Verwaltungsgericht Braunschweig
Beschl. v. 18.05.2004, Az.: 5 B 89/04

American Staffordshire Terrier; Gleichheitsgrundsatz; Hundesteuer; Kampfhund; Nachbesserungspflicht; Steuersatz

Bibliographie

Gericht
VG Braunschweig
Datum
18.05.2004
Aktenzeichen
5 B 89/04
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2004, 50594
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

- Die Erhebung einer erhöhten Hundesteuer für Kampfhunde ist zulässig.

- Zur Vereinbarkeit mit Art. 3 Abs. 1 GG

- Zur Nachbesserungspflicht des Normgebers

Tenor:

Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 120,00 € festgesetzt.

Gründe

1

I. Der Antragsteller begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage (5 A 88/04) gegen die Festsetzung einer erhöhten Hundesteuer für seinen American-Staffordshire-Terrier-Mischling namens „C.“.

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Der Antragsteller schaffte sich am 30. November 2003 einen im Oktober 2001 geborenen American-Staffordshire-Terrier an, meldete diesen am 28. Dezember 2003 an und bat um vierteljährliche Zahlungsweise. Durch Abgabenbescheid der Antragsgegnerin vom 24. Februar 2004 wurde für diesen Hund eine jährliche Hundesteuer in Höhe von 600,00 € bei monatlicher Zahlungsweise festgesetzt. Durch Schreiben vom 26. Februar 2002 stellte der Antragsteller einen Antrag auf Ermäßigung der Hundesteuer und berief sich darauf, dass er nur Arbeitslosengeld beziehe. Diesen Antrag lehnte die Antragsgegnerin durch Bescheid vom 26. Februar 2004 ab. Mit Schreiben vom 26. Februar 2004 legte der Antragsteller Widerspruch gegen den Abgabenbescheid vom 24. Februar 2004 ein. Zur Begründung führte er aus, dass sich die Rechtslage in Niedersachsen zum 1. Oktober 2003 geändert habe und es seither laut dem Gefahrtiergesetz keine speziellen sog. Kampfhunde mehr gebe. Deshalb sei die Hundesteuersatzung der Antragsgegnerin, die noch eine Kampfhundaufstellung enthalte, rechtswidrig. Daneben beantragte der Antragsteller die Stundung des Differenzbetrages zwischen der normalen Hundesteuer in Höhe von 120,00 € und der erhöhten Steuer von 600,00 € bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens und eines evtl. Klageverfahrens. Durch Widerspruchsbescheid vom 15. März 2004 wies die Antragsgegnerin den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass der Hund erst nach dem maßgeblichen Stichtag 4. Juli 2000 angeschafft worden sei und deshalb dem erhöhten Steuersatz unterliege. Die Änderung des Niedersächsischen Hundegesetzes, das ausschließlich ordnungsrechtliche Angelegenheiten betreffe, berühre die hundesteuerrechtlichen Regelungen nicht. Durch weiteren Bescheid vom 16. März 2004 lehnte die Antragsgegnerin die begehrte Stundung ab.

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Am 23. März 2004 hat der Antragsteller den Verwaltungsrechtsweg beschritten und neben der Klage gegen den o.a. Widerspruchsbescheid um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht. Zur ergänzenden Begründung bezieht er sich auf niedrigere Hundesteuersätze in den Städten Salzgitter, Wolfsburg, Peine und Gifhorn.

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Der Antragsteller beantragt sinngemäß,

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die aufschiebende Wirkung seiner Klage (5 A 88/04) gegen den Abgabenbescheid der Antragsgegnerin vom 24. Februar 2004 in der Gestalt ihres Widerspruchsbescheides vom 15. März 2004 anzuordnen.

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Die Antragsgegnerin beantragt,

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den Antrag abzulehnen.

