Verwaltungsgericht Osnabrück
Urt. v. 17.11.2009, Az.: 1 A 159/09

Bonuskarte; Kartensteuer; Umgehung; Vergnügungssteuer; Verzehrverbilligung

Bibliographie

Gericht
VG Osnabrück
Datum
17.11.2009
Aktenzeichen
1 A 159/09
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2009, 44501
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGOSNAB:2009:1117.1A159.09.0A

Amtlicher Leitsatz

Eine Chipkarte, für die der Besucher einer Diskothek beim Ausgang ein Entgelt zu entrichten hat, die wärehend des Besuchs der Diskothek zur Speicherung des - wegen der Entgeltlichkeit verbilligten - Verzehrs dient, ist eine "Eintrittskarte" oder ein "sonstiger Ausweis" und deshalb vorrangiger Anknüpfungspunkt für die Erhebung der Vergnügungssteuer.

Tenor:

  1. Die Klage wird abgewiesen.

  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

  3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

  4. Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung zu einer Vergnügungssteuer in Form der Kartensteuer.

2

Die Klägerin betreibt u.a. in D. eine Diskothek. Sie wurde in den vergangenen Jahren durch die Beklagte zu Vergnügungssteuer für die Durchführung von Tanzveranstaltungen herangezogen. Dabei legte die Beklagte in der Vergangenheit der Bemessung einen Pauschalsatz orientiert an der Tanzfläche zugrunde, die die Beteiligten übereinstimmend mit 360,71 m2 angeben. Unter Zugrundlegung dieser Fläche wurde in der Vergangenheit je Quartal ein Betrag von 1 295,- EUR als Vergnügungssteuer erhoben. Offenbar veranlasst durch das Verfahren 1 B 46/08 der Kammer überprüfte die Beklagte die Grundlage der Heranziehung der E. Diskotheken und hörte die Beklagte im August 2008 zu ihrer Annahme an, die Klägerin erhebe als Zugangsberechtigung zu ihren Veranstaltungen grundsätzlich Eintritt. Die Klägerin erläuterte der Beklagten das bei ihr eingesetzte Bonuskartensystem OPC und machte im Wesentlichen geltend, Besucher hätten bei ihr die freie Wahl zwischen insgesamt acht verschiedenen Kartenarten, die ihnen beim Eintritt nach Wahl ausgehändigt würden. Die Entgegennahme einer sog. Bonuskarte sei mit einem beim Verlassen der Diskothek zu erhebenden Entgelt in unterschiedlicher Höhe, regelmäßig in Höhe von 5,- EUR, verbunden. Dafür sei der Bonuskarteninhaber aber berechtigt, an den Theken innerhalb der Veranstaltungsfläche Getränke zum halben Preis zu erwerben. Ein Bargeldverkehr finde dort grundsätzlich nicht statt.

3

Die Beklagte zog die Klägerin durch Bescheid vom 03.03.2009 zu Vergnügungssteuern für die Zeit vom 01.08.2008 bis 31.12.2008 heran. Dabei nahm sie an, dass bei den einzelnen in diesem Zeitraum durchgeführten erhobenen Veranstaltungen jeweils 200 Besucher zugegen gewesen wären und multiplizierte die Zahl der Veranstaltungen mit angenommenen verteilten Kartenpreisen. Von den jeweiligen Karten zu 3,50 EUR setzte sie 1,05 EUR, von den Karten für 5,- EUR 1,50 EUR und von Karten für 7,- EUR 2,10 EUR sowie bei Karten für 9,- EUR 2,70 EUR für mit dem Erwerb verbundene Verzehrvergünstigungen ab. Auf den so ermittelten vergnügungssteuerpflichtigen Anteil des von ihr als Eintrittsgeld angesehenen Preises für die Bonuskarten errechnete sie den 10 %igen Steuersatz für die Veranstaltungen. So kam sie für den Zeitraum August bis Dezember 2008 zu einer Gesamtsteuer von 9 275,- EUR.

