Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 31.03.2005, Az.: 3 K 849/04
Berichtigung eines Eigenheimzulagebescheides bei Nichteintragung der vorgesehenen Kennziffer
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 31.03.2005
- Aktenzeichen
- 3 K 849/04
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2005, 14936
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2005:0331.3K849.04.0A
Rechtsgrundlagen
- § 129 S. 1 AO
- § 15 Abs. 1 S. 1 EigzulG
Fundstellen
- NWB 2005, 2180 (Kurzinformation)
- NWB direkt 2005, 10
Verfahrensgegenstand
Eigenheimzulage 1999 - 2003
Berichtigung eines Eigenheimzulagebescheides bei Nichteintragung der vorgesehenen
Kennziffer
Tatbestand
Zwischen den Parteien ist streitig, ob der Bescheid über die Eigenheimzulage für die Jahre 1999 bis 2003 nach § 129 Abgabenordnung (AO) geändert werden durfte.
Die Kläger beantragten im Jahr 2000 ab dem Jahr 1999 Eigenheimzulage für das Objekt A. Auf Seite 2 des Antrages auf Eigenheimzulage (Bl. 1 R der Eigenheimzulageakte) wurde Eigenheimzulage ausdrücklich beantragt für den Ausbau/Erweiterung einer eigengenutzten Wohnung. Die Herstellungskosten wurden mit 47.908 DM angegeben. Mit Schreiben vom 1. März 2000 forderte der Sachbearbeiter des Finanzamtes die damaligen Prozessbevollmächtigten auf, die Kosten für die Umwandlung der Garage in Wohnraum aufzulisten und zusammen mit den entsprechenden Belegen wieder einzureichen. Er wies weiter darauf hin, dass die nachträgliche Erstellung des Carportes nicht begünstigt sei. Er bat ferner darum mitzuteilen, für welche Zwecke der neue Wohnraum genutzt werde, zudem sollte die gesamte Wohnfläche des Grundstückes auf Grund des Ausbaus neu ermittelt werden. Die damaligen Prozessbevollmächtigten ermittelten sodann die reinen Ausbaukosten mit DM 31.252,80. Sie teilten ferner mit, dass die ehemalige Garage jetzt von den Klägern als Schlafzimmer genutzt werde. Ferner wurde die Baugenehmigung für die Nutzungsänderung der Garage beigefügt.
Mit Bescheid vom 29.03.2000 wurde sodann die Eigenheimzulage für die Jahre 1999 bis 2006 festgesetzt, wobei bei der EDV-Eingabe die Kennzahl 1 für Ausbau/Erweiterung in Zeile 32 des Antrages durch den Sachbearbeiter nicht eingetragen wurde. Die Eigenheimzulage wurde sodann für die Jahre 1999 bis 2003 auf DM 6.063, für 2004 auf ... DM 938 und für 2005 und 2006 auf DM 0 festgesetzt.
Im Rahmen einer durch die Task-Force der OFD Hannover durchgeführten Risikoanalyse anhand der Daten aus dem Festsetzungsspeicher der Eigenheimzulage wurde im Streitfall einÜberprüfungsbedarf festgestellt. Da aus den Daten der Einheitsbewertung keine Fortschreibung ersichtlich sei, die auf einen Neubau i.S.d. Eigenheimzulagengesetzes hindeute, sei zu prüfen, ob es sich bei dem geförderten Objekt um einen Anbau bzw. Ausbau handele. Das Finanzamt (FA) stellte daraufhin fest, dass bei der erstmaligen Bearbeitung des Eigenheimzulageantrages die entsprechende Kennzahl 1 in Zeile 32 nicht eingetragen worden war. Es berichtigte daraufhin den Bescheid über die Eigenheimzulage gemäß § 129 AO mit Änderungsbescheid vom 30.09.2004. Darin wurde die für Ausbauten und Erweiterungen vorgesehene Grundförderung i.H.v. 2,5 % der Bemessungsgrundlage (statt bisher 5 %) und die Begrenzung der Förderbeträge inklusive Kinderzulagen auf maximal 50 % der Bemessungsgrundlage (§ 9 Abs. 6 Satz 3 Eigenheimzulagengesetz) berücksichtigt. Dadurch verminderte sich die Eigenheimzulage in den Jahren 1999 und 2000 auf DM 5.282, in 2001 auf DM 5.063 sowie in den Jahren 2002 bis 2006 auf 0 DM.
Der Einspruch blieb ohne Erfolg.
Hiergegen richtet sich die Klage.
