Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 18.05.2011, Az.: 9 K 307/07
Auflösungsverlust wird erst im Zeitpunkt der Beendigung des Insolvenzverfahrens berücksichtigt; Berücksichtigung eines Auflösungsverlusts im Zeitpunkt der Beendigung des Insolvenzverfahrens; Differenzierung zwischen dem Zeitpunkt der zivilrechtlichen Auflösung einer Kapitalgesellschaft und dem Zeitpunkt der steuerlichen Berücksichtigung eines Auflösungsgewinns bzw. Auflösungsverlusts; Bestimmung des Zeitpunktes der steuerlichen Berücksichtigung des Auflösungsgewinns bzw. Auflösungsverlustes nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 18.05.2011
- Aktenzeichen
- 9 K 307/07
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2011, 19970
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2011:0518.9K307.07.0A
Rechtsgrundlagen
- § 17 Abs. 1 EStG
- § 17 Abs. 4 EStG
- § 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG
Fundstellen
- EFG 2011, 2153-2156
- GmbH-StB 2011, 294
Einkommensteuer 2002
Bei einer ansonsten vermögenslosen GmbH ist ein Auflösungsverlust nach § 17 Abs. 1 und 4 EStG dann noch nicht realisiert, wenn nach Insolvenzeröffnung noch eine Schadenersatzforderung in beträchtlicher Höhe durch den Insolvenzverwalter gerichtlich geltend gemacht werden soll.
Das gilt selbst dann, wenn die Schadenersatzklage nur unter der Bedingung der Gewährung der Prozesskostenhilfe erhoben und der Prozesskostenhilfeantrag in einem späteren VZ mangels Erfolgsaussicht und wegen Mutwilligkeit rechtskräftig abgelehnt wird.
Tatbestand
Streitig ist, ob im Streitjahr 2002 ein Verlust aus der Auflösung einer GmbH nach § 17 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu berücksichtigen ist.
Der Kläger war im Streitjahr zu 1/3 Gesellschafter und Geschäftsführer der X-GmbH mit Sitz in Braunschweig (im Folgenden: GmbH).
Am 1. Juni 2002 schloss die GmbH mit der X-AG einen Alleinvertriebsvertrag. Hiernach hatte die GmbH das exklusive weltweite Vertriebsrecht für die Software ... aller Nebenrechte und Sprachversionen sowie Folge- und Ergänzungszeugnisse für die Zeit vom 1. Juni 2002 bis 31. Mai 2012.
Da die Kredit gebende Hausbank (Y) am 5. August 2002 3 Lastschriften der GmbH zurückbuchte und danach Überweisungen der GmbH nicht mehr ausführte, sah sich die GmbH gezwungen, am 21. August 2002 einen Insolvenzantrag zu stellen. Daraufhin kündigte die Y das Kontokorrentverhältnis. Im Anschluss scheiterten verschiedene Versuche, die bestehende Kreditlinie wieder zu öffnen bzw. noch eine Finanzierungszusage von der Hausbank zu erhalten. Am 26. September 2002 erklärte die Y endgültig, dass sie der Insolvenzschuldnerin den begehrten Betriebsmittelkredit nicht gewähren und auch die bestehende Kontokorrentlinie nicht wieder aufmachen werde.
Am 25. September 2002 legte der vorläufige Insolvenzverwalter, R. S. , dem Amtsgericht Braunschweig - Insolvenzgericht - sein Gutachten vor. Die Aktiva wurden mit ... EUR bewertet, die freie Masse mit ... EUR angegeben. Im Rahmen der Feststellung der Vermögenswerte der GmbH wies der vorläufige Insolvenzverwalter unter III. Aktiva Ziff. 4 ("Sonstige Vermögenswerte") seines Gutachtens daraufhin, dass möglicherweise - noch nicht bezifferbare - Schadenersatzansprüche gegen die Y bestehen, die gemäß § 92 InsO geltend zu machen wären. Zu den Einzelheiten wird auf die Ausführungen im Gutachten vom 25. September 2002 Bezug genommen.
Nach der Beurteilung des vorläufigen Insolvenzverwalters reichten die im Übrigen vorhandenen Aktiva aus, um die Verfahrenskosten zu decken. Zur Deckung der Masseverbindlichkeiten nach § 55 InsO (...EUR) sollten die Aktiva jedoch nicht ausreichen. Der vorläufige Insolvenzverwalter zeigte deshalb in seinem Gutachten wörtlich die Massearmut gemäß § 208 InsO (im weiteren Verfahrens korrigiert: Masseunzulänglichkeit) an. Wegen der festgestellten Zahlungsunfähigkeit der GmbH schlug er im Ergebnis vor, das Insolvenzverfahren zu eröffnen.