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Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Klage vom 01.04.2009. Zur Begründung macht sie über das vorprozessuale Vorbringen hinaus geltend, entsprechend ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen für die Benutzung der Karte stehe es jedem ihrer Besucher frei, sich für eine der von ihr angebotenen Kartenarten zu entscheiden. Darauf weise sie in ihrem Eingangsbereich für alle Besucher wahrnehmbar hin. Bei der Karte, die im Übrigen abgegeben werden müsste und die deshalb schon nicht "erworben" würde im Sinne von § 4 Vergnügungssteuersatzung der Beklagten, handele es sich deshalb nicht um eine Eintrittskarte, sondern um eine Rabattkarte.

5

Die Klägerin beantragt,

  1. den Bescheid der Beklagten vom 03.03.2009 aufzuheben, soweit die Klägerin darin zu mehr als einer Vergnügungssteuer nach Maßgabe der verfügbaren Tanzfläche von 360,71 EUR herangezogen worden ist.

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Die Beklagte beantragt,

  1. die Klage abzuweisen.

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Sie verteidigt den angefochtenen Bescheid und meint zur Schätzung berechtigt zu sein, weil die Klägerin aufgrund ihrer Annahme, keine Eintrittskarten zu verkaufen, keine Verpflichtung sehe, den Aufwand der Besucher und deren Zahl im maßgeblichen Zeitraum darzulegen. Sie geht davon aus - auch aufgrund der persönlichen Erfahrungen einzelner ihrer Mitarbeiter - dass die von der Klägerin aufgezeigte Wahlmöglichkeit real nicht bestehe und damit über den Preis der Bonuskarte von jedem Besucher der Tanzveranstaltungen ein Eintrittsgeld erhoben werde. In ihren Berechnungen sei sie davon ausgegangen, dass von diesem Eintrittsgeld ein Anteil von 70 v.H. für die Vergnügung enthalten sei, den sie als Bemessungsgrundlage für die Kartenssteuer zugrunde zu legen habe.

8

Im Übrigen hält sie die von der Klägerin gewählte Abrechnungsart für eine Umgehung der Steuerpflicht im Sinne von § 42 AO, mit der die Klägerin eine Gestaltung sucht, die Einfluss auf ihre Vergnügungssteuerpflicht der Höhe nach nehmen soll.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und den Verwaltungsvorgang der Beklagten Bezug genommen. Sie sind in ihren wesentlichen Bestandteilen Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage bleibt ohne Erfolg. Die Beklagte hat die Klägerin zu Recht zu einer Vergnügungssteuer in Form der Kartensteuer herangezogen (dazu A) und hätte dies auch tun, können, wenn die gewählte Form der Entgelte für eingeräumte Rabatte bei den Getränkepreisen sich auf die Vergnügungssteuer auswirkte, weil dies dann als Umgehung anzusehen wäre (dazu B).

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A. Die Heranziehung der Klägerin zu einer Vergnügungssteuer in Form der Kartensteuer beruht auf § 3 Abs. 2 Satz 1 NKAG i.V.m. der Vergnügungssteuersatzung (VStS) der Beklagten vom 06.10.2007 ( Amtsbl. 2007, S. 112 ff.). Nach deren § 1 Nr. 1  1. Variante i.V.m. § 3 Abs. 1 VStS erhebt die Beklagte Vergnügungssteuer für gewerbliche Tanzveranstaltungen gegenüber dem Unternehmer der Veranstaltung als Steuerschuldner. Nach § 4 Abs. 1 VStS wird die Steuer als Kartensteuer, Steuer nach der Veranstaltungsfläche, Steuer nach der Roheinnahme oder Spielgerätesteuer erhoben. Bei u.a. Tanzveranstaltungen i.S. § 1 Nr. 1 VStS wird gem. § 4 Abs. 2 VStS die Steuer als Kartensteuer erhoben, wenn die Teilnahme an der Veranstaltung von dem Erwerb einer Eintrittskarte oder sonstigen Ausweisen abhängig ist. Gem. § 6 Abs. 3 VStS sind von dem auf der Karte angegebenen Preis oder in dem Entgelt enthaltene Beträge für Speisen oder Getränke außer Ansatz zu lassen. Sie vermindern mithin die als Bemessungsgrundlage nach § 6 Abs. 1 VStS zugrunde zu legenden Summe aller auf den ausgegebenen Karten oder sonstigen Ausweisen angegebenen Preise.

