Landgericht Verden
Urt. v. 17.04.2008, Az.: 5 O 440/07

Bibliographie

Gericht
LG Verden
Datum
17.04.2008
Aktenzeichen
5 O 440/07
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2008, 44358
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGVERDN:2008:0417.5O440.07.0A

Verfahrensgang

nachfolgend
OLG Celle - 11.09.2008 - AZ: 11 U 88/08

In dem Rechtsstreit

...

hat die 5. Zivilkammer des Landgerichts Verden auf die mündliche Verhandlung vom 27. März 2008 durch

die Vorsitzende Richterin am Landgericht ...,

die Richterin am Landgericht ... und ...

die Richterin am Landgericht ...

für Recht erkannt:

Tenor:

  1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 6 322,19 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 23. August 2006 zu zahlen.

  2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

  3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

  4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Klägerin macht einen zahnärztlichen Honoraranspruch aus abgetretenem Recht des Zahnarztes ... geltend. Dem liegt folgendes Behandlungsgeschehen zugrunde:

2

Die privatversicherte Beklagte suchte ... mit dem Wunsch nach einer Implantatbehandlung auf. Am 24. März und 5. April 2006 wurde verschiedene Vorarbeiten vorgenommen.U.a. wurde am 5. April 2006 aus dem Kiefer zweimal Knochenhaut entnommen, die im Labor der Firma ... vermehrt werden und dazu dienen sollte, ein Kieferknochenzelltransplantat herzustellen. Nach dem Vorbringen der Klägerin war ein Operationstermin zur Einbringung des gezüchteten Knochenmaterials mit der Beklagten für den 24. Mai 2006 fest vereinbart. Da diese Eigenknochenzüchtung eine sogenannte Verlangensleistung im Sinne des § 2 Abs. 3 GOZ darstellt, schlossen ... und die Beklagte am 5. April 2006 insoweit eine Vergütungsvereinbarung über zweimal 5 000,00 €, Bl. 16 d.A..

3

Nach dem Vorbringen der Klägerin ist die Beklagte von ... "unmissverständlich" darüber aufgeklärt worden, dass die Krankenversicherung diese Kosten (10 000,00 €) nicht übernehmen werde.

4

Die Beklagte erschien zu dem Termin am 24. Mai 2006 und auch später nicht mehr in der Praxis des Zeugen.

5

Die bis dahin erbrachten Leistungen rechnete ... mit seiner Liquidation vom 13. April 2006 mit 13 324,26 € ab, Bl. 18 f. dA.. In diesem Betrag sind die oben genannten 10 000,00 € für die Eigenknochenzüchtung enthalten.

6

Die Beklagte wurde mit Schreiben der Klägerin vom 12. Juni 2006, Bl. 22 d.A., erfolglos zur Zahlung des Rechnungsbetrages bis zum 19. Juni 2006 aufgefordert.

7

... stornierte am 25. Juli 2006 einen Betrag von 5 000,00 €, weil für die Eigenknochenzüchtung lediglich Kosten in Höhe von 5 000,00 € angefallen waren. Am 23. August 2006 zahlte die Beklagte 2 045,46 €. Unter dem 16. Oktober 2006 wurde die Beklagte von der Klägerin zur Zahlung von 6 316,80 € bis zum 23. Oktober 2006 aufgefordert.

8

Der (jetzige) Prozessbevollmächtigte der Klägerin forderte die Beklagte unter dem 6. November 2006 erneut zur Zahlung auf. Insoweit macht die Klägerin 0,65 Geschäftsgebühr nach einem Streitwert von 6 322,19 € geltend (305,95 €).

9

Die Klägerin berechnet die ihr verbliebende Forderung wie folgt:

Ursprüngliche Hauptforderung13 324,26 €
abzüglich am 25.07.2006 stornierter5 000,00 €
8 324,26 €
zzgl. 6,95 % Zinsen aus 8 324,26 € ab dem 26.7.2006 bis zum 22.08.200643,39 €
8 367,65 €
abzüglich am 23.08.2006 gezahlter2 045,46 €
6 322,19 €
10

Die Klägerin beantragt,

  1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 6 332,19 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 23. August 2006

  2. sowie

  3. weitere 305,95 € als der Klägerin entstandene Anwaltskosten als Nebenkosten nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

11

Die Beklagte beantragt,

  1. die Klage abzuweisen.

12

Sie behauptet, eine "intensive Aufklärung" des Beklagten dahingehend, dass eventuell die Versicherung die Kosten für die Knochenzüchtung nicht bezahlen werde, sei nicht erfolgt.

13

Nur auf das Zureden von ..., dass die Versicherung diese Kosten schon übernehmen werde, habe sie der Behandlung zugestimmt, ... und sie hätten vereinbart, dass das entnommene Präparat so lange eingefroren werden sollte, bis die Versicherung ihre Zustimmung zur Übernahme der Kosten erteilt hätte. ... habe die Firma ... jedoch so spät unterrichtet, dass ein Einfrieren nicht mehr möglich gewesen sei.

