Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 26.11.2002, Az.: 13 K 465/00

Anwendung des Eigenheimzulagegesetzes (EigZulG) bei mittelbarer Grundstücksschenkung

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
26.11.2002
Aktenzeichen
13 K 465/00
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2002, 14089
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:2002:1126.13K465.00.0A

Verfahrensgang

nachfolgend
BFH - 07.10.2003 - AZ: III B 5/03

Fundstellen

  • DB 2003, 1300
  • EFG 2003, 679-680

Redaktioneller Leitsatz

  1. 1.

    Für den Fall einer so genannten mittelbaren Grundstücksschenkung, bei der dem Grundstückserwerber ein Geldbetrag geschenkt wird mit der Auflage, ein bestimmtes Gebäude zu erwerben oder herzustellen, hat der BFH die Eigenheimförderung nach § 10e EStG abgelehnt, weil der Erwerber nicht mit den Aufwendungen für die angeschaffte oder hergestellte Wohnung belastet war.

  2. 2.

    Diese Rspr. des BFH zu § 10e EStG ist auch auf das EigZulG anzuwenden.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Gewährung der Eigenheimzulage ab 1999. Der Kläger erwarb mit notariellem Vertrag vom 22.03.1999 eine Wohnung zum Kaufpreis von 82.500 DM. Die Gesamterwerbskosten (incl. Grunderwerbsteuer, Maklergebühr, Gebühren für Auflassungsvormerkung, Notargebühr, Gerichtsgebühren und Darlehensgebühr) beliefen sich auf 91.725,56 DM. Im notariellen Vertrag heißt es unter § 2 Nr. 5 wörtlich:

"Die Zahlung des Kaufpreises erfolgt durch den Erschienen zu 3. (erg.: den Vater des Klägers) unter Berücksichtigung eines von dem Erschienenen zu 2. (Kläger) einzubringenden Bausparvertrages in Höhe von ca. 30.000 DM. Die Zahlung des Differenzbetrages erfolgt im Verhältnis zwischen den Erschienenen zu 2. und 3. im Wege der vorweggenommenen Erbfolge und ist auf etwaige Pflichtteilsansprüche des Erschienenen zu 2. anzurechnen und zwar sowohl gegenüber dem Erschienenen zu 3. als auch gegenüber dessen Ehefrau."

2

Am 24.01.2000 zahlte die Bausparkasse 19.444,87 DM und am 31.07.2000 weitere 100 DM an den Vater des Klägers aus. Der Kläger trug zusätzlich die Grunderwerbsteuer und Gebühren für den Makler, die Auflassungsvormerkung, den Notar sowie für die Eigentumsumschreibung im Grundbuch in Höhe von insgesamt 8.000,68 DM. Die darüber hinausgehenden Aufwendungen wurden von den Eltern des Klägers getragen.

3

Mit Antrag vom 10.10.1999 beantragte der Kläger Eigenheimzulage ab 1999 ausgehend von einer Bemessungsgrundlage für Anschaffungskosten in Höhe von 82.500 DM. Mit Bescheid vom 24.01.2000 lehnte der Beklagte (das Finanzamt - FA -) die Festsetzung der Eigenheimzulage mit der Begründung ab, dass es sich um eine so genannte mittelbare Grundstücksschenkung seitens der Eltern des Klägers handele. Der Kläger habe mithin keine eigenen Aufwendungen gehabt.

4

Gegen diese Entscheidung hat der Kläger Einspruch erhoben. Im Verlauf des Einspruchsverfahrens reichte er Unterlagen nach, aus denen sich ergab, dass sich der Kläger mit einem Betrag von 19.544,87 DM (Auszahlung eines Bausparguthabens bei der Bausparkasse) an der Begleichung des Gesamtkaufpreises beteiligt hatte. Daneben trug der Kläger Anschaffungsnebenkosten in Höhe von 8.000,68 DM (Grunderwerbssteuer, Maklergebühr, Gebühr für Auflassungsvormerkung, Notargebühren, Gebühr für Eigentumsumschreibung und Gebühr für Löschung der Auflassungsvormerkung). Der Restbetrag wurde von den Eltern des Klägers auf der Grundlage von § 2 Ziffer 5 des notariellen Kaufvertrages gezahlt.

