Sozialgericht Stade
Urt. v. 27.04.2006, Az.: S 6 AL 205/05
Neuberechnung eines Bemessungsentgelts als Insolvenzgeld; Gewährung eines erhöhten Leistungssatzes von Arbeitslosengeld für Arbeitslose mit mindestens einem berücksichtigungsfähigen Kind; Berücksichtigung von Arbeitsentgelten bei der Ermittlung des Bemessungsentgelts
Bibliographie
- Gericht
- SG Stade
- Datum
- 27.04.2006
- Aktenzeichen
- S 6 AL 205/05
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2006, 36776
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:SGSTADE:2006:0427.S6AL205.05.0A
Rechtsgrundlagen
- § 9 KSchG
- § 10 KSchG
- § 54 Abs. 2 SGG
- § 44 Abs. 1 SGB X
- § 124 Abs. 1 SGB III
- § 129 Nr. 1 SGB III
- § 130 Abs. 1 SGB III
- § 130 Abs. 3 SGB III
- § 131 SGB III
- § 132 Abs. 1 S. 1 SGB III
- § 134 Abs. 1 S. 2 SGB III
- § 143 Abs. 3 S. 1 SGB III
- § 312 SGB III
- § 112 AFG
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe des Bemessungsentgelts, das dem Arbeitslosengeld (Alg) des Klägers ab 16. Januar 2004 zugrunde zu legen ist.
Der am 23. Dezember 1946 geborene Kläger war seit Juni 1986 mit kurzen Unterbrechungen als Fliesenleger bei der Firma H. GmbH & Co. KG in I. beschäftigt. Nachdem der Kläger seit November 2003 seinen Lohn nicht mehr erhalten hatte, meldete er sich am 16. Januar 2004 bei der Beklagten arbeitslos. Für die Monate Dezember 2002 bis einschließlich Oktober 2003 lag der Beklagten jeweils eine als "Baulohn - Abrechnung der Brutto-Netto-Bezüge" bezeichnete Bezügeabrechnung vor. Aus diesen Abrechnungen gingen versicherungspflichtige (Brutto-) Arbeitsentgelte iH von insgesamt 16.064,23 EUR hervor. Für die Monate November 2003 und Dezember 2003 reichte der Kläger bei der Beklagten handschriftliche - ohne Unterschrift oder Firmenstempel versehene - Notizen ein, die zu jeweiligen Daten bestimmte Bauobjekte, Quadratmeterzahlen, Stunden- und Euroangaben enthielten. In der Zeit vom 24. Juni 2003 bis 16. Juli 2003 und vom 8. August 2003 bis 7. September 2003 erhielt der Kläger Krankengeld iH von 78,80 EUR kalendertäglich.
Für den Zeitraum vom 1. November 2003 bis 15. Januar 2004 leistete die Beklagte Insolvenzgeld als Vorschuss iH von 2.546,00 EUR und für den Zeitraum vom 16. Januar 2004 bis 31. Januar 2004 Alg iH von 532,64 EUR. Mit Bescheid vom 15. März 2004 bewilligte die Beklagte dem Kläger vorläufig Alg ab 16. Januar 2004 nach einem Bemessungsentgelt von 552,42 EUR wöchentlich (64,63 EUR kalendertäglich ab 2. Januar 2005). Die Beklagte berücksichtigte bei der Berechnung des Bemessungsentgelts das Krankengeld sowie die vorgelegten Abrechnungen der Monate Dezember 2002 bis einschließlich Oktober 2003. Im Juli 2004 gingen der Beklagten Bezügeabrechnungen des Klägers für die Monate November 2003 bis Januar 2004 zu. Aus diesen Abrechnungen, die denen der Monate Dezember 2002 bis Oktober 2003 entsprachen, ging als Abrechnungsdatum der 7. April 2004 bzw. der 13. April 2004 und versicherungspflichtige (Brutto-) Arbeitsentgelte iH von 2.413, 93 EUR für November 2003, 3.224,74 EUR für Dezember 2003 und 2.379,47 EUR für Januar 2004 hervor.
