Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 11.06.2014, Az.: L 13 AS 334/11

Bestimmtheit von Aufhebungs- und Erstattungsbescheiden im sozialrechtlichen Verwaltungsverfahren; Abgrenzung zwischen Unbestimmtheit und offenbarer Unrichtigkeit des Verfügungssatzes; Abgrenzung zwischen Aufhebung und Rücknahme eines Verwaltungsakts; Bestimmtheit von Verwaltungsakten; Aufhebungs- und Erstattungsbescheid bei überzahlten Grundsicherungsleistungen; Abgrenzung zwischen offensichtlicher Unrichtigkeit und fehlender Bestimmtheit des Bescheides

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
11.06.2014
Aktenzeichen
L 13 AS 334/11
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2014, 21799
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LSGNIHB:2014:0611.L13AS334.11.0A

Verfahrensgang

nachfolgend
BSG - 14.01.2015 - AZ: B 4 AS 232/14 B

Fundstelle

  • NZS 2014, 753

Redaktioneller Leitsatz

1. Ein Aufhebungs- und Erstattungsbescheid bezogen auf überzahlte Grundsicherungsleistungen ist im Einzelfall, soweit er bei einer in den Entscheidungsgründen aufgelisteten und drucktechnisch hervorgehobenen Gesamtforderung i.H.v. 4.040,53 € im Verfügungssatz den Passus enthält, es erfolge eine Aufhebung in Höhe von 100,00 €, deswegen nicht unbestimmt i.S.v. § 33 SGB X.

2. Vielmehr weist er in dem entschiedenen Einzelfall eine offensichtliche Unrichtigkeit i.S.d. § 38 SGB X auf, die jederzeit beseitigt werden kann.

Tenor:

Das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 11. Oktober 2011 wird aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten der Beteiligten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die 2006 und 2008 geborenen Kläger wenden sich gegen einen Rückforderungsbescheid der Rechtsvorgängerin des Beklagten, mit welchem von ihnen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch (SGB), Zweites Buch (II) - Grundsicherung für Arbeitsuchende - für den Zeitraum vom 1. Februar 2008 bis zum 31. Januar 2010 teilweise mit der Begründung zurückgefordert werden, der Vater der Kläger habe für sie Kindergeld erhalten, welches bei der Leistungsberechnung nicht berücksichtigt worden und von ihm verschwiegen worden sei, bzw. es sei höheres Kindergeld gezahlt worden, als bei der Leistungsberechnung berücksichtigt worden sei.

Die Kläger erhielten in Bedarfsgemeinschaft mit ihren Eltern fortlaufend Leistungen nach dem SGB II. Nach einer im Dezember 2009 vorliegenden Auskunft hatten die Mitarbeiter der Rechtsvorgängerin des Beklagten erfahren, dass die Eltern der Kläger für die Klägerin zu 1. Kindergeld erhalten hatten, nämlich am 23. Juli 2009 der Vater der Kläger für den Zeitraum von August 2006 bis November 2007, sowie für an November 2007 anschließende Zeiträume fortlaufend - aufgrund eines Bewilligungsbescheides vom 6. Februar 2008 - die Mutter der Kläger.

Die Eltern der Kläger, die zu keiner Zeit den Bezug von Kindergeld für die Klägerin zu 1. in den Leistungsanträgen angegeben haben, und die Klägerin zu 1. erhielten gemäß Änderungsbescheid vom 1. Februar 2008 laufende Leistungen zunächst in einem Bewilligungszeitraum vom 1. Dezember 2007 bis zum 31. Mai 2008, weitere Bewilligungsbescheide schlossen sich an.

