Landgericht Lüneburg
Beschl. v. 13.06.2002, Az.: 6 S 6/02
Bibliographie
- Gericht
- LG Lüneburg
- Datum
- 13.06.2002
- Aktenzeichen
- 6 S 6/02
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2002, 35181
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGLUENE:2002:0613.6S6.02.0A
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz:
Grundsätzlich braucht ein Mieter eine Frage des Vermieters nach einem bestehenden Arbeitsverhältnis oder dem Bezug von Sozialhilfe ebenso wenig wahrheitsgemäß zu beantworten, wie er nicht gehindert ist, entgegen besserer Kenntnis zu vereinbaren, dass die Miete nicht durch das Sozialamt geleistet wird. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn das berechtigte Interesse des Vermieters an einer regelmäßigen Mietzahlung aufgrund der Täuschung nicht gesichert ist (vgl. SoergelHeintzmann §§ 535, 536 Rn. 12).
Eine Täuschung über wirtschaftliche Verhältnisse stellt einen Kündigungsgrund dar, wenn sie sich zum Nachteil des Vermieters auswirkt, d. h. das Interesse des Vermieters an einer regelmäßigen und vollständigen Zahlung der Miete nicht gesichert ist (hier: Sozialamt leistet nur einen Teil der Miete; Mieter kann Rest nicht aus eigenem Einkommen aufbringen).
Tenor:
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird bis zum 02.06.2002 festgesetzt auf bis zu 3.500,00 €, ab dem 03.06.2002 auf bis zu 1.500,00 €.
Gründe
Nachdem die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war über die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 91 a ZPO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden. Dies führte zur Auferlegung der Kosten auf die Beklagten, da sie ohne den Eintritt des erledigenden Ereignisses in dem Rechtsstreit aller Voraussicht nach unterlegen wären.
Die Beklagten waren zur Räumung der gemieteten Wohnung verpflichtet, da durch die fristlose Kündigung der Kläger vom 02.07.2001 das Mietverhältnis beendet worden ist.
Die Kläger waren zur fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses gemäß § 554 a BGB a.F. berechtigt. Die Beklagten haben die Kläger bei Vertragsschluß über ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit getäuscht, indem sie vorspiegelten, dass sie zur Zahlung des Mietzinses nicht auf Wohngeld angewiesen seien.
Die Parteien haben bei Mietvertragsabschluß vereinbart, "Mietkostenübernahme durch das Sozialamt wird abgelehnt". Zwischen den Parteien bestand somit Einigkeit, dass Mietzahlungen nicht durch das Sozialamt erfolgen sollen. Konkludent haben die Beklagten mit dieser Vereinbarung auch bestätigt, dass sie finanziell in der Lage sind, die Miete selber zu zahlen, jedenfalls aber dafür zu sorgen, dass die Kläger hinsichtlich des Mietzinsanspruches befriedigt werden. Aufgrund der beschränkten finanziellen Verhältnisse der Beklagten, deren monatliches Gesamteinkommen zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nach den Feststellungen des Amtsgerichts 690,24 € (1.350, DM) betrug, stand bereits bei Vertragsschluß fest, dass sie ohne Wohngeld nicht in der Lage sein würden, die Miete zu zahlen. Wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat, war den Beklagten auch bereits bei Vertragsschluß bekannt, dass sie zur Zahlung des Mietzinses auf die Leistungen des Sozialamtes angewiesen sein würden. Über diesen Umstand haben die Beklagten die Kläger durch die Vereinbarung in der Anlage 1 des Mietvertrages bei Vertragsschluss getäuscht.
Diese Täuschung hat sich auch zum Nachteil der Kläger ausgewirkt, da das Interesse der Kläger an einer regelmäßigen vollständigen Mietzinszahlung nicht gesichert gewesen ist. Zwar braucht ein Mieter grundsätzlich eine Frage des Vermieters nach einem bestehenden Arbeitsverhältnis oder dem Bezug von Sozialhilfe ebenso wenig wahrheitsgemäß zu beantworten, wie er nicht gehindert ist, entgegen besserer Kenntnis zu vereinbaren, dass die Miete nicht durch das Sozialamt geleistet wird. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn das berechtigte Interesse des Vermieters an einer regelmäßigen Mietzahlung aufgrund der Täuschung nicht gesichert ist (vgl. SoergelHeintzmann §§ 535, 536 Rn. 12). Der Vermieter hat ein berechtigtes Interesse an wahrheitswidrigen Angaben in diesem Bereich nur insoweit, als es um die Frage geht, ob die Mietzahlung sichergestellt ist, nicht aber durch wen.
Vorliegend waren die Beklagten nicht berechtigt, den Kläger gegenüber falsche Angaben darüber zu machen, dass sie zur Zahlung der Miete auf Wohngeld angewiesen sind. Aufgrund der Größe der Wohnung stand von Anfang an fest, dass das Sozialamt nur eine Teilmiete leisten würde. Das Interesse der Kläger an der regelmäßigen (vollständigen) Mietzahlung war somit gerade nicht ausreichend gesichert. Das Sozialamt zahlte daher angesichts der Größe der Wohnung auch nicht die Gesamtmiete in Höhe von 409,03 € (800, DM), sondern in den Monaten Juni und Juli lediglich einen Teilbetrag in Höhe von monatlich 358,93 € (702, DM). Angesichts des Gesamteinkommens der Beklagten waren diese auch nicht in der Lage, die Differenz zu dem vereinbarten Mietzins aus eigener Tasche zu zahlen. Eine etwaige Leistungsfähigkeit behaupten die Beklagte mit der Berufungsbegründung auch nicht. Mit der Berufungsbegründung greifen die Beklagten lediglich die Feststellung des Amtsgericht an, dass es den Klägern um solvente Mieter gegangen sei. Dass die Beklagten entgegen den Ausführungen des Amtsgericht leistungsfähig gewesen sind, wird nicht vorgetragen.
Soweit die Beklagten sich erstinstanzlich darauf berufen haben, dass die Miete um 30% gemindert ist, ist dieser Vortrag unbeachtlich. Die Beklagten haben nicht vorgetragen, woraus sich ein Minderungsrecht ergeben sollte. Konkrete Mängel der Mietsache haben die Beklagten nicht benannt und solche sind auch nicht ersichtlich.
Da demnach die Berufung unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes keine Aussicht auf Erfolg gehabt hätte, entsprach es der Billigkeit, die Kosten des Verfahrens den Beklagten aufzuerlegen.
Lüneburg, 13.06.2002
Landgericht - 6. Zivilkammer