Sozialgericht Stade
Urt. v. 27.04.2006, Az.: S 6 AL 319/04
Verhängung einer zwölfwöchigen Sperrzeit durch Abschluss eines Aufhebungsvertrages mit dem Arbeitgeber; Gewährung von Arbeitslosengeld trotz grob fahrlässiger Herbeiführung der Arbeitslosigkeit; Vorliegen eines wichtigen Grundes zur Auflösung eines Arbeitsverhältnisses durch einen Aufhebungsvertrag wegen anderweitigem Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung
Bibliographie
- Gericht
- SG Stade
- Datum
- 27.04.2006
- Aktenzeichen
- S 6 AL 319/04
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2006, 36777
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:SGSTADE:2006:0427.S6AL319.04.0A
Rechtsgrundlagen
- § 128 Abs. 1 Nr. 4 SGB III
- § 143a SGB III
- § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGB III
- § 144 Abs. 3 Nr. 2b SGB III
- § 428 SGB III
- § 54 Abs. 2 SGG
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Verhängung einer zwölfwöchigen Sperrzeit vom 1. Juni 2004 bis 23. August 2004 und die hiermit verbundene Minderung der Anspruchsdauer.
Der am 23. Oktober 1942 geborene Kläger war seit 1. April 1990 bei der H. Unternehmensberatung GmbH in I. als Projektleiter für kommerzielle Anwendungen für den Geschäftsbereich Informationstechnik eingestellt. Sein Beratungsbereich umfasste das Gebiet der Standardsoftware, insbesondere im SAP-Bereich. Im Arbeitsvertrag war vereinbart, dass das Dienstverhältnis mit dem 63. Lebensjahr bzw. mit dem vorherigen Bezug von Alters- oder Erwerbsunfähigkeitsrente endet. Die vertragliche Kündigungsfrist betrug sechs Monate zum Quartalsende. Mangels Aufträgen wollte die Arbeitgeberin den SAP-Bereich nicht weiter fortführen und beabsichtigte die betriebsbedingte Kündigung des Klägers innerhalb der Kündigungsfrist bis zum 31. Dezember 2004. Am 6. Mai 2005 schloss die ehemalige Arbeitgeberin des Klägers mit dem Kläger einen Aufhebungsvertrag. Die Vertragsparteien vereinbarten, das Arbeitsverhältnis zum Zwecke der Vermeidung einer Kündigung vorzeitig mit Ablauf des 31. Mai 2004 zu beenden. Zum Ausgleich für die mit dem Verlust seines Arbeitsplatzes verbundenen Nachteile erhielt der Kläger eine Abfindung in Höhe von 65.000,00 EUR. Dies entsprach bei einem monatlichen Verdienst von zuletzt 5.400,00 EUR zzgl eines 13. Monatsgehalts annähernd dem letzten Jahresverdienst des Klägers (70.090,76 EUR). Ferner wurde vereinbart, dass der Kläger ein wohlwollendes qualifiziertes Zeugnis erhält. Am 7. Mai 2005 meldete sich der Kläger bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Zahlung von Arbeitslosengeld (Alg). Am 18. Mai 2004 unterschrieb der Kläger eine Erklärung, dass er Alg/Arbeitslosenhilfe unter den erleichterten Voraussetzungen des § 428 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) beziehen möchte. In dieser Erklärung gab er weiterhin an, dass er Altersrente ohne Rentenminderung frühestens ab 1. November 2007 erhalten könne.
