Landgericht Aurich
Urt. v. 24.02.2004, Az.: 3 O 256/03
Bibliographie
- Gericht
- LG Aurich
- Datum
- 24.02.2004
- Aktenzeichen
- 3 O 256/03
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2004, 42410
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGAURIC:2004:0224.3O256.03.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- OLG Oldenburg - 17.06.2004 - AZ: 14 U 41/04
Fundstelle
- ZGS 2005, 40
In dem Rechtsstreit
...
wegen Wandlung
hat die 3. Zivilkammer des Landgerichts Aurich
auf die mündliche Verhandlung vom 10.02.2004
durch ...
für Recht erkannt:
Tenor:
- 1.
Die Klage wird abgewiesen.
- 2.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
- 3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe geleistet hat.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Rückabwicklung eines Pferdekaufs.
Am 05.09.2002 erwarb die Klägerin von dem Beklagten einen Hannoverschen Hengst zu einem Kaufpreis von 5.100,00 Euro.
Nach der Übergabe des Pferdes wurde das Pferd kastriert. Bis Ende Oktober 2002 befand sich das Pferd auf der Weide. Nach dem Aufstallen war das Pferd unruhig und begann, mit gespreizten Vorderbeinen den Kopf hin- und herzubewegen. In Fachkreisen nennt man diese Verhaltensweise "Weben".
Die Klägerin behauptet, das Pferd habe bereits bei Übergabe gewebt.
Sie beantragt,
1 . den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 5.100,00 Euro Zug um Zug gegen Übergabe des Hannoverschen Pferdes mit der Lebensnummer ..., Nummernbrand ... zu bezahlen;
2. festzustellen, dass sich der Beklagte mit der Rücknahme des im Antrag zu 1) bezeichneten Pferdes seit dem 06.02.2003 in Annahmeverzug befindet;
3. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 5.100,00 Euro seit dem 06.02.2003 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der ... . Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschriften vom 16.12.2003 und 10.02.2004 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Die Klägerin hat den ihr obliegenden Beweis, dass das von ihr erworbene Pferd bereits bei Gefahrübergang mangelhaft war, nämlich "webte", nicht führen können. Zwar hat der Zeuge ... bekunden können, gesehen zu haben, dass das von der Klägerin erworbene Pferd vor der Übergabe im Stall des Beklagten typisch webende Bewegungen machte, jedoch glaubt das Gericht diesem Zeugen nicht. Der Zeuge sagte erkennbar mit eigenem Interesse an dem Verfahrensausgang aus. Er war in seiner Aussage weit überdurchschnittlich mitteilsam und bekundete auch deutlich sein Interesse an dem Verfahren, da er der Klägerin das Pferd schließlich vermittelt habe. Er räumt auch selbst ein, es mit der Wahrheit im Zweifel nicht so genau zu nehmen. So erklärte er, dass im Pferdesport ohnehin viel gelogen werde, und auf den Vorhalt, dass der Beklagte ein Gespräch mit dem Zeugen ... bestreitet, in welchem der Beklagte zugesagt haben soll, dass es sich bei den von dem Zeugen festgestellten webenden Bewegungen nicht um ein "Weben" handeln sollte: "Das kann ich verstehen. Ich würde es ja auch nicht zugeben." Letztlich konnte er nicht in einer für das Gericht nachvollziehbaren Weise erklären, warum er denn als Reitlehrer und Pferdekenner trotz seiner Feststellung "einer typisch webenden Bewegung" und seiner Erkenntnis, dass in Pferdekreisen viel gelogen werde, der Klägerin zu dem Kauf des Pferdes geraten habe. Aufgrund dessen wäre es auch geboten gewesen, den die Ankaufsuntersuchung durchführenden Tierarzt ausdrücklich die Frage des Webens klären zu lassen. Der untersuchende Arzt Dr. ... hat aber schriftlich mitgeteilt, dass die Frage des Webens nicht zum Untersuchungsumfang gehörte.
Letztlich in Übereinstimmung mit dieser Würdigung, jedoch ohne dass es noch darauf ankäme, belegen die Aussagen der Zeugen ..., die sich die Pferde des Beklagten in der fraglichen Zeit angeschaut bzw. betreut hatten, das sie ein Weben nicht gesehen haben, obwohl es ihnen normalerweise aufgefallen wäre. Die Aussage des Zeugen ... ist unergiebig.
Eine Beweislastumkehr zugunsten der Klägerin gemäß § 476 BGB kommt vorliegend nicht in Betracht. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Vorschriften der §§ 474 ff. BGB n.F. überhaupt zur Anwendung kommen, der Beklagte also als Unternehmer im Sinne des § 14 BGB anzusehen ist. Denn gemäß § 476 2. Halbsatz BGB ist vorliegend aufgrund der Besonderheit des Mangels eine Vermutung dahingehend ausgeschlossen, dass der innerhalb der ersten 6 Monate nach Gefahrübergang auftretende Mangel bereits bei Gefahrübergang vorgelegen hat, denn bei dem "Weben" eines Pferdes handelt es sich nach den Ausführungen des Sachverständige ... um eine Verhaltensauffälligkeit bei Pferden, die in der Regel durch ein Initialtrauma hervorgerufen wird. Solche Initialtraumata können Änderungen in der Lebenssituation sein wie Stallwechsel, Absetzen von der Mutter, Trainingsbeginn oder auch Kastration. Ein nachträgliches Feststellen, ab wann das Weben einsetzte, ist nicht möglich. Da gerade der Verkauf des Pferdes mit dem einhergehenden Stallwechsel ein solches Initialtrauma darstellen kann, vorliegend noch hinzukommt, dass das Pferd nach der Übergabe kastriert wurde, bestehen hinreichende Anhaltspunkte für eine Ausnahme von der gemäß § 476 BGB möglichen Beweislastumkehr, denn die vorliegend gegebenen potentiellen Initialtraumata, die aufgrund oder nach Gefahrübergang einsetzten, lassen eine Beweislastumkehr zulasten des Verkäufers unbillig erscheinen.
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 11,711 ZPO.