilichen Eingreifens unmittelbar bevor im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 2 lit. a NPOG (c). Allerdings war der Unterbindungsgewahrsam in der konkreten Situation nicht unerlässlich im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 2 NPOG, um die Begehung bzw. Fortsetzung dieser Straftat zu verhindern (d). Zudem waren die Ingewahrsamnahmen der Beteiligten zu 1. und 2. zum Teil und diejenige des Beteiligten zu 3. insgesamt rechtswidrig, weil jeweils nicht unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeigeführt worden ist (e).

a) Der Anwendungsbereich des Niedersächsischen Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes ist eröffnet. Insbesondere findet keine Beschränkung auf Maßnahmen nach dem Niedersächsischen Versammlungsgesetz statt ("Polizeirechtsfestigkeit" der Versammlung), da die Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Ingewahrsamnahme nicht Teilnehmer einer Versammlung im Sinne des § 2 NVersG waren.

Die Beschwerdeführer geben selbst an, nicht Teil der Demonstration aus Anlass der Hauptverhandlung gegen den Umweltaktivisten vor dem Amtsgericht gewesen zu sein; die Terminübereinstimmung sei Zufall gewesen. Sie haben sich zum Zeitpunkt der polizeilichen Maßnahmen auch nicht im oder in der Nähe des Demonstrationszuges aufgehalten; dieser befand sich bereits auf seiner Route vom Hauptbahnhof zum Amtsgericht, die nicht über die Stadtbrücke führte.

Es kann auch dahinstehen, ob die Aktion der Beschwerdeführer mit der vierten Person für sich genommen eine (nicht angemeldete) Versammlung unter freiem Himmel im Sinne des Niedersächsischen Versammlungsgesetzes dargestellt hat oder bei Erfolg dargestellt hätte. Es spricht zwar viel dafür, dass es sich um eine solche im Sinne des § 2 NVersG gehandelt hat, namentlich um eine Zusammenkunft von mindestens zwei Personen zur gemeinschaftlichen, auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörterung oder Kundgebung. Insbesondere ist nach § 2 NVersG - anders als nach dem Versammlungsgesetz des Bundes und anderen Landesversammlungsgesetzen - die Öffentlichkeit der Versammlung nicht Voraussetzung des gesetzlichen Schutzes, so das auch Veranstaltungen, die - wie wohl die von den Beschwerdeführern und der vierten Person geplanten Aktion - nicht jedermann offenstehen, unter den Versammlungsbegriff des Niedersächsischen Versammlungsgesetzes fallen (Enders, in: Dürig-Friedl/Enders, Versammlungsrecht, 1. Auflage 2016, § 1 VersammlG, Rn. 64). Diese etwaige Versammlung war aber spätestens damit faktisch beendet, dass ein Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes der Hausrechtsinhaberin der Brücke die Beschwerdeführer und die vierte Person der Brücke verwiesen hat und die Beteiligten dem auch nachgekommen sind.

Vor diesem Hintergrund kann auch dahinstehen, ob in Niedersachsen das allgemeine Polizeirecht im Versammlungsgeschehen subsidiär anwendbar ist, weil § 10 NPOG die Versammlungsfreiheit (Art. 8 Abs. 1 GG) nennt und damit dem Zitiergebot gemäß § 19 Abs. 1 Satz 2 GG Rechnung trägt (vgl. Brenneinsen u.a., Versammlungsrecht, 5. Auflage 2020, S. 60 m.w.N.; vgl. auch Saipa, in: Saipa u.a., NPOG, 27. EL, Stand: September 2020, § 1, Rn. 9).

b) Soweit das Amtsgericht in den Nichtabhilfebeschlüssen vom 24. Juli 2020 - 3a XIV 290 und 291 - unter anderem darauf abstellt, das Abseilen von der Brücke stelle eine Gefährdung "insbesondere der Betroffenen selbst dar", ist darauf hinzuweisen, dass ein Schutzgewahrsam gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1 NPOG hier nicht in Betracht kommt. Eine eigenverantwortliche - also auf freier und ungestörter Willensbildung beruhende - Selbstgefährdung begründet regelmäßig keine Gefahr im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 NPOG (Beckermann, in: Saipa u.a., NPOG, 27. EL, Stand: September 2020, § 18, Rn. 7; Waechter, in: BeckOK PolR Nds, 17. Edition, Stand 1. November 2020, § 18 NPOG, Rn. 27 ff.). Anhaltspunkte dafür, dass die Willensfreiheit der Beschwerdeführer hier - etwa aufgrund Krankheit, Drogen oder hohem psychischem Druck (vgl. Waechter, a.a.O., Rn. 28 f.) - ausgeschlossen gewesen wäre, liegen nicht vor.

c) Zum Zeitpunkt des polizeilichen Eingreifens stand die Begehung bzw. Fortsetzung einer Straftat durch die Beschwerdeführer unmittelbar bevor im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 2 lit. a NPOG. Nach dieser Vorschrift können die Verwaltungsbehörden und die Polizei eine Person unter anderem dann in Gewahrsam nehmen, wenn dies unerlässlich ist, um die unmittelbar bevorstehende Begehung oder Fortsetzung einer Straftat durch diese Person zu verhindern (Präventiv- bzw. Unterbindungsgewahrsam, im Falle der Fortsetzung einer Tat zum Teil auch als Repressivgewahrsam bezeichnet, vgl. Schmidbauer, in: Schmidbauer/Steiner, Polizeiaufgabengesetz, 5. Auflage 2020, § 17, Rn. 29 m.w.N.). Ob diese Tatbestandsvoraussetzungen vorliegen, unterliegt der vollen gerichtlichen Überprüfung (vgl. OLG Braunschweig, Beschluss vom 30. August 2018 - 1 W 114/17 -, NVwZ 2018, S. 1742 [BGH 12.07.2018 - V ZB 98/16] [1743 Rn. 9] = juris, Rn. 25). Die von Verwaltungsbehörden oder der Polizei zu erstellende Gefahrprognose - die aus Ex-ante-Sicht zu beurteilen ist - erstreckt sich sowohl auf die Frage, ob das als Straftat bewertete Verhalten unmittelbar bevorsteht (aa) als auch auf die Frage, ob - falls Verwaltungsbehörden oder Polizei nicht eingriffen - alle Tatbestandsvoraussetzungen verwirklicht würden oder ansonsten vorlägen (bb).

