Verwaltungsgericht Stade
Beschl. v. 22.07.2003, Az.: 3 E 793/03

Ladung zur Musterung sowie Eignungsuntersuchung und Eignungsfeststellung; Niederlegung "in der bei gewöhnlichen Briefen üblichen Weise"; Öffnen und Durchsuchen der Wohnung; Freiheitsbeschränkung durch Vorführung; Androhung der Zwangsmittel

Bibliographie

Gericht
VG Stade
Datum
22.07.2003
Aktenzeichen
3 E 793/03
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2003, 30083
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGSTADE:2003:0722.3E793.03.0A

Fundstellen

  • NJW 2004, 965 (amtl. Leitsatz)
  • NVwZ 2004, 124-126 (Volltext mit amtl. LS)
  • NZWehrR 2004, 40-42 (Volltext mit amtl. LS)

Verfahrensgegenstand

Vorführung zur Musterung,
hier: richterliche Durchsuchungs- und Betretenserlaubnis der Wohnung (im Rahmen des § 44 WPflG)

In der Verwaltungsrechtssache
hat das Verwaltungsgericht Stade - 3. Kammer -
am 22. Juli 2003 beschlossen:

Tenor:

Den beauftragten Polizeivollstreckungsbeamten wird die Befugnis erteilt, zur Durchsetzung der vom Antragsteller am 25. Mai 2003 nach § 44 Abs. 2 WPflG angeordneten polizeilichen Vorführung (zur Musterung) die Wohnung des Antragsgegners in {C.}{D.}zu öffnen, zu betreten und zu durchsuchen, soweit der Vorführungszweck dies erfordert.

Die Befugnis gilt längstens bis 15. September 2003.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner.

Der Streitwert wird auf 2000 EUR festgesetzt.

Gründe

1

I.

Der am 20. März 1984 geborene Antragsgegner ist wehrpflichtig (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 WPflG). Zunächst unter einer aktenkundigen Anschrift in {E.}versuchte das Kreiswehrersatzamt (KWEA) Bremen den Antragsgegner für den 18. Juli 2002 zur Musterung sowie Eignungsuntersuchung und Eignungsfeststellung nach Bremen zu laden. Die Ladung vom 24. Juni 2002 kam mit dem postalischen Vermerk "Empfänger unbekannt verzogen" zurück. Nach Mitteilung der {F.}, dass der Antragsgegner sich am 15. Juli 2002 nach {G.}abgemeldet hatte, lud das KWEA Bremen diesen unter dem 12. September 2002 erneut, nun zum Musterungstermin am 26. September 2002. Der Antragsgegner blieb dem unentschuldigt fern. Die "Erinnerung" und Neuladung (des KWEA Bremen) vom 08. November 2002 zum 25. November 2002 erfolgte mit Postzustellungsurkunde (PZU). Laut Vermerk des Zustellers vom 12. November 2002 wurde der Antragsgegner nicht angetroffen und erhielt keine Benachrichtigung über die Niederlegung, sondern das Ladungsschreiben wurde "in den Hausbriefkasten" eingeworfen. Auch diesem Termin nahm der Antragsgegner nicht wahr. Nunmehr "erinnerte" der Antragsteller - das KWEA Stade - an die Ladung und wiederholte diese am 07. Februar 2003 zum 11. März 2003. Die PZU wurde nach Nichtantreffen des Antragsgegners bei der Postfiliale {H.}niedergelegt und die schriftliche Mitteilung über die Niederlegung erfolgte "in der bei gewöhnlichen Briefen üblichen Weise" (am 10. Februar 2003). Wiederum blieb der Antragsgegner dem Musterungstermin unentschuldigt fern.

2

Unter dem 14. März 2003 leitete der Antragsteller wegen Verstoßes gegen § 45 Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. 17 Abs. 3 WpflG ein Bußgeldverfahren gegen den Antragsgegner ein, hörte ihn an (ohne Reaktion) und erließ sodann am 10. April 2003 einen Bußgeldbescheid (über 75 EUR zuzüglich Gebühren und Auslagen = 93,12 EUR). Mit "2. Erinnerung" vom 08. April 2002 lud der Antragsteller den Antragsgegner erneut zur Musterung zum 07. Mai 2003 mit Zustellungsurkunde (ZU), die dem Antragsgegner am 09. April 2003 persönlich übergeben wurde. Danach - am 11. April 2003- wurde dem Antragsgegner der Bußgeldbescheid gegen ZU ebenso persönlich übergeben. Diesen ließ der Antragsgegner rechtskräftig werden (28. April 2003), und Zahlungen darauf leistete er bisher (auch auf Mahnung) nicht. Den Musterungstermin vom 07. Mai 2003 versäumte der Antragsgegner wiederum unentschuldigt.