Mit Bescheid vom 26. Mai 2004 verhängte die Beklagte gegenüber dem Kläger eine zwölfwöchige Sperrzeit hinsichtlich des Zeitraums vom 1. Juni 2004 bis 23. August 2004. Zur Begründung führte sie aus, dass der Kläger seine Beschäftigung bei der Firma H. Unternehmensberatung GmbH zum 31. Mai 2004 durch Abschluss eines Aufhebungsvertrags selbst gelöst habe. Dabei sei es unerheblich, ob die Initiative zum Abschluss dieses Aufhebungsvertrags von ihm oder von seiner ehemaligen Arbeitgeberin ausgegangen sei. Entscheidend sei, dass der Aufhebungsvertrag ohne seine Zustimmung nicht zustande gekommen wäre. Er habe voraussehen müssen, dass er durch die Auflösung des Beschäftigungsverhältnisses arbeitslos werde. Der Vortrag des Klägers, das Geschäftsfeld der SAP-Beratung werde zum 30. Juni 2004 aufgegeben und dadurch entfalle sein Arbeitsplatz, könne bei Abwägung seiner Interessen mit denen der Versichertengemeinschaft den Eintritt einer Sperrzeit nicht abwenden. Auch könne die Beklagte anderweitige Anhaltspunkte, dass der Kläger für sein Verhalten einen wichtigen Grund gehabt habe, nicht erkennen. Aufgrund des Eintritts der Sperrzeit mindere sich der Anspruch des Klägers auf Alg um 240 Tage (ein Viertel der Anspruchsdauer). Mit weiterem Bescheid vom 26. Mai 2004 stellte die Beklagte fest, dass der Leistungsanspruch des Klägers wegen der Zahlung einer Entlassungsentschädigung in Höhe von 65.000,00 EUR ohne Einhaltung einer ordentlichen Kündigungsfrist bei der Auflösung des Arbeitsverhältnisses bis zum 4. September 2004 ruhe. Mit Bescheid vom 2. September 2004 änderte die Beklagte ihre Entscheidung insoweit ab, als der Leistungsanspruch des Klägers bis zum 23. August 2004 ruhe.
Am 2. Juni 2005 erhob der Kläger gegen den (Sperrzeit-)Bescheid der Beklagten vom 26. Mai 2004 Widerspruch. Zur Begründung trug er vor, dass für ihn ein wichtiger Grund vorgelegen habe. Es sei bereits massiv zusätzlicher Druck seitens des Arbeitgebers ausgeübt worden, den Aufhebungsvertrag zu unterschreiben. Sein Arbeitsplatz sei betriebsbedingt weggefallen und Kollegen, die jünger als er, bzw. noch nicht so lange bei seiner Arbeitgeberin beschäftigt seien, werde betriebsbedingt gekündigt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 9. August 2004 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass der Eintritt einer Sperrzeit von zwölf Wochen für die Zeit vom 1. Juni 2004 bis 23. August 2004 und das gleichzeitige Ruhen des Alg-Anspruchs für diesen Zeitraum zu Recht festgestellt worden sei. Der Kläger habe das Beschäftigungsverhältnis bei der Firma H. Unternehmensberatung GmbH durch seine Zustimmung zum Aufhebungsvertrag gelöst und dadurch seine Arbeitslosigkeit zumindest grob fahrlässig herbeigeführt, ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben. Eine konkrete Aussicht auf eine unmittelbar anschließende Dauerbeschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber habe der Kläger nicht gehabt. Nach Abwägung der Interessen des Klägers mit denen der Beitrags- bzw. Steuerzahler sei dem Kläger zumutbar gewesen, das Beschäftigungsverhältnis bis zum Beginn einer Dauerbeschäftigung fortzusetzen. Gründe für die Annahme einer besonderen Härte, nach der die Sperrzeit auf sechs Wochen herabzusetzen sei, lägen nicht vor. Es verbleibe daher auch bei der im Sperrzeitbescheid mitgeteilten Minderung der Anspruchsdauer.