aa) Hier stand das Abseilen von der Brücke durch die Beteiligten 1. bis 3. unmittelbar bevor im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 2 lit. a NPOG. Der Begriff der "unmittelbar bevorstehenden Begehung" entspricht hinsichtlich der zeitlichen Nähe des drohenden Schadenseintritts dem der gegenwärtigen Gefahr im Sinne von § 2 Nr. 2 NPOG. Eine gegenwärtige Gefahr besteht nach der gesetzlichen Definition, wenn die Einwirkung des schädigenden Ereignisses - hier die Begehung oder Fortsetzung einer Straftat - bereits begonnen hat oder in allernächster Zeit mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit bevorsteht. Der qualifizierte Gefahrenbegriff der gegenwärtigen Gefahr stellt besondere Anforderungen an die zeitliche Nähe des Schadenseintritts und dessen Wahrscheinlichkeit; der Eintritt des Schadens - hier die Begehung oder Fortsetzung einer Straftat - muss "sofort und fast mit Gewissheit" zu erwarten sein (OLG Celle, Beschluss vom 14. September 2011 - 22 W 2/11 -, juris, Rn. 14, juris, m.w.N.; Beckermann, in: Saipa u.a., NPOG, 27. EL, Stand: September 2020, § 18, Rn. 9). Die Prognose muss auf konkreten Tatsachen beruhen; allgemeine Plausibilität der Einschätzung oder allein Erfahrungswissen reichen nicht aus (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 30. August 2007 - 15 W 147/07 -, NVwZ-RR 2008, S. 321 [322]; OLG Braunschweig, Beschluss vom 12. Juni 2020 - 3 W 88/20 -, NVwZ-RR 2020, S. 1130 [1131 Rn. 25]).

Nach diesem Maßstab besteht kein Zweifel, dass die Umsetzung des Planes der Beschwerdeführer, sich von der Stadtbrücke abzuseilen, unmittelbar bevorstand. Die Beteiligten zu 2. und 3. hatten sich bereits mittels Klettergurten und Kletterseil am Brückengeländer gesichert und waren dabei, der Beteiligten zu 1. und einer vierten Person zu helfen, sich ebenfalls mittels Klettergurten und Kletterseil am Brückengeländer zu sichern. Eine der vier Personen stand schon auf der Außenseite des Brückengeländers. Der nächste Schritt wäre das Abseilen selbst gewesen; weiterer Zwischenschritte hätte es nicht bedurft.

bb) Das Abseilen hätte auch eine Straftat im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 2 lit. a NPOG dargestellt. Als "Zielstraftat" kommt jede Straftat in Betracht (Beckermann, in: Saipa u.a., NPOG, 27. EL, Stand: September 2020, § 18, Rn. 8). Damit ist die Verwirklichung eines der Straftatbestände des Strafgesetzbuchs und des Nebenstrafrechts gemeint (Waechter, in: BeckOK PolR Nds, 17. Edition, Stand 1. November 2020, § 18 NPOG, Rn. 36, 43); der Versuch reicht aus, wenn er strafbar ist, § 23 Abs. 1 StGB (vgl. Schmidbauer, in: Schmidbauer/Steiner, Polizeiaufgabengesetz, 5. Auflage 2020, § 17, Rn. 35). Begehung bedeutet, dass die zu erwartende Handlung eine rechtswidrige Tat ist, die den objektiven Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklicht; es reicht aus, dass eine Person zur Begehung einer solchen Handlung beiträgt (vgl. Schmidbauer, in: Schmidbauer/Steiner, Polizeiaufgabengesetz, 5. Auflage 2020, § 17, Rn. 31 f.).

Nach diesem Maßstab drohte hier die Begehung eines gefährlichen Eingriffs in den Schiffsverkehr gemäß § 315 Abs. 1 oder zumindest des strafbaren Versuchs eines solchen Eingriffs im Sinne des §§ 315 Abs. 1, Abs. 2, 22 .

Der objektive Tatbestand des § 315 Abs. 1 Nr. 2 erfordert, dass der Täter ein Hindernis bereitet (oder gemäß Nr. 4 einen ähnlichen, ebenso gefährlichen Eingriff vornimmt) (1), dadurch die Sicherheit des Schiffsverkehrs beeinträchtigt (2) und Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet (3).