3

Am 20. Mai 2003 ordnete der Antragsteller die polizeiliche Vorführung des Antragsgegners zur Musterung nach § 44 Abs. 2 WPflG an und ersuchte die örtlich zuständige Polizeibehörde (über die Polizeiinspektion {I.}den Antragsgegner vorzuführen. Am selben Tage beantragt der Antragsgegner bei Gericht sinngemäß,

den zuständigen (Polizei-)Vollstreckungsbeamten die Befugnis zu erteilen, die Wohnung des Antragsgegners in {C.}{D.}zu öffnen, betreten und durchsuchen zu dürfen, soweit dies der Zweck der Vorführung erfordert und regt an, dass die Befugnis für ca. 8 Wochen erteilt wird.

4

Zur Begründung verweist der Antragsteller auf den bisherigen Verfahrens- und Zeitablauf und darauf, dass die Vorführungsanordnung als solche den zur Durchsetzung je nach Umständen erforderlichen Eingriff in die Rechte des Art 13 GG nicht decke. Dafür bedürfe es gemäß Art 13 Abs. 2 GG der besonderen richterlichen Anordnung.

5

Von einer Zustellung des Antrags an den Antragsgegner und dessen Anhörung hat die Kammer abgesehen (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 03. April 1979 - 1 BvR 994/76 = DVBl 1979 S. 664 ff. , 666).

6

II:

7

Der Antrag hat Erfolg.

8

Der Antrag ist zulässig. Für die richterliche Anordnung ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben, weil diese der Durchsetzung des Wehrpflichtgesetzes dient (§ 40 VwGO i.V.m. § 44 Abs. 2 WPflG). Das Gericht istörtlich und sachlich zuständig (§§ 45, 52 Nr. 4 VwGO). Die Anordnung hat durch Beschluss der Kammer zu erfolgen (§ 5 Abs. 3 VwGO), da es sich um ein eigenständiges Verfahren handelt und nicht um ein Vollstreckungsverfahren i.S.d. § 169 VwGO "zu Gunsten des Bundes", welches der Vorsitzende des Gerichts "allein" als Vollstreckungsbehörde zu entscheiden hätte (vgl. Beschluss OVG Rheinland-Pfalz v. 11. 10. 1985, - 1 E 35/85 -= DÖV 1986, S. 251).

9

Dem Antragsteller steht auch ein Rechtsschutzbedürfnis zur Seite. Die Vorführungsanordnung nach § 44 Abs. 2 WPflG deckt zwar die Einschränkung des Grundrechts der Freiheit der Person nach Art 2 Abs. 2 Satz 2 GG (vgl. § 51 WPflG und Steinlechner/Walz, Kommentar WPflG, 6. Auflage 2003, § 51 Rdnr. 7 sowie Boehm-Tettelbach, Kommentar WPflG, Loseblattausgabe, Stand September 2002, § 51 Rdnr.5 a), und ebenso ist das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Art 13 GG) durch das WPflG eingeschränkt (§ 51 i.V.m. § 44 Abs. 4 WPflG). Der Auffassung von Steinlechner/Walz (a.a.O. § 44 Rdnr.44, 47), dass der Polizei mit der ihr nach § 44 Abs. 3 WPflG übertragenen Aufgabe der Vorführung auch das Betreten der Wohnung des Musterungspflichtigen erlaubt ist, ohne dass es dafür einer richterlichen Anordnung bedarf, ist nicht zu folgen. Die Kammer verkennt nicht, dass diese Auslegung den Wortlaut des § 44 Abs. 4 WPflG für sich hat. Weil das Fehlen einer richterlichen Anordnung - außer bei Gefahr im Verzuge - aber der Bedeutung des Grundrechts nicht gerecht würde (vgl. Boehm-Tettelbach § 44 a.a.O. Rdnr. 24), kann hier nichts anderes gelten als in den Fällen des § 758 ZPO a.F. und § 287 AO a.F. Insoweit fehlte es für die Vollstreckung auch an einem richterlichen Vollstreckungstitel und das BVerfG ( a.a.O.) hat diese Vorschriften in ergänzender grundrechtskonformer Auslegung dem Richtervorbehalt unterworfen (vgl Beschlüsse dieses Gerichts v. 06. 03. 1980 - 1 St VG B 3/80, v. 10.. 08. 1981 - 3 VG B 301/81, B. v. 14. 09. 1981 - 3 VG B 304/81 und v. 08. 01. 1988 - 5 VG B 2/87 - ).Denn der ebenso wie bei dem elementaren Grundrecht der Freiheit der Person (vgl. Art 104 Abs. 2 Satz 1 GG) verstärkte verfassungsrechtliche Schutz gerade der Wohnräume im engeren Sinne entspricht dem grundsätzlichen Gebot unbedingter Achtung der Privatsphäre des Bürgers (BVerfGE 32, 54,72) und hängt zusammen mit dem Schutz der Persönlichkeitsentfaltung in Art 2 Abs. 1 GG. Dem Einzelnen soll "das Recht, in Ruhe gelassen zu werden" (BVerfGE 27. 1, 6) in seinen eigenen Wohnräumen gesichert werden. Der in einer Durchsuchung liegende Eingriff soll daher grundsätzlich nur stattfinden, wenn zuvor eine neutrale mit richterlicher Unabhängigkeit ausgestattete Instanz geprüft hat, ob die gesetzlichen Voraussetzungen dafür vorliegen. Daraus, dass der Gesetzgeber dem Bundesverfassungsgericht inzwischen folgte und den Richtervorbehalt in § 758a ZPO und in § 287 Abs. 4 AO 1977 - n.F. aufgenommen, den § 44 Abs.4 WPflG aber (bisher) unverändert gelassen hat, folgt nichts anderes, denn der Vorbehalt leitet sich unmittelbar aus dem GG ab.