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An dessen Stelle kann nach Satz 2 der Regelung das tatsächliche Entgelt treten, wenn dieses nachweisbar höher oder niedriger oder der Kartenpreis auf der Karte nicht angegeben ist. Bei der Erhebung der Vergnügungssteuer für Tanzveranstaltungen und andere in § 1 Nr. 1 - 3 und Nr. 6 VStS genannte Veranstaltungen ist die Kartensteuer gegenüber der noch weiter pauschalierenden, nach der Veranstaltungsfläche bemessenen Steuer nicht nur wegen der Reihenfolge der Aufzählung in § 4 Abs. 1 VStS die vorrangige Steuerform (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, U. v. 13.05.2009, -1 L 195/05 -; VG Stade, U. v. 19.10.2006, -1 A 1441/06 -). Dies folgt daraus, dass der daraus abgeleitete Maßstab deutlich wirklichkeitsnäher als die Heranziehung nach der Veranstaltungsfläche ist. Während ersterer tatsächlich erkennen lässt, in welchem Umfang der Besucher einer Veranstaltung bereit ist, aus den ihm verfügbaren Mitteln Aufwand zu betreiben, um sich zu vergnügen, knüpft der Maßstab der Vergnügungsfläche an einem davon abgeleiteten Parameter an: Er legt gleichsam zugrunde, dass auf einer feststehenden Fläche ein nur beschränkter Aufwand zum Vergnügen durch die naturgemäß begrenzte Zahl der sich dort vergnügen Könnenden betrieben werden kann. Wegen des Charakters der Vergnügungssteuer als örtlicher Aufwandssteuer im Sinne Art 105 Abs. 2a GG kommt es als innerer Rechtfertigungsgrund für ihre Erhebung darauf an, dass in dem erkennbaren Aufwand des sich Vergnügenden zum Ausdruck kommt, dass er über mehr Mittel verfügt als andere. Dies ist Grundlage und innere Rechtfertigung der Steuererhebung. Der Charakter der örtlichen Aufwandssteuer legt es deshalb nahe, vorrangig den wirklichkeitsnäheren Aufwand der sich Vergnügenden, also die Summe der entrichteten Eintrittspreise als vorrangige Bemessungsgrundlage gegenüber der pauschalierten Steuer nach der Veranstaltungsfläche für die Heranziehung des steuerpflichtigen Veranstalters zugrunde zu legen.

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Nach Auffassung des Gerichts ist der Besuch der Tanzveranstaltungen der Klägerin im Sinne des § 4 Abs. 2 der VStS davon abhängig, dass eine Eintrittskarte erworben wird.

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I. Für den Begriff des Erwerbs im Sinne § 4 Abs. 2 VStS ist - anders als die Klägerin meint - nicht erforderlich, dass die Eintrittskarte (1.) vor dem Vergnügen bezahlt wird und (2.) dem Vergnügenden verbleibt.