(1) Hier war das Abseilen über dem Mittellandkanal grundsätzlich geeignet, ein solches Hindernis zu bereiten, denn unter Hindernisbereiten im Sinne des § 315 Abs. 1 Nr. 2 ist jede Einwirkung im Verkehrsraum zu verstehen, die geeignet ist, den reibungslosen Verkehrsablauf zu hemmen oder zu verzögern. Tatbestandlich erfasst werden auch solche Einwirkungen, die erst durch die psychisch vermittelte Reaktion eines Fahrzeugführers zu einer Beeinträchtigung des Verkehrsablaufs führen, etwa weil sie Brems- oder Ausweichvorgänge mit den damit verbundenen Gefahren zur Folge haben. Daher handelt es sich bei einem im Verkehrsweg befindlichen Menschen grundsätzlich um ein Hindernis im Sinne des § 315 Abs. 1 Nr. 2 (BGH, Beschluss vom 24. März 2020 - 4 StR 673/19 -, NStZ-RR 2020, S. 183 m.w.N.; BGH, Urteil vom 31. August 1995 - 4 StR 283/95 -, NJW 1996, S. 203 [204] [BGH 31.08.1995 - 4 StR 283/95] zu § 315b StGB). Dabei kann dahinstehen, ob die Beschwerdeführer sich so tief abseilen wollten, dass sie vor - oder aber nur über - einem etwaigen passierenden Schiff gehangen hätten, denn im zweiten Falle wäre jedenfalls von einem ähnlichen, ebenso gefährlichen Eingriffgemäß § 315 Abs. 1 Nr. 4 StGB auszugehen (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Januar 1959 - 4 StR 464/58 -, NJW 1959, S. 1187 [1188]; BGH, Beschluss vom 24. März 2020 - 4 StR 673/19 -, NStZ-RR 2020, S. 183).

(2) Das Abseilen hätte in der konkreten Situation, in der die Polizeibeamten eingeschritten sind, zwar noch nicht die Vollendung eines solchen gefährlichen Eingriffs in den Schiffsverkehr dargestellt, denn zu diesem Zeitpunkt fand im fraglichen Bereich gerade kein Schiffsverkehr statt; allerdings hätte die Vollendung aus Sicht der handelnden Polizeibeamten und eines objektiven Beobachters jederzeit eintreten können, da jederzeit die Möglichkeit bestand, dass sich ein Wasserfahrzeug der Brücke annähert.

Verkehr im Sinn des § 315 StGB setzt stets das Vorhandensein eines Beförderungsmittels voraus, im Falle des Schiffsverkehrs also das Vorhandensein eines Wasserfahrzeugs. Bei dem Mittellandkanal handelt es sich zwar um eine Bundeswasserstraße im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 WaStrG, namentlich um eine dem allgemeinen Verkehr dienende Binnenwasserstraße (Lfd. Nr. 33 Anlage 1 WaStrG). Ohne ein einschlägiges Beförderungsmittel findet in einem solchen Verkehrsraum aber kein Verkehr im Sinne des § 315 StGB statt (vgl. Pegel, in: MüKo StGB, 3. Auflage 2019, § 315, Rn. 17, 20, 28 m.w.N.; Zieschang, in: NK-StGB, 5. Auflage 2017, § 315, Rn. 27; Kudlich, in: BeckOK StGB, 48. Edition, Stand 1. November 2020, § 315, Rn. 4). Aus dem angegriffenen Beschluss und dem sonstigen Akteninhalt ergibt sich nicht, dass sich zu der Zeit, als die Beteiligten sich von der Brücke abseilen wollten, ein Wasserfahrzeug in der Umgebung der "Stadtbrücke" bewegt hätte. Ausweislich der Auswertung des Videomaterials einer privaten Überwachungskamera (vgl. Vermerk der Beteiligten zu 4. vom 10. Juni 2020, Bl. 62 f. d.A. 3 W 3/21) hat sich zum fraglichen Zeitpunkt kein Schiff der Brücke genähert; am südlichen Ufer des Mittellandkanals lag lediglich ein Schiff in der Nähe der Brücke an einem Liegeplatz. Allein ein Wasserfahrzeug, das vor Anker liegt oder - wie hier - an Land festgemacht ist, stellt keinen Schiffsverkehr im Sinne des § 315 StGB dar (Pegel, in: MüKo StGB, 3. Auflage 2019, § 315, Rn. 17, 20, 28 m.w.N.).

Auf dem Mittellandkanal herrscht aber grundsätzlich reger Schiffsverkehr, so dass es nur von einem Zufall abhing, ob in dem Zeitraum, in dem sich die Beschwerdeführer abgeseilt und anschließend unter der Brücke gehangen hätten, sich ein Schiff der Brücke angenähert hätte, um sie zu passieren.