Mit Schreiben vom 28. Dezember 2009 hörte die Rechtsvorgängerin des Beklagten den Vater der Kläger zu einer beabsichtigten Rückforderung in Höhe von 4.040,53 EUR mit der Begründung an, aufgrund des Kindergeldbezuges für die Klägerin zu 1. sei er nicht in bisher festgestellter und bewilligter Höhe hilfebedürftig gewesen. Er sei nach § 60 Sozialgesetzbuch (SGB), Erstes Buch (I) - Allgemeiner Teil - verpflichtet gewesen, alle Änderungen in den Verhältnissen mitzuteilen, und sei dieser Verpflichtung zumindest grob fahrlässig nicht nachgekommen. Außerdem habe er Einkommen oder Vermögen erzielt, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt hätte, und unabhängig davon habe er auch gewusst bzw. hätte wissen müssen, dass der zuerkannte Anspruch zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen sei. Als Rechtsgrundlagen wurden insoweit jeweils die Bestimmungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 - 4 Sozialgesetzbuch (SGB), Zehntes Buch (X) - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - genannt.

Mit dem hier angefochtenen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 20. Januar 2010 forderte die Rechtsvorgängerin des Beklagten von den Klägern in einem an ihren Vater gerichteten Schreiben Beträge nach folgender Maßgabe zurück: Die Entscheidungen vom 1. Februar 2008, 27. Mai 2008, 12. Januar 2009, 26. Mai 2009, 7. Juni 2009, 18. November 2009 und 15. Dezember 2009 wurden in Bezug auf den Leistungszeitraum vom 1. Dezember 2007 bis zum 1. Januar 2010 für die Kläger teilweise "in Höhe von 100,00 EUR" aufgehoben. Genannt waren jeweils die letzten, aktuellsten Änderungsbescheide, während die vorausgegangenen Bewilligungsbescheide im Bescheid vom 20. Januar 2010 keine Erwähnung fanden. Anschließend wurde die Rückforderung nach Monaten und Personen im Einzelnen aufgegliedert, wobei diese Aufstellung mit dem fettgedruckten Satz endet: "Es ergibt sich somit eine Gesamtforderung in Höhe von: 4.040,53 EUR". Der Bescheid ergehe an den Vater der Kläger als gesetzlichen Vertreter seiner Kinder. Zur Begründung ist ausgeführt, während des genannten Zeitraums habe er Kindergeld für die Klägerin zu 1. erhalten, zuvor sei dies nicht mit berücksichtigt worden.

Die Kläger legten - vertreten durch ihre Prozessbevollmächtigten - Widerspruch mit der Begründung ein, den Mitarbeitern der Rechtsvorgängerin des Beklagten sei bekannt gewesen, dass Kindergeld bezogen werde, und zudem dürfe sich die Aufhebung nach § 45 SGB X richten, wobei Vertrauensschutzgesichtspunkte zu berücksichtigen seien.

Mit Widerspruchsbescheid vom 23. September 2010 wies die Rechtsvorgängerin des Beklagten den Widerspruch teilweise als unbegründet zurück und führte aus: Es sei in den im Aufhebungs- und Erstattungsbescheid aufgeführten Bescheiden kein Kindergeld für die Klägerin zu 1. im Zeitraum vom 1. Dezember 2007 bis Januar 2010 sowie für den Kläger zu 2. im Januar 2010 nur Kindergeld in Höhe von 164,00 EUR, statt 184,00 EUR berücksichtigt worden. Eine Rückforderung für den Zeitraum Dezember 2007 bis Januar 2008 werde nicht mehr geltend gemacht, im Zeitraum vom 1. Februar 2008 bis 31. Januar 2010 seien Leistungen indes in übergesetzlicher Höhe erbracht worden. Für den Zeitraum bis zum 31. Mai 2008 gelte § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X als Rechtsgrundlage, da der Bescheid "vor dem Bekanntwerden der Kindergeldbewilligung" ergangen sei. Anschließend gelte § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift seien erfüllt, da der Vater der Kläger Einkommen aus Kindergeld für die Kläger erzielt habe, das in den teilweise aufgehobenen Bescheiden jedoch nicht berücksichtigt worden sei. Dies habe er erkennen können. Eine Anhörung sei am 28. Dezember 2009 erfolgt, die ohne rechtlichen Grund bezogenen Leistungen in Höhe von insgesamt 3.866,00 EUR seien gemäß § 40 SGB II in Verbindung mit § 50 SGB X zu erstatten.