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Zur Begründung führt sie neben der Wiederholung der Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden aus, dass die rechtliche Zulässigkeit der Erhebung einer erhöhten Steuer für das Halten von Kampfhunden durch das Urteil des Bundesverwaltungsgericht vom 10. Oktober 2001 – 9 BN 2/01 – bestätigt worden sei. Eine Unzulässigkeit lasse sich nicht aus der Entscheidung über die Niedersächsische Verordnung über das Halten gefährlicher Tiere herleiten.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakte dieses Verfahrens und des Verfahrens 5 A 88/04 sowie auf den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Antragsgegnerin Bezug genommen. Diese Unterlagen sind ihrem wesentlichen Inhalt Gegenstand der Entscheidung gewesen.

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II. Der nach § 80 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 VwGO vorgesehene Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der anhängigen Anfechtungsklage, hat keinen Erfolg.

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Dabei kann offen bleiben, ob dieser Antrag nicht bereits nach § 80 Abs. 6 VwGO unzulässig ist, weil der Antragsteller nicht zuvor ausdrücklich einen erfolglosen Antrag bei der Antragsgegnerin auf Aussetzung der Vollziehung gemäß § 80 Abs. 4 VwGO gestellt hatte. Es bedarf insoweit keiner Entscheidung, ob der Stundungsantrag des Antragstellers geeignet ist, den Antrag nach § 80 Abs. 4 VwGO zu ersetzen, oder ob die Antragsgegnerin den Stundungsantrag zugleich auch als Antrag nach § 80 Abs. 4 VwGO hätte werten müssen. Denn der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat bei der gebotenen summarischen Überprüfung in der Sache keine Aussicht auf Erfolg.

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In dem hier vorliegenden Fall des § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, d.h. der Anforderung öffentlicher Abgaben und Kosten, wozu auch die Erhebung von Hundesteuer gehört, kann der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung (§ 80 Abs. 5 VwGO) nur Erfolg haben, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Diese Voraussetzungen liegen hier jedoch nicht vor.

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Ernstliche Zweifel gegen die Rechtmäßigkeit des Abgabenbescheides vom 24. Februar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. März 2004 bestehen nicht.

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Rechtsgrundlage für die Erhebung des streitigen „Kampfhundesteuersatzes“ ist § 3 Abs. 1 und 4 NKAG i.V.m. § 3 der Hundesteuersatzung der Antragsgegnerin vom 10. Dezember 1996 (Amtsblatt für die Stadt Braunschweig, S. 41), geändert durch die hier maßgebende Erste Änderungssatzung vom 4. Juli 2000 (Amtsblatt für die Stadt Braunschweig, S. 27) sowie Zweite Änderungssatzung vom 14. November 2000 (Amtsblatt für die Stadt Braunschweig, S. 80), zuletzt bezüglich der Steuerhöhe angepasst durch Dritte Änderungssatzung vom 10. Dezember 2002 (Amtsblatt für die Stadt Braunschweig, S. 239).

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Nach § 3 Abs. 1 a) Hundesteuersatzung beträgt die Jahressteuer für den ersten Hund 120,00 €, dagegen nach § 3 Abs. 1d) Hundesteuersatzung für den ersten Kampfhund, der nach dem 4. Juli 2000 angeschafft wurde, 600,00 €. In § 3 Abs. 3 Hundesteuersatzung ist der Begriff des Kampfhundes wie folgt definiert:

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„Kampfhunde im Sinne von Absatz 1 Buchstaben d) und e) sind solche Hunde, bei denen nach ihrer besonderen Veranlagung, Erziehung und/oder Charaktereigenschaft die erhöhte Gefahr einer Verletzung von Personen besteht oder von denen eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgehen kann. Kampfhunde im Sinne dieser Vorschrift sind jedenfalls:

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a) Bullterrier,

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b) American Staffordshire Terrier,