(3) Dasselbe gilt bezüglich das Tatbestandsmerkmal der Gefährdung von Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert. Zu einer solchen ist es zwar in der konkreten Situation, in der die Polizeibeamten eingeschritten sind, noch nicht gekommen. Die zu diesem Zeitpunkt lediglich abstrakte Gefahr hätte sich aber aus Sicht der handelnden Polizeibeamten und einem objektiven Beobachter jederzeit zu einer konkreten verdichten können, wenn sich ein Schiff der Brücke angenähert hätte: Der dann vorliegende Eingriff in den Schiffsverkehr wäre geeignet gewesen, zu einer kritischen Situation, einem "Beinaheunfall" zu führen, also zu einem Geschehen, bei dem ein unbeteiligter Beobachter zu der Einschätzung gelangt wäre, dass "das noch einmal gutgegangen sei". Nur unter dieser engeren Voraussetzung kann das Vorliegen einer konkreten Gefahr im Sinne des § 315 Abs. 1 Nr. 2 oder Nr. 4 StGB angenommen werden (BGH, Beschluss vom 10. Dezember 1996 - 4 StR 615/96 -, NStZ-RR 1997, S. 200 m.w.N.). Dem Abseilen von der Brücke ist eine solche Gefährlichkeit immanent: Es ist äußerst wahrscheinlich, dass ein passierendes Schiff stark abbremsen oder ausweichen muss und es dabei zu einer kritischen Situation im oben genannten Sinne oder sogar zu einer Havarie kommen kann, dass also zumindest ein Schiff - eine fremde Sache von bedeutendem Wert - gefährdet wird. In Anbetracht des durchaus regen Schiffsverkehrs auf dem Mittellandkanal und den in der Umgebung der Stadtbrücke vorhandenen Häfen und Liegeplätzen hat die abstrakte Gefahr eines solchen Geschehensablaufs bestanden, so dass aus Sicht der handelnden Polizeibeamten und eines objektiven Beobachters die Gefahr der Vollendung dieser Straftat bestanden hat, in Anbetracht der abstrakten Gefahr jedenfalls aber des strafbaren Versuchs (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Dezember 1996 - 4 StR 615/96 -, NStZ-RR 1997, S. 200 sowie BGH, Urteil vom 4. Dezember 2002 - 4 StR 103/02 -, NJW 2003, S. 836 [838] [BGH 04.12.2002 - 4 StR 103/02] zu § 315b StGB). Vor dem Hintergrund, dass schon eine Anscheinsgefahr genügen kann (Waechter, in: BeckOK PolR Nds, 17. Edition, Stand 1. November 2020, § 18 NPOG, Rn. 37 m.w.N.; bgl. Schmidbauer, in: Schmidbauer/Steiner, Polizeiaufgabengesetz, 5. Auflage 2020, § 17, Rn. 32, 43) reicht dies aus (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats, vom 18. April 2016 - 2 BvR 1833/12, 2 BvR 1945/12 -, NVwZ 2016, S. 1079 [1080 f. Rn. 35] zum "Schottern" bevor es zu konkretem Zugverkehr kommt).

Danach kann dahinstehen, ob das geplante Abseilen und etwaige Blockieren der Fahrrinne mit dem eigenen Körper gleichzeitig eine versuchte Nötigung gemäß §§ 240 Abs. 1, Abs. 3, 22 StGB dargestellt hätte (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 23. April 2002 - 1 StR 100/02 -, NStZ-RR 2002, S. 236).

d) Die Ingewahrsamnahme der Beschwerdeführer war hier aber nicht unerlässlich im Sinn des § 18 Abs. 1 Nr. 2 NPOG, um die Begehung bzw. Fortsetzung der oben genannten Straftat zu verhindern.

Präventive Eingriffe in die Freiheit der Person, die nicht dem Schuldausgleich dienen, sind nur zulässig, wenn der Schutz hochwertiger Rechtsgüter dies unter strikter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes erfordert. Der Freiheitsanspruch des Betroffenen ist mit dem Sicherungsbedürfnis der Allgemeinheit im Einzelfall abzuwägen (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats, vom 18. April 2016 - 2 BvR 1833/12, 2 BvR 1945/12 -, NVwZ 2016, S. 1079 [BVerfG 18.04.2016 - 2 BvR 1833/12; 2 BvR 1945/12] [Rn. 25]). Präventiver Gewahrsam zur Verhinderung einer Straftat kommt nur dann in Betracht, wenn der Betroffene sich unwillig gezeigt hat, die Straftat zu unterlassen und er ohne Ingewahrsamnahme auch noch die Möglichkeit hätte, diese Straftat zu begehen (BVerfG, a.a.O. [1081 Rn. 35]). Der Gewahrsam nach § 18 Abs. 1 Nr. 2 NPOG kann stets nur ultima ratio sein (Beckermann, in: Saipa u.a., NPOG, 27. EL, Stand: September 2020, § 18, Rn. 11).

Die Tatsache, dass die Beschwerdeführer zu einer Straftat angesetzt hatten (siehe oben, Abschnitt c) rechtfertigt für sich genommen noch keine Ingewahrsamnahme. Entscheidend ist vielmehr, ob mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten war, dass die Beschwerdeführer - nachdem sie von der Polizei von der Brücke begleitet worden waren und ihre Kletterausrüstung und ihr Transparent beschlagnahmt worden waren sowie die strafprozessualen Maßnahmen abgeschlossen waren - weitere Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten von erheblicher Gefahr für die Allgemeinheit begehen, insbesondere die versuchten oder bereits begangenen Taten erneut versuchen oder fortsetzen würden.

Es lagen bei objektiver Betrachtung im Zeitpunkt der Anordnung der Ingewahrsamnahme um 10.36 Uhr keine hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte dafür vor, dass die Begehung einer weiteren Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit von erheblicher Gefahr für die Allgemeinheit durch die Beschwerdeführer in allernächster Zeit mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit zu erwarten war. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Situation, in der der Einsatzleiter vor Ort seine Entscheidung zu treffen hatte.

