Sozialgericht Hannover
Urt. v. 17.02.2014, Az.: S 6 R 521/11

Abgrenzung Zuständigkeit Einzugsstelle DRV Bund; Ehrenamt; Gewerkschaft; keine abhängige Beschäftigung trotz Aufwandsentschädigung von 45 DM; Status eines stellvertretenden Landesverbandsvorsitzenden eines Vereins

Bibliographie

Gericht
SG Hannover
Datum
17.02.2014
Aktenzeichen
S 6 R 521/11
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2014, 42374
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Trotz Einzugs von Beiträgen durch die Einzugsstelle nach § 28a SGB IV ist die DRV Bund für die Statusfeststellung sachlich zuständig, wenn die Einzugsstelle im Rahmen des Beitragseinzugs oder anderweitig keine Ermittlungen zur Feststellung des Status eingeleitet hat und der Kläger einen Antrag bei der DRV Bund auf Statusfeststellung gestellt hat.

2. Der stellvertretende Vorsitzende eines Landesverbandes einer Gewerkschaft übt seine Tätigkeit nicht im Rahmen einer sozialversicherungspflichtigen abhängigen Beschäftigung aus.

3. Eine Aufwandsentschädigung von 475 DM entspricht dem tatsächlichen Aufwand des Klägers (Einzelfallentscheidung).

Tenor:

1. Der Bescheid der Beklagten vom 05.12.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.04.2011 wird aufgehoben und es wird festgestellt, dass der Kläger in seiner Tätigkeit als stellvertretender Vorsitzender der D. im Zeitraum vom 01.04.1999 bis 30.09.2000 nicht in einer abhängigen Beschäftigung tätig war.

2. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers und der Beigeladenen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger der Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung unterliegt. Streitgegenständlich ist dabei die für die Beigeladene ausgeübte Tätigkeit als stellvertretender Vorsitzender im Zeitraum vom 01.04.1999 bis zum 30.09.2000.

Bei der Beigeladenen handelt es sich um einen Zusammenschluss des Personals der Verwaltung im Lande I.. Zweck des Landesverbandes ist nach seiner Satzung die Förderung der gemeinsamen Anliegen seiner Mitglieder unter Beachtung der parteipolitischen, religiösen und rassischen Neutralität und die Wahrnehmung ihre rechtlichen, beruflichen, wirtschaftlichen und sozialen Interessen auf dem Gebiet des Beamtenrechts und des Tarifrechts (§ 1 Abs. 1). Dazu gehören die Fortentwicklung des Berufsbeamtentums und die Sicherung und Erhaltung eines pflichtbewussten und unabhängigen öffentlichen Dienstes (§ 1 Abs. 3 der Satzung). Die Beigeladene K. e.V. und L e.V., angeschlossen.

Der am J. geborene Kläger war im streitgegenständlichen Zeitraum hauptberuflich Beamter in der Finanzverwaltung des Landes I.. Er war Vorsitzender des Bezirkspersonalrats bei der Oberfinanzdirektion, ab dem 01.04.2000 Vorsitzender des Hauptpersonalrates im Finanzministerium. Zugleich war er Mitglied der Beigeladenen und als deren stellvertretender Vorsitzender Angehöriger des geschäftsführenden Vorstands. Ausweislich des Geschäftsverteilungsplans der Beigeladenen, gültig ab dem 01.06.1992, war der Kläger zuständig für

- die Zusammenarbeit mit dem Hauptpersonalrat und Bezirkspersonalrat

- Automation und Rationalisierung

- Beihilferecht

- Mitgliedschaft im Landesvorstand des L e.V.

- Finanzsporthilfe.

Für seine Tätigkeit erhielt der Kläger eine Aufwandsentschädigung von 475 DM monatlich.

Seit dem 01.10.2000 hatte der Kläger den Vorsitz der Beigeladenen inne.