5

Ausgehend davon, dass sich der Kläger selbst an der Zahlung des Kaufpreises mit einem Eigenanteil beteiligt hatte, ging das FA im Einspruchsbescheid von einem teilentgeltlichen Erwerb aus, errechnete einen Entgeltlichkeitsanteil des Klägers von 23,69 v.H. und damit eine Bemessungsgrundlage für die Eigenheimzulage von 21.440 DM. Daraus ergab sich ein Zulagenbetrag von 536 DM. Wegen der Berechnung des Entgeltlichkeitsanteils wird auf die Ausführungen des FA im Einspruchsbescheid vom 14.09.2000 verwiesen.

6

Den weitergehenden Antrag des Klägers auf Gewährung einer Eigenheimzulage aus einer Bemessungsgrundlage von 91.726 DM lehnte das FA ab.

7

Hiergegen richtet sich die Klage.

8

Der Kläger vertritt die Auffassung, dass ihm Eigenheimzulage aus der Gesamtbemessungsgrundlage von 91.726 DM zu gewähren sei. Zur Begründung trägt der Kläger vor, dass das FA das Eigenheimzulagengesetz - auch im Lichte der neueren verfassungsrechtlichen Rechtsprechung - einschränkend und damit falsch interpretiere. Es gehe im Eigenheimzulagengesetz um das "Anschaffen" und "Anschaffungskosten"; mit keinem Wort werde im Gesetz die Herkunft des für die Anschaffung erforderlichen Geldes angesprochen. Nicht einmal im Antragsvordruck oder gar in der Anleitung dazu werde danach gefragt. Soweit die Finanzverwaltung im Einführungsschreiben zum Eigenheimzulagengesetz vom 10.02.1998 (BStBl 1998 I, 190) darauf verweise, dass der Anspruchsberechtigte eine Wohnung angeschafft haben müsse und die Anschaffungskosten getragen haben müsse, entspreche dies nicht dem Wortlaut des Gesetzes. Hiermit werde das Gesetz unzulässigerweise eingeschränkt. Der Kläger sei seit 12 Jahren krank und beziehe nur eine kleine Erwerbsunfähigkeitsrente. Gerade deswegen bedürfe er der Unterstützung. Den Kläger von der Anwendung des Eigenheimzulagengesetzes auszuschließen, sei ein Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Gebot der sozialen Gerechtigkeit. Nicht zutreffend sei auch, dass dem Kläger Eigenheimzulage verwehrt werde, weil er fehlende Eigenmittel nicht über Banken finanziert, sondern von seinen Eltern erhalten habe. Schließlich obliege den Eltern die Pflege ihres Kindes, das wegen seiner jahrelangen Erkrankung einer solchen Pflege besonders bedürfe. Die Familie stehe unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung (Artikel 6 GG). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei die Familie eine Wirtschaftsgemeinschaft. Danach könne dem Kläger die Unterstützung des Eigenheimzulagengesetzes nicht verwehrt werden, soweit er das Geld zum Erwerb der Eigentumswohnung von seinen Eltern zur Verfügung gestellt bekommen habe, weil seine eigenen Mittel nicht ausgereicht hätten.

9

Im Übrigen handele es sich auch nicht um eine Schenkung seitens der Eltern des Klägers. Vielmehr sei im Streitfall § 1624 Abs. 1 BGB anwendbar; denn die Zuwendung der Eltern sei mit Rücksicht auf die Erlangung einer selbständigen Lebensstellung des Klägers zur Begründung einer solchen Lebensstellung erfolgt. Letztlich sei dem Kläger auch nichts geschenkt worden. Ausweislich der Ziffer 5 in § 2 des notariellen Kaufvertrages handele es sich bei der Hilfe der Eltern um die Vorwegnahme des Erbes, das auf etwaige Pflichtteilsansprüche anzurechnen sei. Dies entspreche § 2315 BGB.