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1.) Der Begriff des Erwerbs i.S.v. § 4 Abs. 2 der VStS ist erkennbar nicht als zivilrechtlicher terminus technicus ausgeprägt. Im Vordergrund steht nach der Gesamtbetrachtung der Regelung der Vergnügungssteuersatzung der Beklagten der Gesichtspunkt der Entgeltlichkeit des Zugangs. Dies ergibt sich daraus, dass sie den Eintrittskarten die sonstigen Ausweise gleichsetzt, in § 6 Abs. 1 VStS auf die Preissummen der ausgegebenen Karten oder sonstigen Ausweise abstellt und sie nach Satz 2 der Regelung der Höhe des tatsächlichen Entgelts anpassen will, wenn dies nachweislich von den angegebenen abweicht. Zudem bestimmt § 6 Abs. 3 VStS die Absetzung von Beträgen für Speisen oder Getränke, von dem "angegebenen Preis" oder "Entgelt". Für die Eigenschaft als Eintrittskarte oder sonstigen Ausweis hat der Zeitpunkt der Entrichtung des Betrages keinen Einfluss. Es kommt also nicht drauf an, ob dieser sofort bei Entgegennahme der Karte gezahlt wird oder - was sich als zivilrechtliche Stundung begreifen ließe - bei Aushändigung der Karte in Abhängigkeit vom jeweiligen Kartentyp vereinbart, aber erst beim Verlassen der Diskothek und Rückgabe der Karte fällig wird. Voraussetzung ist lediglich die konditionale Verknüpfung, die Entrichtung eines Entgeltes "für" das Vergnügen bzw. den Besuch einer der in § 1 Nr. 1 - 3 und 6 VStS aufgeführten Veranstaltungen.

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2. Nicht erforderlich ist auch, dass die Karte dem Vergnügenden dauerhaft verbleibt. Aus den vorgenannten Erwägungen ergibt sich, dass der Gesichtspunkt der Entgeltlichkeit den Erwerbsbegriff prägt. Begreift man die Eintrittkarte über ihren Zweck als Zahlungsinstrument innerhalb der Diskothek hinaus als Nachweis der Berechtigung zum Besuch, der ggf. erst beim Austritt kontrolliert wird, kommt es für die Ausfüllung des Begriffes des Erwerbs nicht darauf an, dass dieser dauerhaft oder zu Eigentum verbleibt, sondern auf das bei Eintritt begründete Besitzrecht für die Dauer des Besuchs der Diskothek der Klägerin. Dies wird insbesondere dadurch verdeutlicht, dass sie nach dem Abrechnungssystem - wie die Klägerin selbst in der mündlichen Verhandlung bekundet hat - keine Gäste haben kann, die ihr Haus besuchen, ohne im Besitz einer Karte - gleich welcher Art - zu sein. Konsequent erhebt sie nach ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen auch von Besuchern, die die Diskothek verlassen, ohne eine auslesbare Karte vorlegen zu können, den in ihr verkörperten bzw. speicherbaren (Darlehns-)Höchstbetrag von 50,- EUR.

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Jeder Besucher der Klägerin erhält bei Eintritt eine Karte, behält sie während der Dauer seines Aufenthalts und entrichtet für sie - auch nach dem als zutreffend zu unterstellenden Vortrag der Klägerin in Abhängigkeit von der gewählten Kartenart - eine Gegenleistung in Geld.

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II. Die ausgeteilte Karte ist also ihrer Natur nach eine Eintrittskarte und bildet die Grundlage für die Bemessung der Vergnügungssteuer, wenn mit ihrem Erwerb der die Vergnügungssteuerpflicht letztlich auslösende Zweck verfolgt wird, nämlich die Teilnahme an der Veranstaltung. Diesen Charakter darf die Karte also nicht dadurch völlig oder zumindest maßgeblich verlieren, dass sie die Berechtigung des Besuchers ausweist, während des Besuchs der Diskothek Getränke zum "Bonus"- Preis von der Klägerin zu erwerben.

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Zulässigerweise knüpft die Beklagte die Bemessung der Steuer auch an dem Entgelt für die Bonuskarte, die die Klägerin zu Beginn des Besuchs ihrer Tanzveranstaltungen ausgibt, an. Dies findet seine Rechtfertigung zum einen darin, dass die Klägerin nach außen werbend in Erscheinung tritt und die von ihr zwar nicht bei, aber in der Außenwahrnehmung deutlich für den Zutritt Preis für ein "Ticket" erhebt. Dieser englische Begriff ist dem Eintritt gleichbedeutend und für den Adressatenkreis nichts anderes als das Entgelt für den Zutritt.