Der Vorstand der Beigeladenen besteht aus dem Geschäftsführenden Vorstand und 10 Beisitzern, sowie der Vorsitzenden der Landesfrauenvertretung, dem Landesjugendleiter und dem Vorsitzenden des Ehrenrates. Eine Geschäftsordnung besitzt der Vorstand nicht. Dem Vorstand obliegt es u.a., über Angelegenheiten von grundsätzlicher Bedeutung und über die ihm vom Geschäftsführenden Vorstand vorgelegten Angelegenheiten zu entscheiden (§ 17 Satzung). Der Geschäftsführende Vorstand besteht aus 7 Mitgliedern: dem Vorsitzenden, drei stellvertretenden Vorsitzenden und drei Beisitzern. Der Geschäftsführende Vorstand war laut Satzung zuständig für die laufenden Angelegenheit des Landesverbandes (§ 18 Satzung). Die weiteren stellvertretenden Vorsitzenden erhielten eine Aufwandsentschädigung von 295 DM, die drei Beisitzer erhielten 150 DM oder 295 DM. Ausweislich der Satzung sollen seine Mitglieder ehrenamtlich tätig sein (§ 17 Satzung). Oberstes Organ der Beigeladenen ist der Landesverbandstag, der regelmäßig alle vier Jahre tagt (§ 12 Satzung). Er setzt sich aus den stimmberechtigten Vertretern der Ortsverbände und den Mitgliedern des Vorstandes zusammen (§ 13 Satzung). Er wählt und entlastet den Vorstand (§ 12 Satzung). Es können seitens des Vorstands, der Ortsverbände, der Landesfrauenvertretung oder des Landesjugendvorstandes Anträge zum Landesverbandstag gestellt werden (§ 15 Satzung). Außerordentliche Sitzungen des Landesverbandstages können vom Vorstand einberufen werden oder mit einer 1/3 Mehrheit der Stimmen der Ortsverbände (§ 12 Satzung). Mitglieder einer Dienststelle bilden einen Ortsverband (§ 11 der Satzung). Je 75 Mitglieder erhält der Ortsverband eine Stimme auf dem Landesverbandstag. Einmal jährlich tagt die Ortsverbandsvorsitzenden-Konferenz (§ 16 Satzung). Sie verfügt über eine beratende Stimme im Vorstand und hat das Recht, Ergänzungswahlen für den Vorstand vorzunehmen, wenn dort während der Wahlperiode ein Mitglied ausschied.

Jedes Mitglied erkannte durch seinen Beitritt zur Beigeladenen die Satzungen und die satzungsgemäß gefassten Beschlüsse als verbindlich an. Die Mitglieder verpflichteten sich durch ihre Mitgliedschaft bei der Beigeladenen zur tatkräftigen Förderung der Aufgaben und Ziele des Landesverbandes (§ 4 Satzung).

Die Beigeladene verfügte über eine eigene Geschäftsstelle in M.. Dort waren zwei Teilzeitkräfte beschäftigt, die die anfallenden Büroarbeiten erledigten. Dienstvorgesetzter war der Vorsitzende der Beigeladenen. Die Arbeitsverträge schloss der Vorsitzende nach Beschluss des Geschäftsführenden Vorstandes ab. Der Vorsitzende entschied auch über Urlaubsanträge u.ä.. Einen angestellten Geschäftsführer besaß die Beigeladene zuletzt 1993.

Zum 01.04.1999 meldete die Beigeladene der Krankenversicherung O. die Tätigkeit des Klägers und weiterer Vorstandsmitglieder als „Beschäftigungsverhältnis nach dem 630 DM Gesetz“ und zahlte dafür pauschale Beiträge. Mit Schreiben vom 20.05.1999 wandte sich die Beigeladene im Hinblick auf „Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der D., die nach dem sog. 630 DM -Gesetz tätig sind“ an die O.. Es bestünden Bedenken gegen die Berechtigung der O., dass sie Pauschalbeiträge einnehme. Eine nähere Begründung behalte sich die Beigeladene vor. Mit unvollständig vorliegendem Schreiben vom 27.10.1999 ergänzte die Beigeladene, dass die Vorstandsmitglieder in die Vorstandsarbeit der D. eingebunden seien und die dafür verabredete Vergütung erhielten. Die Bedenken gegen die Beitragseinziehung bestünden fort. Diese Bedenken beruhten, so der Kläger, nach seiner Erinnerung darauf, dass der Kläger und die übrigen Vorstandsmitglieder auf Grund des Beamtenstatusses keine Ansprüche durch die Beitragszahlung erreichen könnten. Die Zahlung liefen „ins Leere“.

