Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 05.05.2011, Az.: 1 K 241/07

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
05.05.2011
Aktenzeichen
1 K 241/07
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2011, 45248
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

nachfolgend
BFH - 16.03.2012 - AZ: IX B 142/11

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Zur Beurteilung des eigenkapitalersetzenden Charakters von Darlehen eines unternehmerisch beteiligten Aktionärs (Anteilsbesitz von über 25%) in der Insolvenz im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 17 EStG.

Tatbestand:

Der Kläger hielt im Streitjahr 31% der Aktien der X AG. Er gehörte dem Vorstand der Gesellschaft an. Die X AG ging im Streitjahr in die Insolvenz. Die Beteiligten gehen übereinstimmend davon aus, dass ein etwaiger Verlust gemäß § 17 Einkommensteuergesetz (EStG) dem Grunde nach bereits im Streitjahr verwirklicht war. Die Anschaffungskosten für die Aktien hat der Beklagte dementsprechend bereits in dem Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr als Verlust gemäß § 17 EStG berücksichtigt. Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob zwei Darlehen des Klägers an die X AG über insgesamt 250.000 € eigenkapitalersetzenden Charakter hatten und deshalb die wertlos gewordenen Darlehensrückzahlungsansprüche den Verlust des Klägers entsprechend erhöhen.

Im Einzelnen:

Mit Vertrag vom 22.08.2000 gewährte der Kläger der X AG ein Darlehen über 410.000 DM zu einem Zinssatz von 12% p.a. Das Darlehen war bis zum 31.03.2005 fest vereinbart. Es sollte sich um jeweils ein Jahr verlängern, wenn es nicht 3 Monate vor Ablauf gekündigt wurde. Mit dem Kläger war ein Rangrücktritt hinter die Ansprüche der übrigen Gläubiger für den Fall der Eröffnung des Insolvenz- oder des gerichtlichen Vergleichsverfahrens über das Vermögen der X AG vereinbart. Der Rangrücktritt bezog sich nicht auf Ansprüche von Gläubigern, die - wie der Kläger - "Gesellschafter" der X AG waren.

Mit Vertrag vom 16.11.2001 gewährte der Kläger der X AG ein weiteres Darlehen über 78.957,50 DM mit der gleichen Laufzeit und zu den gleichen Bedingungen wie beim ersten Darlehen. Die Darlehenssumme belief sich damit auf insgesamt 250.000 €.

Die Zinsen waren jeweils zum Ende eines Quartals fällig und wurden ausweislich der Einkommensteuererklärung des Klägers für das Jahr 2004 von der X AG bis einschließlich des IV. Quartals 2004 gezahlt.

Unter Hinweis auf die noch nicht abgeschlossenen Verhandlungen bezüglich des Verkaufs der Tochtergesellschaften der X AG wurde zwischen dem Kläger und der X AG am 30.12.2004 schriftlich vereinbart, dass die beiden Darlehen des Klägers der X AG über den Fälligkeitstermin hinaus zur Verfügung stehen sollten. Dabei wurde auch das gemeinsame Verständnis zum Ausdruck gebracht, dass im Falle des Verkaufs der Tochtergesellschaften im Jahr 2005 in Abstimmung mit den Banken und bei Einvernehmen im Gesellschafterkreis die Rückzahlung der Gesellschafterdarlehen auch unterjährig möglich sein solle. Zu diesem Zweck wurde die Kündigungsfrist für beide Darlehen auf einen Monat zum Monatsende verkürzt.

Für die X AG wurde am 28.02.2005 ein Insolvenzantrag gestellt. Das Insolvenzverfahren wurde am 22.04.2005 eröffnet. Der Insolvenzverwalter zeigte nach Aufstellung des Vermögensverzeichnisses dem Insolvenzgericht die Masseunzulänglichkeit an.

Der Kläger beantragte in seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr den Veräußerungsverlust gemäß § 17 EStG wie folgt zu berücksichtigen:

62.000 Gründungsaktien zu 2,56 Euro aus 1998

158.720 €

nachträgliche Anschaffungskosten Gesellschafterdarlehen

250.000 €

Verlust gemäß § 17 Abs. 4 EStG

408.720 €

Der Beklagte berücksichtigte im Einkommensteuerbescheid vom 10.08.2006 den Veräußerungsverlust nur in Höhe von 158.720 €. Nach § 3 Nr. 40 c EStG (Halbeinkünfteverfahren) wurden negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 79.300 € angesetzt. Der Ausfall der Gesellschafterdarlehen in Höhe von 250.000 € wurde nicht berücksichtigt.