Den vorgenannten Alleinvertriebsvertrag kündigte die X-AG nach der endgültigen Kreditverweigerung der Y und der Ankündigung des vorläufigen Insolvenzverwalters, den Betrieb der GmbH einzustellen, mit Schreiben vom 27. September 2002.
Gemäß dem Beschluss des AG Braunschweig vom 1. Oktober 2002 wurde schließlich das Insolvenzverfahren eröffnet und R. S. zum Insolvenzverwalter bestellt.
Mit Vertrag vom 15. November/4. Dezember 2002 veräußerte der Insolvenzverwalter im Interesse der Fortführung des Unternehmens der GmbH die vorhandenen Gegenstände und den "good will" an die X Beteiligungs GmbH zu einem Kaufpreis von 25.000 EUR zzgl. MwSt. Die X Beteiligungs GmbH (später umfirmiert in Z-GmbH) war zuvor am 28. Mai 2002 von dem Kläger und 2 Mitgesellschaftern - quasi als Auffanggesellschaft - gegründet und am 23. Oktober 2002 ins Handelsregister eingetragen worden.
Die Bilanz der GmbH auf den 31.12.2002 wies einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag von ...EUR aus (Forderungen/Kasse: ... EUR; Verbindlichkeiten: ...EUR, Rückstellungen: ... EUR).
Zur Vorbereitung eines Schadenersatzprozesses gegen die Y beauftragte der Insolvenzverwalter die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft D& T mit der Bewertung des og. Alleinvertriebsrechts. Nach dem daraufhin erstellten Gutachten vom 31. Oktober 2003 betrug der Wert dieses Vertriebsrechts auf den Stichtag 1.Oktober 2002 ...Mio EUR.
Im Auftrag des Insolvenzverwalters erarbeitete schließlich die Rechtsanwaltskanzlei H/D/H, Hamburg, einen ausführlichen Sachstandsbericht (40 Seiten) zur Insolvenz der GmbH und zu den Schadenersatzansprüchen gegen die Y und schließlich den Entwurf einer 80 Seiten umfassende Klageschrift, in der inhaltlich der Insolvenzverwalter die Y zur Zahlung von Schadenersatz in Höhe von ...Mio EUR verklagte.
Der Entwurf der Klageschrift diente zunächst als Begründung des Anfang Februar 2004 beim Landgericht Braunschweig gestellten Prozesskostenhilfeantrags. Die Klage sollte nur unter der Bedingung der Gewährung der Prozesskostenhilfe erhoben werden.
Den Prozesskostenhilfeantrag lehnte das Landgericht Braunschweig jedoch mit Beschluss vom 14. Mai 2004 wegen Mutwilligkeit und mangels Erfolgsaussicht ab. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde beim Oberlandesgericht Braunschweig hatte ebenfalls keinen Erfolg (Beschluss des OLG Braunschweig vom 25. August 2004). Das OLG wies in der Begründung in Bezug auf die angenommene Mutwilligkeit insbesondere daraufhin, dass es sich um einen exorbitant hohen Streitwert verbunden mit einem entsprechenden extrem hohen Kostenrisiko handelt und der Antragsteller andere, kostengünstigere prozessualen Möglichkeiten gehabt hätte, das vom ihm behauptete Recht durchzusetzen (z.B. Teilklage; Zahlungsklage begrenzt auf geringen Teil verbunden mit einer Feststellungsklage für den Restbetrag). Zudem hatte das OLG Zweifel an der Wertangabe von ...Mio. EUR als gesamte Gewinnerwartung aus dem Alleinvertriebsrecht. Die dagegen erhobene Verfassungsbeschwerde vom 27. September 2004 wurde mit Beschluss vom 1. August 2006 nicht zur Entscheidung angenommen.
Am 13. Mai 2004 schlossen der Kläger und Herr F. als Gesellschafter der Z-GmbH mit zwei potentiellen Erwerbern von Geschäftsanteilen eine (stillschweigende) Vereinbarung, die u.a. inhaltlich die Möglichkeit des Erhalts von Geldern aus dem Schadensersatzprozess der GmbH mit der Y mit einbezog bzw. für den Fall einen (teilweise) positiven Ausgangs des Klageverfahrens Regelungen vorsah.
Eine ähnlich lautende (stillschweigende) Vereinbarung schlossen der Kläger und Herr F. am 5. Oktober 2004 mit den weiteren Gesellschaftern der Y-GmbH. Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf die Vereinbarungen vom 13. Mai bzw. 5. Oktober 2004 Bezug genommen.