Eine Entscheidung diesbezüglich traf die O. nicht. Auch weitere Ermittlungen zum Beschäftigungsverhältnis nahm sie nicht vor. Gegenüber dem Geschäftsführenden Vorstand teilte der Vorsitzende ausweislich des Protokolls vom 13.01.2000 mit: „Die O. hat die Anfrage wegen der Sozialversicherungspflicht der Aufwandsentschädigungen der D. -Mitglieder bisher nicht beantwortet.“

Der Kläger beantragte bei der Beklagten am 19.04.2002 festzustellen, dass zwischen ihm und der Beigeladenen im Zeitraum vom 01.04.1999 bis zum 30.09.2000 kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vorliege und daher auch keine Sozialversicherungspflicht bestehe. Die irrtümlich entrichteten Beiträge würden beanstandet und zurückgefordert. Im Formularantrag gab der Kläger dabei an, dass nicht bereits durch eine Krankenkasse festgestellt worden sei, dass er selbständig sei bzw. in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zu seinem Auftraggeber stehe. Er arbeite in der Geschäftsstelle der Beigeladenen. Regelmäßige Arbeits- oder Anwesenheitszeiten habe er nicht einzuhalten. Weisungen würden ihm hinsichtlich der Ausführung der Tätigkeit nicht erteilt. Seine Tätigkeit bewege sich im Kernbereich berufspolitischer Ziele. Diese politische Leitungsfunktion sei dem allgemeinen Erwerbsleben nicht zugänglich. Die üblichen Bürotätigkeiten würden von den Angestellten der Geschäftsstelle geleistet. Bei dem Vorstand handele es sich um ein organschaftliches Kollegialorgan. Ein maßgeblicher Einfluss auf die Vereinsgeschicke sei einem Vorstandsmitglied wegen des jeweils einfachen Stimmrechtes nie möglich. Die Aufwandsentschädigung stelle einen pauschalen Auslagenersatz dar. Die tatsächlichen Aufwendungen entsprächen dem pauschalen Abgeltungsbetrag. Er leiste jährlich etwa 750 Stunden für die Beigeladene. Lediglich 150 Stunden verbringe er dabei in der Geschäftsstelle.

Nach Anhörung des Klägers erließ die Beklagte am 05.12.2003 einen Bescheid, mit dem sie feststellte, dass der Kläger seine Tätigkeit als stellvertretender Vorsitzender der D. vom 01.04.1999 bis zum 30.09.2000 im Rahmen eines abhängigen und damit dem Grunde nach sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis ausübe. Der Kläger sei an den in der Satzung objektivierten Willen des Vereins gebunden und insoweit weisungsgebunden im Rahmen einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe. Er sei gegenüber den Mitgliedern des Vereins verantwortlich und berichtspflichtig. Es handele sich um eine fremdbestimmte Tätigkeit. Es bestehe kein Unterschied zwischen dem Kläger und sonstigen leitenden Angestellten und Geschäftsführern, die ebenfalls in abhängiger Beschäftigung tätig seien. Neben Repräsentationsaufgaben habe er auch Verwaltungsaufgaben wahrzunehmen. Insbesondere trage der Kläger auch kein Unternehmerrisiko. Maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke des Vereins könne er nicht nehmen.

Der Kläger erhob am 12.01.2004 Widerspruch und wies auf weitere anhängige Antrags- und Widerspruchsverfahren hin. Bezugnehmend auf das ältere Verfahren des P., ebenfalls stellvertretender Vorsitzender der Beigeladenen, stellten die Beteiligten das Verfahren ruhend. Eine seit dem 01.05.2005 anhängige Klage (S 13 RA 60/05) nahm der dortige Kläger zurück, nachdem die Beklagte die angefochtenen Bescheide mangels sachlicher Zuständigkeit der Beklagten zurückgenommen hatte. Für die Überprüfung sei gem. § 28h SGB IV die Einzugsstelle zuständig, da bereits Beiträge zur Sozialversicherung gezahlt worden seien.

Die Beteiligten setzten das hiesige Verfahren fort. Mit Widerspruchsbescheid vom 11.04.2011 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Die Feststellungen, dass der Kläger seine Tätigkeit als stellvertretender Vorsitzender bei der Beigeladenen in der Zeit vom 01.04.1999 bis zum 30.09.2000 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe und Versicherungspflicht entsprechend der Meldung zur Sozialversicherung vorliege, blieben bestehen.

Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner am 13.05.2011 vor dem Sozialgericht Hannover erhoben Klage. Ergänzend zu seinem Vortrag im Antrags- und Anhörungsverfahren beruft sich der Kläger darauf, dass die Wahrnehmung von Repräsentationsaufgaben bei seiner Tätigkeit deutlich im Vordergrund gestanden habe. Auf ein mangelndes Unternehmerrisiko könne es nicht ankommen. Die Beigeladene selbst trage kein unternehmerisches Risiko. In einem vergleichbaren Verfahren der stellvertretenden Bundesvorsitzenden der R., die eine dem Kläger vergleichbare Tätigkeit ausgeübt habe, habe die Beklagte das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung verneint.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 05.12.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.04.2011 aufzuheben und festzustellen, dass der Kläger in seiner Tätigkeit als stellvertretender Vorsitzender der D. im Zeitraum vom 01.04.1999 bis 30.09.2000 nicht in einer abhängigen Beschäftigung tätig war.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält ihre Bescheide für rechtmäßig. Der Kläger habe vornehmlich Verwaltungsaufgaben wahrgenommen, die dem allgemeinen Erwerbsleben zugänglich gewesen seien. Bereits der Widerspruchsbescheid genüge den Anforderungen des Bundessozialgerichts, die dieses an den Verfügungssatz in Statusfeststellungsverfahren stelle. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung ergänzte sie ihren Bescheid vom 05.12.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides im Verfügungssatz wie folgt mündlich: „Es wird festgestellt, dass Sozialversicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung dem Grunde nach besteht.“

Die Beigeladene schließt sich dem Antrag des Klägers an.

Vor dem Hintergrund des hier anhängigen Verfahrens sind die Verfahren der stellvertretenden Vorsitzenden S. und T. und der Beisitzer U., V., W., X, Y und Z. angeblich ruhend gestellt worden.

Wegen des weiteren Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die sozialgerichtliche Akte, die Verwaltungsakte der Beklagten und die beigezogene Akte aus dem Verfahren S 13 RA 60/05 verwiesen, die zur Beratung und Entscheidungsfindung vorlagen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 05.12.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.04.2011 und Fassung des Bescheides vom 17.02.2014 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Die Tätigkeit des Klägers als stellvertretender Vorsitzender der Beigeladenen im Zeitraum vom 01.04.1999 bis zum 30.09.2000 begründet keine Versicherungspflicht in den Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung. Eine abhängige Beschäftigung lag nicht vor.

I. Der mündliche Bescheid vom 17.02.2014 ist nach § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Klageverfahrens geworden. Denn er ist nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen und er hat die angefochtene Entscheidung ergänzt.

Der Ausgangsbescheid enthielt die unzulässige Elementenfeststellung, dass der Kläger seit dem 01.04.1999 bei der Beigeladenen in einem Beschäftigungsverhältnis steht. Diese unzulässige Elementenfeststellung wurde entgegen der Auffassung der Beklagten durch den Widerspruchsbescheid nicht korrigiert. Der Widerspruchsbescheid bestätigte mit seiner Formulierung lediglich die Inhalte des Ausgangsbescheides. Die Feststellung, dass eine „Versicherungspflicht entsprechend der Meldung zur Sozialversicherung“ vorliege, enthielt der Ausgangsbescheid jedoch nicht. Die Feststellung im Ausgangsbescheid ist durch den mündlichen Bescheid vom 17.02.2014 dahingehend ergänzt worden, dass der Kläger seit dem 01.04.1999 der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung, Krankenversicherung, Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitslosenversicherung unterliegt. Die Ergänzung einer – gemessen an den gesetzlichen Regelungen der Versicherungspflicht – bisher unvollständigen isolierten Feststellung des Vorliegens einer abhängigen Beschäftigung durch einen weiteren Bescheid, mit dem das Bestehen von Versicherungspflicht für einen bestimmten Zeitraum festgestellt wird, gehört zu den in § 96 SGG geregelten Fällen der nachträglichen Ergänzung eines Ausgangsbescheides (Urteil des BSG, 28.09.2011, B 12 R 17/09 R, recherchiert in juris).

