Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 12.02.2010, Az.: 6 W 17/10
Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens inÜbergangsfällen
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 12.02.2010
- Aktenzeichen
- 6 W 17/10
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2010, 16271
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGOL:2010:0212.6W17.10.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Osnabrück - 25.11.2009 - AZ: 3 O 2495/08
Rechtsgrundlagen
- Nr. 2300 VV RVG
- Nr. 3100 VV RVG
- Teil 3 Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG
- § 60 Abs. 1 S. 1 RVG
- § 15a RVG
Fundstellen
- JurBüro 2010, 421
- RVGreport 2010, 305
Amtlicher Leitsatz
Anrechnung der vorgerichtlich entstandenen 1,3 Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr (im Anschluss an BGH XII ZB 175/07, Beschluss vom 09.12.2009).
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten vom 21.01.2010 wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Osnabrück vom 04.01.2010 geändert und wie folgt neu gefasst:
Die von dem Kläger an den Beklagten auf Grund des Urteils des Landgerichts Osnabrück vom 25.11.2009 (3 O 2495/09) zu erstattenden Kosten werden auf 1.201,25 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 04.12.2009 festgesetzt.
Der Kläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Beschwerdewert wird auf 487,50 € festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Prozessbevollmächtigte vertrat den Beklagten in einem Rechtsstreit vor dem Landgericht, der zu Gunsten des Beklagten ausging. Nach der Kostengrundentscheidung hatte der Kläger die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Der Prozessbevollmächtigte des Beklagten hat unter dem 04.12.2010 einen Kostenfestsetzungsantrag über entstandene Gebühren in Höhe von 1.221,75 € eingereicht. Dabei hat er u.a. die Festsetzung einer 1,3 Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 VV RVG sowie einer 1,3 Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3100 VV RVG beantragt.
Durch Kostenfestsetzungsbeschluss vom 04.01.2010 hat das Landgericht die von dem Kläger an den Beklagten zu erstattenden Kosten auf lediglich 713,75 € nebst Zinsen festgesetzt. Zur Begründung hat die Rechtspflegerin zu den vorgenomme nen Absetzungen ausgeführt, die Festsetzung außergerichtlicher Kosten sei im gerichtlichen Kostenfestsetzungsverfahren nicht möglich, die Geschäftsgebühr und die Auslagenpauschale für das vorgerichtliche Verfahren seien deshalb in Abzug zu bringen.
Diesen Beschluss hat der Beklagte durch seinen Prozessbevollmächtigten ange fochten. er wendet ein, bei einer Anrechnung der hälftigen Geschäftsgebühr sei die Bestimmung des§ 15 a RVG zu beachten, die in allen noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen Kostenfestsetzungsverfahren Anwendung finde.
II. Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 11 Abs. 1 RPflG i. V. m. §§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, 569 Abs. 1 ZPO zulässig, insbesondere form - und fristgerecht eingelegt.
Das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde ist auch begründet.
Die Rechtspflegerin hat in dem angefochtenen Beschluss die durch die vorgerichtliche Tätigkeit entstandene 1,3 Geschäftsgebühr gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG zur Hälfte auf die Verfahrensgebühr angerechnet.
Die Anwendbarkeit der am 05.08.2009 in Kraft getretenen Vorschrift des § 15 a RVG auf ´Altfälle´ ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung umstritten. In der Rechtsprechung werden ferner unterschiedliche Auffassungen dazu vertreten, ob die Bestimmung des§ 15 a RVG eine Gesetzesänderung darstellt, oder ob die Vorschrift lediglich Klarstellungsfunktion hat.
Der 2. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat die Ansicht vertreten, bei § 15 a RVG handele es sich nicht um eine ´Gesetzesänderung´ im Sinne des § 60 Abs. 1 Satz 1 RVG, sondern lediglich um eine ´Klarstellung´ der ohnehin bereits geltenden Rechtslage durch den Gesetzgeber, derzufolge sich die Anrechnung gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV zum RVG grundsätzlich im Verhältnis zu Dritten nicht auswirke (vgl. BGH, Beschluss vom 02.09.2009 II ZB 35/07, NJW 2009, 3101 f. vgl. auch OLG Stuttgart, Beschluss vom 04.12.2009 8 W 439/09, Juris. OLG Köln,Beschluss vom14.09.2009 17 W 195/09, Juris).
Der 12. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat sich dieser Auffassung in dem Beschluss 09.12.2009 ausdrücklich angeschlossen und ausgeführt, der Gesetzgeber habe mit § 15 a RVG das RVG nicht geändert und die bereits zuvor bestehende Gesetzeslage klargestellt. Danach würden Anrechnungsvorschriften grundsätzlich nur das Innenverhältnis zwischen Rechtsanwalt und Mandant betreffen. Deshalb müsse gegenüber dem Prozessgegner die Verfahrensgebühr auch dann in voller Höhe festgesetzt werden, wenn schon eine Geschäftsgebühr entstanden sei. Durch § 15 a RVG werde deshalb nur sichergestellt, dass der Gegner (=Kläger) nicht mehr zu erstatten habe, als der gegnerische Anwalt von seinem Mandanten verlangen kann (siehe im Einzelnen BGH XII ZB 175/07, Beschluss vom 09.12.2009, Seite 7 ff).
Danach kann der Beklagte neben einer Geschäftsgebühr in Höhe von 243,50 € gemäß Nr. 2300 VV RVG (487,50 € abzgl. 243,75 € - Anrechnung gemäß Vorbemerkung 3 IV VV RVG) die volle Verfahrensgebühr nachNr. 3100 VV RVG in Höhe von 487,50 € beanspruchen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Der Senat sieht sich zu einer Zulassung der Rechtsbeschwerde nach den beiden genannten neueren Entscheidungen des BGH nicht veranlasst.