Die Kläger sind der Rechtsansicht, dass die Voraussetzungen für eine Änderung des Eigenheimzulagebescheides nach § 129 AO im Streitfall nicht vorliegen. Nach dieser Vorschrift könne das FA Schreibfehler, Rechenfehler undähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes unterlaufen sind, jederzeit berichtigen. Ähnliche offenbare Unrichtigkeiten i.S.v. § 129 AO müssen schreib- oder rechenfehlerähnlich und ebenso wie mechanische Fehler ohne weitere Prüfung erkennbar sein, um die Berichtigung eines Verwaltungsaktes zu rechtfertigen. Ein mechanisches Versehen liege allerdings nicht vor und eine Berichtigung nach § 129 AO scheide aus, wenn die Möglichkeit eines Rechtsirrtums, Denkfehlers oder einer unvollständigen Sachverhaltsaufklärung bestehe.
Der Beklagte räume in der Einspruchsentscheidung ein, dass die Kläger im Antrag auf Eigenheimzulage wahrheitsgemäß durch Ankreuzen der entsprechenden Stelle auf die beantragte Förderung eines Ausbaus/einer Erweiterung hingewiesen hätten. Indem der seinerzeitige Sachbearbeiter bei der EDV-Eingabe die Ziffer 1 bei der Kennzahl 32 nicht eingetragen habe, sei kein Schreibfehler, Rechenfehler oder ähnliche Unrichtigkeit zu erkennen. Auch sei ein mechanisches Versehen auszuschließen. Vielmehr liege eine Unaufmerksamkeit des Sachbearbeiters vor, für die § 129 AO keine Berichtigungsmöglichkeit vorsehe.
Die Kläger beantragen,
den Änderungsbescheid zur Eigenheimzulage 1999 bis 2003 vom 30.09.2004 in Gestalt des Einspruchsbescheides vom 12.11.2004 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Im Streitfall habe die Veranlagungssachbearbeiterin lediglich vergessen, die für Ausbauten und Erweiterungen vorgesehene Kennziffer bei der Dateneingabe zu verwenden. Im Antrag zur Eigenheimzulage hingegen seien die entsprechenden Fragen korrekt beantwortet gewesen. Die Bearbeiterin habe die Angaben im Antrag nicht gänzlich ungeprüft übernommen, sondern die Höhe der Herstellungskosten korrigiert. Sie habe entweder das Kreuz bei "Ausbau/Erweiterung" übersehen oder nur die erforderliche Ziffer 1 beim Eintragen vergessen. Ein Denkfehler sei ausgeschlossen. Eine offenbare Unrichtigkeit liege vor, wenn praktisch ausgeschlossen sei, dass es sich um einen Rechtsirrtum oder Tatsachenirrtum handele. Im vorliegenden Fall sei ein Rechtsirrtum ausgeschlossen.
Beide Parteien haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter erteilt.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nicht begründet.
Das FA hat zutreffend den Eigenheimzulagebescheid für die Jahre 1999 bis 2003 gemäß § 129 AO wegen einer offenbaren Unrichtigkeit berichtigt.
Die Finanzbehörde kann Schreibfehler, Rechenfehler oder ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes unterlaufen sind, gemäß § 129 Satz 1 AO jederzeit berichtigen. Offenbare Unrichtigkeiten in diesem Sinne sind mechanische Fehler, die ebenso mechanisch, d.h. ohne weitere Prüfung, erkannt und berichtigt werden können (BFH-Beschluss vom 27. Mai 1998 IV B 151/97, BFH/NV 1998, 1452). Dagegen schließen Fehler bei der Auslegung oder Nichtanwendung einer Rechtsnorm eine unrichtige Tatsachenwürdigung oder die unzutreffende Annahme eines in Wirklichkeit nicht vorliegenden Sachverhalts die Annahme einer offenbaren Unrichtigkeit. Die Vorschrift des § 129 AO ist ferner nicht anwendbar, wenn auch nur die ernste Möglichkeit besteht, dass die Nichtbeachtung einer feststehenden Tatsache in einer fehlerhaften Tatsachenwürdigung oder einem sonstigen sachverhaltsbezogenen Denk- oder Überlegungsfehler begründet ist oder auf mangelnder Sachverhaltsaufklärung beruht (BFH-Urteil vom 9. Dezember 1998 II R 9/96, BFH/NV 1999, 899).
Ein Fehler ist nach der Rechtsprechung des BFH dann offenbar, wenn er auf der Hand liegt, eindeutig oder augenfällig ist; es ist allerdings nicht erforderlich, dass die Unrichtigkeit aus dem Bescheid selbst erkennbar ist. Maßgebend ist vielmehr, ob der Fehler bei Offenlegung des Sachverhalts für jeden unvoreingenommenen Dritten klar und deutlich als offenbare Unrichtigkeit erkannt werden kann (BFH-Urteil vom 29. Januar 2003 I R 20/02, BFH/NV 2003, 1139).