Am 7. September 2004 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung trägt er ergänzend im Wesentlichen vor, dass mangels Aufträgen bereits seit Frühjahr 2004 konkret von der Arbeitgeberin geplant gewesen sei, den gesamten SAP-Bereich nicht weiter fortführen zu wollen. Im April 2004 habe der Geschäftsführer seiner Arbeitgeberin, Herr Dr. J., ihm mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, ihm betriebsbedingt zum 31. Dezember 2004 zu kündigen. Der Kläger sei davon ausgegangen, das seine Kündigung aus betriebsbedingten Gründen unmittelbar bevor bestanden habe. Der Kläger ist der Ansicht, dass ein wichtiger Grund zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch Abschluss des Aufhebungsvertrags vorgelegen habe. Seine Kündigung habe gedroht und eine Versetzung innerhalb des Unternehmens sei für den Kläger nicht möglich gewesen. Zur Vermeidung noch größerer Nachteile, insbesondere im Hinblick auf sein Alter, habe er einen Aufhebungsvertrag geschlossen, der im Gegensatz zu einer Kündigung seine Chancen auf dem Arbeitsmarkt deutlich erhöhe. Für sein berufliches Fortkommen sei ferner die Abschlussformel mit Dank und guten Wünschen erforderlich, die jedoch gerichtlich nicht einklagbar sei. Letztlich habe er mit dem Aufhebungsvertrag nicht der Versichertengemeinschaft geschadet, sondern ihr gedient. Ferner habe der Kläger bereits eine Sanktion wegen der frühzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 143a SGB III erhalten und diese auch akzeptiert. Die Argumentation, die Sperrzeit sei gerechtfertigt, weil der Kläger das Arbeitsverhältnis vor Wirksamwerden einer Kündigung beendet habe, sei systemwidrig, denn diese Argumentation finde schon im Rahmen der Regelung des § 143a SGB III Berücksichtigung. Der Kläger werde hier zweimal aus dem gleichen Grund bestraft. Des Weiteren sei dem Kläger bei Abschluss des Aufhebungsvertrags die Möglichkeit des § 428 SGB III nicht bekannt gewesen.
Der Kläger beantragt:
Der Bescheid der Beklagten vom 26. April 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. August 2004 wird aufgehoben.
Die Beklagte beantragt:
Die Klage wird abgewiesen.
Sie hält die angegriffenen Bescheide für rechtmäßig und verteidigt die angefochtene Entscheidung. Dazu trägt sie ergänzend im Wesentlichen vor, dass der Kläger aufgrund seines Lebensalters offensichtlich selbst davon ausgegangen sei, seine berufliche Laufbahn als beendet anzusehen. Der Kläger habe noch vor Beendigung seines Arbeitsverhältnisses zum 31. Mai 2004 am 18. Mai 2004 eine Erklärung zur Inanspruchnahme von Alg unter erleichterten Bedingungen nach § 428 SGB III abgegeben. Damit habe er unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, an einer möglichen Vermittlung und erneuten Arbeitsaufnahme kein Interesse mehr zu haben. Durch den erleichterten Bezug des Alg solle lediglich die Zeit bis zum Bezug von Altersrente überbrückt werden. Ein wichtiger Grund müsse im übrigen auch auf den Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses bezogen vorliegen. Diese Voraussetzung sei vorliegend nicht erfüllt, denn es ergebe sich keine Rechtfertigung einer Auflösung des Arbeitsverhältnisses bereits zum 31. Mai 2004. Die Arbeitgeberin des Klägers habe das Arbeitsverhältnis ohne seine Mitwirkung erst zum 31. Dezember 2004 beenden können. Ein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis unter Verzicht auf den Kündigungsschutz und damit ein vorzeitiges Herbeiführen des Versicherungsfalles "Arbeitslosigkeit" sei selbst bei Annahme eines wichtigen Grundes für den Abschluss des Aufhebungsvertrags nicht gerechtfertigt.
Wegen des Vorbringens der Beteiligen im Einzelnen wird auf den Inhalt der Gerichts- sowie der Verwaltungsakte Bezug genommen. Die den Kläger betreffende Leistungsakte (Kunden-Nr: K.) lag vor und ist Gegenstand der Verhandlung und der Entscheidung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Der Kläger ist durch die angefochtene Verwaltungsentscheidung nicht beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Entscheidung der Beklagten, gegenüber dem Kläger eine zwölfwöchige Sperrzeit zu verhängen, ist nicht zu beanstanden. Ebenfalls zu Recht hat die Beklagte festgestellt, dass sich dadurch die Dauer des Leistungsanspruchs des Klägers um 240 Tage (ein Viertel der Anspruchsdauer) mindert. Im Einzelnen:
1.
