Landgericht Lüneburg
Urt. v. 02.07.2002, Az.: 6 S 70/02
Bibliographie
- Gericht
- LG Lüneburg
- Datum
- 02.07.2002
- Aktenzeichen
- 6 S 70/02
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2002, 35179
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGLUENE:2002:0702.6S70.02.0A
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz:
Grundsätzlich hat der Vermieter zu beweisen, dass die Feuchtigkeitserscheinungen, die zur Schimmelpilzbildung geführt haben, nicht aus seinem Verantwortungsbereich stammen, also nicht auf die Bausubstanz zurückzuführen sind.
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Soltau vom 02. Mai 2002 geändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagten werden verurteilt, an die Klägerin 3.670,95 € nebst 5 Prozentpunkte über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 06.12.2001 zu zahlen.
Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Klägerin hat Erfolg.
Die Beklagten sind verpflichtet, den von der Klägerin geltend gemachten Mietzins in Höhe von 455,00 DM für den Monat Januar 2001 und in Höhe von je 910,00 DM für die Monate Februar bis Juni 2001 an die Klägerin zu zahlen. Darüber hinaus sind die Beklagten verpflichtet, der Klägerin Schadensersatz für nicht durchgeführte Schönheitsreparaturen in Höhe von 2.174,75 DM zu leisten.
Die Beklagten waren weder zu einer fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses noch zu einer Minderung der Miete berechtigt.
Grundsätzlich sind umfangreiche Schimmelerscheinungen in einer Mietwohnung, wie sie hier festgestellt worden sind, ein Mangel. Dieser Mangel berechtigt jedoch dann nicht zur Minderung der Miete oder zur fristlosen Kündigung, wenn er auf das Wohnverhalten der Mieter zurückzuführen ist. Dies kann nach dem Ergebnis der in erster Instanz durchgeführten Beweisaufnahme entgegen der Auffassung des Amtsgerichts festgestellt werden.
Grundsätzlich hat der Vermieter nachzuweisen, dass die Feuchtigkeitserscheinungen, die zur Schimmelpilzbildung geführt haben, nicht aus seinem Verantwortungsbereich stammen, also nicht auf die Bausubstanz des Hauses zurückzuführen sind. Diesen Nachweis hat die Klägerin erbracht. Der in dem Beweissicherungsverfahren eingeschaltete Sachverständige Böttcher hat in seinem Gutachten vom 23.07.2001 die Feuchtigkeitserscheinungen im Einzelnen festgestellt und fotografisch festgehalten. Bei einigen der Stellen, an denen auf der Oberfläche Schimmelpilzerscheinungen zu sehen waren, hat er festgestellt, dass auch in größerer Tiefe Schimmelpilz vorhanden war. Aus der Tatsache, dass eine Pilzbildung in größerer Tiefe festgestellt werden konnte, lässt sich, wie der Sachverständige nachvollziehbar dargelegt hat, nicht notwendigerweise darauf schließen, dass diese Pilzbildung bereits vor dem Einzug der Beklagten vorhanden war (Bl. 25 seines Gutachtens). Allein auf Grund des Gutachtens des Sachverständigen Böttcher lässt sich daher nicht feststellen, ob die Ursache für die Bildung der Schimmelpilze auf die Bausubstanz oder auf das Wohnverhalten der Beklagten zurückzuführen ist.
Dagegen spricht auch nicht, dass an einer Stelle im Kinderzimmer im Obergeschoss hinter der von den Beklagten aufgebrachten Tapete eine frühere Pilzbildung festgestellt worden ist. Wann diese frühere Pilzbildung einmal dort aufgetreten war, ist nicht feststellbar. Möglicherweise ist sie darauf zurückzuführen, dass hier bereits in früheren Zeiten ein Möbelstück zu dicht an der Wand stand. Jedenfalls ist diese Stelle in der Zeit, in der die Beklagten in der Wohnung wohnten, nicht wieder nach außen auf der Tapete in Erscheinung getreten und hat somit die Brauchbarkeit der Wohnung nicht beeinträchtigt.
Die in erster Instanz durchgeführte Beweisaufnahme hat Umstände ergeben, anhand deren sich positiv feststellen lässt, dass die Bildung der in der Mietzeit der Beklagten aufgetretenen Schimmelpilze nicht auf die Bausubstanz, sondern auf das Wohnverhalten der Beklagten zurückzuführen ist. Dabei handelt es sich um folgende Umstände:
Die Beklagten hatten in erster Instanz behauptet, dass bereits bei dem Vormieter in erheblichem Umfang Schimmelpilzbefall in der Wohnung vorhanden war und diese deswegen ausgezogen sind. In der Beweisaufnahme hat dagegen der als Zeuge vernommene Vormieter, der Zeuge K. ausgesagt, dass er in der Zeit von Februar 1996 bis September 2000, in der er in der Wohnung gewohnt hat, keine Feuchtigkeitsprobleme hatte; lediglich am Anfang seien einige Feuchtigkeitsprobleme im Badezimmer aufgetreten, nach Abstreichen der Feuchträume im Sommer seien dann aber keine Probleme mehr vorhanden gewesen. An der Richtigkeit dieser Aussage hat das Amtsgericht keine Zweifel geäußert. Die Kammer hat keine Anhaltspunkte dafür, warum dem Zeugen nicht geglaubt werden sollte. Er hat keine Beziehung zu der Klägerin und würde, wenn er Feuchtigkeitsprobleme in der Mietwohnung gehabt hätte, dies mit Sicherheit gesagt haben. Auch die Beklagten haben keine Umstände aufzeigen können, warum der Zeuge falsche Angaben gemacht haben sollte. Damit ist davon auszugehen, dass bis zum Einzug der Beklagten im Oktober 2000 die Wohnung trocken war. So ist auch die im selben Haus gelegene Wohnung der Klägerin trocken und hat keine Feuchtigkeitsprobleme. Auch die Zeugin E. war vor dem Einzug der Beklagten in dem Objekt. Nach ihrer Aussage war dort alles in Ordnung, sie wäre selbst gerne dort eingezogen. Feuchtigkeitserscheinungen seien nicht zu sehen gewesen. Diese Aussage stimmt mit den Angaben des Zeugen K. überein und belegt, dass vor dem Einzug der Beklagten die Wohnung nicht mit Feuchtigkeit und Schimmel belastet war.