Mit dem Einspruch machte der Kläger geltend, dass bei der Ermittlung des Auflösungsverlustes nach § 17 Abs. 4 EStG auch der Ausfall der Gesellschafterdarlehen in Höhe von 250.000 € als nachträgliche Anschaffungskosten der Beteiligung zu berücksichtigen sei, weil die Darlehen gesellschaftsrechtlich veranlasst gewesen seien. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sei die Darlehenshingabe gesellschaftsrechtlich veranlasst, wenn das Darlehen kapitalersetzend sei. So qualifiziere der BFH Gesellschafterdarlehen als kapitalersetzend, wenn das Darlehen zur Finanzierung der Gesellschaft unabdingbare Voraussetzung sei, sog. Finanzplandarlehen. Die Gesellschafterdarlehen seien als Finanzplandarlehen einzuordnen, da sie bereits von Anfang an - insbesondere jedoch in der Phase der Geschäfts- und Unternehmenserweiterung - unentbehrlich und auch Bedingung für die Finanzierung gewesen seien. Aus den Kreditrahmenbedingungen mit der D Bank vom 22.09.2003 sei ersichtlich, dass financial covenants vereinbart wurden. Dabei seien insbesondere das Einhalten bestimmter finanzwirtschaftlicher Relationen beim Kreditnehmer, der X AG, festgelegt worden. Das Abweichen von diesen vereinbarten Bilanzrelationen hätte zu einem außerordentlichen Kündigungsrecht für den vereinbarten Kredit durch den Kreditgeber geführt. Dabei sei insbesondere auf die Eigenkapitalausstattung hinzuweisen, die in den financial covenants mit einer Eigenkapitalquote von 18 % festgelegt worden sei. Diese Eigenmittelquote hätte nicht unterschritten werden dürfen. Darüber hinaus sei in diesen financial covenants festgelegt worden, dass der Kreditgeber verpflichtet sei, keine Darlehen oder ähnliches an Gesellschafter oder diesen nahe stehenden Personen zu gewähren. Dies bedeute, dass Rückzahlungen von gewährten Darlehen während der Kreditlaufzeit nicht hätten vorgenommen werden dürfen. Aus  diesen Regelungen sei ersichtlich, dass die Darlehen des Klägers in diesen Finanzplan derart eingebunden gewesen seien, dass sie zu keinem Zeitpunkt hätten abgezogen werden dürfen, da in einem solchen Fall gegen zwei Kreditkonditionen verstoßen worden wäre. Einerseits hätte die Darlehensrückzahlung bedeutet, dass das Eigenkapital weit unter 18 % gesunken wäre, und zum anderen hätte dies auch einen Verstoß gegen das Verbot der  Darlehensrückzahlung bedeutet. Damit wären die gesamte Kreditgewährung in Frage gestellt und die Kredite voraussichtlich gekündigt worden. Dass die Darlehen nicht nur einen vorübergehenden Geldbedarf hätten ausgleichen sollen, sondern dauerhaft der Gesellschaft zur Verfügung gestellt worden seien, gehe aus den Darlehensverträgen hervor, die zunächst fest bis zum 31.03.2005 geschlossen worden seien. Ein weiteres Indiz für die Annahme eines Finanzplandarlehens sei der in § 7 des Darlehensvertrages vereinbarte Rangrücktritt. Die Gesellschafterdarlehen seien insgesamt als Finanzplandarlehen zu würdigen und daher bei der Ermittlung des Auflösungsverlustes nach § 17 Abs. 4 EStG als nachträgliche Anschaffungskosten der Beteiligung mit dem Nennwert von 250.000 € zu berücksichtigen.

Der Einspruch blieb erfolglos.

Im Klageverfahren wiederholt der Kläger im Wesentlichen seine Einwendungen im Vorverfahren.

Der erkennende Senat hat die Sache erstmals am 13.01.2011 mündlich verhandelt. In dieser Verhandlung hat der Kläger geltend gemacht, dass von der Beteiligungsgesellschaft Z  (BZ) und den finanzierenden Banken verlangt worden sei, dass die Aktionäre zur Erhöhung der Eigenkapitalquote "Gesellschafter"-darlehen zu erbringen hätten. Die Verhandlung wurde daraufhin vertagt und dem Kläger wurde gemäß § 79b Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) aufgegeben, zu dem neuen Sachvortrag Beweis anzutreten.

Der Kläger hat daraufhin vorgetragen, dass er die dem im April 1999 wegen Krankheit ausgeschiedenen Vorstand F gehörenden 43% Aktien der X AG für 5 Mio. DM übernommen habe. Diesen Kauf habe er mit Krediten finanziert. Nach dem Erwerb der Aktien des Herrn F sei er Mehrheitsaktionär mit einem Anteil von 78% der Aktien der X AG gewesen. Daneben seien noch fünf weitere Aktionäre an der X AG beteiligt gewesen, die sämtlich im Unternehmen tätig gewesen seien.

Im Jahr 2000 sei in Aussicht genommen worden, die X AG an die Börse zu bringen und das Geschäftsfeld der X AG erheblich auszuweiten. Als Partner und Investor sei die BZ gewonnen worden. Nach einem von Kläger vorgelegten undatierten und unvollständigen Papier (Anl. K 1), das von der BZ stammen soll, beurteilte die BZ die weitere Entwicklung der X AG offensichtlich positiv und sah - ebenso wie die Aktionäre - die Notwendigkeit, das externe Wachstum der Gesellschaft durch Akquisitionen zu beschleunigen, um so eine Größenordnung zu erreichen, die einen Börsengang im Jahr 2003 ermöglichen sollte.

