Sozialgericht Hannover
Urt. v. 10.04.2014, Az.: S 2 KR 525/13

Anspruch auf Versorgung mit einer Oberschenkelprothese unter Verwendung eines Genium- Kniegelenks

Bibliographie

Gericht
SG Hannover
Datum
10.04.2014
Aktenzeichen
S 2 KR 525/13
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2014, 24360
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:SGHANNO:2014:0410.S2KR525.13.0A

Tenor:

  1. 1.

    Der Bescheid vom 13.09.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.07.2013 wird aufgehoben und die Beklagte verurteilt, den Kläger mit einer Knieex- Prothese mit Genium- Kniegelenk zu versorgen.

  2. 2.

    Die Beklagte hat dem Kläger dessen notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Versorgung mit einer Oberschenkelprothese unter Verwendung eines Genium- Kniegelenks der G ...

Der am H. geborene Kläger leidet an einem Zustand nach einer Knieexamputation rechts. Aktuell ist der Kläger mit einem C-Leg der G. versorgt. Mit entsprechender Verordnung vom 28.08.2012 und Kostenvoranschlag der I. vom 31.08.2012 über die Versorgung mit einer Prothese unter Verwendung eines Genium- Kniegelenks zum Preis von 43.570,54 Euro beantragte der Kläger die Versorgung bei der Beklagten. Bei dem Genium- Kniegelenk handelt es sich nach Mitteilung des Herstellers um ein elektronisches, hydraulisches und monoaxiales Kniegelenk, welches über Sensoren im Gelenk bzw. im Rohradapter und einer mikroprozessorgeregelten Hydraulik arbeitet. Im Gegensatz zu dem C-Leg arbeitet das Genium- Kniegelenk statt mit 3 Sensorsignalen mit 9 Sensorsignalen. Während das C-Leg zudem lediglich das Knöchelmoment auswertet, findet beim Genium- Kniegelenk zudem eine Messung des Kniemoments statt. Darüber hinaus werden im Genium- Kniegelenk nicht nur Kraftsensoren sondern auch Beschleunigungssensoren, ein Gyroskop und ein Winkelsensor zur Messung von Lage, Geschwindigkeit und Winkeln genutzt. Die Beklagte lehnte die beantragte Versorgung mit Bescheid vom 13.09.2012 ab und begründete dies mit der mangelnden Wirtschaftlichkeit der Versorgung, da eventuelle Gebrauchsvorteile der beantragten Knieversorgung in keinem Verhältnis zu den erheblichen Mehrkosten im Vergleich zum C-Leg stünden. Gegen diese Entscheidung wandte sich der Kläger mit seinem bei der Beklagten am 12.10.2012 eingegangenen Widerspruch. Mit Datum vom 14.12.2012 wurde eine Dokumentation nebst Filmmaterial über eine Testversorgung mit dem Genium- Kniegelenk bei der Beklagten eingereicht. Mit Datum vom 11.02.2012 erstellte der MDK ein Gutachten nach persönlicher Untersuchung des Klägers und unter Beteiligung eines Orthopädietechnikers. Der MDK wertete den Testbericht aus, ohne die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Klägers zur Nutzung des Genium- Kniegelenkes anzuzweifeln und gelangte zu dem Ergebnis, dass überzeugende deutliche Gebrauchsvorteile im Alltagsleben durch die Genium- Testversorgung nicht zu erkennen und auch nicht zu erwarten seien; aus medizinischer Sicht bestehe keine zwingende Indikation für eine Umversorgung; mit der derzeitigen Versorgung sei der Kläger angemessen und zweckmäßig versorgt; Mit Bescheid vom 01.07.2013 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Diese Entscheidung begründete die Beklagte damit, dass der Anspruch auf Versorgung mit dem Genium- Kniegelenk am Umstand einer Doppelversorgung scheitere; der Kläger sei mit dem C- Leg ausreichend und zweckmäßig versorgt, eine Mehrausstattung sei nicht notwendig; die Ermöglichung alternierenden Treppaufgehens und die Möglichkeit rückwärts zu gehen, würden keine wesentlichen Gebrauchsvorteile darstellen. Gegen diese Entscheidung wandte sich der Kläger mit seiner bei Gericht am 25.07.2013 eingegangenen Klage.