Für das Streitjahr gab der Kläger am 5. April 2004 beim beklagten Finanzamt die Einkommensteuererklärung 2002 ab. Darin erklärte er einen Verlust i.S.d. § 17 EStG aus der GmbH i.H.v. 153.802,98 EUR, der sich wie folgt zusammensetzt:
Anteilskauf | 09.08.2000 | Nennwert | 25.500 DM | 32.594,86 € |
---|---|---|---|---|
Anteilskauf | 05.03.2002 | Nennwert | 8.500 DM | 15.340,00 € |
515,62 € | ||||
183,28 € | ||||
381,64 € | ||||
381,64 € | ||||
480,82 € |
Freizeichnung Inanspruchnahme Bankbürgschaft D- Bank aus Insolvenz | |
---|---|
(Übernahme der Bürgschaft vom ehemaligen Gesellschafter E.) | 4.477,78 € |
Finanzierungskosten Anteilskauf (Sollzinsen, Porto, Kontof., Überziehungsz.) | 3.383,76 € |
Verluste aus Darlehen | 23.125,79 € |
Inanspruchnahme Bürgschaften | D- Bank | 12.893,70 € |
---|---|---|
V-Bank | 7.669,38 € | |
Y | 50.000,00 € |
Haftung Lohnsteuer | 307,50 € |
---|---|
Haftung Sozialversicherung | 2.067,21 € |
Summe | 153.802,98 € |
Diesen Verlust erkannte der Beklagte im Einkommensteuerbescheid 2002 vom 9. August 2004 nicht an. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger mit Schreiben vom 16. August 2004 Einspruch ein und beanstandete u.a. diese Nichtanerkennung des Verlustes nach§ 17 EStG i.H.v. 153.802,98 EUR aus der Auflösung der GmbH.
Der Kläger war der Auffassung, dass die Berücksichtigung des Verlustes aus den Anteilen an der GmbH im Streitjahr zu erfolgen habe, da über das Vermögen der GmbH am 1. Oktober 2002 die Insolvenz eröffnet worden sei.
Mit Schreiben vom 19. Mai 2005 reichte der Kläger im laufenden Einspruchsverfahren u.a. das Gutachten des Insolvenzverwalters vom 25. September 2002 ein. Im Rahmen des Einspruchsverfahrens wurden dem Finanzamt zudem der Umstand und Verlauf des beabsichtigten Schadenersatzprozesses und die Vereinbarungen vom 13. Mai 2004 und 5. Oktober 2004 bekannt. Im Rahmen des Einspruchsverfahrens reichte der Kläger auch eine Schlussbilanz und eine Gläubigertabelle der GmbH auf den 31.12.2002 ein.
Unter Berücksichtigung dieser Erkenntnisse ging der Beklagte in der Einspruchsentscheidung davon aus, dass der geltend gemachte Auflösungsverlust im Streitjahr nicht zu erfassen sei. Der Einspruch hatte daher insoweit keinen Erfolg.
Mit der vorliegenden Klage verfolgt der Kläger sein Begehren aus dem Einspruchsverfahren weiter. Der Kläger begehrt die Berücksichtigung eines Verlustes gemäß § 17 EStG i.H.v. 151.046,63 EUR aus der Auflösung der Beteiligung des Klägers an der GmbH. Ein doppelt erfasster Betrag von Rechtsanwaltskosten i.H.v. 381,64 EUR wird nicht mehr geltend gemacht, ebenso wird die Geltendmachung der Beträge i.H.v. 307,50 EUR (Haftung Lohnsteuer) und i.H.v. 2.067,21 EUR (Haftung Sozialversicherung) im Klageverfahren nicht weiter verfolgt.
Zur Begründung trägt der Kläger im Wesentlichen Folgendes vor: Dem Grunde sei der Auflösungsverlust im Streitjahr 2002 zu berücksichtigen. In diesem Jahr sei das Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH eröffnet worden. Der Verfahrenseröffnung sei das Gutachten des vorläufigen Insolvenzverwalters vom 25. September 2002 vorausgegangen. In diesem Gutachten sei die Masseunzulänglichkeit nach § 208 InsO ausdrücklich angezeigt worden. Die Insolvenzschuldnerin habe danach nicht über Aktiva verfügt, deren Veräußerung die Realisierung stiller Reserven habe erwarten lassen. Aufgrund der festgestellten Aktiva und Passiva und angesichts der angezeigten Masseunzulänglichkeit hätten auch Massegläubiger nicht mit der Befriedigung von Masseverbindlichkeiten rechnen können. Der Insolvenzverwalter habe zwar in seinem Gutachten die Möglichkeit erwogen, etwaigen Schadenersatzansprüchen der Insolvenzschuldnerin gegen die Y als Hausbank nachzugehen. Nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung habe dies jedoch nicht zu einer Aktivierung eines Vermögenswertes in der Insolvenzeröffnungsbilanz oder auch nur zu einer Nennung im Inventar des Insolvenzverwalters geführt. An diesem Befund habe sich auch nach Ende des Veranlagungszeitraums 2002 nichts geändert. Mangels Gewährung der Prozesskostenhilfe sei es dann auch nicht zu einer Einleitung eines Klageverfahrens gegen die Nord/LB gekommen. Die mit der Rechtssache im Prozesskostenhilfeverfahren befassten Zivilgerichte hätten schließlich bestätigt, dass bereits im Streitjahr 2002 der Schadenersatzforderung kein Vermögenswert beizumessen gewesen sei. Das Steuerrecht müsse dieser zivilrechtlichen Beurteilung folgen.