Eine Sperrzeit von zwölf Wochen tritt nach § 144 Abs. 1 Nr. 1 erste Alternative SGB III ein, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst und er dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat, ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
Der Kläger hat durch den Abschluss des Aufhebungsvertrags vom 6. Mai 2004 sein Beschäftigungsverhältnis zum 31. Mai 2004 gelöst. Hierdurch hat er seine Arbeitslosigkeit herbeigeführt. Da er nicht zumindest konkrete Aussichten auf einen Anschlussarbeitsplatz gehabt hatte, hat der Kläger seine Arbeitslosigkeit auch grob fahrlässig herbeigeführt. Darüber hinaus hatte er für dieses Verhalten keinen wichtigen Grund im Sinnes des § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGB III.
Die Sperrzeitregelung beruht auf dem Gedanken, dass sich die Versichertengemeinschaft gegen Risikofälle wehren muss, deren Eintritt der Versicherte selbst zu vertreten hat oder an deren Behebung er unbegründet nicht mithilft. Die Sperrzeit soll die Gemeinschaft der Beitragszahler davor schützen, dass Anspruchsberechtigte das Risiko der Arbeitslosigkeit manipulieren, indem sie dem Arbeitslosen einen Teil der Aufwendungen aufbürdet, die er der Versichertengemeinschaft durch sein Verhalten verursacht. Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers soll eine Sperrzeit nur dann eintreten, wenn dem Arbeitnehmer unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung seiner Interessen mit den Interessen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten hätte zugemutet werden können. Der wichtige Grund muss auch den Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses decken. Der Arbeitslose muss somit einen wichtigen Grund dafür haben, dass er das Arbeitsverhältnis gerade zu dem bestimmten, von ihm gewählten Zeitpunkt auflöst (BSG SozR 4100 § 119 Nr. 17; BSG SozR 3-1500 § 144 Nr. 12; LSG Nordrhein-Westfalen vom 19. Januar 2005 - L 12 AL 206/03).
Einen wichtigen Grund zur Auflösung seines Arbeitsverhältnisses zum 31. Mai 2004 hat der Kläger nicht gehabt. Zwar ist davon auszugehen, dass die Arbeitgeberin eine betriebsbedingte Kündigung des Klägers ausgesprochen hätte, dies jedoch erst zum 31. Dezember 2004 und damit zu einem um sieben Monate späteren Zeitpunkt. Ein wichtiger Grund, der die Nichteinhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist der Arbeitgeberin rechtfertigen könnte, ist für die Kammer nicht ersichtlich. Die Kündigungsfrist hätte sechs Monate zum Quartalsende betragen und wäre ohne den Abschluss des Aufhebungsvertrags auch erst zu diesem Zeitpunkt ausgesprochen worden. Die Einhaltung dieser Frist wäre dem Kläger im Interesse der Versichertengemeinschaft in jedem Fall zuzumuten gewesen.
Kein wichtiger Grund ist allein die Tatsache, dass das Beschäftigungsverhältnis durch Aufhebungsvertrag gelöst wurde, weil anderenfalls eine Kündigung der Arbeitgeberin drohte. Eine Ausnahme hiervon ist nur für den Einzelfall anerkannt, wenn die Kündigung mit Bestimmtheit in Aussicht gestellt wurde, ohne das der Arbeitnehmer hierzu durch ein arbeitsvertragwidriges Verhalten Anlass gegeben hat, diese Kündigung zu demselben Zeitpunkt, zu dem das Beschäftigungsverhältnis geendet hat, wirksam geworden wäre, die Kündigung arbeitsrechtlich zulässig gewesen wäre und dem Arbeitslosen nicht zuzumuten war, die Kündigung des Arbeitgebers abzuwarten, etwa um das berufliche Fortkommen zu erleichtern. Diese Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen. Bei dem Kläger kann ein solcher Ausnahmefall bereits deshalb nicht angenommen werden, weil die Kündigung nicht zu demselben Zeitpunkt, zu dem das Beschäftigungsverhältnis geendet hat (31. Mai 2004), wirksam geworden wäre, sondern erst zu einem wesentlich späteren Zeitpunkt (frühestens 31. Dezember 2004).