Am 30. August 2004 schlossen der Kläger und seine ehemalige Arbeitgeberin bzw. deren Rechtsnachfolger vor dem Arbeitsgericht Stade (Az: 1 Ca 386/04) einen Vergleich. Darin wurde vereinbart, dass das Arbeitsverhältnis entsprechend einer Vereinbarung mit dem vorläufigen Insolvenzverwalter mit dem 31. Januar 2004 beendet worden ist und dass der Kläger ferner für den Verlust des Arbeitsplatzes in entsprechender Anwendung der §§ 9, 10 Kündigungsschutzgesetz eine Abfindung iH von 9.000,00 EUR erhält. Am 27. Oktober 2004 ging bei der Beklagten die Arbeitsbescheinigung der Arbeitgeberin des Klägers für die Zeit vom 27. Juli 1998 bis 31. Januar 2004 ein. Mit Bescheid vom 23. Dezember 2004 bewilligte die Beklagte dem Kläger Insolvenzgeld (Insg) unter Anrechnung des geleisteten Vorschusses und des Alg und zahlte dem Kläger insgesamt einen Betrag iH von 2.774,01 EUR an Insg nach und schrieb dem Kläger zugleich die Anspruchsdauer von 16 Tagen für Alg gut.
Am 1. März 2005 beantragte der Kläger telefonisch bei der Beklagten die Neuberechnung des Bemessungsentgelts unter Berücksichtigung der vorgelegten Abrechnungen für die Monate November 2003 bis Januar 2004. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 1. März 2005 mit der Begründung ab, dass die Kalendermonate November 2003 bis Januar 2004 beim Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis noch nicht abgerechnet waren und die Abrechnung lt vorliegender Gehaltsabrechnungen erst am 7. April 2004 bzw. am 13. April 2004 erfolgten. Mit Schreiben vom 10. März 2005, eingegangen bei der Beklagten am 11. März 2005, erhob der Kläger Widerspruch. Zur Begründung trug er im Wesentlichen vor, dass die nachgereichten korrigierten Abrechnungen für die Zeit von November 2003 bis Januar 2004 bei der Berechnung des Bemessungsentgelts zu berücksichtigen seien, da maßgebend allein der Entgeltabrechnungszeitraum - hier also die Zeit bis zum 15. Januar 2005 - sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 12. Juli 2005 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Sie argumentierte im Wesentlichen damit, dass nur Entgeltabrechnungszeiträume, die beim Ausscheiden aus dem Versicherungspflichtverhältnis vor der Entstehung des Anspruchs abgerechnet waren, vom Bemessungszeitraum umfasst seien. Die Monate November 2003 bis Januar 2004 blieben bei der Ermittlung des Bemessungszeitraumes daher unberücksichtigt, da sie beim Ausscheiden des Klägers noch nicht abgerechnet gewesen seien und dies erst am 7. April 2004 bzw. am 13. April 2004 erfolgt sei.
Am 25. Juli 2005 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung trägt er ergänzend im Wesentlichen vor, dass es unerheblich sei, dass die Abrechnungen für die Monate November 2003 bis Januar 2004 erst nach der Entstehung des Alg-Anspruches erteilt worden seien. Aufgrund systematischer Auslegung sei davon auszugehen, dass maßgebend das "erzielte" Arbeitsentgelt sei. Vorliegend habe die ehemalige Arbeitgeberin des Klägers wegen Insolvenz das Arbeitsentgelt nicht abgerechnet; Arbeitslose, denen Arbeitsentgelt rechtswidrig vorenthalten werde, das aber später nachgezahlt werde, oder die das Entgelt nicht erhalten, weil der Arbeitgeber zahlungsunfähig wurde, dürften jedoch nicht schlechter gestellt werden. Dass der Kläger die Abrechnungen nachträglich erhalten habe, sei wie nachträglich zu beanspruchendes Arbeitsentgelt zu bewerten.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat der Kläger sein Begehren auf die Abrechnungen für den Zeitraum von November 2003 bis Dezember 2003 beschränkt.
Der Kläger beantragt (nunmehr):
- 1.
Der Bescheid der Beklagten vom 1. März 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2005 wird aufgehoben.
- 2.
Der Bescheid vom 15. März 2004 wird abgeändert.
- 3.
Das Bemessungsentgelt des Klägers ist unter Berücksichtigung der Entgeltabrechnungen für die Monate November 2003 bis Dezember 2003 neu zu berechnen und festzusetzen.
Die Beklagte beantragt:
Die Klage wird abgewiesen.
Sie hält die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig und verteidigt die angegriffene Entscheidung.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf den Inhalt der Gerichts- sowie der Verwaltungsakte Bezug genommen. Die den Kläger betreffende Leistungsakte (Kunden-Nr. J.) liegt vor und ist Gegenstand der Verhandlung und der Entscheidung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Die Entscheidung der Beklagten ist zu Recht ergangen. Der Kläger ist durch die angefochtene Verwaltungsentscheidung nicht beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Dem Kläger steht ein Anspruch auf höheres Alg und Neufestsetzung des Bemessungsentgelts nicht zu.