Die GmbH sei auch nicht sanierungsfähig gewesen. Die Sanierungsbemühungen seien wegen eines fehlenden Engagements der Y als Hausbank bereits im insolvenzrechtlichen Stadium des Eröffnungsverfahrens gescheitert. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens sei im Ergebnis lediglich zum Zwecke der Deckung der Verfahrenskosten erfolgt.
Die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH) zur Berücksichtigung von Verlusten nach § 17 EStG bei Insolvenz der Gesellschaft begegne im Übrigen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Sie sei abzulehnen und könne deswegen dem Kläger nicht entgegengehalten werden, falls nicht bereits ein vom BFH eröffneter Ausnahmefall angenommen werden könne. Aus verfassungsrechtlicher Sicht sei unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit eine Verlustberücksichtigung bei Insolvenz der Gesellschaft bereits im Veranlagungszeitraum der Insolvenzeröffnung geboten. Dies gelte erst recht, wenn der Verfahrungseröffnung die Anzeige der Masseunzulänglichkeit nach § 208 InsO vorausgegangen und eine geminderte Leistungsfähigkeit dadurch bereits zur Feststellung durch das Insolvenzgericht aktenkundig geworden sei.
Auch der Höhe nach sei der geltend gemachte Verlust steuermindernd zu berücksichtigen.
Bezüglich der weiteren Klagebegründung wird auf die Schriftsätze vom 20. November 2007 mit den entsprechenden Anlagen, vom 28. Februar 2008 und vom 10. Juni 2008 Bezug genommen.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten zu verpflichten, bei der Veranlagung des Klägers zur Einkommensteuer im Veranlagungszeitraum 2002 einen Betrag i.H.v. 151.046,63 EUR als Verlust im Sinne des § 17 EStG aus der Beteiligung des Klägers an der X-GmbH zu berücksichtigen, hilfsweise für den Fall, dass dem Antrag nicht oder nicht vollständig stattgegeben wird, die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte verweist zunächst auf seinen Einspruchsbescheid vom 26. Juli 2007. Er vertritt weiterhin die Auffassung, dass der streitbefangene Verlust nicht im Streitjahr berücksichtigt werden könne. Entgegen der Einlassung des Klägers sei die Anzeige einer Masseunzulänglichkeit nicht ausreichend für eine vorzeitige Entstehung des Verlustes nach § 17 EStG. Ebenso stelle die Überschuldung einer Kapitalgesellschaft keine Vermögenslosigkeit dar. Ein nach § 17 Abs. 4 EStG zu berücksichtigender Auflösungsverlust entstehe erst, wenn neben der zivilrechtlichen Auflösung der Gesellschaft feststehe, dass der wesentlich beteiligte Gesellschafter mit Zuteilungen und Rückzahlungen aus dem Gesellschaftsvermögen nicht rechnen könne. Da diese Voraussetzungen regelmäßig erst im Zeitpunkt des Abschlusses der Insolvenz erfüllt seien, seien die Angaben in der Insolvenzeröffnungsbilanz für die Beurteilung des Entstehungszeitpunktes des Auflösungsverlustes nicht maßgebend. Entscheidend sei vielmehr, wie sich die Vermögenslage auf der Ebene der GmbH darstelle und wie sie sich in dem für die Gesellschaft günstigsten Fall entwickeln werde. Aufgrund der Bilanz auf den 31.12.2002 sei der Hauptgläubiger der GmbH die Y gewesen. Eine Insolvenzeröffnung habe nach Aussage des Insolvenzverwalters allein aus dem Grund stattgefunden, weil die Y ohne Einhaltung der Kündigungsfristen der GmbH die Konten gesperrt habe. Da der Insolvenzverwalter im Insolvenzverfahren nachweislich einen Schadenersatzprozess über rd. ...Mio. EUR gegen diesen Hauptgläubiger angestrebt habe und auch entsprechende Maßnahmen (Klageantrag, Antrag auf Prozesskostenhilfe) ergriffen habe, hätte sich die Vermögenslage der GmbH zumindest bis zur endgültigen Ablehnung des Antrages auf Prozesskostenhilfe noch so positiv entwickeln können, dass die Gesellschaft sämtliche Verbindlichkeiten - auch die gegenüber den Gesellschaftern - hätte begleichen können, selbst wenn die Schadenersatzklage nicht in vollem Umfang erfolgreich gewesen wäre.