Die Kläger haben am 4. Oktober 2010 Klage erhoben. Zur Begründung haben sie sich darauf berufen, der Beklagte habe die Leistungen im Ausgangsbescheid in Höhe von 100,00 EUR aufgehoben. Eine über den Betrag von 100,00 EUR hinaus gehende Erstattungsverfügung sei mangels Vorliegens einer vorausgegangenen wirksamen Aufhebung rechtswidrig. Im Übrigen richte sich die Aufhebung entgegen der Auffassung des Beklagten nach § 45 SGB X und nicht nach § 48 SGB X, wobei die Aufhebung an § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X scheitern dürfte. Die entscheidende Frage könne nur sein, ob die Kläger hätten wissen müssen, dass Kindergeld auf die Leistungen nach dem SGB II angerechnet wird, und ob sie eine Pflicht zur umfassenden Kontrolle der Bescheide gehabt hätten. Diese Frage sei zu verneinen. Es sei von einem Leistungsempfänger nicht zu erwarten, jegliche gesetzliche Regelung zu kennen. Auch eine umfassende Bescheidprüfung sei nicht zu erwarten, da dies aufgrund der Komplexität und Unübersichtlichkeit der Bescheide teilweise nicht mal mehr juristisch geschulten Menschen gelänge. Der Leistungsempfänger dürfe sich vielmehr auf die Tätigkeit der Behörde und eine richtige Leistungsberechnung verlassen.

Der Beklagte ist der Klage entgegen getreten und hält die angefochtenen Bescheide für rechtsfehlerfrei. Mit Bescheid vom 20. Januar 2010 seien Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 4.040,53 EUR zurückgefordert worden. Mit Widerspruchsbescheid vom 23. September 2010 sei die Rückforderung für Dezember 2007 und Januar 2008 nicht mehr aufrechterhalten worden und die Rückforderung auf einen Betrag von 3.866,00 EUR abgesenkt worden. Die Rückforderungssumme sei rechnerisch korrekt und werde in der Höhe auch nicht von der Klägerseite angezweifelt. Auch nach § 45 SGB X bestehe ein Vertrauensschutz nicht, da den Klägern aufgrund einer Parallelwertung in der Laiensphäre habe bewusst sein müssen, dass Kindergeld nicht neben den Leistungen nach dem SGB II bewilligt werde, sondern anzurechnen sei.

In der mündlichen Verhandlung vom 19. Oktober 2011 hat die Kammervorsitzende des Sozialgerichts (SG) Oldenburg die Beteiligten darauf hingewiesen, der angefochtene Bescheid vom 20. Januar 2010 sei ihrer Auffassung zufolge nicht mit dem Bestimmtheitsgrundsatz des § 33 SGB X vereinbar, da zum einen nur eine teilweise Aufhebung in Höhe von 100,00 EUR im Tenor erfolgt sei und zum anderen eine Gesamtsumme von 4.040,53 EUR zurückgefordert werde. Darüber hinaus befänden sich in den Verwaltungsvorgängen noch etliche weitere, nicht im Tenor benannte Bescheide, die den streitgegenständlichen Zeitraum regelten.

Anschließend hat das SG Oldenburg durch Urteil vom 19. Oktober 2011 den Bescheid vom 20. Januar 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. September 2010 mit der Begründung fehlender Bestimmtheit aus den in der mündlichen Verhandlung genannten Gründen aufgehoben. Eine Heilung des Bestimmtheitsmangels komme nach § 41 SGB X ebenfalls nicht in Betracht, denn es liege kein Formfehler vor, sondern ein materieller Fehler.

Gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 7. November 2011 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 5. Dezember 2011 Berufung eingelegt. Diese begründet er damit, nach einer Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 29. November 2012 zum Az. B 14 AS 196/11 R sei die erstinstanzliche Begründung nicht haltbar, denn die unterbliebene Aufhebung "der Änderungsbescheide" habe nicht zur Folge, dass der genannte Aufhebungsbescheid insgesamt wegen mangelnder Bestimmtheit aufzuheben sei. Im Erstattungsbescheid vom 20. Januar 2010 seien diejenigen Änderungsbescheide bezeichnet, welche für den Erstattungszeitraum die jeweils zeitlich letzte Bewilligungsverfügung darstellten. Nach dem Urteil verlange das Bestimmtheitserfordernis, dass der Verfügungssatz eines Verwaltungsakts nach seinem Regelungsgehalt widerspruchsfrei sei und dem Betroffenen bei Zugrundelegung der Erkenntnismöglichkeiten eines verständigen Empfängers in die Lage versetzen müsse, sein Verhalten daran auszurichten. Es komme daher darauf an, dass aus der Gesamtschau erkennbar sein müsse, was die Behörde von dem Empfänger überhaupt wolle. Dabei müssten die Grundprinzipien der Rechtsklarheit und der Rechtssicherheit gewahrt sein. Im Zusammenhang könnten die Kläger aus dem Bescheid vom 20. Januar 2010 die Erstattungszeiträume und die jeweils geforderten Summen erkennen. Unterstützt werde diese Erkenntnis durch die Gesamtschau mit dem Widerspruchsbescheid vom 23. September 2010. Die entgegenstehende, rein formelle Ansicht sei nicht haltbar.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 19. Oktober 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie meinen, es komme gerade auf den Verfügungssatz eines Verwaltungssatzes an, der vorliegend nicht widerspruchsfrei sei, wie das Sozialgericht im angefochtenen Urteil unter Darstellung der Zweideutigkeit ausgeführt habe. So würden die Entscheidungen für den Zeitraum vom 1. Dezember 2007 bis zum 1. Januar 2010 für die Kläger lediglich teilweise in Höhe von 100,00 EUR aufgehoben, auf Seite 3 des Bescheides heiße es sodann nach Aufschlüsselung der einzelnen Erstattungszeiträume, dass sich eine Gesamtforderung in Höhe von 4.040,53 EUR ergäbe. Wo insoweit eine Widerspruchsfreiheit des Verfügungssatzes erkennbar sein solle, erschließe sich nicht. Zudem werde im Verfügungssatz der Bescheid vom 29. Oktober 2008 nicht genannt, der den Zeitraum von Dezember 2008 bis Mai 2009 regele. Dieser Bescheid sei demnach bisher nicht aufgehoben worden und die Erstattungsforderung für diesen Zeitraum sei auch aus diesem Grunde rechtswidrig.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen, die dem Gericht vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) eingelegte Berufung ist zulässig (§ 143 SGG) und begründet. Der Bescheid der Rechtsvorgängerin des Beklagten vom 20. Januar 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. September 2010 ist entgegen der im Urteil vom 19. Oktober 2011 vertretenen Auffassung des SG Oldenburg rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten.

Auf Beklagtenseite ist das Jobcenter als gemeinsame Einrichtung i. S. des § 44 b Abs. 1 Satz 1 SGB II, die mit Wirkung vom 1. Januar 2011 kraft Gesetzes entstanden ist, als Rechtsnachfolger kraft Gesetzes an die Stelle der bisher beklagten Arbeitsgemeinschaft getreten; das Passivrubrum war dementsprechend von Amts wegen zu berichtigen (vgl. BSG, Urteile vom 24. Februar 2011 - B 14 AS 45/09 R - juris Rdn. 12, sowie vom 18. Januar 2011 - B 4 AS 99/10 R - SozR 4-4200 § 37 Nr. 5 - juris Rdn. 11).

Die Kläger, die nicht unter die Ausschlusskriterien des § 7 Abs. 1 Satz 2, 3 SGB II fallen, erfüllten als Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft ihrer Eltern (§ 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II) im streitgegenständlichen Zeitraum die Leistungsvoraussetzungen; insbesondere waren sie hilfebedürftig i. S. den § 9 Abs. 1 SGB II. Berechnungsfehler hinsichtlich der zunächst gewährten Leistungen der der Rechtsvorgängerin des Beklagten sind nicht ersichtlich und von den Klägern auch nicht geltend gemacht worden, so dass der Senat aus materiell-rechtlichen Gründen - unter Berücksichtigung des Umstands, dass eine Begrenzung des Streitgegenstandes nach der ständigen Rechtsprechung des BSG hier, wie auch sonst regelmäßig, nicht gegeben ist - die nachfolgende Betrachtung auf die geltend gemachte Frage der Rechtmäßigkeit der Teilaufhebung und Rückforderung überzahlten Kindergeldes, mit Blick insbesondere auf die Frage ausreichender Bestimmtheit und die Auslegung des angefochtenen Bescheides, beschränkt.