Die Kletterausrüstung der Beschwerdeführer und der vierten auf der Fußgängerbrücke angetroffenen Personen ist beschlagnahmt worden. Es ist aus dem angegriffenen Beschluss und auch aus den sonstigen Akten nicht ersichtlich, dass den Beschwerdeführern und der vierten Person eine weitere Kletterausrüstung zur Verfügung gestanden hätte oder sie sich eine solche in kurzer Zeit hätten besorgen können. Die im Beschluss genannte lediglich abstrakte Möglichkeit dazu reicht nicht aus; Indizien, die darauf hindeuten, dass die Beschwerdeführer irgendwo eine Ersatzausrüstung deponiert hatten, sind nicht ersichtlich. Wäre bei den Betroffenen ein Auto- oder Schließfachschlüssel gefunden worden, hätten das zugehörige Fahrzeug oder Schließfach nach einer weiteren Kletterausrüstung untersucht werden können. Die Tatsache, dass vor der Aktion zwei Personen mit Kletterausrüstung beobachtet worden sind, die sich von dem Demonstrationszug entfernten und deren Kletterausrüstung ebenfalls beschlagnahmt worden ist, lässt zwar den Rückschluss zu, dass die Aktion ursprünglich mit sechs Personen durchgeführt werden sollte; dies deutet aber nicht darauf hin, dass weitere Personen mit Kletterausrüstung vorhanden waren, die einen etwaigen Ersatz sicherstellen sollten. Die Beteiligte zu 1. hat in ihrer richterlichen Anhörung auch angegeben, keinen Zugang mehr zu einer Kletterausrüstung zu haben und deshalb keine Gefahr mehr darzustellen.

Zudem ist das 10 x 3 m große - augenscheinlich extra für diese Aktion angefertigte - Transparent der Beschwerdeführer beschlagnahmte worden; ohne dieses Transparent würde ein Abseilen von der Brücke aber zum einen kaum Aufmerksamkeit erregen und zum anderen schon gar nicht die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf das inhaltliche Anliegen der Beteiligten lenken; die Aktion würde ihr Ziel gänzlich verfehlen. Es erscheint äußerst unwahrscheinlich, dass sich einer der Beschwerdeführer unter diesen Umständen von der Brücke abgeseilt hätte, selbst wenn er Zugang zu einer weiteren Kletterausrüstung gehabt hätte. Darauf, dass den Beschwerdeführern ein weiteres Transparent zur Verfügung gestanden hätte, deutet aber nichts hin; davon geht auch das Amtsgericht in den angegriffenen Beschlüssen nicht aus.

Ferner hat ein Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes der Hausrechtsinhaberin der Brücke die Beschwerdeführer und die vierten Personen der Brücke verwiesen, so dass diese sich - im Falle eines erneuten Betretens der Brücke - eines Strafantrags wegen Hausfriedensbruch gemäß § 123 StGB ausgesetzt sehen könnten. Die Gefahr der Strafverfolgung bei Durchführung der Aktion ist damit signifikant gestiegen, insbesondere, wenn man berücksichtigt, dass das Ermittlungsverfahren gemäß § 315 StGB zumindest gegen den Beteiligte zu 3. eingestellt worden ist, weil es nicht zu einer konkreten Gefährdung des Schiffsverkehrs gekommen ist. Während die erste Abseilaktion damit letztlich straffrei geblieben ist, wäre es so gut wie sicher, dass bei einem zweiten Versuch Strafantrag von der Hausrechtsinhaberin gestellt würde.

Zudem haben sich die Beschwerdeführer nicht unwillig gezeigt, die Straftat nach Einschreiten der Polizei zu unterlassen; sie haben sich bei den polizeilichen Maßnahmen insgesamt kooperativ verhalten und die Beteiligten zu 1. und 2. haben in ihrer Anhörung sogar darauf hingewiesen, dass ihrer Ansicht nach kein Bedürfnis für eine Ingewahrsamnahme bestehe, da sie davon ausgingen, das von ihnen keine Gefahr mehr ausgehe; sie haben ihre Aktion augenscheinlich als gescheitert betrachtet und gerade nicht vorgehabt, noch am selben Tage einen erneuten Versuch zu starten.

Ohne Hinzutreten weiterer - hier aber nicht ersichtlicher - Umstände kann daher die naheliegende Möglichkeit nicht ausgeschlossen werden, dass die Beschwerdeführer unter dem Eindruck der gegen sie durchgeführten polizeilichen Maßnahmen und der - jedenfalls am Vorfallstag zu erwartenden - Strafverfolgung von einem erneuten Versuch bzw. der Vollendung ihrer Aktion ablassen würden.

Auch ein etwaiger Zusammenhang zwischen der Aktion auf der Stadtbrücke und dem Gerichtstermin macht eine Ingewahrsamnahme nicht unerlässlich im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 2 NPOG. Es ist zwar richtig, dass einiges für einen solchen Zusammenhang spricht, zumal zwei Demonstrationsteilnehmer, die eine Kletterausrüstung mit sich führten, den Demonstrationszug verlassen hatten, und diese möglicherweise an der Aktion der Beschwerdeführer mitgewirkt hätten, wäre ihre Kletterausrüstung nicht beschlagnahmt worden. Von der beabsichtigten Aktion der Beschwerdeführer ging aber keine Gefahr oder Störung für die gleichzeitig stattfindende Gerichtsverhandlung aus. Die Stadtbrücke befindet sich in etwa einem Kilometer Entfernung und außer Sichtweite des Amtsgerichts. Unter diesen Umständen ist die Gefahr, dass die Beschwerdeführer einen zweiten Abseilversuch unternehmen würden, während und nach der Gerichtsverhandlung nicht signifikant anders zu bewerten.