Auch der Höhe nach könne der Verlust nur teilweise anerkannt werden (vgl. hierzu im Einzelnen die Ausführungen im Schriftsatz vom 20. Dezember 2007).
Entscheidungsgründe
1.
Die Klage ist unbegründet.
Der angefochtene Einkommensteuerbescheid 2002 in Gestalt der Einspruchsentscheidung ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung - FGO -). Der geltend gemachte Auflösungsverlust kann schon dem Grund nach nicht bereits im Streitjahr berücksichtigt werden.
a.
Nach § 17 Abs. 1 und 4 EStG gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch der Gewinn aus der Auflösung von Kapitalgesellschaften, wenn der Gesellschafter innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft wesentlich beteiligt war und er die Beteiligung in seinem Privatvermögen hielt. Entsprechendes gilt für die aus der Auflösung einer Kapitalgesellschaft entstehenden Verluste (BFH-Urteil vom 2. April 2008 - IX R 76/06, BStBl II 2008, 706, m.w.N.). Diese Voraussetzungen hat der Kläger unstreitig im Streitjahr erfüllt.
b.
Der Auflösungsverlust ist im Streitjahr 2002 aber noch nicht entstanden.
aa.
Die GmbH ist zwar mit der Insolvenzeröffnung im Streitjahr aufgelöst worden (§ 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG in der für das Streitjahr geltenden Fassung; vgl. dazu u.a. BFH-Urteil vom 3. Juni 1993 - VIII R 46/91, BFH/NV 1994, 364).
Von dem Zeitpunkt der zivilrechtlichen Auflösung der Kapitalgesellschaft ist aber der Zeitpunkt der steuerlichen Berücksichtigung des Auflösungsgewinns bzw. -verlusts zu unterscheiden. Der BFH hat dabei folgende Grundsätze aufgestellt (vgl. BFH vom 3. Juni 1993 - VIII R 81/91, BStBl II 1994, 162, vom 4. November 1997 - VIII R 18/94, BStBl II 1999, 344, vom 25. Januar 2000 - VIII R 63/98, BStBl II 2000, 343, vom 27. November 2001 - VIII R 36/00, BStBl II 2002, 731 und vom 21. Januar 2004, VIII R 2/02, BStBl II 2004, 551):
Der Zeitpunkt der steuerlichen Berücksichtigung des Auflösungsgewinns bzw. -verlustes bestimmt sich nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung, insbesondere dem sog. Realisationsprinzip. Die Realisation des Auflösungsgewinns bzw. -verlusts setzt neben der zivilrechtlichen Auflösung der Gesellschaft voraus, dass der Gesellschafter mit Zuteilungen und Rückzahlungen aus dem Gesellschaftsvermögen nicht mehr rechnen kann (Vermögenslage auf Ebene der Gesellschaft) und dass feststeht, ob und in welcher Höhe noch nachträgliche Anschaffungskosten oder sonstige im Rahmen des § 17 Abs. 2 EStG zu berücksichtigende wesentliche Aufwendungen anfallen werden (Vermögenslage auf Ebene des Gesellschafters). Beide Voraussetzungen müssen kumulativ erfüllt sein. Dies ist regelmäßig erst mit Abschluss der Liquidation der Fall.
Im Falle der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens kann der Auflösungsverlust grundsätzlich erst im Zeitpunkt der Beendigung des Insolvenzverfahrens berücksichtigt werden. Bei Eröffnung lässt es sich i.d.R. nicht feststellen, ob es zur Auskehrung von Restvermögen an die Gesellschafter kommen wird. Die stillen Reserven sind bei Veräußerungsgeschäften erst dann realisiert, wenn der Insolvenzverwalter die einzelnen Wirtschaftsgüter des Gesellschaftsvermögens oder das Unternehmen im Ganzen veräußert und mit dem letzten Geschäftsvorfall die Grundlage für die Schlussverteilung geschaffen hat. Denn die Dauer eines Insolvenzverfahrens ist nicht abzuschätzen. Dies gilt vor allem dann, wenn umfangreiches Betriebsvermögen mit erheblichen stillen Reserven abzuwickeln ist. Während des Insolvenzverfahrens können sich die Marktwerte der Wirtschaftsgüter erheblich verändern.