Der die Höhe des Bemessungsentgelts betreffende Bewilligungsbescheid vom 15. März 2004 ist nicht nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) zurückzunehmen. Rechtsgrundlage ist zunächst § 44 Abs. 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt, bei dessen Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, wenn deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Die Beklagte hat weder das Recht unrichtig angewandt noch ist sie von einem Sachverhalt ausgegangen, der sich als unrichtig erwiesen hat. Sie hat vielmehr das dem Kläger zustehende Alg zutreffend berechnet. Im Einzelnen:
1.
Nach § 129 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) beträgt das Alg für Arbeitslose mit mindestens einem berücksichtigungsfähigen Kind 67 Prozent (erhöhter Leistungssatz) des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt), das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (Bemessungsentgelt). Der Bemessungszeitraum umfasst nach § 130 Abs. 1 SGB III in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung die Entgeltabrechnungszeiträume, die in den letzten 52 Wochen vor der Entstehung des Anspruchs, in denen Versicherungspflicht bestand, enthalten sind und die beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem Versicherungspflichtverhältnis vor der Entstehung des Anspruchs abgerechnet waren. § 130 Abs. 1 SGB III in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung bestimmt den Regelbemessungszeitraum, der gilt, soweit keine Sonderregelungen nach § 130 Abs. 3, § 131 SGB III in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung eingreifen (Behrend in Eicher/Schlegel SGB III, Stand Juni 2005, § 130 Rdn 2). Entsprechende Abrechnungen seiner Bezüge konnte der Kläger bis einschließlich Oktober 2003 vorlegen. Für die Monate November 2003 und Dezember 2003 reichte der Kläger lediglich handschriftliche Aufzeichnungen bei der Beklagten ein, die insbesondere einen Urheber nicht erkennen lassen. Die Arbeitsbescheinigung gemäß § 312 SGB III erstellte die ehemalige Arbeitgeberin des Klägers erst mit Datum vom 26. Oktober 2004. Der Anspruch des Klägers auf Alg ist hingegen bereits am 16. Januar 2004 entstanden. An diesem Tag erfüllte er die Anspruchsvoraussetzungen; wobei für das Entstehen des Anspruchs ohne Bedeutung ist, dass das Beschäftigungsverhältnis des Klägers erst mit dem 31. Januar 2004 endete.
Zu diesem Zeitpunkt waren die Entgeltabrechnungszeiträume ab November 2003 jedoch noch nicht abgerechnet. Abgerechnet ist ein Entgeltabrechnungszeitraum, wenn der Arbeitgeber das für diesen Zeitraum erarbeitete Arbeitsentgelt vollständig errechnet hat, so dass es ohne weitere Rechenoperationen an den Arbeitnehmer ausgezahlt oder überwiesen werden kann ( BSG vom 23. November 1988 - 7 RAr 38/87 - SozR 4100 § 112 Nr. 43, S 203; BSG vom 29. Juni 2000 - B 11 AL 89/99 R - SozR 3-4100 § 136 Nr. 12, 68; Behrend in Eicher/Schlegel SGB III Stand Juni 2005,§ 130 Rdn 52). Eine tatsächliche Auszahlung setzt eine Abrechnung dagegen nicht voraus. Sinn und Zweck der Regelung, nur Entgeltabrechnungszeiträume zu berücksichtigen, die beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem Versicherungspflichtverhältnis abgerechnet waren, ist es, das Alg an einem zeitnahen Lohnniveau auszurichten und außerdem eine rasche, einfache und endgültige Bestimmung des Bemessungsentgelt zu ermöglichen - der letzte auf Arbeitseinkommen gegründete Lebensstandard des Arbeitsnehmers gilt damit als Maßstab für das Alg. Zugunsten des Bestrebens, unmittelbar nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Beschäftigungsverhältnis eine endgültige Feststellung des Alg vornehmen zu können, ist es gerechtfertigt, die Teile des Arbeitseinkommens unberücksichtigt zu lassen, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgerechnet sind. Der Gesetzgeber hat es für ausreichend angesehen, von dem Stand des Arbeitseinkommens auszugehen, der in die bei Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses erteilten Lohnabrechnungen eingegangen war (vgl BSG vom 18. April 1991 - 7 RAr 