1. Der angefochtene Bescheid der Rechtsvorgängerin des Beklagten vom 20. Januar 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. September 2010 erweist sich als ausreichend bestimmt.

In Bezug auf die Frage der Bestimmtheit eines Bescheides folgt der Senat auch weiterhin der Rechtsprechung des BSG und nimmt diese, sowie seine eigene ständige Rechtsprechung, in Bezug (Nachweise im Senatsurteil vom 28. August 2013 - L 13 AS 188/11 - juris Rdn. 20). Hiernach verlangt das Bestimmtheitserfordernis, dass der Verfügungssatz eines Verwaltungsaktes nach seinem Regelungsgehalt in sich widerspruchsfrei ist und den Betroffenen bei Zugrundelegung der Erkenntnismöglichkeiten eines verständigen Empfängers in die Lage versetzen muss, sein Verhalten daran auszurichten. Für den Beteiligten muss sich vollständig, klar und unzweideutig ergeben, was die Behörde will. Unschädlich ist es hierbei, wenn zur Auslegung des Verfügungssatzes auf die Begründung des Verwaltungsakts, auf früher zwischen den Beteiligten vergangene Verwaltungsakte oder auf allgemein zugängliche Unterlagen zurückgegriffen werden muss. Nach diesen Maßstäben ist eine Benennung des Datums des Ausgangsbescheides, eine Individualisierung der betroffenen Personen oder auch eine Aufgliederung nach Monaten nicht weitergehend geboten, als dies zur Vermeidung von Beseitigung etwaiger Unklarheiten dient.

a) Zunächst ist der Bescheid der Rechtsvorgängerin des Beklagten vom 20. Januar 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. September 2010 nicht deswegen unbestimmt, weil nach dem Wort "teilweise" die Passage "in Höhe von 100,00 EUR" in der Tenorierung des Ausgangsbescheides enthalten ist, denn hierbei handelt es sich um eine offensichtliche Unrichtigkeit (§ 38 SGB X), die jederzeit beseitigt werden kann. Aus dem Gesamtzusammenhang bereits des Ausgangsbescheides ergibt sich der keineswegs auf 100,00 EUR beschränkte Rückforderungsbetrag in hinreichender Klarheit und Deutlichkeit, und es wird für jeden verständigen Leser deutlich, dass es sich bei dem Einschub "in Höhe von 100,00 EUR" nur um ein behördliches Versehen handeln konnte. Dies folgt aus der dortigen umfangreichen Aufstellung, die in Übereinstimmung mit dem vorausgegangenen Anhörungsschreiben steht - das ebenfalls keine Begrenzung der beabsichtigten Rückforderung auf 100,00 EUR beinhaltet hatte - und die mit dem fettgedruckten Satz endet: "Es ergibt sich somit eine Gesamtforderung in Höhe von: 4.040,53 EUR". Zudem ist der Rückforderungsbescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides maßgeblich (statt aller BSG, Urteil vom 18. Februar 2010 - B 14 AS 76/08 R - Rdn. 13), wobei der Inhalt des Widerspruchsbescheides nochmals deutlich macht, dass eine Begrenzung der Forderung auf 100,00 EUR von der Rechtsvorgängerin des Beklagten nicht beabsichtigt war.

Bei dem Einschub "in Höhe von 100,00 EUR" handelt es sich folglich um eine jederzeit zu berichtigende offensichtliche Unrichtigkeit i. S. des § 38 Satz 1 SGB X, nach dessen Streichung ein eindeutiger und in sich verständlicher Tenor des Ausgangsbescheides erhalten bleibt, wonach die den Klägern gewährten Leistungen in den genannten Zeiträumen unter Aufhebung der genannten Bescheide teilweise aufgehoben werden, und dies in einer Höhe, die sich in eindeutiger Weise aus den Gründen des Bescheides ergibt (vgl. zu den maßgeblichen Kriterien BSG, Urteil vom 10. September 2013 - B 4 AS 89/12 R - juris Rdn. 15 ff.; BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 - B 4 AS 30/09 R - juris Rdn. 16; mit Verweis auf BSG, Urteil vom 15. Mai 2002 - B 6 KA 25/01 R - juris Rdn. 22, wonach es unschädlich ist, wenn der Betroffene den Regelungsgehalt ggf. erst durch Auslegung - etwa unter Zuhilfenahme der Begründung oder anderer auf der Hand liegender Umstände des Einzelfalls - ermitteln muss).