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c) Pit Bull Terrier,

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d) Rottweiler,

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e) Fila Brasileiro,

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f) Kaukasischer Owtscharka,

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g) Mastiff,

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h) Mastino Espanol,

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i) Mastino Napoletano,

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j) Staffordshire Bullterrier,

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k) Tosa-Inu,

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l) Bullmastiff,

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m) Dogo Argentino,

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n) Dobermann,

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o) Kreuzungen mit Hunden der Buchstaben a) bis n),”

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In Anwendung dieser Vorschriften liegen die Voraussetzungen für die Erhebung des erhöhten Hundesteuersatzes von jährlich 600,00 € vor. „D.“ ist vom Antragsteller nämlich nach dem 4. Juli 2000 angeschafft worden; auf den Zeitpunkt der Geburt des Tieres kommt es nach dem eindeutigen Wortlaut der Satzung nicht an. Außerdem ist „D.“ nach der Aufzählung in § 3 Abs. 3 Satz 2 Buchstaben b) und o) ein Kampfhund im Sinne der Hundesteuersatzung. Zwar folgt die dazu erforderliche „Kampfhunde“eigenschaft des American Staffordshire Terriers nicht schon aus § 3 Abs. 3 Satz 1 Hundesteuersatzung. Nach der Systematik sowie dem Sinn und Zweck erfasst diese Bestimmung nur diejenigen Hunde, die sich im Einzelfall unabhängig von ihrer Rassezugehörigkeit als (individuell) gefährlich erwiesen haben. Denn diejenigen Hunde, bei denen kraft ihrer Rassezugehörigkeit die „Kampfhundeeigenschaft“ vermutet wird, sind abschließend in § 3 Abs. 3 Satz 2 Hundesteuersatzung erfasst, während Satz 1 zur Wahrung des Gleichheitssatzes nach Art. 3 Abs. 1 GG (vgl. Urteil des Nds. OVG v. 5.8.2002 – 13 L 4102/00 – NST-N 2002, 319 f) ergänzend nach Art einer Generalklausel individuell gefährliche Hunde als Kampfhunde einstuft. Im Gegensatz zu der durch Urteil des erkennenden Gerichts vom 19. November 2002 – 5 A 187/01 – beurteilten Hundesteuersatzung der Stadt Salzgitter sieht die Hundesteuersatzung der Antragsgegnerin nicht eine Regelung vor, wonach eine Ermäßigung des erhöhten „Kampfhundesteuersatzes“ auf den „Grund“-Steuersatz greift, wenn nachgewiesen ist, dass von dem jeweiligen Hund keine gesteigerte Aggressivität und Gefährlichkeit gegenüber Menschen oder Tieren ausgeht. Deshalb sind die diesbezüglichen Ausführungen im Urteil vom 19. November 2002 – 5 A 187/01 – auch nicht übertragbar. Eine entsprechende Regelung ist aus Rechtsgründen auch nicht geboten.

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Die demnach für die Erhebung des erhöhten Hundesteuersatzes von 600,00 € maßgebenden Vorschriften des § 3 Abs. 1 d) i.V.m. Abs. 3 Satz 2 Hundesteuersatzung sind auch wirksam.