52/90 - SozR 3-4100 § 112 Nr. 10; Behrend in Eicher/Schlegel SGB III Stand Juni 2005, § 130 Rdn 9, 60). Die Bestimmung des Bemessungszeitraums anhand des technischen Vorgangs der Abrechnung erfolgt dabei unabhängig von der Frage, ob die Abrechnung korrekt oder fehlerhaft ist ( BSG vom 18. April 1991 - 7 RAr 52/90 - SozR 3-4100 § 112 Nr. 10, S 32). Abgerechnet ist demnach ein Entgeltzeitraum nicht erst dann, wenn tatsächlich alle arbeitsrechtlich geschuldeten Leistungen korrekt abgerechnet sind. Vielmehr genügt es, dass das Arbeitsentgelt für eine bestimmte Zeit überhaupt, wenn auch in umstrittener Höhe, abgerechnet ist. Das ergibt sich bereits aus § 134 Abs. 1 S 2 SGB III in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung, der die Berücksichtigung nachträglich für den Bemessungszeitraum gezahlten Arbeitsentgelts erlaubt (vgl insoweit auch LSG Sachsen-Anhalt vom 19. Mai 2005 - L 2 AL 1/02). Unter Berücksichtigung dieser Kriterien ergibt sich, dass der Bemessungszeitraum die Entgeltabrechnungszeiträume vom 1. Dezember 2002 bis zum 31. Oktober 2003 umfasst, denn nur für diese Zeiträume war das Arbeitsentgelt des Klägers durch den Arbeitgeber (überhaupt) abgerechnet.
2.
An der Festlegung des Bemessungszeitraums ändert auch die Regelung des § 134 Abs. 1 S 2 SGB III nichts. Danach gelten auch Arbeitsentgelte, auf die der Arbeitslose beim Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis Anspruch hatte, als erzielt, wenn sie zugeflossen oder nur wegen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers nicht zugeflossen sind. Bei dieser Vorschrift handelt es sich um eine Regelung zum Bemessungsentgelt, nicht jedoch zur Festlegung des Bemessungszeitraums. § 134 Abs. 1 S 2 SGB III knüpft an die Rechtsprechung des BSG zu § 112 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) an. Danach sollte nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers zugeflossenes Arbeitsentgelt in das Bemessungsentgelt eingehen, soweit es sich um eine nachträgliche Vertragserfüllung handelt, weil Arbeitslose, denen Teile des Arbeitsentgelts zunächst rechtswidrig vorenthalten, aber später nachgezahlt worden sind, bei der Leistungsbemessung nicht schlechter dastehen dürften als diejenigen, deren Arbeitsentgelt rechtzeitig und vollständig ausgezahlt worden ist (vgl BSG vom 28. Juni 1995 - RAr 102/94 - SozR 3-4100 § 112 Nr. 22). § 134 SGB III erweitert in Abs. 1 S 2 den Bereich der berücksichtigungsfähigen Entgelte um die Entgelte, die zwar geschuldet werden, aber wegen Zahlungsunfähigkeit nicht zugeflossen sind. In der Gesetzesbegründung heißt es, dass Entgelte, die der Arbeitslose vor seinem Ausscheiden aus dem letzten versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis tatsächlich nicht erhalten hat, gleichwohl rückwirkend bei der Bemessung des Arbeitslosengeldes berücksichtigt werden sollen, wenn sich nachträglich, insbesondere aufgrund gerichtlicher Entscheidung, herausstellt, dass er dieses Entgelt beanspruchen konnte. Mit der Einschränkung, dass das Entgelt nachträglich auch zugeflossen ist bzw. nur wegen der Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers nicht mehr zufließen kann, soll verhindert werden, dass sich die Parteien eines Arbeitsvertrages nachträglich rückwirkend auf ein höheres Arbeitsentgelt verständigen, ohne dass der Arbeitgeber den höheren Betrag auch an den Arbeitnehmer auszahlen muss (vgl Bundestagsdrucksache 13/4941 S 179). § 134 Abs. 1 S 2 SGB III bewirkt damit ausschließlich, dass in das Bemessungsentgelt neben dem zugeflossenen Arbeitsentgelt zusätzlich beanspruchtes Arbeitsentgelt einbezogen wird. An dem Bemessungszeitraum und der Voraussetzung des abgerechneten Entgeltabrechnungszeitraums ändert sich dadurch nichts. § 134 SGB III in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung enthält insofern allein Sonderregelungen zur Zuordnung von Entgelten, die für bestimmte Beschäftigungszeiten bei der Feststellung des Bemessungsentgelts zu berücksichtigen sind (vgl LSG Mecklenburg-Vorpommern vom 29. Februar 2000 - L 2 AL 19/98 - EzS 89/123).