Der Kläger ist der Ansicht, in seinem Falle bestehe ein Anspruch auf Versorgung; es bestünden Gebrauchsvorteile in Form von Möglichkeit alternierenden Treppaufgehens, Möglichkeit mit der Prothese auf Bodenerhöhungen zu treten, sichereres Stehen, sichereres Treppabgehen sowie Hinauf- und Herabgehen von Schrägen, Möglichkeit Hindernisse zu übersteigen, Möglichkeit Rückwärtsschritte zu machen, längeres Stehen auf Schrägen und unebenem Untergrund, bessere Möglichkeiten der Schrittlängenanpassung, Möglichkeit von Trippelschritten, belastungsunabhängiges Auslösen der Schwungphase, physiologischeres Gangbild mit der Folge belastungsfreieren Laufens und weniger Folgeschäden an Rücken und Hüfte ,die einen Versorgungsanspruch begründen; die Nutzung der Genium- Prothese erfolge intuitiver und einfacher als die Nutzung des C-Leg; das Wirtschaftlichkeitsgebot stehe einer Versorgung nicht entgegen, da ein günstigeres Hilfsmittel, welches die Behinderung in gleicher Weise ausgleiche nicht erhältlich sei.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid vom 13.09.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihn mit einer Knie Ex- Prothese mit Genium Kniegelenk zu versorgen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte vertieft ihr Vorbringen aus dem Vorverfahren und meint weiterhin, dass die begehrte Versorgung unwirtschaftlich sei.

Das Gericht hat den Sachverhalt weiter aufgeklärt und bei dem J. eine vergleichende Betrachtung von C- Leg und Genium- Kniegelenk angefordert (Schreiben vom 11.02.2014 nebst Anlagen). Zudem hat die Kammer im Wege des Augenscheins eine Videodokumentation (erstellt durch ein Sanitätshaus) über die vergleichende Nutzung des Klägers im Hinblick auf ein C-Leg und einer Genium- Prothese zur Entscheidungsfindung herangezogen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungs- und die Gerichtsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist auch begründet. Der Kläger ist durch die Entscheidungen der Beklagten beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Die Entscheidungen der Beklagten sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten.

Dem Kläger steht ein Anspruch auf Versorgung einer Oberschenkelprothese unter Nutzung eines Genium- Kniegelenks zu. Der Anspruch ergibt sich aus § 33 Abs. 1 S. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V).

Die Vorschrift lautet: Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 ausgeschlossen sind. Die Voraussetzungen dieses Versorgungsanspruchs sind erfüllt.

Der Versorgungsanspruch des Klägers wird wesentlich dadurch bestimmt, ob ein unmittelbarer oder mittelbarer Behinderungsausgleich in Rede steht.

Ein unmittelbarer Behinderungsausgleich ist gegeben, wenn der Ausgleich der ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktion selbst erfolgt oder erfolgen soll. Dies ist insbesondere bei Prothesen, Hörgeräten oder Sehhilfen der Fall. Im Rahmen des unmittelbaren Behinderungsausgleichs gilt das Gebot eines möglichst weitgehenden Ausgleichs des Funktionsdefizits und zwar unter Berücksichtigung des aktuellen Standes des medizinischen und technischen Fortschritts (vgl. mit weiteren Verweisen auf die ständige Rechtsprechung des BSG: Beck in: jurisPK-SGB V, 2. Aufl. 2012, § 33 SGB V, Rn. 33).

Daneben können Hilfsmittel den Zweck haben, die direkten und indirekten Folgen der Behinderung auszugleichen (sog. mittelbarer Behinderungsausgleich). In diesem Fall hat die gesetzliche Krankenversicherung nur für den Basisausgleich einzustehen; es geht dabei nicht um einen Ausgleich im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten eines nicht behinderten Menschen. Ein Hilfsmittel zum mittelbaren Behinderungsausgleich ist von der GKV daher nur zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft (stRspr, vgl. zuletzt etwa: BSG, Urt. v. 03.11.2011, B 3 KR 4/11 R).

