Landgericht Aurich
Urt. v. 14.05.2004, Az.: 3 O 1499/03

Bibliographie

Gericht
LG Aurich
Datum
14.05.2004
Aktenzeichen
3 O 1499/03
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2004, 50891
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

nachfolgend
OLG Oldenburg - 07.09.2004 - AZ: 9 U 45/04

Das Urteil des Oberlandesgerichts Oldenburg (9 U 45/04) vom 07.09.2004 hat die landgerichtiche Entscheidung aufgehoben.

Tenor:

1. Die Klage wird für zurückgenommen erklärt.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar

Tatbestand:

Die Klägerin macht gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche aus einem Seetransport geltend.

Die Klägerin war Eigentümerin der Yacht „A. M.“. Sie beauftragte die Beklagte, die Yacht von F. s. M., Frankreich aus nach S. M., Ndl. Antillen zu transportieren. Die Beklagte hat mit Konnossement vom 04.01.2003 die einwandfreie Übernahme der Yacht bestätigt. Der Transport erfolgte vereinbarungsgemäß an Deck des Schiffes B. S., dessen Eignerin die Beklagte ist. Aus ungeklärten Umständen ist die Yacht auf dem Transport im Atlantik am oder um den 18.01.2003 von Deck ins Meer gestürzt und gesunken.

Auf die Einrede der mangelnden Prozesskostensicherheit der Beklagten hat das Landgericht mit Beschluss vom 08.01.2004 der Klägerin aufgegeben, Prozesskostensicherheit in Höhe von 77.091,05 € zu leisten. Auf eine Gegenvorstellung der Beklagten vom 29.01.2004 änderte die Kammer ihren Beschluss und erhöhte die zu zahlende Prozesskostensicherheit mit Beschluss vom 05.02.2004 auf 100.200,05 € unter Fristsetzung bis zum 01.03.2004. Am 12.05.2004 legte die Klägerin dem Gericht ein als „Guarantee“ überschriebene Erklärung der Nebenintervenientin zu 1) vom 11.05.2004 vor, mit welcher diese die Zahlung der festgesetzten Prozesskostensicherheit garantiert. Auf den Inhalt der Erklärung wird Bezug genommen.

Die Klägerin rügt die Form der gerichtlichen Entscheidung. Sie ist der Ansicht, eine Prozesskostensicherheit hätte nicht durch Beschluss festgesetzt werden dürfen, da die Frage der Verpflichtung zur Leistung von Prozesskostensicherheit streitig sei. Im übrigen sei ihr im Hinblick auf die Einrede kein rechtliches Gehör gewährt worden. Sie vertritt die Ansicht, nicht zur Leistung von Prozesskostensicherheit verpflichtet zu sein, da aufgrund der Verwaltung der Klägerin durch die Yachtmanagementfirma C. & N. A., Frankreich als Sitz der Klägerin gilt.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen,

1. an die Klägerin US$ 5.062.500,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

2. der Klägerin jeden weiteren Schaden zu ersetzen, der durch das Überbordgehen der Yacht „A. M.“ von der B. S. am oder um dem 18.01.2003 entstanden ist.

Die Beklagte beantragt,

1. die Klage für zurückgenommen zu erklären

2. die Klage abzuweisen.

Sie erhebt die Einrede der mangelnden Prozesskostensicherheit.

Sie meint, Schadensersatzansprüche seien im Hinblick auf den Inhalt des Konnossements ausgeschlossen.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage war gemäß § 113 Satz 2 ZPO mangels Leistung der Prozesskostensicherheit für zurückgenommen zu erklären.

Die Einrede der mangelnden Prozesskostensicherheit greift durch. Die Klägerin war gemäß § 110 ZPO auf der Grundlage des Beschlusses des Landgerichts vom 05.02.2004 gehalten, Prozesskostensicherheit zu leisten.

Die Voraussetzungen, unter denen eine Partei Sicherheit zu leisten hat, liegen in der Person der Klägerin vor. Sie hat ihren Sitz nicht in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum. Aus einem deutsch-britischen Abkommen ergibt sich kein Ausschluss der Anwendbarkeit des § 110 ZPO. Obwohl die Brit. Virgin Islands zu den britischen Überseegebieten gehören, unterfallen Einwohner oder Firmen der Brit. Virgin Islands nur dann den Regelungen für Mitgliedsstaaten der Europäischen Union, wenn der Wohnsitz / Sitz im Gebiet der Bundesrepublik gelegen ist (vgl. Abkommen über den deutsch-britischen Rechtsverkehr BGBl. 1960 II, 1518, Anlage [Nr. 8] in Verbindung mit RGBl. II, 1928, 623, 629 [Artikel 14]). Einen Sitz im Inland hat die Klägerin jedoch nicht dargelegt.

Auch der Einwand der Klägerin, sie habe ihre Verwaltung in A./Frankreich und damit ihren Sitz in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union, greift nicht durch. Der Sitz der Verwaltung ist für den Sitz der Firma gemäß § 17 ZPO nur maßgebend, wenn ein ansonsten zu bestimmender Sitz fehlt. Vorliegend liegt kein Zweifelsfall vor, da ausweislich der Klageschrift die Klägerin eine vollständige Anschrift auf den Brit. Virgin Islands vorweist. Insofern kann die Frage, ob in Frankreich eine nichtfranzösiche Firma ihre Verwaltung haben kann, ohne dass die Firma in einer französischen Rechtsform betrieben wird, dahingestellt bleiben.

Der Einwand der Klägerin, das Gericht habe nicht durch Beschluss entscheiden dürfen, ist unzutreffend (vgl. Bork in Stein-Jonas, ZPO, 21. Auflage, § 112 Rn. 2). Es kann dahingestellt bleiben, ob im Falle eines Streites der Parteien über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 110 ZPO durch Zwischenurteil zu entscheiden gewesen wäre. Denn die Kammer konnte davon ausgehen, dass die Einrede unbestritten ist. Die Klägerin hatte zwischen dem nach normalen Postlauf spätestens am 28.11.2003 zu erwartenden Zugang des Schriftsatzes der Beklagten vom 26.11.2003 und der Beschlussfassung der Kammer vom 08.01.2004 auch hinreichend Gelegenheit, auf die Einrede der mangelnden Prozesskostensicherheit der Beklagten zu reagieren. Ein Zeitraum von mehr als 5 Wochen erscheint diesbezüglich auch unter Berücksichtigung des Sitzes der Klägerin ausreichend, insbesondere im Hinblick darauf, dass es sich um eine formelle Vorfrage handelt, die keiner umfangreichen Tatsachenfeststellung bedurfte. Da eine Reaktion unterblieb, konnte die Kammer davon ausgehen, dass Einwendungen gegen die Prozesskostensicherheit nicht bestanden.

Die festgesetzte Prozesskostensicherheit hat die Klägerin nicht in der erforderlichen Form geleistet. Mangels gerichtlicher Anordnung wäre es gemäß § 108 Abs. 1 Satz 2 ZPO ausreichend, die Sicherheit durch schriftliche, unwiderrufliche unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts oder durch Hinterlegung von Geld oder geeigneten Wertpapieren zu erbringen. Diese Voraussetzungen erfüllt die „Guarantee“ der Nebenintervenientin zu 1) nicht. Weder handelt es sich bei der Nebenintervenientin zu 1) um ein Kreditinstitut noch ist ersichtlich, dass sie in Deutschland einen Geschäftsbetrieb unterhält. Dem in englischer Sprache abgefassten Text lässt sich auch nicht entnehmen, dass die Garantie unwiderruflich, unbefristet und unbedingt erfolgt.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 709 ZPO.