b) Auch ist der Bescheid nicht wegen fehlender oder nicht ausreichender Benennung der Daten der aufgehobenen Bewilligungsbescheide unbestimmt. Im Aufhebungsbescheid vom 20. Januar 2010 sind die jeweils letzten Bescheide für alle Bewilligungszeiträume im Wesentlichen korrekt bezeichnet worden. Lediglich tragen die Bescheide vom "18. November und 15. Dezember 2009" in den Verwaltungsakten die Daten vom 17. November 2009 bzw. vom 14. Dezember 2009 mit Absendevermerk vom 15. Dezember 2009, gleichwohl bleibt vollständige Klarheit darüber bestehen, welche Regelung die Rechtsvorgängerin des Beklagten treffen wollte und welche Bescheide gemeint sind. So hat nach der Rechtsprechung des BSG die Tatsache etwa, dass ein Beklagter im Aufhebungsverwaltungsakt einen Bewilligungsbescheid statt mit "10.10.2006" mit "11.10.2006" bezeichnet, nicht zur Folge, dass der Verwaltungsakt insgesamt wegen mangelnder Bestimmtheit rechtswidrig ist. Es handelt sich bei der fehlerhaften Datumsangabe in solchen Fällen - wie sich aus dem Gesamtzusammenhang ergibt - um eine offensichtliche Unrichtigkeit nach § 38 SGB X, die jederzeit beseitigt werden kann. Im Übrigen ist auch die Aufzählung der Daten sämtlicher Bescheide, sofern eine Vielzahl von Bescheiden aufgehoben werden soll, regelmäßig keine Frage der Bestimmtheit, sondern eine unterbliebene Aufhebung einzelner Bescheide wirkt sich regelmäßig lediglich auf die Frage der Rechtmäßigkeit der Erstattungsforderung aus (BSG, Urteil vom 29. November 2012 - B 14 AS 196/11 R - juris Rdn. 18).

Auch im Übrigen ist der angefochtene Bescheid, der u. a. die maßgeblichen Rückforderungsbeträge nach Monaten differenziert und benennt, nicht unbestimmt.

2. Nachdem eine Rückforderung für den Zeitraum Dezember 2007 bis Januar 2008 nicht mehr geltend gemacht worden ist, verbleibt für die Anwendung des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 - 4 SGB X als Rechtsgrundlage der Zeitraum vom 1. Februar 2008 bis zum 31. Mai 2008, da insoweit nach dem Erlass des Leistungsbescheides vom 1. Februar 2008 - ergangen in Bezug auf den am 31. Mai 2008 endenden Bewilligungszeitraum - eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse eingetreten ist, indem die fortlaufenden Kindergeldzahlungen seitens der Kindergeldkasse aufgrund des an die Mutter der Kläger gerichteten Bescheides vom 6. Februar 2008 aufgenommen worden waren. Für diesen Zeitraum greift die Bestimmung auch in allen drei im Anhörungsschreiben genannten Varianten, da in Änderung der tatsächlichen Verhältnisse Einkommen in Form von Kindergeld erzielt worden ist (Nr. 3), dessen Mitteilung entgegen einer gesetzlichen Pflicht grob fahrlässig unterblieben ist (Nr. 2) und der teilweise Wegfall des Leistungsanspruchs dem Vater der Kläger - dessen Verhalten, als ihr gesetzlicher Vertreter, diese sich zurechnen lassen müssen - aufgrund besonders schweren Sorgfaltsverstoßes verborgen geblieben ist; wegen der Einzelheiten wird auf die nachfolgenden Ausführungen zu den inhaltsgleichen Bestimmungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2, 3 SGB X verwiesen.