In dem Papier wird dargelegt, dass die BZ zur Finanzierung des Wachstums der Gesellschaft bis zum Börsengang 7 Mio. DM investieren wollte. In diesem Zusammenhang wollte die BZ den früheren Anteilsbesitz des Herrn F von 43% für 5 Mio. übernehmen. Dieser offensichtlich als günstig beurteilte Übernahmepreis wurde damit erklärt, dass eine Steuerbelastung für den Kläger vermieden werden sollte. Außerdem sollte die BZ der X AG ein Gesellschafterdarlehen von 2 Mio. DM gewähren, das durch die moderate Verzinsung von 12% p.a. den günstigen Einstiegspreis für die Direktanteile berücksichtigen sollte. Der Kläger sollte der Gesellschaft zur gleichen Zeit und zu gleichen Konditionen ein Gesellschafterdarlehen in Höhe von 210.000 DM zur Verfügung stellen. Außerdem sollte der Kläger im Rahmen des Börsenganges eine call-option auf 10% der von der BZ übernommenen Anteile auf der Grundlage des Übernahmepreises erhalten.

Mit Schreiben vom 30.03.2000 unterbreitete die BZ dem Kläger ein entsprechendes Kaufangebot für die Aktien (Anl. K 2). Dort wird „zur weiteren Stärkung der Eigenmittel“ ein Gesellschafterdarlehen von zunächst 1 Mio. DM mit einer Verzinsung von 12% p.a. angeboten. Gleichzeitig sollte der Kläger zu gleichen Konditionen ein Gesellschafterdarlehen von 210.000 DM zur Verfügung stellen.

Tatsächlich gewährte die BZ mit Übernahme des 43%-igen Aktienpakets des Klägers gegen Zahlung von 5 Mio. DM und der Einräumung der beschriebenen call-option für 10% der Aktien der X AG am 22.08.2000 ein Gesellschafterdarlehen von 500.000 DM (Anl. K 3), das zum 07.12.2001 auf 510.000 € erhöht wurde. Der Kläger gewährte zu den gleichen Zeitpunkten seine Gesellschafterdarlehen.

Aus zwei Schreiben der BZ an die X AG vom 11. und 31.10.2002 (Anl. K 4 und K 5) soll sich nach Auffassung des Klägers ergeben, dass die Landesbank (LB) K für die Kreditvergabe einen Nachweis der Gesellschafterdarlehen und einer bestimmten Eigenkapitalquote verlangte.

Der Kläger legte ferner eine Barkreditzusage der LB K vom 02.10.2002 über 1,55 Mio. € vor (Anl. K 6), in der unter sonstigen Vereinbarungen festgehalten ist, dass die Gesellschafterdarlehen u.a. des Klägers während der gesamten Laufzeit des Barkredits (bis 31.08.2003) bestehen bleiben müssen.

Die vom Kläger als Anl. K 7 und 8 vorgelegten Kreditzusagen der D Bank vom 22.09.2003 (mit den Kreditrahmenbedingungen über den sog. Club Deal über 8,5 Mio. €) und vom 27.05.2004 sollen nach Auffassung des Klägers belegen, dass Voraussetzung für diese Darlehen war, dass die bestehenden Gesellschafterdarlehen unverändert fortbestanden.

Nach Auffassung des Klägers belegen diese Unterlagen, dass es sich bei den beiden Darlehen um Finanzplandarlehen gehandelt habe.

Die vom Kläger und von den übrigen Aktionären der X AG gewährten Gesellschafterdarlehen seien für die Verwirklichung des Gesellschaftszwecks unentbehrlich gewesen und hätten im Zusammenhang mit der Aufnahme weiteren Fremdkapitals weiter aufgestockt werden müssen. Ohne die so erreichte Eigenkapitalquote hätte das Bankenkonsortium die benötigten Geldmittel nicht zur Verfügung gestellt.

Die Darlehen hätten der Gesellschaft auch dauerhaft zur Verfügung stehen sollen. Dies ergäbe sich daraus, dass X AG das Kapital für die bundesweite Ausrichtung der Gesellschaft benötigt habe und die Darlehen sich ohne Kündigung jeweils um ein Jahr verlängert hätten.

Der vereinbarte Zinssatz von 12% sei zwar nicht besonders günstig gewesen, könne aber dennoch als marktüblich angesehen werden.

Der Kläger sei gesellschaftsrechtlich verpflichtet gewesen, auf eine Kündigung der Darlehen zu verzichten. Außerdem hätte eine Rückführung der Darlehen gegen § 93 Aktiengesetz (AktG) verstoßen haben.

Schließlich hätte der Kläger seine Darlehen auch in der Krise der Gesellschaft "stehen gelassen".