Hingegen kann im Bereich des unmittelbaren Behinderungsausgleichs die Versorgung mit einem fortschrittlichen, technisch weiterentwickelten Hilfsmittel nicht mit der Begründung abgelehnt werden kann, der bisher erreichte Versorgungsstandard sei ausreichend, solange ein Ausgleich der Behinderung nicht vollständig im Sinne des Gleichziehens mit einem nicht behinderten Menschen erreicht ist (vgl. BSG, Urt. v. 16.09.2004, B 3 KR 20/04 R).

Vorliegend steht die Versorgung des Klägers mit einer Oberschenkelprothese unter Verwendung eines neuartigen sensorgesteuerten Kniegelenks des Typs Genium im Streit. Mit dieser Versorgung sollen die ausgefallenen Funktionen des verlorenen Beines, insbesondere das Gehen, Laufen und Stehen ausgeglichen werden, mithin ein unmittelbarer Behinderungsausgleich geleistet werden.

Dieser im Rahmen des unmittelbaren Behinderungsausgleichs im weiteren Umfange geschuldete Versorgungsanspruch wird allerdings nicht schrankenlos gewährt. Vielmehr besteht sowohl beim mittelbaren als auch beim unmittelbaren Behinderungsausgleich ein Anspruch auf die im Einzelfall ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung, nicht aber auf eine Optimalversorgung (statt vieler: BSG, Urt. v. 21.03.2013, B 3 KR 3/12 R).

Die Kammer ist davon überzeugt, dass im Falle des Klägers lediglich die Versorgung einer Oberschenkelprothese mit einem Genium- Kniegelenk eine ausreichende und zweckmäßige Versorgung sicherstellt, die auch im Einklang mit dem Wirtschaftlichkeitsgebot steht.

In der Rechtsprechung wurden diesbezüglich in der Vergangenheit Grenzen des Leistungsanspruchs herausgearbeitet, die im vorliegenden Einzelfall nicht überschritten sind.

Eine Leistungspflicht der Krankenversicherung ist für solche Innovationen ausgeschlossen, die nicht die Funktionalität, sondern in erster Linie die Bequemlichkeit und den Komfort bei der Nutzung des Hilfsmittels betreffen (BSG, Urt. v. 06.06.2002, B 3 KR 68/01 R). So liegt der Fall hier aber nicht. Vorliegend sind mit der Nutzung der Oberschenkelprothese unter Verwendung des Genium- Kniegelenks nicht nur eine Verbesserung der Optik und der Bequemlichkeit. verbunden.

Die Kammer hat im Falle des Klägers vielmehr wesentliche Gebrauchsvorteile festgestellt, die durch die Nutzung der Oberschenkelprothese mit Genium- Kniegelenk ermöglicht werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Gebrauchsvorteil immer maßgebend von den körperlichen und geistigen Voraussetzungen des Prothesenträgers und seiner persönlichen Lebensgestaltung abhängt (vgl. BSG, Urt. v. 06.06.2002, B 3 KR 68/01 R). Wesentlich sind die Gebrauchsvorteile des neuartigen Hilfsmittels, wenn sich die Gebrauchsvorteile allgemein im Alltagsleben auswirken, sich also nicht auf einen bloß besseren Komfort im Gebrauch oder eine bessere Optik beschränken (BSG, aaO).

Im Hinblick auf den Kläger hat die Kammer keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass dieser aus geistigen oder körperlichen Gründen nicht in der Lage ist, die begehrten Genium- Prothese zu verwenden und anforderungsgemäß zu nutzen. Die Kammer hat den Kläger zur Fähigkeit der Nutzung des begehrten Hilfsmittels und zu der stattgehabten Probeversorgung angehört. Darüber hinaus ergibt sich durch Inaugenscheinsnahme der Videodokumentation über die Probeversorgung ein unmittelbarer Eindruck der Nutzung durch den Kläger. Der Umstand der Fähigkeit zur Nutzung des begehrten Hilfsmittels wird im Übrigen auch weder durch die Beklagte noch durch den von ihr beauftragten MDK in Zweifel gezogen. Vor diesem Hintergrund bedarf es keiner weiteren Sachverhaltsermittlungen durch die Kammer. Die juristische Wertung, ob wesentliche Gebrauchsvorteile mit der Nutzung des begehrten Hilfsmittels verbunden sind, hat einzig die Kammer anzustellen, ohne dass diese Frage einem Beweismittel zugänglich wäre.