Entgegen der Ansicht des Klägers kommt es damit nicht mehr darauf an, ob ihm zur Erleichterung seines beruflichen Fortkommens nicht zuzumuten war, die Kündigung seiner Arbeitgeberin zunächst abzuwarten. Unabhängig davon liegt diese Voraussetzung für den Kläger aber auch nicht vor.
Der Kläger war zum Zeitpunkt des Abschlusses des Aufhebungsvertrags bereits über 61 Jahre alt und mehr als 14 Jahre im Betrieb beschäftigt. Sein Dienstverhältnis sollte laut Arbeitsvertrag automatisch mit dem 63. Lebensjahr enden - also zum 1. November 2005. Noch am 18. Mai 2004 hat der Kläger eine Erklärung zu in Anspruchnahme von Alg unter erleichterten Bedingungen ( § 428 SGB III) abgegeben und damit zum Ausdruck gebracht, an einer möglichen Vermittlung und erneuten Arbeitsaufnahme kein Interesse mehr zu haben. Soweit der Kläger vorgibt, den am 6. Mai 2004 und demnach weniger als zwei Wochen zuvor geschlossenen Aufhebungsvertrag allein deshalb abgeschlossen zu haben, um Nachteile für sein berufliches Fortkommen zu vermeiden, ist dies nicht nachvollziehbar. Auch wenn der Kläger von der Möglichkeit der Erklärung nach § 428 SGB III bei Abschluss des Aufhebungsvertrags noch keine Kenntnis hatte, so erklärt dies den vollständigen Sinneswandel des Klägers innerhalb von nur zwölf Tagen nicht. Weiterhin kann unabhängig vom Alter des Arbeitnehmers nicht immer unterstellt werden, dass ein Aufhebungsvertrag für das berufliche Fortkommen stets besser sei als eine Kündigung (vgl BSG vom 25. April 2002 - B 11 AL 100/01 R). Der Kläger gehörte im Mai 2004 bereits zu der Altersgruppe, für die der Gesetzgeber allgemein von Schwierigkeiten bei der Wiedereingliederung in das Arbeitsleben ausgeht und deshalb von Leistungsbeziehern nicht fordert, alle Möglichkeiten zu nutzen und nutzen zu wollen, um die Beschäftigungslosigkeit zu beenden (§ 428 Abs. 1 SGB III).
2.
Schließlich kann der Kläger auch nicht damit gehört werden, durch den Eintritt der zwölfwöchigen Sperrzeit und der damit verbundenen Minderung der Anspruchsdauer einerseits und dem Ruhen des Alg-Anspruchs wegen Zahlung einer Entlassungsentschädigung andererseits doppelt bestraft zu werden. Diese Rechtsfolgen treffen den Kläger nicht unverhältnismäßig. Die Regelungen sollen der Beendigung von Arbeitsverhältnissen durch den Arbeitnehmer entgegenwirken; dabei hat der Gesetzgeber zu Recht typisierend angenommen, dass eine Abfindung, die wegen einer Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses durch den Arbeitgeber gezahlt wird oder von dem Arbeitnehmer zu beanspruchen ist, Beträge enthält, die dem Arbeitnehmer das Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes erleichtern sollen. Wenn aber der Arbeitgeber trotz Lösung des Beschäftigungsverhältnisses durch den Arbeitnehmer eine Abfindung zahlt, so kann angenommen werden, dass er sich mit einem Teil jener Abfindung die "Zustimmung" des Arbeitnehmers zur Lösung des Beschäftigungsverhältnisses erkauft. Auch die Kumulation der Rechtsfolgen der §§ 143a, 144 SGB III trifft den Kläger damit nicht unangemessen (vgl BSG vom 4. September 2001 SozR 3-4100 § 119 Nr. 22 - zur Vorgängerregelung der §§ 119, 119a, 117a, 110 Arbeitsförderungsgesetz).