Der Kläger beantragt,

in dem Einkommensteuerbescheid 2005 vom 10.08.2006 den Veräußerungsverlust nach § 17 Einkommensteuergesetz auf 408.720 € festzustellen und bei der Einkommensteuerveranlagung 2005 entsprechend zu berücksichtigen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte bleibt bei seiner Auffassung, dass die streitigen Darlehen nicht als Finanzplandarlehen im Sinne der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) anzusehen seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf die beigezogenen Steuerakten verwiesen.

Nachdem der Senatsvorsitzende die mündliche Verhandlung am 05.05.2011 um 11:45 Uhr geschlossen hatte, ging um 12:40 Uhr beim Finanzgericht ein Fax der Prozessbevollmächtigten des Klägers ein. Das Fax bestand aus zwei Seiten und enthielt neben einem Anschreiben mit dem Zusatz "Eilt, bitte sofort vorlegen" ein zweites Blatt mit Angaben zu den Gesellschafterdarlehen der X AG, das nach der handschriftlichen Überschrift Bestandteil des Jahresabschlusses der X AG für 2004 gewesen sein soll und wo vermerkt ist, dass die Gesellschafterdarlehen "im Bereich des Eigenkapitals als eigenkapitalersetzende Darlehen ausgewiesen" sind. Dieses Fax ist dem Vorsitzenden des Senats erst nach der Urteilsverkündung, die um 13:50 Uhr endete, vorgelegt worden.

Entscheidungsgründe

I. Der erkennende Senat hat auf Grundlage des ihm bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung bekannt gewordenen Sachverhalts entschieden. Das Fax des Klägervertreters vom 05.05.2011 ist dem Senat erst nach der Verkündung des Urteils bekannt geworden und konnte deshalb bei der Entscheidung nicht berücksichtigt werden.

Der Senat hatte auch keinen Anlass, die Sache ein weiteres Mal zu vertagen, wieder in die mündliche Verhandlung einzutreten oder mit der Urteilsverkündung zu warten, weil der Kläger weder einen Antrag auf Vertagung zum Zweck des weiteren Tatsachenvortrags gestellt noch um einen Schriftsatznachlass gebeten hatte.

II. Die zulässige Klage ist unbegründet. Der angefochtene Einkommensteuerbescheid ist rechtmäßig.

Der Ausfall der beiden der X AG gewährten Darlehen über insgesamt 250.000 € führt nicht zu nachträglichen Anschaffungskosten des Klägers für seine Beteiligung an der X AG.

1. Nach § 17 Abs. 1 und Abs. 4 EStG gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch der Gewinn aus der Auflösung von Kapitalgesellschaften, wenn der Gesellschafter innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft wesentlich beteiligt war und er die Beteiligung in seinem Privatvermögen hält. Entsprechendes gilt für die aus der Auflösung einer Kapitalgesellschaft entstehenden Verluste (vgl. z.B. Urteile des BFH vom 27.10.1992 - VIII R 87/89 - BStBl II 1993, 340; vom 03.06.1993 - VIII R 81/91 - BStBl II 1994, 162, vom 03.06.1993 - VIII R 23/92 - BFH/NV 1994, 459, vom 12.12.2000 - VIII R 22/92 - BStBl II 2001, 385 und vom 02.04.2008 - IX R 76/06 - BStBl II 2008, 706).

Auflösungsverlust i.S. des § 17 Abs. 1, 2 und 4 EStG ist der Betrag, um den die im Zusammenhang mit der Auflösung der Gesellschaft vom Steuerpflichtigen persönlich getragenen Kosten (entsprechend den Veräußerungskosten nach § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG) sowie seine Anschaffungskosten den gemeinen Wert des dem Steuerpflichtigen zugeteilten oder zurückgezahlten Vermögens der Kapitalgesellschaft übersteigen (BFH, Urteil vom 12.12.2000 - VIII R 22/92 -BStBl II 2001, 385)

a) Anschaffungskosten sind nach § 255 Abs. 1 Satz 1 des Handelsgesetzbuches (HGB) Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben; dazu gehören nach § 255 Abs. 1 Satz 2 HGB auch die nachträglichen Anschaffungskosten. Zu den nachträglichen Anschaffungskosten einer Beteiligung zählen neben (verdeckten) Einlagen auch nachträgliche Aufwendungen auf die Beteiligung, wenn sie durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sind und weder Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen noch Veräußerungskosten sind (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH, Urteil vom 16.04.1991 - VIII R 100/87- BStBl II 1992, 234. Dazu rechnen Finanzierungshilfen, z.B. durch Übernahme einer Bürgschaft oder durch andere Rechtshandlungen i.S. des § 32a Abs. 3 Satz 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG), wenn sie eigenkapitalersetzenden Charakter haben (vgl. z.B. BFH, Urteil vom 06.07.1999 - VIII R 9/98 - BStBl II 1999, 817, zu § 32a Abs. 3 Satz 1 GmbHG; BFH, Urteil vom 12.12.2000 - VIII R 52/93 - BStBl II 2001, 286).

b) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH; vgl. Urteil vom 21.03.1988 - II ZR 238/87 - BGHZ 104, 33) ist unabdingbare Voraussetzung für die materiell-rechtliche Behandlung von Mitteln, die der Gesellschaft formal als Darlehen ihrer Gesellschafter zur Verfügung gestellt werden, als haftendes Quasi-Eigenkapital zunächst, dass die Gewährung des Darlehens den Gesellschaftern als echte gesellschaftsvertragliche Pflicht in ihrer Eigenschaft als Gesellschafter auferlegt ist. Da es den Gesellschaftern grundsätzlich freisteht, wie sie die Finanzierung des Gesellschaftsunternehmens gestalten, solange sie nicht gegen zwingende Kapitalsicherungsregeln oder Konkursantragspflichten verstoßen, reicht jedoch auch die Qualifizierung als echte gesellschaftsvertragliche Beitragspflicht für die Gleichstellung nicht aus, weil auch die bloße Zurverfügungstellung von Leihkapital, d. h. eines mindestens bei endgültigem Scheitern der Gesellschaft rückforderbaren Darlehens, als Beitrag versprochen werden kann. Hinzu kommen muss vielmehr, dass die als Gesellschafterdarlehen ausgewiesenen Mittel Teil des Eigenkapitals der Gesellschaft geworden sind, das als Grundstock der Haftungsmasse den außenstehenden Gläubigern im Konkurs ungehindert durch eine Konkurrenz der Gesellschafter zur Verfügung stehen muss. Diese Voraussetzung ist nur dann erfüllt und damit die erforderliche innere Rechtfertigung für die Außerachtlassung der rechtlichen Formwahl im Hinblick auf die materielle Funktion gegeben, wenn die Gesellschafter die Gesellschafterdarlehen im Übrigen in der Sache wie Einlagen behandelt haben. Wichtige Indizien für eine materielle Eigenkapitalfunktion innerhalb dieser Gesamtwürdigung sind neben möglicherweise besonders günstigen Kreditkonditionen vor allem die Pflicht zur langfristigen Belassung oder das Fehlen einseitiger Kündigungsmöglichkeiten, die eine Rückforderung regelmäßig nur als Abfindungs- oder Liquidationsguthaben ermöglichen, sowie die mindestens nach Einschätzung der Gesellschafter gegebene Unentbehrlichkeit der Gesellschafterdarlehen für die Verwirklichung der gesellschaftsvertraglichen Ziele insbesondere auch als Grundlage für die Aufnahme von Fremdmitteln.

c) Nach der zivilgerichtlichen Rechtsprechung sind die für Gesellschaften mit beschränkter Haftung entwickelten Grundsätze über die Behandlung eigenkapitalersetzender Gesellschafterdarlehen oder ihnen gleichstehender Finanzierungshilfen auf eine Aktiengesellschaft - wie im Streitfall die X AG - sinngemäß anzuwenden, wenn der Darlehensgeber an ihr unternehmerisch beteiligt ist (BGH, Urteil vom 26.03.1984 - II ZR 171/83 - BGHZ 90, 381). Das setzt - auch nach Inkrafttreten der Neuregelung des § 32a Abs. 3 Satz 2 GmbHG - in der Regel einen Aktienbesitz von mehr als 25 % voraus. Nur ausnahmsweise kann auch ein unterhalb der Sperrminoritätsgrenze liegender, aber nicht unbeträchtlicher Aktienbesitz die Annahme einer unternehmerischen Beteiligung als Grundlage für eine Finanzierungsfolgenverantwortung des betreffenden Aktionärs dann rechtfertigen, wenn der Aktienbesitz ihm in Verbindung mit weiteren Umständen Einfluss auf die Unternehmensleitung sichert und er ein entsprechendes unternehmerisches Interesse erkennen lässt. Eine Mitgliedschaft im Aufsichtsrat oder eine Vorstandsfunktion genügen dafür nicht (BGH, Urteil vom 09.05.2005 - II ZR 66/03 - DStR 2005, 1416, m.w.N.). An die Einstufung von Gesellschafterdarlehen als haftendes Kapital bei Aktiengesellschaften sind allgemein schärfere Anforderungen zu stellen als bei der GmbH (BGH, Urteil vom 26.03.1984 - II ZR 171/83 - BGHZ 90, 381).

d) Es gibt vier Fallgruppen, bei denen unter den von der zivilgerichtlichen Rechtsprechung aufgestellten Voraussetzungen ein solches Darlehen durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sein kann:

- wenn im Zeitpunkt seiner Gewährung oder Weitergewährung die Gesellschaft entweder insolvenzreif ist oder wenn die Insolvenzreife zwar noch nicht eingetreten ist, die Rückzahlung des Darlehens aber angesichts der finanziellen Situation der Gesellschaft in dem Maße gefährdet ist, dass ein ordentlicher Kaufmann das Risiko einer Kreditgewährung zu denselben Bedingungen wie der Gesellschafter nicht mehr eingegangen wäre (sog. Krisendarlehen, vgl. BFH, Urteil vom 10.11.1998 - VIII R 6/96 - BStBl II 1999, 348 m.w.N.),