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Der Wirksamkeit dieser Regelungen steht nicht entgegen, dass in Niedersachsen keine gefahrenabwehrrechtliche Vorschrift mehr besteht, die auf „Kampfhunde“ abstellt, die in einer Rasseliste zusammengestellt sind (vgl. NHundG vom 12.12.2002 – GVBl. S. 2 – i.d.F. des Änderungsgesetzes vom 30.10.2003 – GVBl. S. 367). Denn die Rechtsgrundlage für den Erlass hundesteuerrechtlicher Regelung ist nach den obigen Ausführungen nicht das Gefahrenabwehrrecht, sondern die dort genannte Vorschriften des Niedersächsischen Kommunalabgabengesetzes. Im Gegensatz zu einer konkreten Gefahr, die grundsätzlich für ein gefahrenabwehrrechtliches Eingreifen erforderlich ist (vgl. z.B. § 11 i.V.m. § 2 Nr. 1a NSOG), ist es beim Erlass hundesteuerrechtlicher Vorschriften nicht zu beanstanden, wenn im Rahmen der Lenkungswirkung dieser Regelungen auf abstrakte Gefahren abgestellt wird, die ihren Ausdruck in einer Liste von Hunderasse finden. Der Satzungsgeber darf aufgrund des ihm zustehenden Gestaltungs- und Typisierungsspielraums eine Liste von solchen Hunden aufstellen, für die die „Kampfhundeeigenschaft“ unwiderleglich vermutet und sodann das Halten solcher  Hunde wegen einer gesteigerten abstrakten Gefährlichkeit mit einem erhöhten Steuersatz belegt wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10.10.2001 – 9 BN 2.01DVBl. 2002, S. 67, unter Bezugnahme auf Urteil vom 19.1.2000 – 1 C 8.99 – BVerwGE  110, 265 – m.w.N.). Es muss aber gewährleistet sein, dass auch andere Hunde, die nicht zu den ausdrücklich genannten Rassen gehören, die aber wie diese wegen ihrer Bissigkeit eine erhöhte Gefahr für Dritte darstellen, dem erhöhten Steuersatz unterfallen (vgl. Nds. OVG, Urt. vom 5. August 2002 – 13 L 4102/00, aaO.). Der zuletzt genannten Forderung ist die Antragsgegnerin durch die Generalklausel in § 3 Abs. 3 Satz 1 Hundesteuersatzung gerecht geworden.

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Die Regelung über die erhöhte Besteuerung von Kampfhunden verstößt auch nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG.

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Eine Ungleichbehandlung liegt nicht schon dann vor, wenn unterschiedliche Normgeber bzw. Hoheitsträger, wie z.B. die vom Antragsteller genannten Nachbarstädte von Braunschweig, unterschiedliche Hundesteuersatzungen erlassen haben, da der Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG nur jeweils denselben Normgeber bindet, aber nicht unterschiedliche.

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Es verstößt auch nicht gegen Art 3 Abs. 1 GG, dass die Antragsgegnerin nur für die nach dem 4. Juli 2000 angeschafften Kampfhunde einen erhöhten Steuersatz vorsieht. Es ist sachgerecht, diesen Zeitpunkt zur Abgrenzung zu verwenden, da am 4. Juli 2000 die Erste Satzung zur Änderung der Hundesteuersatzung erlassen wurde, durch die der Kampfhundbegriff eingeführt wurde. Somit werden nur die Hundehalter erfasst, die sich nach Inkrafttreten der Neuregelung einen Kampfhund angeschafft haben. Dabei ist es ohne Bedeutung, ob ein Tier schon vor diesem Stichtag geboren wurde, da die Hundesteuersatzung allein auf das Halten eines Hundes abstellt.