3.
Es sind weiterhin auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, die für die Anwendung der Härteklausel des § 144 Abs. 3 Nr. 2b SGB III sprechen könnten. Mit der Beklagten sieht die Kammer keinen Anlass für eine Reduzierung der Sperrzeit auf sechs Wochen. Besondere Härteumstände, die nicht gerade in den gesetzlichen Rechtsfolgen selbst zu sehen sind, können nicht festgestellt werden; die gesetzlichen Rechtsfolgen alleine treffen den Kläger nicht in unverhältnismäßiger Weise. Die Sperrzeit umfasst deshalb zwölf Wochen (Regelsperrzeit).
4.
Damit findet auch § 128 Abs. 1 Nr. 4 SGB III mit der Folge Anwendung, dass die Dauer des Alg-Anspruchs gemindert wird, und zwar im Rahmen des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III um ein Viertel der Anspruchsdauer.
Sinn der Sperrzeitregelung und der daraus resultierenden Regelung über die Minderung der Anspruchsdauer um ein Viertel des Gesamtanspruchs ist es, die Versichertengemeinschaft typisierend gegen Risikofälle zu schützen, deren Eintritt der Versicherte selbst zu vertreten hat. Die Rechtsfolgen einer Sperrzeit stellen also keine Vertragsstrafe und keinen pauschalierten Schadensausgleich dar, sondern sie verfolgen das Ziel, die Mitwirkung des Arbeitnehmers an der Herbeiführung des Versicherungsfalls zu verhindern, wenn hierfür kein wichtiger Grund vorliegt. Nachdem der Gesetzgeber die Höchstdauer des Alg-Anspruchs von - bis Ende 1984 - 12 Monaten ab Vollendung des 42. Lebensjahres je nach Lebensalter und Dauer der beitragspflichtigen Beschäftigung auf maximal 32 Monate erhöht hatte, erforderten diese Leistungsverbesserungen zugleich einen stärkeren Schutz der Arbeitslosenversicherung vor ungerechtfertigter Inanspruchnahme von Leistungen. Der verlängerte Versicherungsschutz konnte einen nicht unerheblichen Anreiz darstellen, das Arbeitsverhältnis ohne wichtigen Grund aufzugeben, und zwar insbesondere für ältere Arbeitnehmer, die auf Anraten des Arbeitgebers oder aus eigenem Entschluss aus dem Arbeitsleben ausschieden (vgl Bundesratsdrucksache 503/92 Nr. 27 zu § 110; BSG vom 4. September 2001 SozR 3-4100 § 119 Nr. 22).
Der Kläger hat das Ende seines Beschäftigungsverhältnisses - und damit den Eintritt seiner Arbeitslosigkeit - durch die Vereinbarung über die Auflösung zum 31. Mai 2004 um mindestens sieben Monate vorverlegt (wenn man von einer wirksamen Kündigung zum 31. Dezember 2004 ausgeht). Verlängert aber der Gesetzgeber für ältere Arbeitslose die Anspruchsdauer, weil bei älteren Arbeitnehmern das Risiko einer längeren Arbeitslosigkeit eher als bei jüngeren Arbeitnehmern besteht, so ist es gerechtfertigt, dass der Gesetzgeber gerade im Hinblick auf dieses erhöhte Risiko einer aktiven Beteiligung des Arbeitnehmers an der Herbeiführung des Versicherungsfalls verstärkt entgegenwirkt. Hinzu kommt vorliegend, dass die Kürzung um 240 Tage (etwa acht Monate) noch in der Größenordung des Zeitraumes liegt, um den der Kläger das Endes des Beschäftigungsverhältnisses - ausgehend von der Kündigung zum 31. Dezember 2004 - vorverlegt hat (mindestens sieben Monate).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtsmittelbelehrung:
Dieses Urteil kann mit der Berufung angefochten werden.
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