Vor diesem Hintergrund kann eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit für die Begehung weiterer Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten von erheblicher Gefahr für die Allgemeinheit nicht angenommen werden.

e) Unabhängig von den obigen Ausführungen waren die Ingewahrsamnahmen der Beteiligten zu 1. und 2. auch deshalb zum Teil rechtswidrig, weil eine richterliche Entscheidung nicht unverzüglich herbeigeführt worden ist (aa und bb); die Ingewahrsamnahme des Beteiligten zu 3. war insgesamt rechtswidrig, weil eine richterliche Entscheidung am 2. Juni 2020 gänzlich unterblieben ist (cc). Diese Versäumnisse sind möglicherweise durch eine Unklarheit des als Gewahrsamsbuch verwendeten Formularvordrucks der Polizei begünstigt worden (dd).

aa) Die Ingewahrsamnahme der Beteiligten zu 1. war im Zeitraum von 13.10 Uhr bis 13.42 Uhr rechtswidrig, weil in diesem Zeitraum eine richterliche Entscheidung nicht unverzüglich herbeigeführt worden ist.

Im Gewahrsamsbuch bezüglich der Beteiligten zu 1. (Bl. 41 und 58 d.A. 3 W 104/20) ist in der Spalte "Belehrungen/Benachrichtigungen/Aushändigungen" vermerkt: "richterliche Entscheidung wird beantragt; 13:10 Uhr; verweigert [Handzeichen]". Dies soll augenscheinlich zum Ausdruck bringen, dass die Beteiligte zu 1. um 13.10 Uhr eine richterliche Anhörung verweigert hat. Infolgedessen ist allerdings nicht nur eine richterliche Anhörung (zunächst) unterblieben, sondern auch eine richterliche Entscheidung - gegebenenfalls ohne vorherige Anhörung - nicht unverzüglich herbeigeführt worden. Die richterliche Entscheidung ist erst dann beantragt worden, als die Beteiligte zu 1. dies ausdrücklich verlangt hat, namentlich mit dem Telefax von 13.42 Uhr.

Schon nach dem Wortlaut des § 19 Abs. 1 Satz 1 NPOG müssen die Verwaltungsbehörden oder die Polizei im Falle einer Freiheitsentziehung im Sinne des § 18 NPOG - grundsätzlich immer - unverzüglich eine richterliche Entscheidung beantragen. Die in § 19 Abs. 1 Satz 3 NPOG geregelte Ausnahme ist hier ersichtlich nicht einschlägig.

Im Falle einer Freiheitsentziehung fordert Art. 104 Abs. 2 Satz 1 GG grundsätzlich eine vorherige richterliche Anordnung. Eine nachträgliche richterliche Entscheidung, deren Zulässigkeit in Ausnahmefällen in Art. 104 Abs. 2 Satz 2 GG voraussetzt wird, genügt nur, wenn der mit der Freiheitsentziehung verfolgte verfassungsrechtlich zulässige Zweck nicht erreichbar wäre, sofern der Festnahme die richterliche Entscheidung vorausgehen müsste (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. November 1967 - 2 BvL 14/67 -, BVerfGE 22, 311-322 [BVerfG 07.11.1967 - 2 BvL 14/67], juris, Rn. 24 f.). Art. 104 Abs. 2 Satz 2 GG gebietet in einem solchen Fall aber, die richterliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. Februar 1960 - 1 BvR 526/53 -, BVerfGE 10, 302-331, juris, Rn. 62). "Unverzüglich" ist dahin auszulegen, dass die richterliche Entscheidung ohne jede Verzögerung, die sich nicht aus sachlichen Gründen rechtfertigen lässt, nachgeholt werden muss (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15. Mai 2002 - 2 BvR 2292/00 -, BVerfGE 105, 239-252, juris, Rn. 26 m.w.N.). Nicht vermeidbar sind zum Beispiel Verzögerungen, die durch die Länge des Weges, Schwierigkeiten beim Transport, die notwendige Registrierung und Protokollierung, ein renitentes Verhalten des Festgenommenen oder vergleichbare Umstände bedingt sind (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 13. Dezember 2005 - 2 BvR 447/05 -, NVwZ 2006, S. 579 [580 Rn. 37] m.w.N.; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats, vom 18. April 2016 - 2 BvR 1833/12, 2 BvR 1945/12 -, NVwZ 2016, S. 1079 [Rn. 25]).

Auf die Frage, ob die betroffene Person eine richterliche Entscheidung "wünscht", kommt es vor diesem Hintergrund nicht an. Die Notwendigkeit der richterlichen Entscheidung nach Art. 104 Abs. 2 GG ist nicht von einer Klage, Beschwerde oder einem Antrag des Betroffenen abhängig. Ein Verzicht des Betroffenen auf die richterliche Entscheidung ist nicht möglich (BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 14. Februar 2017 - 1 BvR 2639/15 -, NVwZ 2017, S. 1198 [1199 f. Rn. 21] m.w.N.). Eine richterliche Entscheidung ist hier aber im Zeitraum zwischen 13.10 Uhr und 13.42 Uhr nicht unverzüglich eingeholt worden; in diesem Zeitraum hat die Beteiligte zu 4. nichts unternommen, um eine richterliche Entscheidung zu erlangen, da sie augenscheinlich aufgrund des "Verzichts" der Beteiligten zu 1. fälschlich davon ausgegangen ist, dass eine richterliche Entscheidung nicht erforderlich sei.

bb) Die Ingewahrsamnahme des Beteiligten zu 2. war im Zeitraum von 13.00 Uhr bis 15.20 Uhr aus den oben dargelegten Gründen ebenfalls deshalb rechtswidrig, weil in diesem Zeitraum nicht - von Amts wegen - eine richterliche Entscheidung herbeigeführt worden ist.