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Auch in der unterschiedlichen Behandlung von „Kampfhunden“ und sonstigen Hunden liegt kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Dabei ist insoweit nur auf die Rechtmäßigkeit der Regelung hinsichtlich der Hunderasse „American Staffordshire Terrier“ abzustellen, da in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der die Kammer folgt, zutreffend anerkannt ist, dass nach dem Sinn und Zweck einer solchen „Rasseliste“ in einer Hundesteuersatzung die Regelung selbst dann, wenn hinsichtlich anderer dort aufgeführter Rassen die Einbeziehung wegen Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG rechtswidrig sein sollte, die Regelung hinsichtlich der übrigen Rassen nach dem mutmaßlichen Willen des Satzungsgebers unverändert Bestand hat (vgl. nur Urteil des Bundesverwaltungsgerichts v. 19.1.2000 – 11 C 8/99 - BVerwGE 110, 265 ff, Ziffer 2 c) der Gründe gerade für Bullterrier). Es spricht unter Auswertung der auch bereits im Verfahren 5 A 187/01 gewürdigten Unterlagen nichts dafür, dass für Hunde der Rasse „American Staffordshire Terrier“ im Jahr 2000, als die Antragsgegnerin hierfür eine „Kampfhundesteuer“ einführte, die dieser Satzung zu Grunde liegende Annahme einer rassebedingten vermuteten Gefährlichkeit nicht mit Art. 3 Abs. 1 GG im Einklang stand. So hat auch das Bundesverwaltungsgericht im o.a. Beschluss vom 10.10.2001 – 9 BN 2.01 –gerade bezüglich der Aufnahme der Hunderasse „American Staffordshire Terrier“ in die Rasseliste einen Verstoß gegen Art. 3 Abs 1 GG verneint. Auch das Bundesverfassungsgericht hat wiederholt bezüglich der Rasse „American Staffordshire Terrier“ sogar bei der Überprüfung ordnungsrechtlicher Maßnahmen festgestellt, dass es mit Art 3 Abs. 1 GG vereinbar ist, wenn zur Bestimmung der Gefährlichkeit eines Hundes dieser Rasse an die Zugehörigkeit zu dieser Rasse angeknüpft wird, weil es hinreichend sichere Anhaltspunkte dafür gibt, dass solche Hunde für Leib und Leben von Menschen in besonderer Weise gefährlich sind. Auch die Annahme, dass bei Hunden anderer Rassen wie dem Deutschen Schäferhund eine geringere Gefährlichkeit gegeben ist, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (BVerfG, Beschluss vom 29. März 2004 – 1 BvR 492/04 – unter Bezugnahme auf Urteil vom 16. März 2004 – 1 BvR 1778/01 zum Bundesgesetz zur Bekämpfung gefährlicher Hunde vom 12. April 2001 – BGBl. I S.530 – sowie weitere Beschlüsse vom 29. März 2004 in den Verfahren 1 BvR 1770/02 und 1 BvR 1891/02 – alle recherchiert unter www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen).

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Allerdings ist der Satzungsgeber – wie jeder Normgeber – gehalten, das Beißverhalten von Hunden zu beobachten und gegebenenfalls neu zu bewerten und die maßgebende Norm den neuen Erkenntnissen anzupassen (BVerfG, Beschluss vom 29. März 2004 – 1 BvR 492/04 aaO). Ist der Satzungsgeber bei Erlass seiner Satzung von einem zutreffend bewerteten Tatsachenmaterial hinsichtlich der Gefährlichkeit einer Hunderasse ausgegangen, so trifft ihn eine Pflicht zur Nachbesserung (vgl. Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts v. 18.10.2002 – 13 LA 246/02 -) „nur dann, wenn eine ursprünglich verfassungsgemäße Regelung wegen zwischenzeitlicher Änderung der Verhältnisse verfassungsrechtlich untragbar geworden ist“ und durch weiteres Untätigbleiben die in den Grundrechten verkörperten Grundentscheidungen evident verletzt würden (vgl. Beschluss der 2. Kammer des ersten Senats des BVerfG vom 26.10.1995 – 1 BvR 1348/95 – NJW 1996, 651, sowie ergänzend zu den Voraussetzungen für eine Nachbesserungsverpflichtung des Normgebers Stettner, DVBl 1982, 1123 ff, und der Beschluss des Saarländischen Verfassungsgerichtshof vom 27. April 1992 – Lv 2/90 – NVwZ-RR 1993, 424 ff., Nr. 2c, mwN). Die Nachbesserungspflicht schließt also nicht generell eine fortlaufende Aktualisierung der Norm durch den Normgeber ein, sondern sie konkretisiert sich erst dann, wenn die Verfassungswidrigkeit einer Norm erkannt oder doch jedenfalls deutlich erkennbar wird (vgl. Urteil des BVerfG v. 28.5.1993 – u.a. 2 BvF 2/90 - BVerfGE 88, 203, 309, 310).