Es kommt hinzu, dass bei der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht sicher ist, ob es zu einer Vollbeendigung der Gesellschaft und damit zu einem endgültigen Auflösungsverlust der Gesellschafter kommen wird. Nach § 1 InsO sind die Erhaltung des Unternehmens in Ausführung eines Insolvenzplans und die Liquidation gleichrangige Ziele des Verfahrens. Auch ist zu beachten, dass nach § 18 InsO bereits die drohende Zahlungsunfähigkeit einen Insolvenzgrund darstellt. Im Falle des Insolvenzverfahrens muss daher die Auflösung der Gesellschaft nicht zwangsläufig zu deren Vollbeendigung führen.
Zudem müssen wiederum die nachträglichen Anschaffungskosten weitestgehend feststehen. Hat der Insolvenzverwalter gegen den Gesellschafter eine zivilrechtliche Klage erhoben, die für den Gesellschafter im Falle seines Unterliegens zu weiteren nachträglichen Anschaffungskosten führt, ist sein Auflösungsverlust nicht vor Beendigung des Klageverfahrens realisiert (BFH vom 1. März 2005 - VIII R 46/03, BFH/NV 2005, 2171; siehe auch BFH-Urteil vom 21. Januar 2004 - VIII R 8/02, BFH/NV 2004, 947, zur Verlustentstehung bei einem Einspruch gegen einen Haftungsbescheid).
Nur ausnahmsweise kann der Zeitpunkt, in dem der Auflösungsverlust realisiert ist, schon vor Abschluss der Liquidation liegen, wenn mit einer wesentlichen Änderung des bereits feststehenden Verlusts nicht mehr zu rechnen ist (vgl. BFH-Urteil vom 27. November 2001 - VIII R 36/00, BStBl II 2002, 731). Das ist z.B. dann der Fall, wenn die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens mangels Masse rechtskräftig abgelehnt wird (BFH-Urteil vom 19. April 2005 - VIII R 45/04, BFH/NV 2005, 1545) oder die Gesellschaft vermögenslos war (vgl. BFH-Urteil vom 4. November 1997 - VIII R 18/94, BStBl II 1999, 344). Entscheidend ist die objektivierbare Vermögenslosigkeit im steuerlichen Sinne (vgl. FG Berlin, Urteil vom 1. Juli 2004 - 1 K 1192/01, EFG 2004, 1518). Ausnahmsweise kommt danach eine Berücksichtigung des Auflösungsverlusts schon vor Beendigung des Insolvenzverfahrens in Betracht, wenn aufgrund des Inventars und der Insolvenzeröffnungsbilanz oder einer Zwischenrechnungslegung ohne weitere Ermittlungen mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen ist, dass das Vermögen der Gesellschaft zu Liquidationswerten die Schulden nicht mehr decken wird und ein Zwangsvergleich ausgeschlossen ist. Dies ist nicht der Fall, wenn noch erhebliches Vermögen vorhanden ist, dessen konkrete Verwertungsergebnisse bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch nicht absehbar sind. Eine strenge Beachtung des Realisationsprinzips ist auch deshalb geboten, weil damit der oft erhebliche Aufwand einer Ermittlung und Bewertung des Gesellschaftsvermögens durch die Beteiligten und Prognosen über den vermutlichen Ausgang des Insolvenzverfahrens vermieden werden (vgl. BFH-Urteil vom 25. Januar 2000 - VIII R 63/98, BStBl II 2000, 343).
bb.
Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechungsgrundsätze, die höchstrichterlich geklärt sind (vgl. BFH-Beschluss vom 11. Juni 2010 - IX B 44/10, BFH/NV 2010, 1806) und im Wesentlichen in der Finanzverwaltung (vgl. z.B. OFD Frankfurt, Rundvfg. vom 22. Juli 2009 - S 2244 A-21-St 215, ESt-Kartei HE § 17 EStG Karte 10) und in der steuerrechtlichen Literatur Zustimmung erfahren haben (vgl. z.B. Herrmann/Heuer/Raupach-Eilers/R. Schmidt,EStG/KStG-Kommentar, § 17 EStG Anm. 276; Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 30. Aufl. 2011, § 17 Rz. 221 ff.; Völlmeke, DStR 2005, 2024), ist der Beklagte zu Recht davon ausgegangen, dass der Auflösungsverlust i.S.d. § 17 Abs. 4 EStG dem Grunde nach nicht im Streitjahr zu berücksichtigen ist.
Im Streitjahr ist die GmbH zwar zivilrechtlich aufgelöst, aber noch nicht vollständig liquidiert. In 2002 wurde der Insolvenzantrag weder mangels Masse abgelehnt (Masseunzulänglichkeit gemäß § 208 InsO reicht nicht, siehe FG München, Beschluss vom 16. August 2006 - 9 V 2469/06, n.v.), noch war die GmbH vermögenslos.