10

Unzutreffend sei auch der Rückgriff des FA auf den Anschaffungskostenbegriff in § 255 Abs. 1 HGB. Das HGB sei ein Spezialgesetz für den Handelsstand, Handelsgesellschaften, Handelsgeschäfte sowie den Seehandel. Der Kläger sei jedoch weder Kaufmann noch sei der Wohnungserwerb sein Handelsgeschäft.

11

Der Kläger beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 24.01.2000 in der Fassung des Einspruchsbescheides vom 14.09.2000, soweit er dem Eigenheimzulageantrag nicht stattgegeben hat, abzuändern und dem Eigenheimzulageantrag vom 10.10.1999 voll zu entsprechen.

12

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

13

Das FA verweist zunächst auf seine Ausführungen im Einspruchsbescheid vom 14.09.2000. Ergänzend fügt das FA hinzu, dass der Begriff der Anschaffung im Eigenheimzulagengesetz nicht definiert sei. Die Anschaffungskosten würden demgemäß nach der Legaldefinition in § 255 Abs. 1 HGB, der auch im Steuerrecht zu beachten sei, definiert. Gemäß § 2 EigZulG sei die Anschaffung oder Herstellung einer im Inland gelegenen Eigentumswohnung begünstigt. Nach der Definition der Anschaffungskosten in § 255 Abs. 1 HGB müsse also der Anspruchsberechtigte eine Wohnung angeschafft und die Anschaffungskosten getragen haben. Auch wenn der von den Eltern des Klägers gezahlte Betrag kein Geschenk, sondern eine Zuwendung auf die Erlangung einer selbständigen Lebensstellung des Klägers (§ 1624 Abs. 1 BGB) gewesen sei, bleibe es dennoch beim teilweise unentgeltlichen Erwerb durch den Kläger, weil dieser den Zuwendungsbetrag eben nicht zurückzahlen müsse. In der Annahme einer Geldübertragung im Wege der vorweggenommenen Erbfolge habe der Kläger einen Wohnungsteil erhalten, für den er keine Gegenleistung erbracht habe.

Gründe

14

Die Klage ist nicht begründet.

15

Das FA hat die Eigenheimzulage in der beantragten Höhe zu Recht abgelehnt.

16

Nach § 1 Eigenheimzulagengesetz (EigZulG) haben unbeschränkt Steuerpflichtige i.S.d. Einkommensteuergesetzes (EStG) nach Maßgabe der Vorschriften des EigZulG Anspruch auf Eigenheimzulage. Begünstigt ist die Herstellung oder Anschaffung einer Wohnung in einem im Inland belegenen Eigenhaus oder eigenen Eigentumswohnung (§ 2 Abs. 1 Satz 1 EigZulG). Bemessungsgrundlage sind die Herstellungskosten oder Anschaffungskosten der Wohnung zuzüglich der Anschaffungskosten für den dazugehörigen Grund und Boden (§ 8 Abs. 1 Satz 1 EigZulG). Danach ist u.a. Voraussetzung für die Gewährung der Eigenheimzulage, dass der Antragsteller die betreffende Wohnung angeschafft hat und er Eigentümer der Wohnung ist. Aus dem Wortlaut der Bestimmungen des Eigenheimzulagengesetzes ergibt sich allerdings nicht eindeutig, dass der Steuerpflichtige die Anschaffungskosten selbst getragen haben muss.

17

Der BFH hat jedoch zur Eigenheimförderung nach § 10 e EStG in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass nur eigene Aufwendungen des Steuerpflichtigen begünstigt sind, die ihm in Form von Anschaffungskosten oder Herstellungskosten entstanden sind. Nach dem Zweck der Vorschrift solle nur derjenige gefördert werden, der durch Aufwendungen belastet sei, die für die Anschaffung oder Herstellung des Wohnungseigentums erforderlich gewesen seien. Für den Fall einer so genannten mittelbaren Grundstücksschenkung, in dem dem Grundstückserwerber ein Geldbetrag geschenkt wurde mit der Auflage ein bestimmtes Gebäude zu erwerben oder herzustellen hat der BFH die Eigenheimförderung nach § 10 e EStG abgelehnt, weil der Erwerber nicht mit den Aufwendungen für die angeschaffte oder hergestellte Wohnung belastet war

(vgl. z.B. BFH-Urteil vom 08.06.1994 - X R 51/91, BStBl II 1994, 779; BFH-Urteil vom 29.07.1998 - X R 54/95 und X R 50/95, BStBl II 1999, 128; BFH-Urteil vom 27.07.2000 X R 42/97, BFH/NV 2001, 307 jeweils m.w.N.).

