Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 27.08.1996, Az.: 1 W 71/96
Zulässsigkeit eines Rechtsbehelfs im Zwangsvollstreckungsverfahren nach Ablauf der Aufbrauchsfrist; Voraussetzungen der Aufbrauchsfrist zur Gewährung einer Umstellungszeit für den Schuldner einer Unterlassungsverpflichtung; Zubilligung einer Aufbrauchsfrist im Rahmen der Unterlassungsklage
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 27.08.1996
- Aktenzeichen
- 1 W 71/96
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1996, 21434
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGOL:1996:0827.1W71.96.0A
Rechtsgrundlage
- § 793 ZPO
Amtlicher Leitsatz
Der Antrag auf Gewährung einer Aufbrauchsfrist muss nicht zwingend schon im Erkenntnisverfahren gestellt werden.
Gründe
Die sofortige Beschwerde ist nach § 793 ZPO zulässig. Soweit ein Rechtsbehelf im Zwangsvollstreckungsverfahren in der Regel nur so lange zulässig ist, als die beanstandete Zwangsvollstreckungsmaßnahme noch nicht beendet ist (vgl. Zöller, ZPO, 19. Aufl. § 793, Rdnr. 4 i.V.m. § 766, Rdnr. 13), ist im vorliegenden Fall die Maßnahme, nämlich die Aufbrauchsfrist, seit dem 1. August 1996 be- endet. Aber nach allgemeiner Ansicht entfällt das Rechtsschutzbedürfnis für eine sofortige Beschwerde nicht immer durch einen Zeitablauf, vielmehr ist in jedem Fall gesondert zu prüfen, ob nach Zeitablauf noch eine Beschwer durch den beanstandeten Beschluss gegeben ist (OLG Bamberg, JurBüro 1983, 298; Schmidt in Münchner Kommentar, ZPO, § 793 Rdnr. 12). Im Falle der Gewährung einer Aufbrauchsfrist ist nach Ablauf der Aufbrauchsfrist noch ei- ne Beschwer durch den gewährenden Beschluss gegeben, da von der Richtigkeit des Beschlusses die Möglichkeit der Verhängung von Ordnungsgeld im Falle von Zuwiderhandlungen gegen die Unterlassungsverpflichtung abhängt.
Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners ist nicht begründet.
Die Zubilligung einer Aufbrauchsfrist ist grundsätzlich zulässig, um unter bestimmten Voraussetzungen dem Schuldner einer Unterlassungsverpflichtung eine Umstellungszeit zuzubilligen (vgl. den bei Ulrich in GRUR 1991, 26 dargestellten Meinungsstand). Die Aufbrauchsfrist ist mithin die Frist, während welcher das Verbot aus dem Urteil für die Weiterverwendung bereits vorrätigen, verbrauch- baren Materials noch nicht gelten soll.
Entgegen der Ansicht des Antragsgegners musste ein Antrag auf Zubilligung einer Aufbrauchsfrist nicht bereits im Rahmen der Unterlassungsklage von der Antragstellerin gestellt werden. Denn soweit nach der Rechtsprechung (BGH GRUR 1957, 499, 504; BGH GRUR 1966, 495, 498) Hilfsanträge auf Gewährung einer Aufbrauchsfrist möglich sind, ergibt sich daraus nicht zwangsläufig, dass sie schon im Hauptsacheverfahren gestellt werden müssen. Hierfür spricht auch, dass es für die Gewährung einer Aufbrauchsfrist nicht zwingend eines Antrages bedarf (Baumbach/Hefermehl, UWG, 18. Aufl., Einl. UWG Rn. 487). Des ungeachtet ist die Gewährung einer Aufbrauchsfrist - wie im vorliegenden Fall geschehen - im Vollstreckungsver- fahren nach § 765 a ZPO durch das Landgericht als Vollstreckungsgericht möglich. Dies ergibt sich daraus, dass § 765 a ZPO für alle Arten von Vollstreckungen gilt, also auch für solche aus Unterlassungstiteln. Soweit eine Anordnung nach § 765 a ZPO eine bereits begonnene Zwangsvollstreckung voraussetzt, ist dieses Erfordernis ebenfalls erfüllt. Denn die Zwangsvollstreckung hat hier mit der Androhung des Ordnungsgeldes im Urteil des Bundesgerichtshofs vom 8. Februar 1996 begonnen, § 888 ZPO.