- wenn das Darlehen vor der Krise gewährt worden ist, aber von vornherein auf Krisenfinanzierung angelegt ist (sog. krisenbestimmtes Darlehen; vgl. BFH, Urteil vom 06.07.1999 - VIII R 9/98 - BStBl II 1999, 817 m.w.N.),

- wenn der Gesellschafter das vor der Krise gewährte Darlehen stehen lässt, obwohl er es hätte abziehen können und es angesichts der veränderten finanziellen Situation der Gesellschaft absehbar war, dass die Rückzahlung gefährdet war (BFH, Urteile vom 07.07.1992 - VIII R 24/90 - BStBl II 1993, 333, vom 27.10.1922 - VIII R 87/89 - BStBl II 1993, 340 [BFH 27.10.1992 - VIII R 87/89] und vom 03.06.1993 - VIII R  46/91 - BFH/NV 1994, 364),

- wenn das Darlehen von vornherein in die Finanzplanung der Gesellschaft in der Weise einbezogen ist, dass die zur Aufnahme der Geschäfte erforderliche Kapitalausstattung der Gesellschaft durch eine Kombination von Eigen- und Fremdfinanzierung erreicht werden soll. Solche von den Gesellschaftern gewährten "finanzplanmäßigen" Kredite zur Finanzierung des Unternehmenszwecks werden nach Gesellschaftsrecht den Einlagen gleichgestellt (sog. "gesplittete" Pflichteinlage, vgl. BGH, Urteil vom 14. Dezember 1992 - II ZR 298/91 - BGHZ 121, 31, 41 ff.). Das gilt unabhängig davon, ob die kapitalersetzende Finanzierung im Gesellschaftsvertrag niedergelegt ist; entscheidend ist, ob sich die planmäßige Gesellschafterfinanzierung aus einer Gesamtwürdigung des Gesellschaftsvertrages und/oder des Darlehensvertrages und der im Zeitpunkt des Abschlusses dieser Verträge vorliegenden Umstände ergibt.

2. Bei den streitbefangenen Darlehen handelte es sich weder um Krisendarlehen noch um krisenbestimmte Darlehen. Sie wurden in den Jahren 2000 und 2001 und damit in einem Zeitraum gewährt, in der sich die X AG offensichtlich nicht in einer Krise befand und auch nicht mit dem Eintreten einer Krise rechnete, zu deren Bewältigung die Darlehensmittel hätten eingesetzt werden sollen. Vielmehr sind die Vertragsparteien damals davon ausgegangen, mit den Finanzierungsmaßnahmen die Grundlage für eine starke Expansion und einen baldigen Börsengang der Gesellschaft zu schaffen. Weil die Beteiligten die Laufzeit der Darlehen auf den 31.03.2005 begrenzt haben und das außerordentliche Kündigungsrecht des Klägers nicht abbedungen worden war, spricht nichts dafür, dass die Darlehen - auch - einer späteren Krisenfinanzierung dienen sollten.

3. Der erkennende Senat hat auf der Grundlage der vom Kläger dargelegten Umstände und des Gesamtergebnisses des Verfahrens auch nicht die Überzeugung gewinnen können, dass es sich bei den streitigen Darlehen um sog. Finanzplandarlehen handelte oder dass der Kläger die Darlehen in Kenntnis der Krise stehen gelassen hat und die Rückzahlungsansprüche zu dem Zeitpunkt, als die X AG in die Krise geriet, noch werthaltig waren.

a) Die Gesamtabwägung aller Indizien führt zu dem Ergebnis, dass kein Finanzplandarlehen vorlag.

Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. dazu BFH, Urteile vom 04.11.1997 - VIII  R 18/94 - BStBl II 1999, 344 und vom 02.04.2008 - IX R 76/06 - BStBl II 2008, 706, BGH, Urteil vom 31.03.1988 - II ZR 238/87 - BGHR 104, 33 und die Übersicht bei Schmidt/Weber-Grellet, EStG 27. Aufl. [2008], § 17 Tz 171) sprechen für das Vorliegen eines Finanzplandarlehens bei Aktiengesellschaften folgende Indizien:

- der Aktionär ist unternehmerisch, d.h. zu mehr als 25% an der Gesellschaft beteiligt,

- das Darlehen ist für die Verwirklichung des Gesellschaftszwecks unentbehrlich,

- ein Außenstehender hätte ein solches Darlehen (etwa wegen der fehlenden Möglichkeit der Besicherung) nicht gegeben,

- das Darlehen sollte erkennbar nicht nur einen vorübergehenden Geldbedarf ausgleichen,

- das Darlehen wurde nicht zu marktüblichen Bedingungen gegeben,

- das Darlehen wurde mit langer Laufzeit vergeben,

- dem Darlehensnehmer wurden günstige Konditionen gewährt,

- Kündigungsrechte, insbesondere das Recht zur außerordentlichen fristlosen Kündigung, § 490 BGB, wurden ausgeschlossen,

- ein Rangrücktritt vereinbart wurde und

- das Darlehen in der Krise unverändert stehen gelassen worden ist.