Die von dem Beklagten als Mieter bewohnte Wohnung ist inzwischen seit Sommer 2001 wieder bewohnt, nachdem die Wohnung renoviert worden ist. Der Sachverständige Professor Dr. Ing. M. hat in seinem Gutachten vom 20.03.2002 festgestellt, dass in der Wohnung - bis auf eine Außenwandecke im Badezimmer - kein Schimmelbefall festzustellen war. Dabei hat er diejenigen Stellen, an denen der Sachverständige B. erheblichen Schimmelbefall festgestellt hatte, untersucht. Zwar hat er sich die Wohnung nur auf der Oberfläche angesehen. Das aber war ausreichend. Wäre die Wohnung durch die Bausubstanz schimmelgefährdet, so hätte sich bei den Nachmietern, insbesondere nachdem inzwischen ein Herbst und Winter vergangen ist, ein ähnlicher Schimmelbefall zeigen müssen wie bei den Beklagten. Dies war jedoch nicht der Fall. Dass etwa die Bausubstanz verändert worden sei, wird auch von den Beklagten nicht behauptet. Damit aber bleibt lediglich der Schluss, dass der bereits wenige Wochen nach Einzug der Beklagten in der Wohnung beginnende Schimmelbefall, der sich im Laufe der folgenden Monate verstärkte, auf ein fehlerhaftes Wohnverhalten der Beklagten zurückzuführen ist. Dies steht auch nicht im Widerspruch zu etwaigen Zeugenaussagen. Die als Zeugen vernommenen Nachbarn wollen festgestellt haben, dass die Beklagten nur sehr wenig gelüftet haben. Gegenüber solchen Zeugenaussagen sind naturgemäß erhebliche Vorbehalte angebracht. Im vorliegenden Fall werden sie aber durch die objektiven Feststellungen über den Zustand der Wohnung vor dem Mietbeginn einerseits und nach Auszug der Beklagten andererseits bestätigt.
Damit konnten die Beklagten lediglich eine ordentliche Kündigung aussprechen. Sie haben die Wohnung gleichwohl aber nicht zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist, sondern erst zu Ende Juni 2001 zurückgegeben, so dass sie über den Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist hinaus Nutzungsentschädigung in Höhe der bisherigen Miete an die Klägerin zu zahlen haben.
Die Beklagten haben der Klägerin als Schadensersatz die Kosten der Schönheitsreparatur zu ersetzen. Angesichts des von den Beklagten herbeigeführten Zustandes der Wohnung war hier vor Ablauf der üblichen Fristen eine Renovierung der Wohnung erforderlich. Die Beklagten haben die Renovierung endgültig verweigert, wie sich aus ihrem Verhalten nach Kündigung ergibt. Sie haben über ihre Prozessbevollmächtigte ausdrücklich eine Renovierung abgelehnt. Auch in dem laufenden Prozess haben sie sich auf den Standpunkt gestellt, zur Renovierung nicht verpflichtet zu sein. Unter diesen Umständen bedurfte es keiner weiteren Fristsetzung.
Die geltend gemachten Kosten sind der Höhe nach berechtigt. Soweit es um die Materialkosten geht, werden konkrete Einwendungen seitens der Beklagten nicht erhoben. Bedenken könnten allenfalls wegen der angesetzten Stundenzahl bestehen. Die Klägerin setzt hierfür 72 Stunden á 20,00 DM an. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang jedoch nicht die Stundenzahl. Schadensersatz ist in der Höhe zu leisten, in der Aufwendungen erforderlich wären, wenn die Klägerin durch eine Fremdfirma die Arbeiten vornehmen ließe. Wäre eine Fremdfirma eingeschaltet worden, so hätte diese die erforderlichen Arbeiten wahrscheinlich in einer deutlich geringeren Zeit als 72 Arbeitsstunden durchführen können, hätte für die Arbeitsstunde aber einen um das Mehrfache höheren Stundensatz berechnet. Für die erforderlichen Arbeiten wären an Arbeitslohn in jedem Fall 1.440,00 DM, wie von der Klägerin berechnet, entstanden.
Die zugesprochenen Verzugszinsen beruhen auf § 288 BGB.
Als unterliegende Partei haben die Beklagten die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 91 ZPO zu tragen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf einer analogen Anwendung von § 708 Nr. 10 ZPO. Gründe für die Zulassung einer Revision liegen nicht vor.