18

Die Eigenheimförderung nach § 10 e EStG ist zum 01.01.1996 durch das Eigenheimzulagengesetz abgelöst worden, das sich jedoch weiterhin eng an den Tatbestand des § 10 e EStG anlehnt. Durch die Neuregelung sollte lediglich die bisher als Abzug von der einkommensteuerlichen Bemessungsrundlage ausgestaltete Förderung auf eine progressionsunabhängige Förderung umgestellt werden, um auch Personen mit geringem Einkommen den Erwerb von Wohnungseigentum zu erleichtern (siehe dazu Wacker, Kommentar zum EigZulG, 3. Auflage 2001, vor § 1, Rz. 01). Hierdurch hat sich jedoch an dem Zweck der Wohnungseigentumsförderung nichts geändert, nur denjenigen zu fördern, der durch Aufwendungen für eine angeschaffte/hergestellte Wohnung belastet ist. Demgemäß ist auch die Rechtsprechung des BFH zu § 10 e EStG - und damit auch zur mittelbaren Grundstücksschenkung - auf das EigZulG anwendbar (ebenso Wacker, Kommentar zum EigZulG, § 2 Rz. 100 und 157).

19

Im Streitfall geht der Senat davon aus, dass die Voraussetzungen für eine so genannte mittelbare Grundstücksschenkung vorgelegen haben. Daraus folgt, dass das FA im Einspruchsbescheid vom 14.09.2000 zutreffend nur von einem teilentgeltlichen Erwerb des Klägers ausgegangen ist. Lediglich der Eigenanteil des Klägers von 21.440 DM konnte somit in die Bemessungsgrundlage zur Berechnung der Eigenheimzulage eingehen. Den darüber hinausgehenden Betrag hat das FA zutreffend nicht in die Bemessungsgrundlage einbezogen.

20

Hinsichtlich des über dem Betrag von 21.440 DM hinausgehenden Betrages geht der Senat von einem unentgeltlichen Erwerb des Objektes aus, weil insofern die Voraussetzungen für eine mittelbare Grundstücksschenkung vorgelegen haben. Dabei kann hier dahinstehen, ob es sich um eine Schenkung im Rechtssinne handelte (§ 518 BGB) oder ob es sich um ein so genanntes Ausstattungsversprechen i.S.d. § 1624 Abs. 1 BGB handelte. In jedem Fall handelte es sich um eine unentgeltliche Zuwendung an den Kläger. Diese Zuwendung erfolgte auch zum Erwerb eines ganz bestimmten Objektes, nämlich der Eigentumswohnung "Am Ihmeufer 5". Insofern hat der Kläger selbst keine Anschaffungskosten i.S.d. § 8 Abs. 1 EigZulG gehabt. Nicht zutreffend ist insofern die Auffassung des Klägers, dass der Anschaffungskostenbegriff aus § 255 Abs. 1 HGB nicht anwendbar sei. Die Vorschrift selbst gilt unmittelbar zwar lediglich für den Bereich des Handelsgesetzbuches, sie wird jedoch - mangels einer eigenständigen Regelung - auch im Steuerrecht entsprechend angewendet. Die Vorschrift gilt im Übrigen gleichermaßen im Bereich der Gewinneinkünfte, wie auch im Bereich der Überschusseinkünfte (vgl. dazu z.B. BFH-Urteil vom 19.12.2000 - IX R 100/97, BStBl II 2001, 345; BFH-Urteil vom 26.02.2002 - IX R 20/98, BFH/NV 2002, 854 m.w.N.).

21

Danach konnte die Klage keinen Erfolg haben.

22

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).