In Abgrenzung zu § 48 SGB X findet die Vorschrift des § 45 SGB X Anwendung, wenn der Verwaltungsakt bereits zum Zeitpunkt seines Erlasses rechtswidrig war und deswegen geändert werden soll. Nach § 48 SGB X ist demgegenüber ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Diese beiden Normen grenzen sich nach den objektiven Verhältnissen im Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsaktes, der aufgehoben werden soll, ab.

Für den Zeitraum bis zum 31. Mai 2008 gilt - wie vorstehend dargelegt - aufgrund einer Änderung der tatsächlichen Verhältnisse nach Erlass des Bescheides vom 1. Februar 2008 (durch die nachfolgende fortlaufende Kindergeldbewilligung) somit die Vorschrift des § 48 SGB X, wohingegen es nicht maßgeblich ist, dass der Bescheid "vor dem Bekanntwerden der Kindergeldbewilligung" ergangen ist, denn insoweit sind die objektiven, tatsächlichen Verhältnisse für die Abgrenzung zwischen den §§ 45, 48 SGB X entscheidend und nicht eine ggf. unvollständige Aufklärung seitens der Behörde (näher BSG, Urteil vom 29. November 2012 - B 14 AS 6/12 R - juris Rdn. 17 sowie Urteil vom 28. März 2013 - B 4 AS 59/12 - juris Rdn. 17, m. w. Nachw.).

Auch die in Bezug auf die nachfolgenden Zeiträume ergangenen Aufhebungs- und Rückforderungsbescheide sind rechtmäßig, denn insoweit liegen die maßgeblichen Aufhebungsvoraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2, 3 SGB X vor. Bei alledem stünde einer Rücknahme nach § 45 SGB X nicht schon entgegen, wenn die Rechtsvorgängerin des Beklagten den Ausgangsbescheid zunächst auf § 48 SGB X gestützt hatte, denn da die Rücknahme nur mit einer anderen Rechtsgrundlage begründet wird, sind die Voraussetzungen einer Umdeutung nach § 43 SGB X hier nicht zu prüfen (BSG, Urteil vom 28. März 2013, aaO., m. w. Nachw.); indes ist die Aufhebung bereits gemäß den Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 23. September 2010 seitens der Rechtsvorgängerin des Beklagten auf § 45 SGB X gestützt worden.

Richtige Rechtsgrundlage für die Aufhebung für die Zeit ab dem 1. Juni 2008 ist § 40 SGB II, § 330 Abs. 2 SGB III i. V. mit § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X. Hiernach ist ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), soweit er rechtswidrig ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit zwingender Rechtsfolge auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dem Vater der Kläger als dem Adressaten des Bescheides (gleiches gilt für ihre Mutter), dessen Handeln sich diese zurechnen lassen müssen (vgl. § 278 BGB), ist grob fahrlässiges Verhalten im Sinne von § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2, 3 SGB X vorzuwerfen. Er hätte nämlich einerseits erkennen können und müssen, dass die Erzielung von Kindergeldeinkommen bei der Beantragung von Leistungen nach dem SGB II angegeben werden musste - die rechtliche Subsumtion hätte er den Mitarbeitern der Rechtsvorgängerin des Beklagten überlassen können - und andererseits schon bei grober Durchsicht der den Bewilligungsbescheiden beigefügten Berechnungsbögen erkennen können und müssen, dass der Bedarfsgemeinschaft - obwohl tatsächlich Kindergeld zufloss - ein solcher Einkommenszufluss nicht angerechnet worden war.