Hinsichtlich seiner persönlichen Lebensgestaltung ergibt sich für die Kammer das Bild eines körperlich aktiven jungen Menschen, der sich in der Freizeit und auch beruflich viel körperlich bewegt. So gibt der Kläger an, dass er Strecken bis zu 4.000 m pro Tag zu Fuß zurücklegt und eine tägliche Prothesennutzungsdauer von ca. 12 Stunden gegeben ist.

Mit der Nutzung einer Oberschenkelprothese unter Verwendung eines Genium- Kniegelenks sind nach Überzeugung der Kammer unter Berücksichtigung der Videodokumentation der vergleichenden Untersuchung zwischen C-Leg und Genium- Kniegelenk folgende Gebrauchsvorteile verbunden:

Zunächst ergibt sich eine deutliche Verbesserung des gesamten Bewegungsablaufs des Klägers. Insbesondere beim schnellen Gehen ist erkennbar, dass ein weitestgehend natürliches Gangbild erreicht wird, während bei Nutzung des Vorgängermodells ein Nachziehen der Prothese erkennbar ist.

Von entscheidender Bedeutung ist für die Kammer des Weiteren, dass das begehrten Genium- Kniegelenk ein Rückwärtsgehen ermöglicht, welches sich ganz erheblich an das natürliche Rückwärtsbewegen anlehnt. Die vergleichende Videodokumentation macht deutlich, dass das Vorgängermodell C-Leg lediglich ein "Zurückschleifen" der Prothese zulässt, während das Genium- Kniegelenk einen natürlichen rückwärtsgerichteten Abrollvorgang ermöglicht. Durch das Genium- Kniegelenk wird bewirkt, dass der gesamte Prothesenfuß angehoben wird und dann zunächst der vordere Bereich des Prothesenfußes abgesetzt wird und im Anschluss ein Abrollen bis hin zum Aufsetzen des Fersenbereichs erfolgt. Anders hingegen das C-Leg. Bei diesem erfolgt kein Anheben des Prothesenfußes mit anschließendem Absetzen des Fußbereichs, sondern der Fersenbereich bleibt in unmittelbarer Bodennähe und wird lediglich horizontal nach hinten bewegt. Es ist ersichtlich, dass damit ein nicht unerhebliches Sturzrisiko vor dem Hintergrund verbunden ist, dass der Prothesenfuß bei der Rückwärtsbewegung -auch bereits an niedrigen Kanten- hängenbleiben kann. Dieses Sturzrisiko wird durch den beschriebenen Bewegungsablaufs des Genium- Gelenkes wesentlich gemindert. Der Umstand, dass das C-Leg diese Funktion des Genium- Gelenkes technisch nicht ermöglichen kann, wird bestätigt durch die medizintechnischen Ausführungen der G. im Schreiben vom 11.02.2014.

Weitergehend sind Verbesserungen beim Abwärtslaufen auf schrägem Untergrund erkennbar. Von wesentlicher Bedeutung ist auch in diesem Zusammenhang, dass das Genium- Kniegelenk eine weitergehende Funktion im Vergleich zum C-Leg ermöglicht. Das C-Leg bietet keine Standfestigkeit beim Stehen auf der Prothese auf einer Schräge. Ausweislich der Videodokumentation "knickt" das C-Leg bei Durchführung dieser Nutzungsanforderung ein, während das Genium- Kniegelenk ein Stehen auf der Prothese auf schrägem Untergrund ermöglicht. Auch mit dieser Funktion wird ein deutliches Mehr an Sicherheit für den Kläger erreicht. Gerade auch vor dem Hintergrund der Nutzung der Prothese in seinem beruflichen Umfeld als Bauhelfer und der damit verbundenen immensen Anforderungen an die Standsicherheit im Allgemeinen und einer Prothese im Besonderen. Der Umstand der Ermöglichung des Stehens auf schrägem Untergrund wird auch durch die Herstellerfirma bestätigt.