3.
Auch hat sich infolge der hier vorliegenden sog Gleichwohlgewährung von Alg ab 16. Januar 2004 bis 31. Januar 2004 gemäß § 143 Abs. 1 SGB III die Rahmenfrist des § 124 Abs. 1 SGB III nicht verschoben. Denn bei der sog Gleichwohlgewährung nach § 143 Abs. 3 S 1 SGB III handelt es sich um einen mit dem "regulären" Alg identischen Anspruch, da Alg nach § 143 Abs. 3 SGB III grundsätzlich endgültig gewährt wird. Die sog Gleichwohlgewährung verlegt zugunsten des Arbeitslosen, dessen Ansprüche auf Arbeitsentgelt und Urlaubsabgeltung vom Arbeitgeber nicht erfüllt werden, den Zeitpunkt vor, von dem an der Anspruch auf Alg zu erfüllen ist, indem sie die Gewährung anordnet und damit den Anspruch auf Alg insoweit von dessen Ruhen ausnimmt, dass andernfalls nach § 143 Abs. 1 und 2 SGB III eingetreten wäre. Im Falle der sog Gleichwohlgewährung nach § 143 Abs. 3 SGB III hat daher keine Korrektur der Rahmenfrist zu erfolgen, wenn - wie hier - nachträglich ein späteres Ende des Arbeitsverhältnisses festgestellt wird (vgl Hüneke in Gagel, Kommentar zum SGB III, § 124 Rdn 13).
Dass für die Zeit vom 1. November 2003 bis 31. Dezember 2003 (bzw 31. Januar 2004) nachträglich abgerechnete Arbeitsentgelt bildet vorliegend weder teilweise noch ganz die Bemessungsgrundlage für das Alg. Entgegen der Ansicht des Klägers kann die nachträgliche Abrechnung nach § 134 Abs. 1 S 2 SGB III nicht nachträglich zu beanspruchendem Arbeitsentgelt gleichgesetzt werden. In jedem Fall hätten für die Zeiten ab November 2003 spätestens bis zum 16. Januar 2004 Abrechnungen - gleich in welcher Höhe - erfolgt sein müssen.
4.
Schließlich hat die Beklagte ausgehend von dem Bemessungszeitraum vom 1. Dezember 2002 bis zum 31. Oktober 2003 das Bemessungsentgelt zutreffend festgesetzt. Das Bemessungsentgelt ist das im Bemessungszeitraum durchschnittlich auf die Woche entfallende Entgelt (§ 132 Abs. 1 S 1 SGB III in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung). Für die Berechnung des Bemessungsentgelts ist das Entgelt im Bemessungszeitraum durch die Zahl der Wochen zu teilen, für die es gezahlt worden ist. Das Bemessungsentgelt war im Jahre 2004 auf den nächsten durch 5 teilbaren Euro-Betrag zu runden (§ 132 Abs. 3 SGB III in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung). Nach § 134 Abs. 1 S 1 SGB III in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung ist für Zeiten einer Beschäftigung nur das beitragspflichtige Arbeitsentgelt zu berücksichtigen, das der Arbeitslose erzielt hat. Arbeitsentgelte, auf die der Arbeitslose beim Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis Anspruch hatte, gelten als erzielt, wenn sie zugeflossen oder nur wegen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers nicht zugeflossen sind. Während des Bemessungszeitraums hat der Kläger in 44,92 Wochen ein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt iH von insgesamt 20.322,59 EUR erzielt. Der Kläger hat demnach Anspruch auf Alg nach einem Bemessungsentgelt iH von wöchentlich 452,42 EUR - gerundet 450,00 EUR.
Weitere Arbeitsentgelte waren bei der Ermittlung des Bemessungsentgelts und der Höhe des Alg ab 16. Januar 2004 nicht zu berücksichtigen. In das Bemessungsentgelt kann für die Monate ab November 2003 kein weiteres Arbeitsentgelt eingehen, obwohl der Kläger das beansprucht, weil es nicht zum 16. Januar 2004 abgerechnet war. Die Zuflussfiktion des § 134 Abs. 1 S 2 SGB III kann ihre Regelung dann nicht entfalten, wenn das Arbeitsentgelt, das nicht zugeflossen ist, beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem Beschäftigungsverhältnis nicht auch bereits abgerechnet worden ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.