14

Bezüglich der weiteren 1 322,19 € handele es sich um Kosten, die die Versicherung der Beklagten (auch) nicht übernommen habe und die sie - die Beklagte - daher auch der Klägerin nicht schulde.

15

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen ... und die Beklagte persönlich angehört. Auf die Protokollniederschrift vom 27. März 2008 (Bl. 121 f.d.A.) wird Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

16

Die zulässige Klage ist bis auf die geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten auch begründet.

17

Der Klägerin steht der geltend gemachte Honoraranspruch gemäß §§ 611, 612, 398 BGB zu.

18

Hinsichtlich des Betrages vom 1 322,19 € hat die Beklagte schon keine substantiierten

19

Einwände gegen die Abrechnung des Zeugen ... erhoben. Bereits durch Verfügung des Gerichts vom 14. Dezember 2007 (Bl. 66 d.A.) ist die Beklagte darauf hingewiesen worden, dass der insoweit von ihr (auszugsweise) vorgelegte Schriftverkehr mit ihrer Versicherung einen substantiierten Vortrag nicht ersetzt. Weiterer Vortrag ist daraufhin diesbezüglich nicht erfolgt.

20

Die Beklagte ist aber auch verpflichtet, der Klägerin die 5 000,00 € für die Knochenhautzüchtung zu erstatten.

21

Insoweit hat die Beklagte am 5. April 2006 eine Vergütungsvereinbarung unterzeichnet Dass sie diese nach ihrem Vorbringen zusammen mit verschiedenen anderen Papieren auf dem Behandlungsstuhl unterzeichnete, ist unerheblich. Der Zeuge ... hat glaubhaft und überzeugend angegeben, die Beklagte bereits am 24. März 2006 davon unterrichtet zu haben, dass die Kosten für die Knochenhautzüchtung sich auf 10 000,00 € belaufen würden gegenüber 7 500,00 € für eine Beckenknochenentnahme, die die Beklagte aber abgelehnt habe.

22

Der Zeuge ... hat weiter - insoweit in Übereinstimmung mit den Angaben der Beklagten bei ihrer persönlichen Anhörung - ausgesagt, dass zu diesem Zeitpunkt eine Kostenübernahme durch die Versicherung nicht geklärt gewesen sei und er auch diesbezüglich keine Angaben gemacht habe und auch nicht habe machen können, weil die Versicherungen das jeweils unterschiedlich regelten, auch abhängig vom jeweiligen Vertrag mit dem/der Versicherten.

23

Die Beklagte hat den ihr obliegenden Beweis dafür, dass mit dem Zeugen ... vereinbart worden sei, die entnommene Knochenhaut so lange einzufrieren, bis die Versicherung ihre Zustimmung zur Übernahme der Kosten erklärt habe, nicht erbracht. Insoweit ist bereits ihr Vortrag widersprüchlich. Während sie in der Klageerwiderung (Seite 3) vortragen lässt, diese Vereinbarung sei anlässlich der Entnahme am 5. April 2006 getroffen worden, hat sie bei ihrer persönlichen Anhörung am 27. März 2008 angegeben, das Einfrieren der Knochenhaut sei am 25. April 2006 telefonisch mit ... besprochen worden. Nach Vernehmung des Zeugen ... in Gegenwart der Beklagten hat sie dann weiter erklärt, nicht die Knochenhaut, sondern die nach etwa 6-8 Wochen daraus entstehende fertige Züchtung habe eingefroren werden sollen.

24

Diesen - widersprüchlichen - Angaben der Beklagten stehen die glaubhaften und überzeugenden Angaben des Zeugen ... entgegen, der eine entsprechende Vereinbarung am 25. April 2006 oder einem anderen Zeitpunkt in Abrede nimmt. Der Zeuge hat ausgesagt, dass ihm selbstverständlich bekannt gewesen sei, dass ein Einfrieren der Knochenhaut nur in der ersten Wochen nach der Entnahme stattfinden könne, was angesichts der jahrelangen Tätigkeit des Zeugen als Implantologe glaubhaft ist. Deswegen ist die Kammer auch davon überzeugt, dass der Zeuge erst recht nicht ein Einfrieren der fertigen Züchtung zugesagt hat.

25

Die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten (Gebühr nach Nr. 2300 VV-RVG) kann die Klägerin dagegen nicht mit Erfolg geltend machen.

26

Insoweit fehlt es bereits an einem Prozessvortrag der Klägerin, dass ihrem Prozessbevollmächtigten zunächst nur der Auftrag zur außergerichtlichen Klärung bzw. bedingter Prozessauftrag erteilt worden ist. Die Klägerin hat auch nicht vorgetragen, ihr sei bereits seitens ihres Anwalts eine Gebührenrechnung mitgeteilt worden, was zur Schlüssigkeit einer Klage auf Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten gehört. Im Übrigen erscheint die Erforderlichkeit der (vorprozessualen) Einschaltung eines Rechtsanwalts fraglich. Offenbar hat dieser lediglich ein weiteres Mahnschreiben verfasst. Das entsprechende Schreiben vom 6. November 2006 hat die Klägerin nicht vorgelegt.

27

Der Zinsanspruch ist gemäß §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB begründet.

28

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

29

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.