Da einen Leistungsempfänger nach dem SGB II auf jeden Fall die Obliegenheit trifft, den Bewilligungsbescheid (und die Berechnungsbögen) zu lesen und zur Kenntnis zu nehmen, haben die Eltern der Kläger infolge grober Fahrlässigkeit insoweit die Rechtswidrigkeit der bewilligenden Verwaltungsakte nicht erkannt (vgl. dazu Urteile des Senats vom 22. Juni 2011 - L 13 AS 175/07 - sowie vom 8. September 2010 - L 13 AS 237/08 - unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 8. Februar 2001 - B 11 AL 21/00 R - in: FEVS 52, 442). Soweit die Kläger in diesem Zusammenhang geltend gemacht haben, derartige Kenntnis der Rechtsgrundlagen könne von ihren Eltern nicht verlangt werden, so führt dies nicht zu einer anderen Bewertung. Denn eine rechtliche Subsumtion hinsichtlich eines Einkommenszuflusses wird insoweit gar nicht gefordert; vielmehr sind lediglich die erforderlichen Tatsachen angeben (vgl. dazu BSG, Urteil vom 18. Februar 2010 - B 14 AS 76/08 R - Rdn. 20), hier also vollständig und korrekt die erzielten Einkünfte einschließlich des Kindergeldes. Die Bescheide, mit welchen die Zeiträume mit Wirkung ab dem 1. Dezember 2008 geregelt worden sind, haben zudem jeweils eine Spalte für "Kindergeldeinkommen", woraus sich auch ergibt, dass für den Kläger zu 2. - nicht aber für die Klägerin zu 1. - Kindergeld angesetzt worden ist.

Der angefochtene Bescheid trifft die Regelung einer Teilaufhebung, so dass auch die Vorschrift des § 40 Abs. 2 SGB II in der zur Zeit des Leistungsfalles geltenden Falles keine Anwendung findet.

3. Auch die Anhörung (§ 24 SGB X) ist schließlich in ausreichender Weise erfolgt.

Mit Schreiben vom 28. Dezember 2009 hörte die Rechtsvorgängerin des Beklagten den Vater der Kläger zu einer beabsichtigten Rückforderung in Höhe von 4.040,53 EUR mit der Begründung an, aufgrund des Kindergeldbezuges für die Klägerin zu 1. sei er nicht in bisher festgestellter und bewilligter Höhe hilfebedürftig gewesen. Er sei nach § 60 SGB I verpflichtet gewesen, alle Änderungen in den Verhältnissen mitzuteilen, und sei dieser Verpflichtung zumindest grob fahrlässig nicht nachgekommen. Außerdem habe er Einkommen oder Vermögen erzielt, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt hätte, und unabhängig davon habe er auch gewusst bzw. hätte wissen müssen, dass der zuerkannter Anspruch zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen sei. Als Rechtsgrundlagen wurden insoweit zwar jeweils die Bestimmungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 - 4 SGB X genannt, jedoch sind die maßgeblichen Tatsachen - insbesondere auch der Vorwurf grob fahrlässigen Unterlassens einer Mitteilung von Änderungen in den Verhältnissen - benannt worden, und die die Kläger insoweit gesetzlich vertretenden Eltern hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

Nach § 24 Abs. 1 SGB X ist, bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Erhebliche Tatsachen sind alle Tatsachen, auf die die Behörde den Verfügungssatz des Bescheides zumindest auch gestützt hat oder auf die es nach ihrer materiell-rechtlichen Ansicht objektiv ankommt. Erhebliche Tatsachen im Sinne des § 24 Abs. 1 SGB X sind somit nicht nur die Tatsachen, die die Rechtswidrigkeit des Ausgangsbescheides ergeben, sondern auch diejenigen, die die besonderen Rücknahmevoraussetzungen beschreiben, wie etwa die Gründe für die Annahme grober Fahrlässigkeit (vgl. etwa BSG, Urteil vom 20. Dezember 2012 - B 10 LW 2/11 R -, juris Rdn. 35, m. w. Nachw.). Zu diesen Tatsachen aber hat die Rechtsvorgängerin der Beklagten den Vater des Klägers angehört. Die Anhörung erfolgt bei alledem zu den zugrunde zu legenden Tatsachen, zu denen der Bürger Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten muss, nicht aber nicht zur beabsichtigten Anwendung bestimmter Rechtsvorschriften. Im Rahmen der Anhörung ist zudem die Anhörung eines Elternteils ausreichend (BSG, Urteil vom 7. Juli 2011 - B 14 AS 153/10 R -, juris Rdn. 23).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 1 und Abs. 2 SGG liegen nicht vor.