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Im Übrigen ist die Verquickung von Getränken einerseits und einem Entgelt für den Eintritt andererseits in anderer Erscheinungsform bekannt und seine vergnügungssteuerrechtliche Wirkung bei der Erhebung eines Mindestverzehrs geklärt: Die im Grunde vergnügungssteuerfreie Leistung, die zwangsweise mit dem Eintrittspreis für die Hauptleistung verknüpft ist, nimmt der Gast typischerweise als Belastung in Kauf, um dem eigentlich erwünschten Vergnügen, das der Gesamtveranstaltung das Gepräge gibt, nachzugehen (vgl. wohl zuletzt OVG Mecklenburg-Vorpommern, U. v. 13.05.2009, 1 L 195705 m.w.N.; zur Verbindung mit einem Kinoteil: OVG Lüneburg, B. v. 26.05.1998, 13 L 3443/07 und zur Verquickung des Eintritts mit einem Verzehrbon für zwei Tassen Kaffee: VG Stade, U. v. 19.10.2006, 1 A 1441/06 ). Anders als bei der Verquickung von Eintritt und Konsum in Form eines Mindestverzehrs oder Getränkegutscheins erhebt die Klägerin den Aufwand gleichsam umgekehrt wie ein negativer Mindestverzehr: Die theoretische Möglichkeit über eine beim Ausgang kostenfreie Karte wird erkauft über Getränkepreise, die mit dem Besuch der Veranstaltungen typischerweise oder prägend einhergehen. Dabei gestaltet die Klägerin ihre "Normal"-Preise exorbitant hoch, ohne dass sich ihr Angebot von dem anderer Diskotheken in Osnabrück, die regional mit ihr in Konkurrenz stehen, erkennbar nach oben abhöbe.

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Ein Preis für ein Pils vom Fass 0.3 l mit 5,- EUR ist - anders als auf der Getränkekarte bezeichnet, nicht "normal", sondern erkennbar darauf gerichtet, den Kunden für sein Vergnügen heranzuziehen, der beim Eingang zu der nahezu verschwindend kleinen Zahl derjenigen gezählt hat, die sich dafür entschieden haben, keine entgeltpflichtige Bonuskarte in Anspruch zu nehmen. Dies zieht sich wie ein roter Faden durch Getränkekarte der Klägerin. Dass mithin ein Aufwand für das Vergnügen wirtschaftlich in vergleichbarer Form über die erhöhten Getränkepreise erhoben wird, ergibt sich auch daraus, dass - soweit die Klägerin die von ihr sehr differenziert erhobenen Parameter offen gelegt hat - ihre Gäste offenbar in Unkenntnis der Gestaltungsmöglichkeiten nicht in einem relevanten Umfang die Möglichkeit nutzen, kostenlos das Tanzvergnügen in Anspruch zu nehmen und gleichwohl nur die allenfalls angemessenen Bonuspreise zu entrichten. Eine solche Gestaltung ließe sich bei jedem Besuch einer Gruppe oder eines Pärchens dadurch realisieren, dass nur einer aus der Gruppe die mit zu 50,- EUR belastbare entgeltliche Karte in Anspruch nimmt, während alle anderen ihren Getränkebedarf zunächst auf der Grundlage der einzelnen Bonuskarte decken und diese später umlegen oder intern abrechnen. Bei den Besucherzahlen für den 24.12.2008 hat keiner der Besucher von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, bei den zur Einsichtnahme vorgelegten Zahlen für die Veranstaltung vor dem Tag der mündlichen Verhandlung etwa 3 % der Gäste. Dies ist für die der Vergnügungssteuererhebung zulässigerweise zugrunde liegende teilweise typisierende Betrachtung ein zu vernachlässigender Anteil.

