Landgericht Verden
Beschl. v. 28.11.2013, Az.: 6 T 128/13

Bibliographie

Gericht
LG Verden
Datum
28.11.2013
Aktenzeichen
6 T 128/13
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2013, 64304
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
AG Nienburg - 18.10.2012 - AZ: 15a M 1395/12
nachfolgend
BGH - 09.03.2016 - AZ: VII ZB 68/13

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführerin wird der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts Nienburg vom 18.10.2012 aufgehoben.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Gläubigerin.

Beschwerdewert: 484,80 €

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

Die Gläubigerin erwirkte gegen die Schuldnerin H. vor dem Amtsgericht Nienburg am 30.11.2011 ein Versäumnisurteil, durch welches die Schuldnerin zur Zahlung von 49,95 € zuzüglich Zinsen und außergerichtlicher Rechtsverfolgungskosten an die Gläubigerin verurteilt worden ist. Ferner wurde festgestellt, dass die Schuldnerin H. die Forderungen der Gläubigerin aus unerlaubter vorsätzlicher Handlung gemäß § 263 StGB schuldet.

Die Forderung der Gläubigerin gegen die Schuldnerin H. beruht auf einem Kauf von Schuhen für ein Kind der Schuldnerin C. in Größe 25.

Die Forderung wurde nach Titulierung nicht beglichen.

Auf Antrag der Gläubigerin erließ das Amtsgericht Nienburg am 18.10.2012 einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss, durch den der Anspruch der Schuldnerin auf Auszahlung des fälligen und künftigen Kindergeldes gegenüber der Drittschuldnerin betreffend des Kindes C. gepfändet wurde.

Hiergegen legte die Drittschuldnerin mit Schriftsatz vom 19.06.2013 Erinnerung ein (Bl. 13 ff. d. A.).

Nachdem die Rechtspflegerin der Erinnerung nicht abgeholfen hatte, entschied der Richter am Amtsgericht in Nienburg mit Beschluss vom 24.07.2013, dass die Erinnerung zurückgewiesen wird (Bl. 23/24 d. A.).

Daraufhin erhob die Drittschuldnerin sofortige Beschwerde mit Schriftsatz vom 12.08.2013 (Bl. 28 - 31 d. A.). Dieser half das Amtsgericht nicht ab.

II.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig und auch begründet.

Die Gläubigerin kann den Anspruch der Schuldnerin auf Auszahlung des Kindergeldes gegen die Drittschuldnerin nach der eindeutigen gesetzlichen Regelung des § 76 EStG nicht pfänden. In § 76 Satz 1 EStG ist eindeutig festgelegt, dass der Anspruch auf Kindergeld nur wegen gesetzlicher Unterhaltsansprüche eines Kindes, das bei der Festsetzung des Kindergeldes berücksichtigt wird, gepfändet werden kann. Daraus folgt auch, dass wegen einer Forderung eines Dritten selbst aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung des Vollstreckungsschuldners die Pfändung ausgeschlossen ist (vgl. Zöller-Stöber, § 829 ZPO, 30. Aufl., Rd.-Nr. 35).

Diese eindeutige gesetzliche Regelung lässt nach Auffassung der Kammer eine andere Auslegung und Entscheidung nicht zu. Der Gläubigerin ist zuzugestehen, dass es unbillig erscheint, dass die Schuldnerin das Kindergeld ungekürzt einzieht, eine notwendige Besorgung für das Kind (wie hier der Kauf von Kinderschuhen) aber durch betrügerische Handlung unter Nichtzahlung des Kaufpreises vornimmt, ohne das erhaltene Kindergeld hierfür einzusetzen.

Die Kammer sieht sich aber nicht in der Lage, im Hinblick auf den eindeutigen Gesetzeswortlaut dieser Unbilligkeit entgegen zu wirken.

Im Hinblick auf die genannten Erwägungen soll jedoch wegen grundsätzlicher Bedeutung dieser Rechtsfrage die Rechtsbeschwerde zugelassen werden.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO, wobei allerdings Gerichtsgebühren für das Beschwerdeverfahren nicht anfallen.

Der Beschwerdewert entspricht der durch den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss geltend gemachten Vollstreckungsforderung.