II. In formeller Hinsicht ist der Bescheid der Beklagten vom 05.12.2003 nicht zu beanstanden. Insbesondere war die Beklagte für den Erlass der Bescheide sachlich zuständig. Der Kläger hatte mit seinem Schreiben vom 19.04.2002 eine Entscheidung der Beklagten gemäß § 7a Sozialgesetzbuch, Viertes Buch (SGB IV) beantragt. Die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (Rechtsnachfolgerin ist insoweit die Beklagte) entscheidet nach § 7a Abs. 1 SGB IV in der seit dem 23.12.2002 geltenden und vorliegend anwendbaren Fassung abweichend von § 28h Abs. 2 SGB IV auf schriftlichen Antrag eines Beteiligten über die Versicherungspflicht aufgrund einer Beschäftigung, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet (Satz 1, 2. Halbsatz). § 7a SGB IV eröffnet den Weg zu einer umfassenden Prüfung des Vorliegens von Versicherungspflicht durch die DRV Bund, die gleichwertig neben der Prüfung durch die Einzugsstelle gemäß § 28h Abs. 2 SGB IV steht (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, vgl. nur Urteil vom 28.09.2011, B 12 KR 15/10 R, recherchiert nach juris, Rn. 22). Somit steht den Beteiligten, d.h. Arbeit- bzw. Auftragnehmer einerseits und Arbeit- bzw. Auftraggeber andererseits, ein Wahlrecht zu, ob sie den versicherungsrechtlichen Status durch die für den Arbeit-/Auftragnehmer zuständige Einzugsstelle oder durch die DRV Bund klären lassen wollen (LSG Berlin-Brandenburg, 07.08.2013, L 9 KR 53/11, recherchiert in juris, Rn. 25). Macht ein Beteiligter von seinem Wahlrecht Gebrauch, ist der Sozialversicherungsträger, bei dem der erste Antrag eingeht, hieran gebunden (LSG Berlin-Brandenburg a.a.O.).

Zwar hatte sich die Beigeladene bereits 1999 mit einer Anfrage bzgl. der geringfügigen Beschäftigung ihrer Geschäftsführenden Vorstandsmitglieder an die O. als Einzugsstelle gewandt. Die Einzugsstelle hatte jedoch kein Verwaltungsverfahren i.S.d. § 7a Abs. 1 S. 1 SGB IV eingeleitet. Ein Verwaltungsverfahren in diesem Sinne ist eingeleitet, wenn die Einzugsstelle oder der Rentenversicherungsträger nach außen erkennbar Ermittlungen zur Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status in Gang gesetzt hat (LSG Nordrhein-Westfahlen, 02.07.2013, L 1 KR 527/11, recherchiert in juris, Rn. 36). Dies kann z.B. durch Übersendung eines Fragebogens an einen der Beteiligten oder Ankündigung einer Betriebsprüfung geschehen (LSG Nordrhein-Westfahlen, a.a.O.). Die O. hat keine Ermittlungen bzgl. des Statusses der Vorstandsmitglieder geführt. Ausweislich des Protokolls der Sitzung des Geschäftsführenden Vorstandes der Beigeladenen vom 13.01.2000 hatte die O. die Anfrage der Beigeladenen „wegen der Sozialversicherungspflicht der Aufwandsentschädigungen der D. -Mitglieder bisher nicht beantwortet“ (Bl. 109R der sozialgerichtlichen Akte). Auch in der darauffolgenden Zeit erfolgten keine weiteren Ermittlungen durch die O.. Die Kammer hat insoweit keinen Anlass, an den Angaben des Klägers und der Beigeladenen zu zweifeln. Eine Anmeldung der Beschäftigten bei der Einzugsstelle gem. § 28a SGB IV und die Entrichtung der Beiträge reicht für eine Sperrwirkung gegenüber § 7a SGB IV im Fall des Klägers nicht aus.

III. Nach § 7a SGB IV hat die Beklagte im Anfrageverfahren über das Vorliegen einer die Versicherungspflicht auslösenden Beschäftigung zu entscheiden. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), § 20 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI), § 1 Satz 1 Nr. 1 (SGB VI) und § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Rentenversicherung und der Arbeitslosenversicherung.

Maßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nicht selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem nach Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur „funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess“ verfeinert sein. Bei untergeordneten und einfacheren Tätigkeiten ist eher eine Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation anzunehmen. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (Urteile des BSG vom 28.09.2011, B 12 R 17/09 R und vom 25.04.2012, B 12 KR 24/10 R).

Auch Vorstandsmitglieder von Vereinen, die für den Verein gegen Arbeitsentgelt tätig sind, unterliegen als Beschäftigte der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung und der Arbeitslosenversicherung (BSG, Urteil vom 19.06.2001, B 12 KR 44/00 R, recherchiert in juris). Ist dagegen eine Tätigkeit Resultat der Verpflichtung aufgrund einer Vereinsmitgliedschaft, kann sie nicht zugleich im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses oder „aufgrund eines Arbeits-, Dienst- oder Ausbildungsverhältnisses“ verrichtet werden (Juris Praxis-Kommentar, Segebrecht, § 7 SGB IV, recherchiert in juris, Rn. 158). Deshalb sind Repräsentanten eines Vereins in Erfüllung mitgliedschaftlicher Vereinsaufgaben (z.B. Teilnahme am Organsitzungen, Tagungen und ähnlichen Veranstaltungen), bei denen sie sich der Willensbildung und der Zielsetzung des Vereins widmen, nicht versicherungspflichtig beschäftigt (BSG, Urteil vom 24.01.1992, 2 RU 23/91, recherchiert in juris, Rn.15). Insoweit ist zu unterscheiden zwischen Arbeitsleistungen, die nur auf den Mitgliedschaftspflichten beruhen (auf der Satzung, auf Beschlüssen der zuständigen Vereinsgremien, auf allgemeiner Übung) und den Arbeitsleistungen, die außerhalb dieses Rahmens verrichtet werden (BSG, Urteil vom 13.12.1984, 2 RU 83/83, recherchiert in juris, Rn. 17; BSG, Urteil vom 27.10.2009, B 2 U 26/08, recherchiert in juris, Rn. 19 für das Verhältnis zwischen Sportverein und Sportler). Für Ehrenbeamte hat das BSG in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass diese in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis gemäß § 7 Abs. 1 SGB IV stehen, wenn sie dem allgemeinen Erwerbsleben zugängliche Verwaltungsaufgaben wahrnehmen und hierfür eine den tatsächlichen Aufwand übersteigende pauschale Aufwandsentschädigung erhalten (bspw. BSG, Beschluss vom 04.04.2006, B 12 KR 76/05 B, recherchiert in juris, Rn. 7, unter Verweis auf Urteil des BSG vom 25.01.2006, B 12 KR 12/05 R).

Die Vorstandstätigkeit des Klägers ist als weisungsfreie und damit allein den Belangen des Vereins verpflichtende Betätigung keine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung. Die Aufgaben in dem Geschäftsführenden Vorstand hat der Kläger als Ausfluss seiner Mitgliedschaftsrechte in der Beigeladenen und zur Erfüllung der ihm übertragenen Aufgaben als Repräsentant der Beigeladenen und nicht wie ein Beschäftigter wahrgenommen. Die Mitglieder des Vorstandes der Beigeladenen werden vom Landesverbandstag gewählt (§ 14 Abs. 1 lit. c) der Satzung). Dem Vorstand gehört der Kläger ausschließlich als in den Vorstand gewähltes Mitglied der Beigeladenen und der Wahl durch den Landesverbandstag an. Er hat die damit verbundenen Rechte und Pflichten ausschließlich als in den Vorstand gewähltes Mitglied der Beigeladenen und nicht als oder wie ein Beschäftigter der Beigeladenen wahrgenommen. Die Wahl als Mitglied der Beigeladenen in den Vorstand bildet die Rechtsgrundlage für die Ausübung dieses Amtes.