10

Der Antrag ist auch begründet.

11

Klarzustellen ist vorab, dass hier nicht über Rechtmäßigkeit der Vorführungsanordnung und den darin liegenden Eingriff in das Grundrecht des Art 2 GG zu befinden und diese hier ebenso wenig wie ein Titel im allgemeinen Vollstreckungsverfahren materiell-rechtlich zu überprüfen ist (vgl. dazu Bundesverwaltungsgericht B. v. 19. 07. 1989 - 8 C 79/87 - = BVerwGE 82. 243 ff. = Buchholz 345 § 13 VwVG Nr. 2= NVwZ 1990, 69). Einzig zu prüfen ist, ob das Betreten, Öffnen und Durchsuchen der Wohnung des Antragsgegners, wenn es denn die Durchführung und der Zweck der Vorführung erfordern sollten, dem allgemeinen Verhältnismäßigkeitgrundsatz entspricht. Daraus folgt zugleich, dass die richterliche Durchsuchungsanordnung nicht nur ein formaler Akt ist, der auf Antrag zu ergehen hat, sondern dass mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz der richterliche Prüfungsmaßstab und der Entscheidungsspielraum für den Eingriff in das Grundrecht des Art 13 GG vorgegeben wird (Vgl. BVerfG v. 03. 09. 1979 a.a.O.).