Als weiterer elementarer Gebrauchsvorteil ergibt sich für die Kammer, dass das Genium- Kniegelenk -im Gegensatz zum C-Leg- ein alternierendes Treppensteigen ermöglicht. Mit diesem Umstand ist eine weitgehende Angleichung an das natürliche Bewegungsbild verbunden. Außerdem ermöglicht diese Funktion, dass nicht wie zuvor ein "Heraufwuchten" der Prothese im Wege eines einseitig angestrengten unnatürlichen Hüftschwungs erfolgen muss, sondern eine beidseitige Hüftbewegung erfolgen kann.

Mit diesen Gebrauchsvorteilen geht nicht lediglich die bloße Steigerung des Gebrauchskomforts einher. Die mit der Nutzung des Genium- Gelenks verbundenen Vorteile wirken sich vielmehr ganz allgemein im gesamten Alltagsleben des Klägers aus. Der dem Genium- Kniegelenk innewohnende medizintechnische Fortschritt ermöglicht auch in der konkreten Anwendung wesentliche Gebrauchsvorteile für den Kläger.

Auch ergibt sich keine Einschränkung des Leistungsanspruchs des Klägers vor dem Hintergrund, dass sich der Nutzen des Genium- Kniegelenks lediglich in Nebenbereichen erschöpfen könnte (siehe zu dieser Einschränkung: BSG, Urt. v. 24.01.2013, B 3 KR 5/12 R). Nach der genannten Rechtsprechung kommt die Übernahme eines technisch verbesserten Gerätes dann nicht in Betracht, wenn sich die Verbesserung lediglich in einzelnen Lebensbereichen auswirkt, die nicht zu den menschlichen Grundbedürfnissen zählen (vgl. auch: BSG, Urt. v. 06.06.2002, B 3 KR 68/01 R). Das begehrte Hilfsmittel hat vorliegend Auswirkungen auf die gesamte Lebensführung des Klägers, da der Einsatz der Prothese zum Gehen, Laufen und Stehen erforderlich ist.

Entgegen der Ansicht der Beklagten ergibt sich eine Einschränkung auch nicht aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs. 1 SGB V. Das BSG hat Einschränkungen des Leistungsanspruchs in Fallgestaltungen für denkbar gehalten, in denen eine nur geringfügige Verbesserung des Gebrauchsnutzens einen als unverhältnismäßig einzuschätzenden Mehraufwand bedeuten würde (BSG, Urt. v. 06.06.2002, B 3 KR 68/01 R). Die Rechtsprechung will dieses allerdings nur dann gelten lassen, wenn der zusätzliche Gebrauchsvorteil des Hilfsmittels im Alltagsleben eher gering, die dafür anfallenden Kosten im Vergleich zu einem bisher als ausreichend angesehenen Versorgungsstandard aber als unverhältnismäßig hoch einzuschätzen sind.

Dieses gilt im vorliegenden Fall gerade nicht. Die Versorgung des Klägers mit der begehrten Prothese erschöpft sich nicht in nur geringgradigen Verbesserungen sondern bietet wesentliche Gebrauchsvorteile und bisher technisch ausgeschlossene Funktionen. Besonderer Berücksichtigung bedarf zudem, dass im Bereich der hier begehrten Prothesenversorgung der Kernbereich der mobilitätsbezogenen Lebensführung betroffen ist. Vor diesem Hintergrund liegt es für die Kammer offen zu Tage, dass die für die Versorgung des Genium- Kniegelenks aufzuwendenden Mehrkosten bei vergleichender wertender Betrachtung nicht zu einer Einschränkung des Versorgungsanspruchs führen können.

Schlussendlich handelt es sich bei der begehrten Oberschenkelprothese nebst Genium- Kniegelenk weder um einen allgemeinen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens noch ist diese Versorgung nach § 34 Abs. 4 SGB V kraft Verordnung ausgeschlossen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.