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Das Gericht geht deshalb davon aus, dass das von der Klägerin eingesetzte Kartensystem, geeignet ist, als Eintrittskarte oder sonstiger Ausweis wirklichkeitsnah den Aufwand abzubilden, den die sich Vergnügenden bei Tanzveranstaltungen der Klägerin haben. Aufwandsfreies Vergnügen hätte bei wertender Betrachtung nur der Gast, der eine kostenfreie Buchungskarte wählt und keinen Umsatz macht. Soweit solche auslesbar sind, könnte eine Vergnügungssteuerpflicht an deren Besuch möglicherweise nicht geknüpft werden.

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III. Die Beklagte hat diesen Aufwand auch in rechtlich nicht zu beanstandender Weise geschätzt. Grundlage der Schätzung im kommunalen Abgabenrecht ist § 11 Abs. 1 Nr. 4 lit. b NKAG i.V.m. § 162 AO. Danach hat die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen, wenn sie diese nicht ermitteln oder berechnen kann. Dies insbesondere nach Abs. 2 dann, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichende Aufklärung zu geben vermag oder weitere Auskunft oder eine Versicherung an Eides statt verweigert oder seine Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 AO verletzt. Die entsprechende Aufforderung, die für steuererheblich erachteten Umstände mitzuteilen, hat die Beklagte unter dem 04.08.2008 an die Klägerin gerichtet. Diese hat sich - im Hinblick auf ihren Rechtsstandpunkt konsequent - geweigert, weil sie meint, rechtmäßiger Weise nur nach der Veranstaltungsfläche herangezogen werden zu können.

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Die von der Beklagten zugrunde gelegten Anteile für das Vergnügen sind mit 70 v.H. im Hinblick auf die ihr eingeräumte Befugnis aus § 162 AO nicht zu beanstanden. Sie berücksichtigt erkennbar, dass ein Besucher, der für den Zugang zur Veranstaltung kein Entgelt entrichten möchte, Aufwand in besonderem und mit der Gegenleistung in keinem vertretbaren Zusammenhang stehenden Verhältnis betreiben muss. Der von der Beklagten angenommene Aufwand für das Vergnügen entspricht bei einem Ticketpreis von 5,- € in etwa den Mehrkosten für eine Flasche 0,3 l Becks-Bier oder den Differenzbetrag zwischen Bonus- und "Normal"-Preis für 0,4 l Hefeweizen. Die Beklagte geht also quasi davon aus, dass ein Besucher typischerweise lediglich ein Getränk bei der Beklagten während des Besuchs der Veranstaltungen konsumiert. Dies ist jedenfalls keine überhöhte Annahme.

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Nicht zu beanstanden ist auch die von der Beklagten angenommen durchschnittliche Zahl der Besucher. Die Klägerin erhebt die Zahl ihrer Besucher bei den jeweiligen Veranstaltungen genau und vermag sie hinsichtlich acht Parametern zu differenzieren. Gleichwohl hat sie diese Zahlen für den maßgeblichen Heranziehungszeitraum nicht vorgelegt. Die dem Gericht in Ablichtung vorgelegte Zahl für den 24.12.2008 übersteigt die Schätzung von 200 Besuchern bereits, die zur Einsichtnahme vorgelegten Auswertungen für die Veranstaltung vor der mündlichen Verhandlung überstiegen die geschätzte Besucherzahl etwa um den Faktor 3. Auch die Anzahl kann Gegenstand der Schätzung sein (vgl. zuletzt BFH, U. v. 25.08.2009, 1 R 88/07, juris Rdnr. 37, Rüsken in Klein, AO, 9. Aufl., Rdnr. 23 m.w.N.). Dass von der Klägerin gewonnene Schätzergebnis genügt jedenfalls den Anforderungen schlüssig, wirtschaftlich möglich und vernünftig zu sein (vgl. Rüsken, aaO., Rdnr. 29), zumindest überdehnt sie die angenommene Zahl der Besucher nicht in unzulässiger Weise, um abweichend von der anzunehmenden wirklichen Besucherzahl Druck auf die Klägerin auszuüben.