Die Feststellung des Vorliegens einer so verstandenen Unrichtigkeit im Einzelfall ist dabei Tatfrage. Eine Unrichtigkeit, welche auf die Eintragung einer falschen Kennziffer in den Eingabewertbogen zurückzuführen ist, kann eine offenbare i.S.d. § 129 AO sein (BFH-Urteil vom 29. Januar 2003 I R 20/02, a.a.O.). Es muss aber auch in diesem Fall praktisch ausgeschlossen sein, dass es sich um einen Rechts- oder Tatsachenirrtum handelt.
Dabei folgt aus § 15 Abs. 1 Satz 1 Eigenheimzulagengesetz, dass die Vorschriften der AO 1977 auch auf Bescheide über die Gewährung der Eigenheimzulage grundsätzlich anwendbar sind; somit findet auch die Vorschrift des § 129 AO Anwendung (BFH-Beschluss vom 12. Juni 2002 IX B 203/01, BFH/NV 2002, 1285.
Danach ist nach Abwägung aller Umstände des Einzelfalles im Streitfall davon auszugehen, dass weder ein Tatsachen- noch ein Rechtsirrtum vorliegt.
Das FA konnte vielmehr den ursprünglichen Eigenheimzulagebescheid wegen einer ähnlichen offenbaren Unrichtigkeit gemäß § 129 AO ändern. Aus dem Eigenheimzulageantrag folgt ausdrücklich, dass die Kläger einer Eigenheimzulage für den Ausbau/Erweiterung einer eigen genutzten Wohnung beantragt haben. Sie haben dies ausdrücklich durch ein entsprechendes Kreuz in dem Antrag kenntlich gemacht und die Herstellungskosten mit 47.908 DM beziffert. Der Sachbearbeiter hat sodann, da sich hinsichtlich der Kosten Rückfragen ergaben, die damaligen Bevollmächtigten der Kläger aufgefordert, die Kosten für die Umwandlung der Garage in Wohnraum aufzulisten und mit entsprechenden Belegen einzureichen. Der Sachbearbeiter ist deshalb bei der Rückfrage davon ausgegangen, dass es sich nicht um einen Neubau handelt, sondern vielmehr um die bloße Umwandlung der Garage in Wohnraum. Dieses ist dem Sachbearbeiter sodann auch durch Schreiben der Bevollmächtigten vom 6. März 2000 mitgeteilt worden. Hier wurde ausdrücklich mitgeteilt, dass die ehemalige Garage nunmehr von den Klägern als Schlafzimmer genutzt wird. Beigefügt war diesem Schreiben zudem die Baugenehmigung der Stadt D, in der die Nutzungsänderung der Garage genehmigt wurde. Zugleich teilten die damaligen Bevollmächtigten mit, dass die Ausbaukosten für den Umbau der Garage zu Wohnraum 31.252,80 DM betragen. Der Sachbearbeiter hat sodann die Bemessungsgrundlage von 47.908 DM auf diese ihm mitgeteilten 31.293 DM gekürzt. Die Bearbeitung erfolgte insoweit ausschließlich in der Rubrik Ausbau/Erweiterung. Allerdings hat der Sachbearbeiter übersehen, in Zeile 32 des Antrages die Kennziffer 1 für Ausbau/Erweiterung einzutragen.
Da allerdings hier ausdrücklich Eigenheimzulage für den Ausbau/Erweiterung einer eigengenutzten Wohnung beantragt worden ist, insoweit entsprechender Schriftverkehr geführt worden ist, der Sachbearbeiter zudem die Kürzung der Bemessungsgrundlage wegen der Ausbaukosten vorgenommen hat, scheidet danach ein Rechtsirrtum oder Tatsachenirrtum aus. Auf Grund der Bearbeitung des Antrages, der gehaltenen Nachfrage und der Umsetzung der diesbezüglichen Antwort, steht zurÜberzeugung des Gerichtes fest, dass der Sachbearbeiter von einem Ausbau/Erweiterung ausgegangen ist. Er hat lediglich den Eintrag der Kennziffer in Zeile 32 übersehen.
Damit liegt eine offensichtliche Unrichtigkeit i.S.d. § 129 AO vor. Das FA durfte den angefochtenen Bescheid ändern.
Die Klage war deshalb mit der Kostenfolge des § 135 FGO abzuweisen.