Soweit im Gewahrsamsbuch bezüglich des Beteiligten zu 2. (Bl. 39 und 56 d.A. 3 W 105/20) in der Spalte "Belehrungen/Benachrichtigungen/Aushändigungen" vermerkt ist: "auf richterl. Entscheidung wird verzichtet", ist darauf hinzuweisen, dass eine richterliche Entscheidung gemäß § 19 NPOG immer herbeizuführen ist; auf sie kann ein Betroffener nicht verzichten (siehe oben, Abschnitt aa).

cc) Die Ingewahrsamnahme der Beteiligten zu 3. war insgesamt auch deshalb rechtswidrig, weil während seiner Ingewahrsamnahme am 2. Juni 2020 keine richterliche Entscheidung ergangen ist, obwohl dies - wie bei den Beteiligten zu 2. und 3. - ohne weiteres möglich gewesen wäre.

Soweit der Beteiligte zu 3. seinen Antrag in diesem Zusammenhang darauf stützt, dass ein Verstoß gegen § 420 FamFG vorliege, ist allerdings darauf hinzuweisen, dass diese Vorschrift vorliegend nicht anwendbar ist: Eine direkte Anwendbarkeit scheidet aus, da Freiheitsentziehungssachen im Sinne der §§ 415 bis 432 FamFG nur solche Verfahren sind, die eine auf Grund von Bundesrecht angeordnete Freiheitsentziehung betreffen; bei § 18 NPOG handelt es sich aber um Landesrecht. Eine entsprechende Anwendung scheidet ebenfalls aus, da § 420 FamFG bei den in § 19 Abs. 4 Satz 1 NPOG als entsprechend geltend aufgezählten Normen nicht genannt ist: Im Falle einer Freiheitsentziehung gemäß § 18 NPOG haben die Verwaltungsbehörden oder die Polizei gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 NPOG unverzüglich eine richterliche Entscheidung über die Zulässigkeit und Fortdauer der Freiheitsentziehung zu beantragen. Für das gerichtliche Verfahren gelten die in § 19 Abs. 4 Satz 1 NPOG genannten Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) entsprechend, namentlich die §§ 3 bis 48, 58 bis 69 und 76 bis 85 FamFG. Die §§ 415 bis 432 FamFG sind dort nicht genannt (so auch Waechter, in: BeckOK PolR Nds, 17. Edition, Stand 1. November 2020, § 19 NPOG, Rn. 35).

Soweit die Beteiligte zu 5. in ihrer Stellungnahme vom 24. Juli 2020 ausführt, der Richter habe die Ingewahrsamnahme des Beteiligten zu 3. bis 18.00 Uhr bzw. bis zum Ende der Verhandlung "bestätigt" - gemeint ist augenscheinlich, dass dies mündlich oder telefonisch erfolgt sei -, ist darauf hinzuweisen, dass eine mündliche richterliche Entscheidung im Falle einer Freiheitsentziehung gemäß § 18 NPOG nicht in Betracht kommt: Der Beschluss des Amtsgerichts im Sinne des § 19 Abs. 1 NPOG ist schon gemäß § 19 Abs. 4 Satz 1 NPOG i.V.m. § 38 Abs. 3 FamFG schriftlich zu begründen (Waechter, in: BeckOK PolR Nds, 17. Edition, Stand 1. November 2020, § 19 NPOG, Rn. 35). Dass ein schriftlicher Beschluss erforderlich ist, hat der Landesgesetzgeber durch Einfügung des § 19 Abs. 3 Satz 4 NPOG mit Wirkung vom 24. Mai 2019 ausdrücklich klargestellt. Eine wie auch immer geartete mündliche richterliche Bestätigung einer Freiheitsentziehung nach § 18 NPOG ist demnach nicht möglich. Im Übrigen geht der Richter - der nach Darstellung der Beteiligten zu 5. eine solche Bestätigung ausgesprochen habe - im Beschluss vom 4. Dezember 2020 - 3a XIV 293 - selbst davon aus, dass es eine solche Entscheidung von ihm nicht gegeben hat.

Eine (schriftliche) richterliche Entscheidung wäre aber zwingend erforderlich gewesen. Der Richter hat nach Art. 104 Abs. 2 GG über die Zulässigkeit der Freiheitsentziehung selbst zu entscheiden und die Verantwortung dafür zu übernehmen, dass der Gewahrsam unerlässlich ist, um den Betroffenen an der unmittelbar bevorstehenden Begehung einer rechtswidrigen Tat zu hindern. Die richterliche Entscheidung wirkt konstitutiv und enthält nicht nur eine Genehmigung oder Bestätigung einer vorgängigen Verwaltungsentscheidung (BVerfG, Beschluss vom 30. Oktober 1990 - 2 BvR 562/88 -, BVerfGE 83, 24-36 [BVerfG 30.10.1990 - 2 BvR 562/88], juris, Rn. 34 m.w.N.). Eine "rein polizeiliche" Ingewahrsamnahme kann es deshalb - außer im Falle des § 19 Abs. 1 Satz 3 NPOG, in dem eine richterliche Entscheidung zur Verlängerung der Ingewahrsamnahme und damit zu einer Vertiefung des Grundrechtseingriffs führen würde - nicht geben. Auch in Fällen, in denen eine richterliche Anhörung aus tatsächlichen Gründen nicht möglich ist (etwa mangels Vernehmungsfähigkeit des Betroffenen), ist gleichwohl unverzüglich eine richterliche Entscheidung zu beantragen, die dann gegebenenfalls ohne vorherige Anhörung ergeht (vgl. OVG Bremen, Urteil vom 23. September 2014 - 1 A 45/12 -, NordÖR 2015, 175 [177 lit.c]; VGH Mannheim, Beschluss vom 10. Januar 2012 - 1 S 2963/11 -, NVwZ-RR 2012, S. 346 [347] [VGH Baden-Württemberg 10.01.2012 - 1 S 2963/11][VGH Baden-Württemberg 10.01.2012 - 1 S 2963/11]; Waechter, in: BeckOK PolR Nds, 17. Edition, Stand 1. November 2020, § 19 NPOG, Rn. 25; Beckermann, in: Saipa u.a., NPOG, 27. EL, Stand: September 2020, § 19, Rn. 5; vgl. auch BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 15. Dezember 2020 - 1 BvR 2824/18 -, juris, Rn. 13 m.w.N.).