Nach der Überzeugung des Senats steht auf den Stichtag 31. Dezember 2002 nicht fest, dass die GmbH vermögenslos war und damit die Vermögenslage auf der Ebene der GmbH so klar war, dass die Gesellschafter mit Zuteilungen oder Rückzahlungen aus dem Gesellschaftsvermögen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mehr rechnen konnten.
Entscheidend ist dabei für den Senat, dass bereits im Streitjahr der Insolvenzverwalter die Möglichkeit der Geltendmachung einer Schadenersatzforderung gegen die Y ernsthaft ins Auge gefasst hat (siehe Erwähnung unter Vermögenspositionen im Gutachten gegenüber dem Insolvenzgericht vom 25. September 2002). Er hat das Insolvenzgericht darauf hingewiesen, dass wegen eines möglicherweise schuldhaften Verhaltens der Y eine zu diesem Zeitpunkt der Höhe nach noch nicht bezifferbare Schadenersatzforderung vom ihm nach § 92 InsO geltend zu machen wäre.
Entsprechend dieser "Ankündigung" hat der Insolvenzverwalter pflichtgemäß in der Folgezeit alle erforderlichen Anstrengungen zur Durchsetzung der Schadenersatzforderungen unternommen: Vergleichsverhandlungen mit der Nord/LB, (nach Scheitern der Vergleichsgespräche) die erhebliche Kosten auslösende Beauftragung einer renommierten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mit der Bewertung des Alleinvertriebsrechts, anschließende Beauftragung einer größeren Rechtsanwaltskanzlei mit der Erstellung eines umfassenden Sachberichts zur Insolvenzherbeiführung und zur Schadenshöhe und sowie einer ausführlichen Klagebegründung, schließlich Ausschöpfung des Rechtswegs nach Ablehnung des PkH-Antrags durch alle Instanzen bis zum Bundesverfassungsgericht.
Erst nach Beendigung dieses mit aller Ernsthaftigkeit geführten Verfahrens kann festgestellt werden, dass die Gesellschafter mit Rückzahlungen aus dem Gesellschaftsvermögen nicht mehr rechnen konnten. Erst zu diesem Zeitpunkt konnte eine Schlussverteilung erfolgen. Ob wegen der geringen Erfolgsaussichten der Verfassungsbeschwerde dieser für die Berücksichtigung des Verlustes nach § 17 EStG maßgebliche Zeitpunkt bereits bei Zurückweisung der beim OLG Braunschweig eingereichten sofortigen Beschwerde gegen die Ablehnung des PkH-Antrags in der ersten Instanz gegeben ist, brauchte der Senat nicht zu entscheiden.
Auch die Gesellschafter haben im Übrigen einen (Teil-)Erfolg ernstlich für möglich gehalten und vertragliche Vorkehrungen (auch noch zeitlich nach Ablehnung des PkH-Antrags in der ersten Instanz) für den Fall des Obsiegens getroffen (Vereinbarungen vom 13. Mai und 5. Oktober 2004).
Der Umstand, dass die Vergleichsgespräche mit der Y scheiterten und die Zivilgericht eine Prozesskostenhilfe für einen Schadenersatzprozess letztlich nicht bewilligten mit der weiteren Folge, dass sich die Vermögenssituation der GmbH durch die versuchte Geltendmachung der Schadenersatzforderung letztlich doch nicht mehr positiv verändert hat, steht dieser Betrachtung nicht entgegen.
Ende des Streitjahres stand weder das endgültige Ergebnis der Vergleichsgespräche fest, noch war abzusehen, in welcher Weise der durch ein etwaiges schuldhaftes Verhalten der Y entstandene Schaden gerichtlich geltend gemacht wird. Das konkrete Vorgehen wurde vielmehr erst in den Folgejahren beschlossen und umgesetzt. Insbesondere wurde auch das konkrete Vorgehen im Zusammenhang mit der Prozessführung/-taktik erst in 2004 festgelegt. Erst später fiel also auch die Entscheidung, den gesamten denkbaren Schadenersatz in einer Summe unter der Bedingung der PkH-Bewilligung einzuklagen.