12

In Anwendung dessen übersieht die Kammer zunächst nicht, dass eine Durchsetzung der Vorführungsanordnung beim Antragsgegner ohne eine entsprechende richterliche Durchsuchungsanordnung nicht versucht worden und etwa daran gescheitert ist, dass der Antragsgegner die mit dem Vollzug betraute Polizei am Betreten seiner Wohnung gehindert hätte. Gleichwohl entspricht die so gesehen vorsorglich und "auf Vorrat" begehrte richterliche Durchsuchungsanordnung im vorliegenden Einzelfall dem strengen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit einerseits und dem Wehrpflichtgesetz innewohnenden Beschleunigungsgrundsatz (vgl. dazu §§ 20 Abs. 2, 33, 34, 35 WPflG und BVerwG U. v. 19. 07. 1989) andererseits: Seit mehr als einem Jahr (24. Juni 2002) ist es dem Antragsgegner "gelungen", sich mehrfach jedenfalls zunächst im Ergebnis der Musterung zu entziehen (Termine vom 18. Juli, 26. September und 25. November 2002), weiter einmal nach korrekter Zustellung durch Niederlegung (Termin am 11. März 2003) und sodann nach persönlicher Zustellung der Ladung (Termin vom 07. Mai 2003). Im letzteren Fall kommt hinzu, dass der Antragsgegner dieser Ladung unentschuldigt nicht nachgekommen ist, nachdem ihm bereits ein Bußgeldbescheid wegen der Verletzung seiner Pflichten aus §§ 45 Abs. 1 Nr, 5 i.V.m. 17 Abs. 3 WPflG als weitere "Warnung" ebenfalls persönlich zugestellt wurde (am 11. April 2003) und er weder vor Erlass auf die Anhörung reagiert noch nach Erlass Einspruch erhoben oder Zahlungen getätigt hätte. Dass der Antragsgegner selbst die Vollstreckung des Bußgeldbescheides "riskiert", belegt abschließend, dass er ladungs- und belehrungs- und bußgeldresistent ist. Vor diesem Hintergrund ist nachvollziehbar, dass der Antragsteller nicht weiteren Zeitverlust für die Musterung oder spiegelbildlich Zeitgewinn für den Antragsgegner riskieren will. Von daher ist es verhältnismäßig, den Polizeivollzugbeamten mit der begehrten richterlichen Anordnung die Vorführung für den Fall zu ermöglichen, dass der Antragsgegner in Konsequenz seiner Verweigerungshaltung in seiner Wohnung "Schutz" sucht und sich auf sein Grundrecht nach Art 13 GG beruft. Würde diese Befugnis nicht "auf Vorrat" erteilt, würde der Antragsgegner vor einem weiteren Vorführungsversuch gewarnt und könnte sich tatsächlich und zeitlich darauf einrichten. Bei der Durchführung der Vorführungsanordnung darf deswegen nicht das erfolgen, was bei der Anordnung der Vorführung aus Gründen der Effizienz unmittelbaren Zwanges unterbleiben kann, nämlich die Androhung des Zwanges im rechtlichen und damit die "Warnung" vor dem Zwangsmittel im tatsächlichen Sinne. In der schon genannten Entscheidung des BVerwG vom 19. 07. 1989 heißt es insoweit:

13

Die Vorführung ist - wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat - eine besondere Form des unmittelbaren Zwanges, die in § 44 Abs. 2 WPflG spezialgesetzlich geregelt ist (vgl. auch Engelhardt, Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz, 2. Aufl. 1988, VwVG § 12 Anm. 1 d). Die Voraussetzungen, unter denen ein Wehrpflichtiger zur Musterung vorgeführt werden darf, sind unmittelbar und ausschließlich dem § 44 Abs. 2 WPflG zu entnehmen. Denn diese Vorschrift enthält eine vereinfachte Verfahrensregelung beim Verwaltungszwang zwecks Erfüllung wehrpflichttypischer Melde- und Vorstellungspflichten (vgl. Engelhardt, a.a.O.; insoweit auch zutreffend: Scherer/Steinlechner, WPflG, 4. Aufl. 1988, § 44 Rdnr. 30). Die Spezialregelung soll - entsprechend dem im Wehrpflichtrecht geltenden "Beschleunigungsgebot (vgl. dazu etwa §§ 20 Abs. 2, 33, 34, 35 WPflG) - ermöglichen, Wehrpflichtige ohne Zeitverlust der Musterung zuzuführen. Das im Verwaltungsvollstreckungsgesetz für den Regelfall vorgesehene Verfahren (Androhung mit Fristsetzung und nachfolgender Festsetzung vor Anwendung des unmittelbaren Zwangs) wäre hierfür weniger geeignet. Aus diesem Grunde lässt § 44 Abs. 2 WPflG die Anordnung der polizeilichen Vorführung des Wehrpflichtigen bereits dann zu, wenn dieser der Musterung unentschuldigt ferngeblieben ist. Des vorherigen Erlasses eines vollziehbaren Verwaltungsakts, durch den dem Wehrpflichtigen das Erscheinen zur Musterung aufgegeben wird (vgl. §§ 6 Abs. 1, 13 Abs. 2 VwVG), bedarf es nicht. Vollzogen wird, wenn der zur Musterung Geladene nicht erschienen ist, nicht die Ladung, der er nicht gefolgt ist. Denn die erfolglos gebliebene Ladung ist kein Verwaltungsakt und im Übrigen dadurch gegenstandslos geworden, dass der in ihr bezeichnete Musterungstermin verstrichen ist (vgl. Urteil vom 25. Mai 1984 - BVerwG 8 C 87.82 - Buchholz 448.0 § 17 WPflG Nr. 6 S. 3 <5>). Vollzogen wird vielmehr die nach § 44 Abs. 2 Satz 1 WPflG getroffene Anordnung der Vorführung, um deren Durchführung die Polizei zu ersuchen ist (§ 44 Abs. 2 Satz 2 WPflG; Urteil vom 25. Mai 1984, a.a.O. S. 5). "Grundverfügung" und Zwangsmittelfestsetzung fallen mithin zusammen.