dd) Der Senat weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der als Gewahrsamsbuch verwendete Formularvordruck diesbezüglich möglicherweise nicht eindeutig genug ist: Dort wird in der dritten Spalte ("Freiheitsentziehung/Einlieferung") neben anderen Angaben lediglich abgefragt, wer "b) Anordnende Beamtin oder anordnender Beamter/Dienststelle" ist, nicht aber die Existenz und näheren Daten einer richterlichen Entscheidung. Dies kann möglicherweise in der Praxis den falschen Eindruck erwecken, dass es mit der Anordnung einer Ingewahrsamnahme durch einen Polizeibeamten sein Bewenden haben kann; eine richterliche Entscheidung wird in dem Formularvordruck an keiner Stelle erwähnt.

f) Entgegen einer in der Literatur vertretenen Ansicht ist der Beschluss vom 4. Dezember 2020 - 3a XIV 293 - bezüglich des Beteiligten zu 3. nicht schon deshalb rechtswidrig, weil der Beteiligte zu 3. vor dieser nachträglich beantragten Feststellungsentscheidung nicht persönlich angehört worden ist (so aber Waechter, in: BeckOK PolR Nds, 17. Edition, Stand 1. November 2020, § 19 NPOG, Rn. 74).

Die Gerichtsentscheidung, auf die sich diese Literaturansicht stützt (BayObLG, Beschluss vom 6. Juli 1989 - BReg. 3 Z 22/89 -, NVwZ 1990, 194 [BGH 11.05.1989 - III ZR 88/87] [196]) ist überholt. Sie basiert unter anderem auf einem damaligen Verweis des Bayrischen Polizeiaufgabengesetzes (Art. 17 Abs. 3 Satz 3 BayPAG a.F.) auf das mittlerweile aufgehobene Gesetz über das gerichtliche Verfahren bei Freiheitsentziehungen des Bundes; § 5 Abs. 1 Satz 1 FreihEntzG a.F. sah zwingend eine mündliche Anhörung vor, § 13 Abs. 2 FreihEntzG verwies auf diese Vorschrift auch für die nachträgliche rechtliche Überprüfung einer Freiheitsentziehung.

Gemäß § 34 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 19 Abs. 4 Satz 1 NPOG ist aber in dem auf nachträgliche Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Freiheitsentziehung gerichteten Verfahren nach § 19 Abs. 2 NPOG der Antragsteller nur dann persönlich anzuhören, wenn dies zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs erforderlich ist. Da der Antragsteller im Falle des § 19 Abs. 2 NPOG - anders als im Falle des § 19 Abs. 1 NPOG - das Verfahren selbst durch einen Antrag einleitet und dabei regelmäßig seine Sicht der Dinge darstellen kann, wird eine zusätzliche persönliche Anhörung im Falle des § 19 Abs. 2 NPOG nur ausnahmsweise erforderlich sein.

g) Zuletzt ist noch darauf hinzuweisen, dass der Tenor des Beschlusses vom 4. Dezember 2020 - 3a XIV 293 -, mit dem das Amtsgericht die "Rechtmäßigkeit der Ingewahrsamnahme des Betroffenen [zu 3.] ... festgestellt" hat, unabhängig von der Frage seiner inhaltlichen Richtigkeit zu korrigieren wäre. Wird das Gericht - wie im Falle des § 19 Abs. 2 NPOG - nur auf Antrag tätig, ist es gemäß § 23 FamFG i.V.m. § 19 Abs. 4 Satz 1 NPOG an den gestellten Antrag gebunden. Der Betroffene zu 3. hat hier beantragt, "festzustellen, dass die ... Freiheitsentziehung ... rechtswidrig war." Dieser Antrag wäre - lägen die Voraussetzungen einer solchen Feststellung nicht vor - entweder als unzulässig zu verwerfen oder als unbegründet zurückzuweisen; die Feststellung des Gegenteils ist von dem Antrag nicht gedeckt.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 81 FamFG i.V.m. § 19 Abs. 4 Satz 1 NPOG. Bei der gegebenen Sachlage entspricht es der Billigkeit, der Beteiligten zu 5. die den Beschwerdeführern jeweils entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten aufzuerlegen (vgl. OLG Braunschweig, Beschluss vom 13. Januar 2021 - 3 W 84/20 -, n.v.).

Die Festsetzung des Beschwerdewerts beruht auf den §§ 36 Abs. 3, 61 GNotKG i.V.m. § 19 Abs. 4 Satz 5 NPOG.

Die Rechtsbeschwerde ist gegen diese Entscheidung nicht statthaft, § 19 Abs. 4 Satz 4 NPOG (vgl. OLG Braunschweig, Beschluss vom 12. Juni 2020 - 3 W 88/20 -, juris, Rn. 34; Waechter, in: BeckOK PolR Nds, 17. Edition, Stand 1. November 2020, § 19 NPOG, Rn. 66; Beckermann, in: Saipa u.a., NPOG, 27. EL, Stand: September 2020, § 19, Rn. 11).