Entgegen der Auffassung des Klägers führt die rechtskräftige Ablehnung des PkH-Antrags durch die Zivilgerichte nicht zu der Annahme, dass - quasi rückwirkend bezogen auf das Jahr 2002 - die zivilrechtliche Rechtslage in der Weise klargestellt wurde, dass der Schadenersatzforderung objektiv kein Wert beizumessen ist und damit dadurch die Vermögenssituation der GmbH nicht beeinflusst wurde. Zunächst ist die konkrete Entscheidung über die Bewilligung der PkH im Streitjahr nicht absehbar, da noch nicht einmal feststand, ob ein Prozess zur Realisierung der Schadenersatzforderung überhaupt erforderlich ist. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Zivilgerichte nicht über die Hauptforderung entschieden haben. Eine zivilrechtlich bestehende Rechtslage wurde damit nicht - und schon gar nicht rückwirkend - festgelegt. Vielmehr wurde die Ablehnung der PkH-Bewilligung damit begründet, dass es möglicherweise einen das Kostenrisiko begrenzenden Weg gegeben hätte, gerichtlichen Rechtsschutz zu erhalten (Teilklage, Klage auf einen begrenzten Schadenersatz mit Feststellungsklage für den Restbetrag). Insoweit hätte sich möglicherweise die vom OLG angenommene Mutwilligkeit und fehlende Erfolgsaussicht vermeiden lassen.
Auch der Umstand, dass aus der vom Insolvenzverwalter ins Auge gefassten Geltendmachung der Schadenersatzforderung in der dem Insolvenzgericht vorgelegten Vermögensübersicht noch kein (konkret bezifferbarer) "Vermögenswert" geworden ist und ein solcher zu diesem Zeitpunkt auch bilanzsteuerlich nicht erfasst werden konnte, steht dem nicht entgegen. Entscheidend ist vielmehr, dass im Streitjahr gerade nicht feststand, dass die Gesellschafter mit Rückzahlungen aus dem Gesellschaftsvermögen nicht mehr rechnen konnten. Mindestens bis zur Zurückweisung der sofortigen Beschwerde durch das OLG Braunschweig hätte sich die Vermögenslage der GmbH noch so positiv entwickeln können, dass die Gesellschaft sämtliche Verbindlichkeiten - auch die gegenüber den Gesellschaftern - hätte begleichen können, selbst wenn die Schadenersatzklage nicht in vollem Umfang erfolgreich gewesen wäre.
Da die Vermögenslage auf der Ebene der Gesellschaft und der Gesellschafter im Sinne der vorgenannten BFH-Rechtsprechungsgrundsätze hinsichtlich der Bestimmung des Zeitpunktes der steuerlichen Berücksichtigung des Auflösungsverlustes "feststehen" muss, kann im Ergebnis für den Streitfall nichts anderes gelten als in den Fällen, in denen der Insolvenzverwalter die Gesellschafter (z.B. wegen ausstehender Einlagen) verklagt und sich dies im Falle des Unterliegens auf die Höhe seiner (nachträglichen) Anschaffungskosten auswirken kann (Vermögenslage des Gesellschafters). Ist in diesen Fällen der Auflösungsverlust erst mit der Beendigung des Klageverfahrens realisiert (siehe BFH in BFH/NV 2005, 2171), muss Entsprechendes gelten, wenn der Insolvenzverwalter Dritte wegen Forderungen, die die Vermögenslage der Gesellschaft betreffen, gerichtlich in Anspruch nimmt. Auch hier ist danach der Auflösungsverlust erst frühestens mit Beendigung des Klageverfahrens realisiert.
cc.
Die gegen die grundsätzliche Berücksichtigung des Verlustes aus § 17 EStG erst bei Abschluss des Insolvenzverfahrens vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken, insbesondere im Hinblick auf einen Verstoß gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip, teilt der Senat nicht. Es steht außer Frage, dass der dem Kläger entstandene Verlust grundsätzlich dem Grunde nach steuermindernd zu berücksichtigen ist. Im Streitfall ist lediglich die zeitliche Erfassung (Zeitpunkt der Realisierung) streitig. Allein aus diesem Grund kommt ein Verstoß gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip nicht in Betracht. Denn es ist sichergestellt, dass entstandene Verluste überhaupt berücksichtigt werden (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 26. August 2010 - I B 49/10, DStR 2010. 2179 zur Mindestbesteuerung bei endgültigem Ausschluss der Verlustverrechnung). Im Übrigen entspricht es gerade den Grundsätzen der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit, dass ein Verlust steuerlich erst dann Berücksichtigung findet, wenn er endgültig eingetreten (realisiert) ist. Nach Auffassung des Senats ist dies im Streitjahr noch nicht der Fall. Eine (im Streitjahr) noch nicht realisierte, nur drohende Belastung führt dagegen in keinem Fall zu einer steuerlich relevanten Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit des Klägers.
Nach alledem konnte die Klage keinen Erfolg haben.
2.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).
3.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht vorgelegen haben. Insbesondere sind die vom Senat angewendeten Rechtsprechungsgrundsätze, nach denen die steuerliche Berücksichtigung der Verluste nach § 17 EStG zu beurteilen ist, als geklärt anzusehen (BFH-Beschluss vom 11. Juni 2010 - IX B 44/10, BFH/NV 2010, 1806).