Die Prüfung des Sachverhalts auf diese Indizien hin ergibt Folgendes:

Der Kläger war an der X AG mit 31% der Aktien und damit unternehmerisch beteiligt.

Für die Beantwortung der Frage, ob die Darlehen für die Verwirklichung des Gesellschaftszwecks unentbehrlich waren, kommt es entgegen der Auffassung des Klägers nicht darauf an, ob die kreditgebenden Banken auf der Hergabe und das Stehenlassen dieser Darlehen bestanden haben. Entscheidend ist, ob die Darlehen eine gesellschaftsvertragliche Grundlage hatten. Ausgehend von den vorgetragenen Gesamtumständen geht der erkennende Senat - im Gegensatz zum Beklagten - davon aus, dass die streitigen Gesellschafterdarlehen Teil der mit der BZ geplanten und dann auch - modifiziert - durchgeführten Gesamtfinanzierung der Expansion der Gesellschaft zur Vorbereitung eines Börsengangs waren und damit eine gesellschaftsvertragliche Grundlage hatten. Es ist unschädlich, dass diese Vereinbarungen nicht in die Satzung der AG aufgenommen wurden (dazu BFH, Urteil vom 04.11.1997 - VIII R 18/94 - BStBl II 1999, 344). Die Aussstattung der Gesellschaft mit einem ausreichenden Anteil von Eigenkapital war Voraussetzung für die Umsetzung der Pläne. Die Gesellschaft hätte die geplante und für den Börsengang erforderliche Due-Diligence-Prüfung sonst wohl nicht erfolgreich bestehen können. Daneben war für die BZ auch von Bedeutung, den Kläger über eine - weitere - eigene finanzielle Beteiligung an die Gesellschaft zu binden und ihn im Hinblick auf die anvisierten Ziele zu Höchstleistungen anzuspornen. Es ist aber nicht erkennbar, dass für die BZ dieser Zweck im Vordergrund gestanden hätte.

Aus der beschriebenen besonderen Zielrichtung der Darlehen kann indessen nicht geschlossen werden, dass ein fremder Dritter Darlehen in dieser Höhe nicht gewährt hätte. Der Beklagte weist zutreffend darauf hin, dass es der X AG in den Folgejahren gelungen ist, Kreditmittel von zunächst 8,5 Mio. € und später 11,5 Mio. € ohne über das übliche Maß hinausgehende Sicherheiten zu beschaffen, insbesondere ohne dass die Gesellschafter weitere Sicherungsmittel zur Verfügung stellen mussten. Diese Umstände deuten darauf hin, dass es der X AG wohl möglich gewesen wäre, anstelle der Gesellschafterdarlehen auch Fremdkapital in Höhe der Gesellschafterdarlehen zu beschaffen.

Die Darlehen der Aktionäre dienten erkennbar einem vorübergehenden Zweck, nämlich der Stärkung der Kapitalausstattung der X AG in der Phase vor dem für das Jahr 2003 geplanten Börsengang. Nach dem Börsengang der X AG, der mit einer erheblichen Ausweitung der Eigenkapitalbasis der Gesellschaft verbunden gewesen wäre, wären die Darlehen der Gesellschafter im Hinblick auf ihren ursprünglichen Zweck bedeutungslos geworden. Die Darlehen waren deshalb auch nicht für eine lange Laufzeit vereinbart, sondern bereits zum 31.03.2005 erstmals kündbar.

Der Kläger räumt selbst ein (Schriftsatz vom 26.04.2011, Bl. 6 unten), dass die Darlehen zu marktüblichen Bedingungen gewährt wurden. Insbesondere der vereinbarte Zinssatz war für die X AG eher ungünstig. Der Beklagte weist in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hin, dass es der X AG im weiteren Verlauf gelungen ist, Fremdkapital zu Zinssätzen von 7,4 bis 8,5% p.a. zu erhalten.

Der Kläger hat weder auf seine vertraglichen Kündigungsrechte noch auf sein Recht zur außerordentlichen fristlosen Kündigung beider Darlehen gemäß § 490 Bürgerliches Gesetzbuch verzichtet. Zwar hat er mit Schreiben vom 30.12.2004 die Fälligkeit der Darlehen hinausgeschoben, er hat aber gleichzeitig die Möglichkeit der Kündigung seiner Darlehen verbessert, indem er die Kündigungsfrist auf einen Monat zum Monatsende verkürzte.

Die vom Kläger in diesem Zusammenhang vertretene Auffassung, bei einer Darlehensrückzahlung hätte der Vorstand der X AG gegen § 93 AktG verstoßen, ist unabhängig davon, ob diese Rechtsansicht zutrifft, für die Entscheidung des Streitfalls unbeachtlich, weil das Verhalten des Vorstandes keinerlei Auswirkungen auf das Kündigungsrecht des Klägers als Darlehensgeber haben konnte.

