Amtsgericht Göttingen
Urt. v. 25.10.2004, Az.: 22 C 333/04
Bibliographie
- Gericht
- AG Göttingen
- Datum
- 25.10.2004
- Aktenzeichen
- 22 C 333/04
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2004, 43642
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:AGGOETT:2004:1025.22C333.04.0A
In dem Rechtsstreit
...
wegen Schadensersatzes aus Verkehrsunfall
hat das Amtsgericht Göttingen auf die mündliche Verhandlung vom 12.10.2004 durch ...
für Recht erkannt:
Tenor:
- 1.)
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 932,47 EUR nebst Zinsen im Umfange von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 03.07.2004 zu zahlen.
- 2.)
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
- 3.)
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweiligen zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
Der Kläger nimmt die Beklagte auf restlichen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall in Anspruch, der sich am 23.05.2004 in Göttingen ereignet hat. Die vollständige Einstandspflicht der Beklagten für die Unfallfolgen ist unstreitig. Der Kläger ließ seinen unfallbeschädigten PKW nicht reparieren, sondern gab diesen unrepariert bei dem Audi-Zentrum Göttingen im Hinblick auf den Erwerb eines Neuwagens in Zahlung.
Auf der Basis des von ihm eingeholten Sachverständigengutachtens des Dipl. Ing. S. vom 25.05.2004, in dem die Stundenverrechnungssätze einer Porsche-Vertragswerkstatt zugrundegelegt wurden, beanspruchte der Kläger von der Beklagten sodann unter Anrechnung eines Wertverbesserungsabzuges einen Reparaturkostenbetrag von 5.637,00 EUR. Die Beklagte zahlte hierauf am 15.06.2004 einen Teilbetrag von 4.034,08 EUR und am 01.07.2004 einen weiteren Teilbetrag von 670,45 EUR. Den Differenzbetrag macht der Kläger mit der vorliegenden Klage geltend.
Er ist der Auffassung, unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wie sie in dem Urteil vom 29.04.2003 zum Ausdruck komme, sei er berechtigt, auch bei fiktiver Abrechnung die Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Vertragswerkstatt zugrundezulegen.
Nachdem er zunächst den Antrag angekündigt hat,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 985,85 EUR zuzüglich 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 03.07.2004 zu zahlen,
beantragt er nach erfolgter Teilrücknahme nunmehr noch
wie erkannt worden ist.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie vertritt die Auffassung, der von dem Kläger geltend gemachte unfallbedingte Ersatzanspruch sei wegen der besonderen Umstände auf die fiktiven Reparaturkosten der seitens der DEKRA im Auftrag der Beklagten in Ansatz gebrachten Mittelwerte einer freien Werkstatt zu begrenzen, wobei sich insoweit ein Betrag von 4.679,53 EUR brutto ergebe, so dass der Kläger aufgrund der vorprozessual erhaltenen Zahlung von 4.704,53 EUR keinerlei Schadensersatzansprüche mehr gegen die Beklagte besitze.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Soweit die Klage nach erfolgter Teilrücknahme noch im Streit befindlich ist, ist diese voll umfänglich begründet.
Der Kläger kann von der Beklagten gemäß § 3 Ziff. 1 PflVG i. V. m. § 7 Abs. 1 StVG aufgrund des Verkehrsunfallereignisses vom 23.05.2004 einen restlichen Schadensersatz in Höhe der zuletzt noch geltend gemachten 932,47 EUR beanspruchen.
Dem Kläger ist darin zuzustimmen, dass er auch im Falle der hier vorgenommenen fiktiven Abrechnung die Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrundelegen darf, wie sie in dem Gutachten des Sachverständigen S. vom 25.05.2004 unstreitig ihren Niederschlag gefunden haben. Dies folgt aus der insoweit eindeutigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wie sie in dem Urteil vom 29.04.2003, Aktenzeichen: VI ZR 398/02 (abgedruckt u. a. in NJW 2003, 2086 f. [BGH 29.04.2003 - VI ZR 398/02]), ihren Niederschlag gefunden hat. Diesem Urteil ist u. a. zu entnehmen, dass sich in Fällen, in denen der Schädiger weder bestreitet, dass die von dem Sachverständigen angesetzten Stundenverrechnungssätze bei einer Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt tatsächlich anfallen, noch gravierende Mängel des Sachverständigengutachtens rügt, der Geschädigte auf die abstrakte Möglichkeit der technisch ordnungsgemäßen Reparatur in irgendeiner kostengünstigeren Fremdwerkstatt auch unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht nicht verweisen lassen muss; auch kann Grundlage der Berechnung der erforderlichen Reparaturkosten in solchen Fällen nicht der abstrakte Mittelwert der Stundenverrechnungssätze aller repräsentativen Marken - und freien Fachwerkstätten einer Region sein, wenn der Geschädigte fiktive Reparaturkosten abrechnet. Vorliegend musste sich der Kläger mithin auf einen mittleren Stundenverrechnungssatz nicht markengebundener Fachwerkstätten, der durch Einholung dreier konkreter Angebote durch die DEKRA im Auftrag der Beklagten ermittelt werden sollte, verweisen lassen. Eine in dieser Weise vorgenommene Schadensregulierung schränkt die dem Kläger in § 249 Abs. 3 Satz 1 BGB eröffnete Möglichkeit der Schadensbehebung in eigener Regie unzulässig ein.
Darüber hinaus verweist der Kläger zu Recht darauf, dass die Beklagte bzw. die DEKRA im hier vorliegenden Fall nicht einen "mittleren Stundenverrechnungssatz" ermittelt hat, sondern dass einfach die billigsten Stundenverrechnungssätze der drei aufgelisteten Werkstätten zugrundegelegt worden sind.
Der von dem Kläger geltend gemachte Zinsanspruch ist gemäß §§ 280 f., 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB in Verbindung mit dem Aufforderungsschreiben vom 23.06.2004 "begründet.
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 92 Abs. 2 Nr. 1, 269 Abs. 3 Satz 3, 708 Nr. 11,711 ZPO.