Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 05.06.2007, Az.: 11 U 76/07
Anspruch auf Zahlung von Maklercourtage nach Abbruch von Vertragsverhandlungen bzw. bei Fehlen wirtschaftlicher Identität zwischen einem angebotenen und einem schließlich erworbenen Objekt
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 05.06.2007
- Aktenzeichen
- 11 U 76/07
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2007, 50600
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2007:0605.11U76.07.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Bückeburg - 06.03.2007 - AZ: 2 O 76/06
Rechtsgrundlagen
- § 652 BGB
- § 115 ZPO
Fundstelle
- MietRB 2008, 12-13
In dem Rechtsstreit
...
hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ...,
den Richter am Oberlandesgericht ... und
den Richter am Landgericht ...
am 5. Juni 2007
beschlossen:
Tenor:
Der Antrag des Klägers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren wird zurückgewiesen.
Gründe
Die beabsichtigte Berufung des Klägers gegen das Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bückeburg vom 6. März 2007 ist ohne Aussicht auf Erfolg, § 114 ZPO. Im Ergebnis zutreffend hat das Landgericht die Klage auf Zahlung von Maklercourtage abgewiesen.
Allerdings scheitert der Courtageanspruch nicht am Abbruch der Vertragsverhandlung durch den Beklagten, denn dies allein lässt eine Kausalität zwischen Maklerleistung und Vertragsschluss bei späterer Wiederaufnahme der Vertragsverhandlungen nicht entfallen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist es ohne Bedeutung, dass der Maklerkunde seine Verkaufsabsichten zunächst aufgibt, später seine Meinung aber ändert und das ihm ursprünglich nachgewiesene Objekt doch erwirbt (vgl. BGH, NJW 1999, 1255-1257; BGH, NJW-RR 1991, 950-951; ebenso: Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, ZMR 2004, 45-46). Zwar verhält es sich anders, wenn nicht die Käufer-, sondern die Verkäuferseite ihre Verkaufsabsicht zunächst aufgibt und dann erneuert. Das war aber unstreitig nicht der Fall. Die Zeugin B. hat vielmehr erklärt, sich nach dem Abbruch der Verhandlungen mit dem Beklagten weiterhin um die Veräußerung der Immobilie bemüht zu haben (vgl. BGH, NJW-RR 1996, 691).
Gleichwohl besitzt die beabsichtigte Berufung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, weil es an der wirtschaftlichen Identität zwischen dem angebotenen und dem schließlich erworbenen Objekt fehlt. Gemäß § 652 BGB steht dem Makler nur dann ein Provisionsanspruch zu, wenn der ursprünglich ins Auge gefasste Vertrag tatsächlich zustande kommt. Führt die Tätigkeit des Maklers hingegen zum Abschluss eines Vertrages mit anderem Inhalt, so entsteht kein Anspruch auf Maklerlohn. Das gilt auch dann, wenn der tatsächliche Vertragsschluss in quantitativer Hinsicht hinter dem nach dem Maklervertrag herbeizuführenden Vertrag zurückbleibt (BGH, WM 1984, 560-561; Hanseatisches Oberlandesgericht in Hamburg, OLGR Hamburg 1997, 306-307).
Der Kläger behauptet, dass die Vertragsverhandlungen zunächst mit einem Angebot der Verkäufer über 380.000,00 EUR endeten. Nach Wiederaufnahme der Verhandlungen einigten sich die Parteien auf einen Kaufpreis in Höhe von 277.500,00 EUR (ohne Einbauküche und Regale). Damit liegt der endgültige Kaufpreis um 27% unter dem Betrag, der dem Kläger zufolge von den Verkäufern vor dem vorläufigen Scheitern der Vertragsverhandlungen angeboten worden war. Legt man hingegen den im Exposé angegebenen Kaufpreis von 415.000,00 EUR zugrunde, beträgt die Reduzierung sogar 33%. Diese Differenz (33% ebenso wie 27%) zwischen dem Kaufpreis des zu vermittelnden Geschäfts und dem dann tatsächlich vereinbarten Betrag ist derart erheblich, dass von der erforderlichen inhaltlichen Identität zwischen den beiden Geschäften - auch bei der hier gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise - nicht mehr gesprochen werden kann (vgl. OLG Koblenz, OLGR Koblenz 2001, 194-195 (Kongruenz verneint bei 48%); OLG Bamberg, NJW-RR 1998, 565 [OLG Bamberg 22.12.1997 - 4 U 134/97]-566 (Kongruenz verneint bei 23%); OLG Hamm, NJW-RR 1998, 1070 [OLG Hamm 16.06.1997 - 18 U 235/96]-1071 (Kongruenz bejaht bei 10%); OLG Düsseldorf, NJW-RR 1993, 1272 [OLG Düsseldorf 09.07.1993 - 7 U 18/93]-1273 (Kongruenz verneint bei 22%)).
Dieses Ergebnis wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Reduzierung des Kaufpreises zu den üblichen Folgen von Vertragsverhandlungen zählen und dass allein deshalb ein Courtageanspruch grundsätzlich nicht entfällt (vgl. BGH, NJW 1999, 1255-1257). Etwas anderes gilt jedenfalls dann, wenn die Reduzierung des Kaufpreises - wie im vorliegenden Fall - zu einem wirtschaftlich anderen Geschäft führt.
Unabhängig von den vorstehenden Erwägungen kommt die Gewährung von Prozesskostenhilfe jedenfalls zur Zeit auch deshalb nicht in Betracht, weil der Kläger zum Umfang der ihm grundsätzlich obliegenden Vorsorge nichts vorgetragen hat. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist im Rahmen der auch nach § 115 ZPO gebotenen Abwägung zwischen den Interessen des Antragstellers und denen der Allgemeinheit auch auf die Zumutbarkeit einer Eigenvorsorge vor der Antragstellung Gewicht zu legen. Dies hat zur Folge, dass Selbständige und Gewerbetreibende für das Risiko der Notwendigkeit gerichtlicher Durchsetzung von Ansprüchen oder der Verteidigung gegen gerichtliche Inanspruchnahme in geschäftlichen Angelegenheiten Vorsorge treffen müssen. Zum Nachweis dennoch bestehender Bedürftigkeit müssen derartige Personen (auch bei etwaiger Aufgabe des Geschäftsbetriebes) darlegen und belegen, dass sie zu aktiver Zeit Rücklagen in ausreichender Höhe gebildet hatten und dass und wofür diese Rücklagen später verbraucht worden sind (vgl. Beschluss des Senats vom 4. August 2005, Az. 9 W 81/05).