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Verfassungsrechtliche Bedenken sind dagegen nicht zu erheben. Die Vorführung ist keine Freiheitsentziehung, die dem Richtervorbehalt des Art. 104 Abs. 2 GG unterliegt. Sie stellt lediglich eine Freiheitsbeschränkung im Sinne des Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG dar, die auch durch eine Behörde angeordnet werden darf, wenn dies gesetzlich für zulässig erklärt worden ist (vgl. Beschluss vom 13. März 1964 - BVerwG VII B 34.63 - amtl. Umdruck S. 4 <n.v.>; BGH, Beschluss vom 17. Dezember 1981 - VII ZB 8/81 - NJW 1982, 753 ff.). Die Möglichkeit der Anordnung der Vorführung ohne vorherige Androhung mit Fristsetzung ist unter rechtsstaatlichem Blickwinkel ebenfalls unbedenklich. Einer Androhung der Zwangsmittel bedarf es auch nach § 13 Abs. 1 Satz 1 VwVG dann nicht, wenn die Zwangsmittel sofort angewendet werden können (§ 6 Abs. 2 VwVG). Das ist gemäß § 6 Abs. 2 VwVG u.a. dann der Fall, wenn der sofortige Vollzug zur Verhinderung einer rechtswidrigen Tat, die einen Bußgeldtatbestand verwirklicht, notwendig ist und die Behörde hierbei innerhalb ihrer gesetzlichen Befugnisse handelt. Ein Wehrpflichtiger, der eine Aufforderung des Kreiswehrersatzamts, sich zur Musterung vorzustellen (§ 17 Abs. 3 WPflG), also eine Ladung zur Musterung, unentschuldigt nicht befolgt, handelt ordnungswidrig (§ 45 Abs. 1 Nr. 5 WPflG) und kann deswegen mit einer Geldbuße belegt werden (§ 45 Abs. 2 WPflG; vgl. auch Urteil vom 25. Mai 1984, a.a.O. S. 5). Die polizeiliche Vorführung zur Musterung dient insoweit mit der Verhinderung eines erneuten unentschuldigten Nichterscheinens der Abwendung einer weiteren rechtswidrigen Tat des Wehrpflichtigen, die einen Bußgeldtatbestand verwirklicht (vgl. § 20 OWiG).

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Die Effizienz des unmittelbaren Zwanges erfordert somit die Vorführung des Antragsgegners zur Musterung "in einem Zuge". Das heißt, den Polizeivollzugsbeamten muss es ermöglicht werden, von der nicht erst zu beantragenden sondern mitgeführten richterlichen Durchsuchungsanordnung wiederum im Wege der Verhältnismäßigkeit sofort Gebrauch zu machen, wenn der Antragsgegner der Vorführung keine Folge leistet und den Schutz des Art 13 GG im Sinne weiterer Pflichtenverweigerung missbrauchen will.

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Nach alledem war antragsgemäß zu entscheiden, wobei die Kammer - in der Ferien- und Urlaubszeit - davon ausgeht, dass der Zeitraum bis zum 15. September 2003 allen daran Beteiligten die Durchführung der Vorführung und die Musterung des Antragsgegners möglich macht.

17

Die richterliche Durchsuchungsanordnung durfte und musste konsequenterweise ohne Anhörung des Antragsgegners ergehen, weil nur dieses die alsbaldige Durchführung der Musterung sichert und weitere Verzögerungen nach "Warnung" des Antragsgegners ausschließt. (Vgl. BVerfG a.a.O., S. 666). Aus dem gleichen Grunde wird dieser Beschluss dem Antragsgegner nicht vom Gericht vor der Vorführung zugestellt.

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Die Kostenentscheidung zu Gunsten des Antragstellers folgt aus § 154 VwGO. [...].

19

Rechtsmittelbelehrung:

20

Dieser Beschluss ist nach § 34 WPflG unanfechtbar.

Streitwertbeschluss:

Der Streitwert wird auf 2000 EUR festgesetzt

[D]ie Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 13 Abs. 1 Satz 1 GKG und im Hinblick auf die Eilbedürftigkeit der Anordnung i.V.m. § 20 Abs. 3 GKG in entsprechender Anwendung.

M. Schulz,
Fahs,
Süllow