Der Kläger hätte auch nicht aus gesellschaftsrechtlichen Gründen auf eine Kündigung der Darlehen verzichten müssen. Gesellschaftsrechtliche Treuepflichten hätten einer Kündigung der Darlehensverträge allenfalls dann entgegenstehen können, wenn die Darlehen eigenkapitalersetzenden Charakter gehabt hätten. Waren die Darlehen - wie im Streitfall - demgegenüber als schlichtes Leihkapital (vgl. dazu BGH, Urteil vom 21.03.1988  II ZR 238/87 - BGHZ 104, 33) zu beurteilen, hätte der Kläger die Darlehen wie jeder andere Gläubiger der Gesellschaft nach den vertraglichen Bedingungen kündigen können, ohne dass er gegen gesellschaftsvertragliche Pflichten verstoßen hätte.

Die in den Darlehensverträgen enthaltenen Rangrücktrittsvereinbarungen sprechen ebenfalls nicht für einen eigenkapitalersetzenden Charakter der Darlehen, weil die dort getroffenen Vereinbarungen erst im Falle der Eröffnung eines Insolvenz- oder eines gerichtlichen Vergleichsverfahrens wirksam werden sollten. Diese Regelungen erlaubten es der X AG gerade nicht, die Darlehensmittel im Fall der Krise - also vor der Eröffnung eines solchen Verfahrens - wie Eigenkapital zu behandeln.

Auch die vom Kläger unter Verzicht auf eine Kündigung der Darlehen zum 31.03.2005 mit der X AG am 30.12.2004 vereinbarte Abkürzung der Kündigungsfrist auf einen Monat zum Monatsende spricht nicht dafür, dass der Gesellschaft die Darlehen auf Dauer überlassen bleiben sollten. Ausdrücklich wurde in dieser Vereinbarung darauf hingewiesen, dass eine unterjährige Rückzahlung der Darlehen bei dem geplanten Verkauf der Tochtergesellschaften möglich sein sollte.

Anhaltspunkte dafür, dass die X AG vor der Stellung des Insolvenzantrags in die Krise geraten ist und der Kläger die Darlehen in Kenntnis der Krise der X AG stehen gelassen hat (vgl. zu beidem BFH, Urteil vom 07.07.1992 - VIII R 24/90 - BStBl II 1993, 333), sind nicht vorhanden.

Der Kläger hat nichts Konkretes dafür vorgetragen, dass sich die Gesellschaft vor dem 30.12.2004 - wenn man die Vereinbarung vom 30.12.2004 als Ankündigung des Stehenlassenwollens der Darlehen verstehen wollte - in der Krise befunden hätte. Die vom Kläger dazu vorgetragenen Umstände sprechen auch dagegen. In der mündlichen Verhandlung am 05.05.2011 hat der Kläger ausgeführt, das auslösende Moment für den Insolvenzantrag sei gewesen, dass ein Kunde, gegen den eine Forderung  in Höhe von 7,5 Mio. € bestanden habe, diese nicht fristgerecht beglichen habe. Wenn dieser Forderungsausfall schon Ende 2004 oder im Januar 2005 eingetreten wäre, hätte der Insolvenzantrag wohl schon entsprechend früher gestellt werden müssen. Gegen das Vorliegen einer Krise spricht auch, dass die X AG die Zinsen für die beiden Darlehen auch noch für das IV. Quartal 2004 gezahlt hat. Das Schreiben der Landesbank B vom 24.01.2005 und die Unterlagen über das Bankengespräch am 31.01.2005 (also Unterlagen die einen knappen Monat vor dem Insolvenzantrag entstanden) deuten ebenfalls nicht darauf hin, dass eine Krise im Sinne der zitierten Rechtsprechung des BFH bereits vorgelegen hätte. Die die Aktionärsdarlehen bei weitem übersteigenden Bankdarlehen sind offensichtlich nicht vor der Beantragung des Insolvenzverfahrens gekündigt worden.

Bei der Gesamtabwägung aller Indizien fällt nach Auffassung des erkennenden Senats entscheidend ins Gewicht, dass die Darlehen zeitlich auf wenige Jahre befristet waren, nur einem vorübergehenden Zweck (Vorbereitung des Börsengangs) dienten und sowohl vertragliche als auch außerordentliche Kündigungsrechte gegeben waren.

b) Der erkennende Senat konnte wegen des unsubstantiierten Sachvortrags des Klägers - wie soeben dargelegt - auch nicht die Überzeugung gewinnen, dass der Kläger die beiden Darlehen in der Krise stehen gelassen hat und für den Fall, dass sich die Gesellschaft schon vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens in der Krise befunden haben sollte, die Darlehensrückzahlungsansprüche des Klägers zu diesem Zeitpunkt noch werthaltig waren. Für beide Voraussetzungen trägt der Kläger die Feststellungslast (vgl. BFH, Urteil vom 07.07.1922 - VIII R 24/90 - BStBl II 1993, 333 [BFH 07.07.1992 - VIII R 24/90]).

III.  Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.