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Daran gemessen sind die streitigen Regelungen in § 3 der Hundesteuersatzung der Antragsgegnerin nicht zu beanstanden. Wie das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteilen vom 03.07.2002 ( - 6 CN 5–8/01 -, DVBl. 2002, 1562 ff) zur Niedersächsischen Gefahrtierverordnung (GefTVO) vom 5. Juli 2000 (GVBl. S. 149) ausgeführt hat, lässt sich zwar nach dem jetzigen Erkenntnisstand der Fachwissenschaft aus der Zugehörigkeit zu einer Rasse, Typ oder einer entsprechenden Kreuzung allein die Gefährlichkeit von Hundeindividuen nicht ableiten. Es besteht aber (unverändert) der Verdacht, dass Hunde der in Rede stehenden Rasse bzw. des in Rede stehenden Typs ein genetisch bedingtes übersteigertes Aggressionsverhaltens ausweisen, wobei in der Wissenschaft umstritten ist, welche Bedeutung diesem Faktor neben zahlreichen Ursachen – Erziehung und Ausbildung des Hundes, Sachkunde und Eignung des Halters sowie situative Einflüsse - für die Auslösung aggressiven Verhaltens zukommt. Weder aussagekräftige Statistiken noch sonstiges belastbares Material noch genetische Untersuchungen lägen dazu vor. Nach den der Kammer vorliegenden Unterlagen, die bereits im Urteil vom 19. November 2002 – 5 A 187/01 gewürdigt wurden, ist insoweit zu ergänzen, dass auch nach in der Schweiz durchgeführten Studien (vgl. www. bvet.ch/medien-info zu den Ergebnissen einer vom schweizerischen Bundesamt für Veterinärwesen BVET unterstützten Studie aus den Jahren 2000 und 2001 zu Hundebissen in der Schweiz) für die Frage der Gefährlichkeit eines Hundes die Rassezugehörigkeit nicht das prägende Merkmal ist. Umgekehrt wird jedoch festgestellt, dass nicht nur in absoluten, sondern auch in relativen Zahlen Hunde bestimmter Rassen öfter durch Aggressivität auffallen als andere Rassen, es sich also bei der Anknüpfung an die Rassezugehörigkeit für eine vermutete abstrakte Gefährlichkeit jedenfalls nicht um ein erwiesener Maßen vollkommen ungeeignetes Merkmal handelt. Für die hier betroffene Rasse der American Staffordshire Terrier gilt nichts anderes.

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Auch durch die von der Antragsgegnerin festgesetzte monatliche Zahlungsweise wird der Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzt. Diese monatliche Zahlungsweise ist in § 11 Abs. 2 Hundesteuersatzung ausdrücklich vorgesehen. Auf Antrag kann die Zahlungsweise ohne Einschränkungen auch auf die im Vordruck vom Antragsteller angekreuzte vierteljährliche Zahlungsweise umgestellt werden. Es wird in diesem Zusammenhang jedoch angeregt, im Vordruck „Hundeanmeldung“ zukünftig auch die monatliche Zahlungsweise zu erwähnen.

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Es liegen auch unter Berücksichtigung der finanziellen Verhältnisse des Antragstellers keine Umstände vor, aus denen sich im Sinne des § 80 Abs. 4 Satz 3 2. Alternative VwGO ergeben könnte, dass die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung zur Höhe des Streitwertes aus §§ 13 Abs. 1, 20 Abs. 3 VwGO, wobei im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ein Viertel des im Hauptsacheverfahren maßgeblichen Streitwertes angenommen wird, d.h. hier ein Viertel der im Streit befindlichen Steuerdifferenz von 480,00 €, somit 120,00 € (vgl. Ziffer I.7 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, abgedruckt bei Kopp/Schenke, VwGO bei § 189).