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Die Heranziehung der Klägerin zu einer Vergnügungssteuer in Form der Kartensteuer ist also weder dem Grunde, noch der Höhe nach zu beanstanden, weil die Voraussetzungen für eine Schätzung der Besucherzahlen und die Ermittlung des von diesen betriebenen Aufwands für das Vergnügen aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist.

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B) Die Heranziehung der Klägerin wäre auch dann aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, wenn man das von ihr eingesetzte Bonuskartensystem nicht als zulässigen Anknüpfungspunkt für die Erhebung einer Kartensteuer ansähe. Verlöre die von jedem Gast beim Ausgang vorzuweisende Chipkarte wegen des theoretisch möglichen, tatsächlich aber nur von einem allenfalls verschwindenden Anteil der Besucher genutzten Möglichkeit, eine entgeltfreie Karte zu nutzen und einen Aufwand für das Vergnügen auch nicht durch die Entrichtung überhöhter Getränkepreise zu betreiben, ihren Charakter als Eintrittskarte, stellte dies eine Umgehung des Steuertatbestandes dar, der der Beklagten die Möglichkeit eröffnete, die Klägerin so zu behandeln, als komme ihr diese Möglichkeit aufwandsfreien Vergnügens nicht zu. Grundlage dieser Erhebung ist § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. b) NKAG i.V.m. § 42 AO. Danach kann durch Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts das Steuergesetz nicht umgangen werden. Liegt ein Missbrauch vor, so entsteht der Steueranspruch so, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen rechtlichen Gestaltung entstünde (für die Gestaltung als Verzehrbon: VG Stade, U. v. 19.10.2006, aaO., VG Minden, U. v. 14.06.1985, 5 K 54/84, ZKF 1986, 12). Zwar mag die Klägerin nicht für den Besuch solcher Gäste, die weder durch den Erwerb einer Bonuskarte, noch durch die Entrichtung hoher "Normal"-Preise einen erkennbaren Aufwand für das Vergnügen bei der Tanzveranstaltung gehabt haben, zu Vergnügungssteuern heranzuziehen seien. Dies müsste anhand der umfangreich von der Klägerin erhobenen Parameter festgestellt werden, indem die beim Ausgang abgegebenen entgeltfreien Chipkarten ohne Verzehrumsatz erfasst und ausgeworfen werden. Bei den übrigen entgeltfreien Chipkarten könnte der vergnügungssteuerpflichtige Aufwand nach regelmäßig der Hälfte des dort erfassten Umsatzes bemessen werden, wenn diese nicht in gleicher Weise pauschalierend bemessen nach einer Quote von 70 % des Bonuskartenentgelts für die Bemessung der zu entrichtenden Kartensteuer anzusetzen wären.

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Eine Umgehung im Sinne § 42 AO läge mithin vor, wenn die Chipkarte wegen der theoretische Möglichkeit, das Tanzvergnügen aufwandsfrei zu besuchen, ihren Charakter als Eintrittskarte oder sonstiger Ausweis im Sinne § 4 Abs. 2 der Vergnügungssteuersatzung der Beklagten verlöre. Diese ertragsmindernde und nach den erkennbaren Nutzungsformen völlig atypische Inanspruchnahmemöglichkeit würde dann dazu führen, dass die Klägerin nicht in Form einer Kartensteuer, sondern nach der Veranstaltungsfläche heranzuziehen wäre. Diese erreicht etwa 1/7 der Höhe der wirklichkeitsnäheren Kartensteuer. Sie wäre deshalb als unzulässige Umgehung im Sinne des § 42 AO anzusehen und die Klägerin so zu behandeln, als eröffne sie diese Option nicht.

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Ob die Beklagte die Klägerin verpflichten kann, die tatsächliche Zahl ihrer Besucher und den von diesen entrichteten Bonuspreis offen zu legen, ob auch eine höhere Schätzung des Aufwandes für das Vergnügen für die Besucher oder eine höhere Zahl an Besuchern im Wege der Schätzung zulässig wäre, spielt für das Ergebnis des vorliegenden Verfahrens keine Rolle und bedarf deshalb keiner Vertiefung.