Der Kläger hat in seiner Funktion als stellvertretender Vorsitzender zwar auch organisatorische Aufgaben wahrgenommen, die von einem abhängig beschäftigten Geschäftsführer hätten ausgeübt werden können. Dazu zählen bspw. die Organisation der Landesverbandstage oder der Ortsverbandsvorsitzendenkonferenzen. Die Kammer hat jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger als stellvertretender Vorsitzender und derjenige, der am nächsten an der Geschäftsstelle wohnte, tatsächlich die Aufgaben wahrnahm, die bis 1993 einem abhängig beschäftigten Geschäftsführer oblagen. Die zeitliche Inanspruchnahme des Klägers durch verwaltungsmäßige Aufgaben war von untergeordneter Bedeutung. Der Kläger selbst beziffert sie mit 100 Stunden jährlich im Verhältnis zu 750 Stunden repräsentativer Tätigkeit. Dies scheint vor dem Hintergrund, dass gerade die Teilnahme an den Sitzungen des Vorstandes, des Landesverbandstages, der Ortsverbandsvorsitzendenkonferenzen, der Ortsverbandssitzungen und überörtlicher Tagungen, sowie die Besprechungen mit der Finanzverwaltung und dem zuständigen Finanzministerium, mit zu den von dem Kläger wahrgenommen Terminen zählten, nachvollziehbar. Ausweislich des Geschäftsverteilungsplans der Beigeladenen war der Kläger zuständig für die Zusammenarbeit mit dem Hauptpersonalrat und Bezirkspersonalrat, Automation und Rationalisierung, das Beihilferecht, Mitgliedschaft im Landesvorstand der L. und die Finanzsporthilfe. Auch in diesen Bereichen waren zahlreiche Besprechungen durch den Kläger wahrzunehmen, die zudem der inhaltlichen Vorbereitung bedurften. Der Kläger verfügte über den größten Zuständigkeitsbereich im Rahmen der Geschäftsverteilung des Geschäftsführenden Vorstandes. Dabei verkennt die Kammer nicht, dass der Kläger in seiner “Doppelfunktion“ als Bezirkspersonalratsvorsitzender und späterer Hauptpersonalratsvorsitzender die Möglichkeit hatte, Themen übergreifend und damit zeitsparender zu bearbeiten. Die Teilnahmen an Sitzungen und Besprechungen dienten der Willensbildung und Zielsetzung der Beigeladenen und waren Ausfluss der mitgliedschaftlichen Rechte und Pflichten des Klägers. Die Tätigkeit des Klägers in der Geschäftsstelle bestand in der Teilnahme an den Sitzungen des Geschäftsführenden Vorstandes, Besprechungen mit dem Vorsitzenden und der Beantwortung von Anfragen der Mitglieder der Beigeladenen. Auch diese Aufgaben sieht die Kammer als solche an, die typischerweise von einem Mitglied des Vorstandes in dessen Funktion ausgeübt werden. Dem allgemeinen Erwerbsleben waren diese Tätigkeiten nicht zugänglich. Dabei ist insbesondere auch zu berücksichtigen, dass die Tätigkeiten, die den gewöhnlichen Büroablauf ausmachten, nicht durch den Kläger, sondern durch zwei abhängig beschäftigte Kräfte in der Geschäftsstelle wahrgenommen wurden. Vorgesetzter dieser Kräfte war nicht der Kläger. Diese Eigenschaft oblag dem Vorsitzenden.

Für seine Tätigkeit hat der Kläger keine wirtschaftliche Gegenleistung erhalten. Die Aufwands-entschädigung in Höhe von 475 DM monatlich diente nicht dem Zweck, die Tätigkeit des Klägers für die Beigeladene abzugelten. Vielmehr wurden die Zahlungen erbracht, um pauschal einen nicht nachzuweisenden Aufwand abzudecken. Dieser bestand bei dem Kläger konkret in Fahrtkosten für das Aufsuchen der Geschäftsstelle in M. (Strecke M - A1), Parkgebühren, Telefon- und Faxkosten des privaten Anschlusses, Handykosten, der Nutzung des privaten Arbeitszimmers und des privaten PC, um Kommentare und Berichte für die beigeladeneneigene Zeitung zu erstellen. Auch wenn der Kläger über konkrete Nachweise bzgl. dieser Kosten nicht mehr verfügt, ist die Kammer nach eigener Einschätzung der Auffassung, dass die Aufwendungsentschädigung den mit der Tätigkeit zusammenhängenden tatsächlichen Aufwendungen entspricht.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Sache.